Amtsübernahme

Donald Trump: Die wichtigsten Dekrete der ersten Stunden

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 © dpa

Einen „historischen ersten Tag“ hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten laut einem Regierungsmitarbeiter hinter sich. Und tatsächlich: Mehr als 200 präsidiale Dekrete, Personalbescheide, Memos und Bekanntmachungen unterzeichnete Donald Trump in den ersten 36 Stunden seiner Amtszeit.

Damit legt der US-Präsident einen Blitzstart hin. Zum Vergleich: In den ersten zehn Tagen nach seiner Amtseinführung am 20. Januar 2017 unterzeichnete Trump insgesamt sieben Executive Orders – also verbindliche Anordnungen an Bundesbehörden, um Gesetze umzusetzen oder die Verwaltung zu steuern, ohne dass es der Zustimmung des Kongresses bedarf.

Das zeigt, wie gut vorbereitet er seine Präsidentschaft vergleichsweise beginnt. Die neuen Verordnungen könnten richtungsweisend für die nächsten vier Jahre seiner Regierung sein. Manche haben konkrete Folgen, manche sind wohl rechtswidrig und manches was er sagt, ist nur Show. Die wichtigsten Punkte und was unklar bleibt:

Zurückschrauben von Bidens Politik

In der ersten Amtshandlung nahm Donald Trump 78 Dekrete seines Vorgängers Joe Biden zurück. Bei seiner Rede in der Capital One Arena in Washington sagte der Republikaner, es handele sich um „zerstörerische, radikale“ Beschlüsse. Statt wie sonst üblich für Eishockey-Spiele wurde die Sportarena am Abend seiner Vereidigung dazu genutzt, dass Trump vor Fans und Anhängern Präsidialerlasse unterzeichnet.

Diese nutzt Trump, um Errungenschaften seines Vorgängers kaputt zu machen. Mit spürbaren Folgen, insbesondere für schwächere Bevölkerungsgruppen. US-Bürgerinnen und Bürger müssen künftig mit steigenden Preisen für Medikamente rechnen. Staatliche Programme zur Förderung von Diversität, Fairness und Inklusion wurden abgeschafft. Im Reisepass von US-Amerikanerinnen und Amerikaner muss eines von zwei Geschlechtern stehen: männlich oder weiblich. Maßnahmen gegen Diskriminierung werden ihrerseits als „illegale Diskriminierung" eingestuft, was besonders betroffenen Minderheiten schadet. Zudem hat Trump ein von Biden aufgehobenes Verbot wieder eingeführt, das trans Personen vom Militärdienst ausschließt.

Begnadigung seiner Anhänger

1.500 Menschen, die im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 verhaftet wurden, wurden von Donald Trump begnadigt. In der entsprechenden Präsidialverordnung forderte er den Generalstaatsanwalt auf, dass sämtliche Häftlinge umgehend freigelassen werden sollen. Nicht um verurteilte Verbrecher, sondern um „Geiseln“ soll es sich nach Aussagen Trumps handeln. „In den meisten Fällen haben sie nichts falsch gemacht“, meint er.

Zahlreiche Verurteilte sind nun wieder auf freiem Fuß – und triumphieren. Darunter sind Leute, die damals brutal auf Polizisten und andere Sicherheitskräfte einprügelten. Auch die wohl bekanntesten Verurteilten wurden freigelassen: Die früheren Frontmänner der beiden rechtsradikalen Gruppen „Oath Keepers" und „Proud Boys", Stewart Rhodes und Henry „Enrique„ Tarrio.

Alle noch laufenden Verfahren zum Sturm auf das Kapitol erklärte Trump außerdem für beendet. Der größte Ermittlungsfall in der Geschichte des FBI ist damit vorbei.

Anhänger von US-Präsident Donald Trump stürmen das US-Kapitol, 06.01.2021 © dpa

Rückzug: Pariser Klimaabkommen und die WHO

Von der bisherigen Klimapolitik der USA wendet sich Trump komplett ab. Der wohl einprägsamste Satz seiner ersten Rede als neuer US-Präsident: „Drill, baby, drill!“ Damit ruft er ein erneutes Ölzeitalter aus, in dem auf Teufel komm raus nach Öl gebohrt werden soll. Generell will Trump die natürlichen Ressourcen des Landes stärker nutzen. Etwa verfüge Alaska „über einen reichen und weitgehend ungenutzten Vorrat an natürlichen Ressourcen“, die für den „Wohlstand der Nation“ ausgeschöpft werden sollen.

Eine Ressource von der Trump sich jedoch abwendet: Wind. Bestehende Windfarmen in staatlichen Gewässern sollen laut eines weiteren Dekrets stillgelegt werden. Der Bau von neuen Windkraftanlagen wird ebenfalls untersagt – egal ob im Wasser oder an Land. Das könnte die Energieversorgung in weiten Teilen der USA beeinträchtigen.

Klimabedenken? Fehlanzeige. Aus dem Klimaschutzabkommen von Paris, das eine Senkung von Emissionen und Anpassung an den Klimawandel fordert, treten die USA aus. Betreffen wird das Millionen von Menschen, die teils heute schon unter dem Klimawandel leiden. Bei steigenden Temperaturen und immer häufigeren Naturkatastrophen könnte dieser Beschluss einer der spürbarsten werden.

Auch gesundheitspolitisch kehrt sich Trump von den Vereinten Nationen ab. In einem weiteren Präsidialerlass erklärte er, die WHO habe schlecht auf die Corona-Pandemie reagiert und fordere unfaire Zahlungen von den USA. Wie schon in der vorigen Präsidentschaft beschließt er, auch die Weltgesundheitsorganisation zu verlassen.

Ob WHO oder Klimaabkommen: In beiden Fällen ist das ein Prozess, der nach den Vertragsvorschriften bis zu einem Jahr dauern kann.

Trumps Dauerbrenner: Migration

Eine große Zahl der bisher erlassenen Dekrete betrifft die Einwanderungspolitik. So ist die Angst derjenigen groß, die ohne Papiere in den Vereinigten Staaten leben. Schätzungen aus dem Jahr 2022 zufolge sind das etwa 11 Millionen Menschen.

Wer allerdings in den USA geboren wird, erhält automatisch die Staatsbürgerschaft – bis dato. „Oh, das ist eine der wichtigsten“, sagte Trump, als einer seiner Mitarbeiter den Inhalt des Dekrets ankündigte, das das Recht auf Staatsbürgerschaft durch Geburt abschaffen soll. „Das Privileg der Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten ist ein unbezahlbares und tiefgreifendes Geschenk“, heißt es darin.

Zahlreiche Juristen und Bürgerrechtsorganisationen sind anderer Meinung. Sie halten den Erlass für verfassungswidrig und kündigen rechtliche Schritte an.

Sofortige Wirkung zeigt allerdings der im selben Text ausgerufene Notstand an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Der damit einhergehende Aufnahmestopp für Geflüchtete kommt einer de-facto-Aussetzung des Asylrechts gleich. Eine Taskforce zur Zusammenführung von Migrantenfamilien wurde aufgelöst.

Die Exekutive kündigte an, jede Person, die irregulär in die Vereinigten Staaten einreist, „sofort zu inhaftieren und abzuschieben“. Was jedoch unklar bleibt: Die Anordnung, Migranten künftig wieder in Mexiko warten zu lassen, lässt sich nur Hand in Hand mit der mexikanischen Regierung durchführen. Schon beim letzten Mal vor acht Jahren führte eine solche Verordnung zu juristischem Chaos und erfolgreichen Klagen.

Der Grenzwall zwischen den USA und Mexiko. © dpa

Die Rolle von Elon Musk

Ein Büro extra für Elon: Der Tech-Milliardär Musk wird wie angekündigt eine Rolle in Trumps Regierung spielen. Per Erlass wurde ein Gremium eingerichtet, das die US-Staatsausgaben kürzen soll. Musk solle dafür ein Büro für rund 20 Mitarbeitende bekommen. „Department of Government Efficiency“ soll das Gremium heißen – kurz DOGE. Diese Abkürzung entspricht dem Namen einer Kryptowährung, die Musk einst populär gemacht hatte.

Aus dem Homeoffice arbeiten dürfen die künftigen DOGE-Mitarbeiter allerdings nicht. Für Regierungsangestellte hat Donald Trump diese Regelung in einem anderen Dekret ausgesetzt.

Wie die Behörde aussehen kann und wird, wird sich noch zeigen. Schon jetzt klagen mehrere Gruppen, darunter eine Ethikkommission, Lehrer- und Veteranenverbände, gegen DOGE. Sie fordern Transparenz, Rechenschaftspflicht und faire Beteiligung der Öffentlichkeit in der Gründung und späteren Arbeit des Gremiums.

75 Tage Zeit für TikTok

Dem sozialen Netzwerk TikTok sicherte Trump mehr Zeit bis zu einem Aus in den USA zu. Aus Sorge, die in China ansässige Muttergesellschaft ByteDance könne Nutzerdaten von US-Amerikanern an die chinesische Regierung weitergeben, sollte die Firma bis vergangenen Sonntag einen Käufer in den USA finden oder verboten werden. Daher war die App am Wochenende kurzzeitig offline. Nun erhält ByteDance weitere 75 Tage, um einen Käufer zu finden. Trump könne sich hierfür auch ein Joint Venture unter amerikanischer Führung vorstellen, sagt er.

Bis dahin kann die App in den USA jedoch weiter verwendet werden. Auch Trump selbst hat sie wohl installiert.

TikTok-Verbot in den USA? © imago

Vollstreckung der Todesstrafe

Den Generalstaatsanwalt wies Trump an, „alle notwendigen und rechtmäßigen Maßnahmen“ zu ergreifen, um sicherzustellen, dass genügend Medikamente zur Vollstreckung der Todesstrafe zur Verfügung stehen. Alle US-Bundesstaaten sollten über ausreichend Wirkstoffe für tödliche Injektionen verfügen, um Hinrichtungen durchführen zu können. „Politiker und Richter, die sich gegen die Todesstrafe stellen, haben die Gesetze unseres Landes missachtet und untergraben“, sagte Trump zu der Anordnung.

Über das Strafmaß einzelner Verurteilter entscheidet in den USA jedoch nicht der Präsident. Stichwort: Gewaltenteilung. Die letztliche Entscheidung über Einzelschicksale obliegt den Staatsanwälten, den Gerichten und den Geschworenen. 27 Staaten haben die Todesstrafe außerdem bereits abgeschafft, daran ändert sich auch durch Trumps Erlass nichts.

Außenpolitik: Kuba, Mexiko und Israel

Erst vor wenigen Tagen hatte Joe Biden Kuba von der Liste der Terrorismus unterstützenden Staaten genommen. Ein kurzes Vergnügen: Trump setzte das Land kurzerhand wieder drauf.

Außerdem werden Drogenkartelle nun internationalen Terrororganisationen gleichgesetzt. Die entsprechende Anordnung betont, dass Aktivitäten von Kartellen in der Nähe der Grenze ein „inakzeptables Risiko“ für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellten. Auf die Frage eines Journalisten, ob dies die Möglichkeit impliziert, Spezialeinheiten nach Mexiko zu entsenden, antwortete Trump: „Es kann sein“.

Anders werden auch extremistische israelische Siedler wahrgenommen: Trump hebt in einem weiteren Dekret Sanktionen gegen radikale Siedler im Westjordanland auf. Bereits während seiner ersten Amtszeit unternahm Trump Schritte zur Unterstützung der territorialen Ansprüche Israels, etwa durch die Verlegung der US-Botschaft. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel kommt es im Westjordanland vermehrt zu Aggressionen durch Siedler – auch am Tag der Amtseinführung.

Die Verwaltungsbehörden haben außerdem den Auftrag erhalten, den Golf von Mexiko umzubenennen. Die Meeresbucht mit der Grenze zu Texas, Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida als auch Mexiko und Kuba soll künftig „Golf von Amerika“ heißen. Dieser symbolpolitische Schritt mag ihm freistehen. Darauf wie der Rest der Welt das Gewässer nennt, hat Trump allerdings keinerlei Einfluss.

Zölle auf Importe

Bereits vor seiner Präsidentschaft hatte Trump angekündigt, hohe Zölle auf Einfuhren aus dem Ausland erheben zu wollen. Nun wird klar: Vorerst bleiben diese Aussagen Drohungen. Denn unterschrieben hat der neue Präsident bisher noch nichts.

Seine Regierung diskutiere jedoch, ab dem 1. Februar Zölle in Höhe von zehn Prozent auf Importe aus China zu erheben. Mit Blick auf die EU sagte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus: „Sie behandeln uns sehr, sehr schlecht. Also werden sie mit Zöllen rechnen müssen." Die deutsche Bundesregierung zeigt sich bemüht, gute Handelsbeziehungen zu den USA beizubehalten. Einen Handelsstreit wie 2018, als auf US-Waren wie Jeans und Whisky hohe Einfuhrzölle erhoben wurden, wolle man vermeiden, betonte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums.