Zweites Medienschiff

Pioneer Two: Die Schiffstaufe

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Friedrich Nietzsche hat gesagt:

Die Tanzenden werden für verrückt gehalten von denen, die die Musik nicht hören können.

Denn für sie ist der Tanz kein Tanz, sondern eine wilde Zuckung. Sie rufen nicht „Bravo“. Sie rufen den Arzt.

Friedrich Nietzsche (1887) © imago

Wir Pioneers wurden für verrückt gehalten, als wir den Bau eines zweiten Medienschiffs ankündigten – länger, höher und doppelt so teuer wie die Pioneer One. Weil man den Rhythmus und die Kraft eines demokratischen und partizipativen Journalismus nicht fühlte, sah man, was man sehen wollte. „The Pioneer ist auch nur ein Start-up, das Geld verbrennt“, schrieb der Spiegel.

Am 3.Juli haben wir unser zweites Medienschiff, die Pioneer Two, getauft und zu Wasser gelassen. Als Symbol unserer Ambition. Als Manifest eines neuen bürgerlichen Journalismus, der Denkräume nicht verengt, sondern erweitert, der Neugier vor Haltung setzt, der ökonomischen und technologischen Sachverstand nicht ausblendet, sondern in die Mitte der Gesellschaft zurückholt.

Mitarbeiter der Lux-Werft vor der Pioneer Two © The Pioneer

Wir wollen Kreativität entfesseln und Pluralität fördern. Wir halten es für Verrat an den Idealen des Journalismus, dass andere ständig versuchen, Gedanken zu kuratieren, Sprache zu zensieren und freie Menschen zu domestizieren.

Mit der Pioneer Two wollen wir, um mit dem französischen Philosophen und Schiffsliebhaber Michel Foucault zu sprechen, „ein schaukelndes Stück Raum“, einen „Ort ohne Ort, der aus sich selbst lebt“ schaffen. Als ich Bob Geldof, den Musiker der Boomtown Rats, in Berlin traf und ihm die ersten Skizzen zeigte, sprudelte er los:

That’s the Ark – Savior of Journalism.

Stefan Rupp, Alev Doğan, Chelsea Spieker und Gabor Steingart auf der Pioneer Two © Anne Hufnagl

Wir sind gekommen, um zu bleiben. Wir sind nicht nur ambitioniert, sondern mittlerweile auch profitabel. Wir haben Millionenbeträge nicht verbrannt, sondern investiert. In 2024 werden wir Umsatz und Gewinn erneut mit zweistelligen Zuwachsraten steigern. Dass die Volkswirtschaft insgesamt stagniert, kann uns nicht entmutigen, nur befeuern.

So ist die Pioneer Two auch das Symbol unserer Zuversicht – und eine Verbeugung vor dem technischen Fortschritt unserer Zeit. Hier die wichtigsten Kennziffern eines Medienschiffs, dessen Pionierleistung auch darin besteht, in allen Gewerken die umweltfreundlichsten Techniken und Baustoffe verwendet zu haben:

Der Ballroom der Pioneer Two © Anne Hufnagl
  • Die Pioneer Two ist 52 Meter lang und 8,20 Meter breit. Im großen Ballroom, der als TV-Studio konzipiert ist, erreichen wir eine elektrisch ausfahrbare Deckenhöhe von vier Metern.

  • Insgesamt wurden gut 146 Tonnen Stahl, davon fast 27 Tonnen grüner Stahl, verbaut, wie der Vorstandschef von Klöckner, Guido Kerkhoff, bei der Einweihung zu berichten wusste:

Dadurch haben wir fast 30 Tonnen CO₂ eingespart.

Guido Kerkhoff, Vorsitzender des Vorstands der Klöckner & Co SE, im Gespräch mit Gabor Steingart. © Anne Hufnagl
  • Das Elektroschiff wird mit Lithium-Ionen-Batterien von Samsung betrieben, die eine Leistung von 840 kW erbringen und sieben Tonnen wiegen. Bei Reisegeschwindigkeit halten diese Batterien acht Stunden, bevor sie mit grünem Strom betankt werden müssen.

  • Insgesamt wurden für die Elektrifizierung des Schiffs – inklusive Antriebsstrang, Podcast- und TV-Studio – 30 Kilometer Kabel verbaut.

Das Podcast-Studio der Pioneer Two © Anne Hufnagl
  • Insgesamt wurden 2.200 Liter Farbe aufgetragen und sechs Tonnen Isolierung verarbeitet.

  • Mit der Außenwelt sind wir durch eine 5G-Internetverbindung verbunden, die bis zu 500 MBit/s pro Endgerät garantiert.

Gabor Steingart und Chelsea Spieker © Ralph Orange
  • Das Schiff enthält Digitalflächen für Videos und Filme auf einer Fläche von 60 Quadratmetern. Der Hingucker ist „The Wall“ von Samsung, weshalb der Deutschlandchef des koreanischen Herstellers, Hoon Seol, zur Jungfernfahrt gekommen war.

  • Optisch haben wir unsere Idee von Toleranz und Liberalität zusammen mit Markus Benz und seiner Möbelfirma Walter Knoll umgesetzt. Eine spielerische, farbenfrohe und hochwertige Innenausstattung verleiht dem Schiff seinen unverwechselbaren Charakter.

  • 300 Menschen haben an diesem Schiff von der Planung bis zur Auslieferung drei Jahre lang mitgearbeitet.

Innenausstattung der Pioneer Two © Anne Hufnagl

Ihnen und all unseren Technikpartnern gilt heute Morgen unser innigster Dank. Chelsea Spieker, Podcast-Host (World Briefing, Race to the White House) und Projektleiterin für beide Medienschiffe, hat es vor versammelter Mannschaft in die Werkshalle gerufen:

„Man kann planen und konzipieren so viel man will. Letztlich sind es unfassbar viele fleißige Hände und Gewerke, die so ein Schiff zum Laufen bringen: Schweißer, Stahlbauer, Schlosser, Bordtechniker, Elektriker, Innenausbauer, Ingenieure, Medientechniker.

Jede Schraube, die ihr festgedreht habt, jede Stahlplatte, die ihr geschweißt habt, jede Schichtstoffplatte in Lila, die ihr getragen habt. Euer Qualitätsanspruch an eure Arbeit ist das, was dieses Schiff großartig macht. Ohne euch – kein Schiff.“

Chelsea Spieker hält bei der Taufe der Pioneer Two eine Ansprache. © Anne Hufnagl

Zugleich ist wichtig: Unsere Mission ist keine maritime, sondern eine publizistische.

Was uns Pioneers trägt, ist nicht allein ein funktionierendes Geschäftsmodell, sondern der demokratische Rhythmus einer Gesellschaft mündiger Bürgerinnen und Bürger. Dieser Rhythmus drängt auf Partizipation, strebt nach Wahrhaftigkeit, verlangt einen ökonomischen Sachverstand ohne den – das spüren wir derzeit in der deutschen Politik – alles andere aus dem Takt gerät.

Wir glauben, dass ein Journalismus, der von Neugier auf Haltung umgeschaltet hat, schnell seinen Kipppunkt erreicht. Wir sind überzeugt, dass Journalismus als Teil einer weltweiten Apokalypsenindustrie – Klimakatastrophe, Verelendung, Weltkrieg – zur Entladung der Energiepotenziale einer Gesellschaft führt.

Das Studio der Pioneer Two © Anne Hufnagl

Die Zuversicht wächst aus dem Neuen, aus den vielen Menschen, die den Rhythmus hören und den Tanz verstehen. Die mit uns zusammen Journalismus im Land von Nietzsche und Tucholsky, im Land von Börne und Augstein, neu denken wollen.

Und so ziehen wir, begleitet von der Leidenschaft unserer Pioneers und den Verwünschungen der Verlierermedien, die unter der Gleichzeitigkeit von Anzeigenrückgang, Auflagenschwund und Reputationsverlust leiden, in das offene Meer der Möglichkeiten hinaus.

Frontansicht der Pioneer Two © Anne Hufnagl

Wir sind nach fünf Jahren nicht angekommen, wir sind unterwegs. Friedrich Nietzsche ist in doppelter Ausführung bei uns: „Neue Wege entstehen, indem wir sie gehen“, sagte der schon gesetzte und altersweise Philosoph.

Ich mag den wilden, den unbändigen Nietzsche aus „Also sprach Zarathustra“ lieber:

Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.

Alev Doğan auf der Pioneer Two © Anne Hufnagl

Diese Expedition wäre ohne Sie nicht machbar. Vielen Dank!