Aktion Abendsonne

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 © ThePioneer

Guten Morgen,

die guten Umfrageergebnisse für die Grünen und der stille Sinkflug der drei Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD kommen den Steuerzahler teuer zu stehen. Denn Christ- und Sozialdemokraten im Regierungsapparat haben – von Verlustangst gepeinigt – die „Aktion Abendsonne“ gestartet.

Die jeweiligen Minister, von denen einige sicher davon ausgehen dürfen, dass mit dem Ende der Ära Merkel auch ihre Karriere beendet ist, haben neue Planstellen bewilligt und Beförderungsbescheide ausgestellt. Vor allem die B6-Stellen sind beliebt, weil sie nicht gekündigt werden können und eine sichere Rente versprechen:

  • Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lässt es richtig krachen. Er schafft 18 neue Stellen (Besoldungsstufe B, mindestens 8305 Euro/Monat) in seinem Ministerium. Ein Minister auf Abschieds-Tournee.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier © dpa
  • CDU-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist ebenfalls fleißig dabei, wenn es darum geht, den Stellenplan aufzublähen. Elf neue B-Stellen wurden jetzt von ihr bewilligt. AKK ist das Sturmgeschütz der Bürokratie.

  • CDU-Bildungsministerin Anja Karliczek will ihren Leuten ebenfalls zum Abschied Gutes tun. Auch sie gönnt dem Ministerium elf neue Stellen.

  • Eine schwindsüchtige SPD betrachtet die Beförderung ihrer Genossen nicht als Steuerverschwendung, sondern als Akt des Widerstandes gegenüber dem Zeitgeist. Zehn zusätzliche B-Stellen genehmigt sich SPD-Justizministerin Christine Lambrecht kurz vor Toresschluss. Die Partei wird es ihr danken.

Olaf Scholz © dpa
  • Bundesfinanzminister Olaf Scholz schafft sieben neue Stellen. Vielleicht passt ja beim nächsten Mal einer dieser Beamten auf, wenn unter den Augen der Finanzaufsicht ein Jahrhundertbetrug organisiert wird.

  • Verkehrsminister Andreas Scheuer gönnt sich fünf neue B-Stellen. Er weiß: Nach dem kostspieligen Maut-Debakel sind diese Ausgaben nur eine fiskalische Fußnote seiner Amtszeit.

Insgesamt hat die Regierung 71 neue Stellen, die mit Stufe B3 (8762 Euro pro Monat) oder gar B6 (10.412 Euro) bezahlt werden, geschaffen – doppelt so viele wie in den beiden vorangegangenen Jahren. Die Ausbeute für den Parteienstaat kann sich sehen lassen.

Doch schon aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit muss auch weiter unten, auf den niederen Rängen der Beamtenschaft, aufgepolstert werden. Seit Januar erhielten insgesamt 129 Beamte, die bisher mindestens mit A15 besoldet waren (ab 5670 Euro/Monat), eine höhere Position. Im Vorjahreszeitraum waren es mit 63 Beförderungen nicht mal halb so viele. In der Abendsonne ihrer Macht haben die Minister die Spendierhosen angezogen.

Reiner Holznagel © dpa

Der Präsident des Steuerzahlerbundes Reiner Holznagel hat schon viele dieser Selbstbedienungsaktionen in früheren Regierungen erlebt, aber keine war so umfangreich, so teuer und so ungeniert wie diese. Im heutigen Morning Briefing Podcast fordert er die Kanzlerin zum Handeln auf:

Was die Große Koalition jetzt plant, das sprengt alle Dimensionen. Die Chefin ist gefragt.

Einer, der die Beförderungswelle vor der Bundestagswahl noch stoppen könnte, ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Er könnte die Ernennungsurkunden einfach nicht mehr unterzeichnen. Doch dazu fehlt dem Staatsoberhaupt der Wille:

Es sei ständige präsidiale Praxis, die vorgeschlagenen Ernennungen zu vollziehen, sollten keine rechtlichen Zweifel vorliegen, teilte uns das Bundespräsidialamt mit. Für die „Operation Abendsonne“ hat der Mann in Schloss Bellevue damit die Schirmherrschaft übernommen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier © dpa
Die Grupp-Familie des Textilunternehmens Trigema in Burladingen © dpa

Hierzulande verabschiedet sich ein Großteil der heutigen Erwerbsbevölkerung in den Ruhestand, ohne dass für ausreichend Nachwuchs gesorgt wäre. Die Geburtenrate hat sich gegenüber den Babyboomer-Jahrgängen nahezu halbiert.

Das stellt vor allem das Unternehmertum vor eine kaum lösbare Herausforderung: Wer übernimmt das Familienunternehmen, wenn sich kein natürlicher Nachfolger findet? Vater, Mutter, Kind – diese Gleichung geht für viele nicht mehr auf.

Eine Infografik mit dem Titel: Die alternde Bevölkerung

Prognostizierter Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 2021, in Tausend

Die Börsenplatzierung, der Verkauf an die Hedgefonds oder die Fusion mit dem Rivalen ist für viele Familienunternehmen eine Drohung, aber keine Lösung. Sie sehnen sich nach einer Vertrauensperson, die das aufgebaute Unternehmen im Sinne des Gründers fortführt. Gewinne sollen im Betrieb verbleiben und die Nachfolger mögen sich an den Unternehmenszielen orientieren.

Genau an diese Sehnsucht knüpft die Initiative Verantwortungseigentum an. Die Idee ist verlockend: Ein Kapitalismus ohne Kapitalisten könnte entstehen; eine Eigentümerschaft, die Stimmrechte und Gesellschafteranteile entkoppelt und so die Visionen des Gründers weiterleben lässt, auch wenn kein biologischer Nachfolger zur Verfügung steht. Die drei Vorteile:

  • Bei der „Gesellschaft in Verantwortungseigentum“ haben Gesellschafter keinen Zugriff auf die Unternehmensgewinne – diese stehen dem Unternehmen zur dauerhaften Finanzierung zur Verfügung. Das Unternehmen gehört sich selbst.

Berthold Beitz, früherer Chef des Krupp-Konzerns, 2003 © dpa
  • Dabei funktioniert der Betrieb im Kern weiter wie ein Familienunternehmen, doch nicht die eigene Verwandtschaft führt das Unternehmen, sondern eine Verantwortungsgemeinschaft – sozusagen „Brüder und Schwestern im Geiste“. Die Familienfehde entfällt.

  • Gegenüber einer Stiftung ist das Verantwortungseigentum rechtlich unkomplizierter und damit auch günstiger zu erreichen. Allerdings muss genau dafür erst noch die Rechtsgrundlage geschaffen werden.

Heute Vormittag lädt die „Stiftung Vermögenseigentum“ zu einer Diskussion ihrer Ideen ein. Mit dabei sind Armin Laschet, Olaf Scholz, Friedrich Merz, Robert Habeck, Christian Lindner, Peter Altmaier, der ehemalige Chef der Wirtschaftsweisen Prof. Lars Feld – und die Leserinnen und Leser des Morning Briefing. Unter diesem Link können Sie der Debatte live folgen und sich selbst im Anschluss zu Wort melden.

Lars Feld © dpa

Um herauszufinden, wie die Familienunternehmer diese Idee finden, hat die Initiative das Institut Allensbach mit einer Meinungsumfrage beauftragt. Die Ergebnisse liegen nun vor. Demnach zeigen sich deutsche Familienunternehmer mehrheitlich angetan von der neuen Idee. Aber: Auch das Lager der Skeptiker ist stark.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Leitung bleibt in der Familie

Antworten von Familienunternehmern auf die Frage: Wie wäre die Leitung ihres Unternehmens in Zukunft am besten geregelt?, in Prozent (Mehrfachnennungen möglich)

Eine Infografik mit dem Titel: Die Frage der Nachfolge

Antworten von Familienunternehmern auf die Frage: Steht bei Ihnen im Unternehmen in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Regelung der Nachfolge an und ist diese bereits geregelt?, in Prozent

Eine Infografik mit dem Titel: Verantwortungseigentum kommt an

Antworten von Familienunternehmern auf die Frage: Halten Sie „Verantwortungseigentum“ für eine gute oder für keine gute Lösung für Unternehmen?, in Prozent

Im Morning Briefing Podcast spreche ich mit Prof. Lars Feld vom Freiburger Walter Eucken Institut über den neuen Eigentumsbegriff. Er sagt:

So wird es möglich, den Unternehmenszweck in die Zukunft hineinzutragen. Ohne Sorge, dass jemand auf dem Kapitalmarkt das Unternehmen übernimmt und es vom Zweck her umorientiert.

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Prof. Justus Haucap von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, einst Chef der Monopolkommission, steht der Bewegung nicht ablehnend, aber doch kritisch gegenüber. Er übernimmt im heutigen Morning Briefing die Widerrede:

Das Entscheidungsrecht und die Partizipation an den Früchten der Entscheidung sollen getrennt werden. Das mag im Einzelfall funktionieren, aber ich bin skeptisch, dass das systematisch gut klappt.

Fazit: Die Debatte über den Eigentumsbegriff der Zukunft ist eröffnet. Beteiligen Sie sich! Über diesen Link sind Sie live dabei.

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Kann die Künstliche Intelligenz den aggressiven und damit gefährlichen Autofahrer stoppen? Verkehrsminister Andreas Scheuer will diese Frage genauer beantwortet wissen und schlägt eine Forschungsarbeit vor. Mithilfe von Gesichtserkennung und Sensorik glaubt er, die Verhaltensweisen von Autofahrern beeinflussen zu können.

In einem Verkehrssicherheitsprogramm, das das Bundeskabinett beschließen soll und das dem Hauptstadt-Team vorab vorliegt, heißt es:

Technische Systeme „zur Emotionserkennung und Emotionsregulation bei Autofahrern“ sollen vorangetrieben werden. Sie sollen helfen, die Aggressivität im Straßenverkehr zu senken.

Andreas Scheuer (CSU) © ThePioneer/Henning Schmitter

Laut Verkehrsministerium ist dabei ein Ansatz, „das Frustrationsniveau von Fahrzeug-Führenden frühzeitig und über technische Sensorik zu erkennen, um darauf aufbauend mit Interaktionsstrategien auf den Fahrenden einwirken zu können“.

Wie das funktionieren kann und was der Staat hier im Detail plant, lesen alle Pioneers im morgendlichen Briefing aus der Hauptstadt.

Das Ende der Wut-Autofahrer

Mit Sensorik aggressive Autofahrer zügeln. Ein neues Verkehrssicherheitskonzept sieht das vor.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

SEK und MEK: Spezialeinheiten der Polizei © dpa

Laut einer Statistik des Bundeskriminalamts nahm die politisch motivierte Kriminalität im Pandemiejahr 2020 deutlich zu. Die Polizei registrierte insgesamt 44.692 Straftaten aus politischen Beweggründen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl um 8,5 Prozent gestiegen. Vor allem im Kontext der Corona-Pandemie stellten politisch motivierte Straftaten eine der größten Herausforderungen für die deutschen Sicherheitsbehörden dar.

Die beunruhigenden Entwicklungen im Überblick:

  • Politisch motivierte Kriminalität, die im Internet begangen wurde – dazu gehören handfeste Beleidigungen, Propaganda und Volksverhetzung – stieg um rund 40 Prozent auf 7.939 Strafdelikte an.

  • Die politisch motivierten Gewalttaten, wie Körperverletzungs- und Tötungsdelikte, sind um 18,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. 2020 wurden laut dieser Statistik 1526 links motivierte und 1092 rechts motivierte Straftaten begangen.

 © dpa
  • Straftaten, die sich gegen die Polizei richten, sind im Vergleich zum Vorjahr um 73,5 Prozent auf 5757 gestiegen. Bei 24,5 Prozent dieser Straftaten handelte es sich um Gewaltdelikte.

  • Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurden insgesamt 3559 politisch motivierte Strafdelikte registriert. Knapp 60 Prozent der Straftaten konnten weder der rechten noch der linken Gruppierung zugeordnet werden. Der Querschläger ist der große Bruder des Querdenkers.

Fazit: Was im gesellschaftlichen Diskurs als Polarisierung begonnen hat, pflanzt sich im wahren Leben als Gewalttat fort. Am Anfang aber stand das Wort. Diese Polizeistatistik ist ein großer Aufruf, im Dialog mit dem Andersdenkenden zu Maß und Mitte zurückzukehren.

Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden 18.034 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden 285 weitere Todesfälle registriert. Jeder vierte Kreis in Deutschland hat derweil eine Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100.

  • Das Bundeskabinett hat weitere Freiheiten für vollständig Geimpfte und Genesene beschlossen. Dazu zählen Lockerungen der bisherigen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Noch in dieser Woche sollen auch Bundestag und Bundesrat über die Verordnung abstimmen.

  • Ministerpräsident Markus Söder gab gestern bekannt, dass Urlaub in Bayern ab dem 21. Mai wieder möglich sein soll. In Regionen mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 werden zu Pfingsten Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze wieder öffnen.

  • Die Europäische Arzneimittel-Agentur prüft den Impfstoff des chinesischen Herstellers von Sinovac. Die Prüfung soll in einem beschleunigten Verfahren durchgeführt werden. Mutige vor.

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 © Craig McDean / VOGUE

Emanzipation ist zuweilen nur ein anderes Wort für Eigensinn. Derweil Marilyn Monroe für ihr Auftreten als Pin-up-Girl von der frühen Frauenbewegung angefeindet wurde, bestieg Teeniestar Billie Eilish mit vergleichbarem Outfit das Wohlfühlbad ihrer Fans.

Mit 17 Millionen Likes wurde das freizügige Vogue-Cover prämiert, in dem die 18-jährige Sängerin, die sich bis dahin in undefinierbaren Stofffetzen versteckt hielt, nun zeigte. „Ich fühle mich irgendwie mehr als Frau“, erklärte Eilish die Imagekorrektur.

Man kann das – je nach Blickwinkel – als alte Käuflichkeit oder neue Weiblichkeit empfinden. Alice Schwarzer flüchtete in solchen Fällen in Richtung Ironie: „Nur Frauen beherrschen die Kunst, so lange ein Auge zuzudrücken, bis sie klarer sehen.“

 © Instagram @billieeilish

Ich wünsche Ihnen einen selbstbewussten Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
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