Die Krise in der Ukraine

Annalena Baerbock: Ihre Mission

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Guten Morgen,

wir nennen es Krise, aber in Wahrheit handelt es sich um jenes Häutungsverfahren, bei dem die Raupe zum Schmetterling wird. So geschehen im Fall von Annalena Baerbock.

Ohne ihren verstolperten Wahlkampf – wir erinnern uns an das mit fremden Federn geschmückte Buch, an den frisierten Lebenslauf und die arroganten Einlassungen zum Co-Piloten und Rivalen Robert Habeck – wäre diese Politikerin heute nicht die, die sie ist. Das Robuste und Reflektierte ist erst durch diesen Stolperwahlkampf in sie hineingekommen.

Hillary Clinton hatte – auch, um den Unterschied zum Jungsenator aus Illinois herauszuarbeiten – im 2008er Wahlkampf immer wieder ihre Krisenerfahrung betont:

I´m bullet proofed. I´m tested.

Genau dieses Zertifikat für Schussfestigkeit besitzt die deutsche Außenministerin jetzt auch.

Annalena Baerbock und Dmytro Kuleba © dpa

Bei ihren Besuchen gestern in der Ukraine, heute in Moskau, ist ihr diese innere Stabilität anzumerken. Sie weiß, was sie will. Und sie weiß, dass der Gegenüber es nicht will. Genau da beginnt Außenpolitik.

Bundeskanzler Olaf Scholz beispielsweise weiß nicht, was er will und schweigt. Sie nutzt das Vakuum. Diese Mission ist ihre.

Der Außenminister der Ukraine will von ihr Waffen zur Selbstverteidigung. Sie verweigert sie ihm, wissend, dass diese Waffen nur einen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und dem Westen befeuern würden. Und die westlichen Waffen würden – wie in Afghanistan schließlich auch – in den Händen der Gegner landen.

Der deutsche Kanzler erwartet von ihr Folgsamkeit in Sachen Nord Stream 2. Für ihn – und große Teile der SPD, von Gerhard Schröder bis Manuela Schwesig – ist diese Gaspipeline eine privatwirtschaftliche Angelegenheit. Im Internet (siehe die Fotomontage des Willy-Brandt-Hauses unten) macht man sich lustig über die sozialdemokratische Sonderbeziehung zu Russland.

Willy-Brandt-Haus mit Russland-Flagge © Twitter @florianww

Sie weiß es besser und traut sich, das auch zu sagen. Nord Stream 2 ist eben nicht nur eine 1230 kilometerlange und rund 9,5 Milliarden Euro teure Gasversorgungsleitung durch die Ostsee, sondern ist die entscheidende Waffe des Westens gegen Putin. Ohne westliche Freigabe bleibt der russische Gasverkäufer auf seiner Ware sitzen.

Eine Infografik mit dem Titel: Machtfaktor Erdgas

Größte Abnehmerländer von russischem Erdgas im Jahr 2020, in Prozent

Eine Infografik mit dem Titel: Machtfaktor Erdöl

Größte Abnehmerländer von russischem Erdöl im Jahr 2020, in Prozent

Ihre eigene Partei erwartet von ihr das hohe Lied auf die Diplomatie. Sie weiß, dass die Diplomatie nur wirken kann, wenn das Militär im Hintergrund mit dem Säbel rasselt. Also sagt sie, man sei….

….entschlossen zu reagieren, wenn Russland den Weg der Eskalation geht.

Die Amerikaner erwarten, dass Deutschland ihre Führungsrolle anerkennt. Sie aber weiß, dass es armselig wäre, wenn die Rolle Europas sich darin erschöpfen würde, den zwei Weltmächten – wie kürzlich beim Spitzentreffen in Genf geschehen – die Erfrischungsgetränke und die Häppchen zu reichen. Also belebt sie das Normandie-Format, bei dem sich Deutschland, Frankreich und die Ukraine gemeinsam dem russischen Präsidenten als Gesprächspartner anbieten. Europa soll vom Objekt zum Subjekt der Krisenpolitik werden.

Eine Infografik mit dem Titel: Europa/Russland: die Beziehungen

Warenverkehr zwischen der EU und Russland 2020, in Prozent bzw. Milliarden Euro

Die Medien behandeln die Ukraine – auch, weil sie glauben, es sei dem Publikum einfacher zu vermitteln – als den einen großen Krisenherd. Sie weiß, dass es Russland nicht um die Ukraine, sondern um eine Achsenverschiebung in Europa geht. Man will wieder das schaffen, was Sigmar Gabriel die „geopolitische Grauzone” nennt, also einen Kranz willfähriger Marionettenstaaten, die zusammen mit Russland erneut das bilden, was man früher die Sowjetunion nannte.

Fazit: Wir sind Augenzeugen einer politischen Häutung, wie wir sie zuletzt bei Joschka Fischer beobachten konnten. Ihre Ambition – und darauf kommt es in dieser frühen Morgenstunde ihrer Ministerwerdung an – ist spürbar größer als die des Vorgängers Heiko Maas. Annalena Baerbock will den Lauf der Geschichte verändern und nicht nur ihr Instagram-Profil.

Annalena Baerbock  © dpa

Die Reaktion der ausländischen Medien auf ihre Reise in das Krisengebiet fiel überwiegend positiv aus. Der britische Guardian urteilte so:

Baerbock gilt als Teil einer jüngeren Generation deutscher Politiker, die sich stark für die Durchsetzung der Menschenrechte in der Außenpolitik einsetzen und entschlossen sind, Deutschland von seiner historischen Kompromissbereitschaft gegenüber Moskau abzubringen.

Peter Hultqvist © imago

Nicht nur die Ukraine, auch Schweden liebäugelt mit der Nato-Mitgliedschaft – und ruft damit Russland auf den Plan. Laut schwedischer Medienberichte verstärkte Russland vergangene Woche seine Marineaktivitäten in der Ostsee und entsandte mehrere Schiffe in die Region.

Als Reaktion darauf verlegte das schwedische Militär mehrere Panzerfahrzeuge auf die Straßen der Insel Gotland und lässt Soldaten patrouillieren. Die Insel liegt circa 300 Kilometer von Kaliningrad entfernt. Rund zehn gepanzerte Kampffahrzeuge und dutzende Soldaten waren bereits am Freitag in der kleinen Hafenstadt Visby unterwegs. Der Verteidigungsminister Peter Hultqvist erklärte am Samstag:

Die Streitkräfte ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um Schwedens Integrität zu wahren und unsere Fähigkeit zu demonstrieren, Schweden und schwedische Interessen zu schützen.

Es wurde deutlich:

Ein Angriff auf Schweden ist nicht auszuschließen. Es ist wichtig, dass wir zeigen, dass wir nicht naiv sind.

Fazit: Die europäische Friedensdividende, von der alle nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sprachen, scheint aufgezehrt.

Die Impfpflicht-Gegner werden lauter

Ärzte, FDP-, Grünen-Politiker und Virologen. Die Impfpflicht-Skeptiker werden mehr.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Frank Appel © imago

Die Deutsche Bundespost ist einen weiten Weg gegangen: Das ehemalige Staatsunternehmen zählt heute zu den erfolgreichsten Konzernen des Landes. Als Deutsche Post DHL Group sind die 600.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bonner Unternehmens weltweit engagiert – mit wachsendem wirtschaftlichen Erfolg.

Im zweiten Corona-Jahr 2021 gelang es der Firma das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) auf 7,7 Milliarden Euro zu steigern; gegenüber dem Gewinn im ersten Corona-Jahr 2020 von 4,8 Milliarden Euro. Der Umsatz erhöhte sich inmitten der Pandemie um 20 Prozent. Der boomende E-Commerce und die weltweit operierende eigene Flugzeugflotte spielten dem Unternehmen in die Karten.

Die Karten in der Hand hält seit 14 Jahren Frank Appel. Der Vorstandschef, der seine Ausbildung als Dr. der Neurobiologie beendet hatte, brachte dem Unternehmen einen Wachstums-und Bedeutungsschub, der sich auch für die Aktionäre auszahlte. Der Aktienkurs lag zur Amtsübernahme von Appel im Februar 2008 bei 22,81 Euro und erlebte seither eine Steigerung um 138 Prozent.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Post geht ab

Aktienkurs der Deutsche Post DHL Group seit Amtsantritt von Frank Appel, in Euro

Für den heutigen Podcast habe ich mit Frank Appel auch über die aktuelle politische Situation in Osteuropa und seine Einschätzung gesprochen:

Wir müssen verhindern, dass es hier zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt. Ob das durch wirtschaftliche Sanktionen erreicht wird oder durch andere Zugeständnisse oder Dialoge – das wird sich zeigen. Grundsätzlich werden immer alle Betroffenen nicht davon profitieren, wenn Wirtschaftssanktionen verhängt werden.

Den Politikern rät er:

Ich würde zwei Dinge tun: Zum einen Einigkeit herstellen. Die europäischen Länder müssen mit den Amerikanern eine gemeinsame Linie definieren und dürfen sich nicht auseinander definieren lassen. Zum anderen ist die Reise der Außenministerin nach Russland und in die Ukraine sicher richtig. Der Dialog ist immer der bessere Weg.

Frank Appel © dpa

Auch zur Impfpflicht bezieht der CEO eine klare Position:

Wir haben die Pflicht, uns im Auto anzuschnallen. Wir haben eine Schulpflicht. Wir hatten lange auch eine Wehrpflicht. Ich glaube, es ist eine Verpflichtung, nicht nur sich selbst zu schützen, sondern auch andere. Deswegen bin ich schon seit längerer Zeit ein Befürworter der Impfpflicht.

In Kürze wird Appel von der Hauptversammlung der Deutschen Telekom zu deren Aufsichtsratschef gewählt. Dann hat er bei zwei großen Konzernen zeitgleich das Sagen, was namhafte Aktionärsvertreter als nicht machbar und nicht sinnvoll kritisieren. Er erwidert:

Dadurch, dass der Aufsichtsrat gemeinsam mit mir beschlossen hat, dass ich nur bis Mai 2023 bei der Deutschen Post DHL Group bleibe und einen Teil meiner Verantwortlichkeit am 1. Juli bereits abgebe, ist diese Doppelbelastung, glaube ich, machbar.

Frank Appel © dpa

Der Kunde und Partner Amazon entwickelt sich mit eigenen Logistikzentren und Zustelldiensten immer stärker auch zum Rivalen. Appel sagt:

Wenn das Unternehmen ein Logistikunternehmen wird und gleichzeitig eine große Marktplattform betreibt, dann müssen die Regulierer beobachten, ob es irgendwo marktbeherrschende Positionen gibt.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page

Das ganze Gespräch mit Deutschlands bestbezahltem und wahrscheinlich derzeit einflussreichstem Konzernchef können Sie am Samstag als Sonderpodcast auf ThePioneer.de empfangen. Hier spricht jemand, dem Sie beim Denken zu hören können. Prädikat: erhellend.

 © ThePioneer

Börsensaal © dpa

Die nächsten Jahre stehen bei einigen der 40 Dax-Unternehmen im Zeichen einer intensivierten Kurspflege. Laut Berechnungen des Handelsblatts planen die Unternehmen in Summe 17,7 Milliarden Euro für den Rückkauf eigener Aktien auszugeben, was die bisherige Rekordsumme von 16,9 Milliarden Euro aus dem Jahr 2008 übertreffen würde.

Jüngst kündigte SAP an, für eine Milliarde Euro eigene Aktien an der Börse aufzukaufen. Das Programm startet im Februar und soll bis Ende des Jahres laufen. Auch Hellofresh gab bekannt, Anteilscheine im Wert von 250 Millionen Euro zurückkaufen zu wollen. Anfang des Jahres kündigte der Chemieriese BASF an, bis Ende 2023 drei Milliarden für Aktienrückkäufe ausgeben zu wollen.

Eine Infografik mit dem Titel: Aktien Rückkäufer: die Pläne der DAX Konzerne

Aktuelle Rückkaufprogramme von DAX-Konzernen, in Milliarden Euro

Noch mehr Geld nimmt Adidas in die Hand: Für vier Milliarden Euro möchte das Unternehmen eigene Papiere zurückkaufen. Und Linde gibt dafür sogar 4,3 Milliarden aus.

Die Berechnungen stammen von Handelsblatt-Unternehmensanalyst Ulf Sommer. Sein Fazit: Bereits 2008 hatten deutsche Konzerne Aktienrückkaufprogramme in damaligen Rekordhöhen laufen. Kurze Zeit später brach die Finanzkrise aus und den Firmen fehlte es an Liquidität.

Die Unternehmen sollten gewarnt sein.

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Markus Söder © dpa

Die Klimapolitik der Grünen ist in den Niederungen des Föderalismus angekommen. Bayerns Premier Markus Söder wünscht sich vieles, aber nicht den Erfolg von Superminister Robert Habeck. Deshalb überrascht es nicht, dass er sich in seinem Land deutlich von den Ausbauplänen für die Windenergie absetzt.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Luft ist raus

Zubau von Windkraftanlagen in Bayern seit 2014, in absoluten Zahlen

Während Habeck den Ausbau der erneuerbaren Energien ankündigt, stockt in Bayern der Windkraft-Ausbau gewaltig. 2021 wurden nur acht Windkraftanlagen gebaut, eine Genehmigung für den Bau eines neuen Windparks bekam in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres sogar keine einzige Anlage.

Der Grund für den schleppenden Ausbau ist die 2014 vom damaligen Ministerpräsidenten und Freund der Bürgerinitiativen, Horst Seehofer, beschlossene zehn Hektar Abstandsregelung. Diese Regel kommt einem Baustopp für den Ausbau der Windenergie gleich, weshalb Habeck sie abschaffen möchte:

Da, wo Abstandsregeln vorgehalten werden, um Verhinderungsplanung zu betreiben, können sie nicht länger bestehen bleiben.

Söders General Markus Blume lässt das kalt:

An der 10-H-Regel wird nicht gerüttelt. Die bayerische Regelung zur Windkraft sichert Akzeptanz und sorgt für Bürgerbeteiligung.

Patrick Hennig © dpa

Nachdem Schleswig-Holstein und Bremen ihren Vertrag mit Luca gekündigt haben, bringen die Betreiber der App nun eine Änderung ihres Geschäftsmodells ins Spiel. Die neuen Dienstleistungen haben allerdings nicht mehr viel mit der Pandemiebekämpfung zu tun. Patrick Hennig, Gründer des Mutterkonzerns Nexenio, schlägt die Möglichkeit eines digitalen Bezahlsystems ähnlich wie PayPal oder Apple Pay vor. Dabei soll sich der Konzern als Triebkraft für die Digitalisierung in Deutschland etablieren:

Wir haben gerade in Deutschland eine einzigartige Möglichkeit, zukünftige digitale Tools nicht Google oder Facebook zu überlassen. Wir wollen uns hier an die Spitze der digitalen Bewegung setzen.

Bis April überprüfen weitere elf Bundesländer, ob sie ihre Kooperation mit Luca fortsetzen wollen oder zukünftig nur noch die Corona-Warn-App des RKIs nutzen werden. Um Anreize für eine Fortsetzung zu schaffen, hat der Konzern seine monatlichen Lizenzkosten auf 750 Euro pro Gesundheitsamt halbiert. Ohne die Zahlungen der Länder bleibt die Zukunft der 40 Millionen mal heruntergeladenen App ungewiss.

Wie wir mit der Kraft der Kunst aufklären können

Alev Doğan spricht mit Autorin Sineb El Masrar

Podcast hören

Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Podcast mit der Laufzeit von

Thomas Gottschalk, Michelle Hunziker und Helene Fischer  © dpa

Es könnte das größte und wohl auch überraschendste Comeback der deutschen Fernsehgeschichte werden: Thomas Gottschalk kehrt mit zwei weiteren Ausgaben der Kult-Sendung „Wetten, dass.. ?” zurück. Eine Show ist im Herbst 2022 geplant, die andere für 2023. Gottschalk hat vorerst für diese zwei Ausgaben zugesagt.

Anlass der Wiederaufnahme in das Sendeprogramm ist der große Erfolg der „Wetten, dass..?”– Ausgabe im November 2021. Damals sahen 14 Millionen die Show aus Nürnberg, in der neben Helene Fischer auch Joko & Klaas und Udo Lindenberg zu Gast waren. Sender-Unterhaltungs-Chef Oliver Heidemann erklärte am Montagmorgen:

Die Resonanz des TV-Publikums war überwältigend. Gemeinsam mit Thomas Gottschalk haben wir uns dazu entschlossen, die Geschichte von ‚Wetten, dass..?‘ weiterzuschreiben. Ab sofort sind wieder alle Wett-Ideen herzlich willkommen.

Thomas Gottschalk © Anne Hufnagl

Entertainer (und ThePioneer-Aktionär) Thomas Gottschalk hat den Beweis erbracht, dass die Welt nicht nur aus Polarisierern, Querdenkern und Wutbürgern besteht, sondern auch aus Familien, die fleißig arbeiten, zivilisiert miteinander sprechen und daher eine gepflegte Abendunterhaltung für die ganze Familie zu schätzen wissen. Das Gottschalk-Deutschland, das wird ihm das Feuilleton bis ans Ende seiner Tage nicht verzeihen, besteht nicht nur aus Rändern und Randgruppen, sondern auch aus einem harten, unverwüstlichen Kern in der Mitte. Der schmilzt nicht, der erodiert und driftet nicht. Gottschalk hat das gefunden, was keiner mehr gesucht hat: die Einheit in der Vielfalt.

Ich wünsche Ihnen einen gut gelaunten Start in den neuen Tag.

Es grüßt Sie auf das Herzlichste,

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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