über den Schreibtischen aller erfolgreichen Unternehmer müsste – wenn die Beteiligten ehrlich zu sich selbst wären – der folgende Satz von Henry Ford stehen:
Erfolg besteht darin, dass man genau die Fähigkeiten besitzt, die im Moment gefragt sind.
Denn erst der Kombination von deutschem Pioniergeist – erbracht von Gottlieb Daimler und Carl Benz – und dem Rückenwind einer Industriegesellschaft, die sich losriss aus den Verankerungen des Stationären und ins Zeitalter der Massenmobilität aufbrach, verdankt die deutsche Automobilindustrie ihren Weg an die Weltspitze.
Und umgekehrt: Erst die Gleichzeitigkeit von Innovationssprüngen in der Elektrotechnik und der kollektiven Sehnsucht nach Klimaschutz und Nachhaltigkeit, die in der politischen Übersetzung zu strengsten Vorgaben für den Verbrennungsmotor führte, erklärt den kometenhaften Aufstieg einer Firma wie Tesla.
Eine Infografik mit dem Titel: Der Benziner verliert seine Dominanz
Anteile der Antriebsarten an der weltweiten Autoproduktion, Prognose ab 2025, in Prozent
Die deutschen Autobauer glaubten lange nur an den ersten Teil des Satzes von Henry Ford. Sie vertrauten auf ihre Ingenieurs-Fähigkeiten. Sie negierten Teil zwei des Satzes, der eine klare Aussage über das kulturell-politische Momentum beinhaltet. Und zugleich wusste Elon Musk genau diese Schubkraft der Nachhaltigkeits-Gesellschaft für sich zu nutzen, wobei ihm die diesbezügliche Schwerhörigkeit der Generation Winterkorn-Zetsche-Pischetsrieder in die Karten spielte.
Diese Schwerhörigkeit ist vorbei. Eine neue Generation von deutschen Auto-Bossen hat verstanden, dass individuelles Genie und gesellschaftlicher Fortschrittsdrang zusammen gedacht werden müssen. Mittlerweile sind sechs handfeste Erfolge dieses deutschen Umdenkens auf dem Armaturenbrett der hiesigen Volkswirtschaft zu besichtigen.
1. VW kann Tesla die Stirn bieten: Erstmals verkauft Volkswagen in einem Quartal mehr Elektroautos als Tesla. Das geht aus dem Automotive-Electrification-Index der Unternehmensberatung AlixPartners hervor. In Europa verkaufte VW laut Schmidt Automotive Research 2020 insgesamt 172.000 vollelektrische Fahrzeuge, fast doppelt so viele wie Tesla. „Elektroauto ist nicht mehr gleichzusetzen mit Tesla”, so Jan Burgard, Partner der Branchenberatung Berylls Strategy Advisers.
2. Auch die Mechanik der amerikanischen Geldbeschaffung, die oft genug durch die Alchemie der Abspaltung von Konzernteilen angetrieben wird, hat man mittlerweile verstanden. In Wolfsburg denkt man darüber nach, ob nicht der Börsengang von Porsche zusätzliche Milliarden in die Kasse spülen könnte. Das würde bei der Finanzierung der ehrgeizigen E-Offensive ohne Zweifel helfen.
Daimler ist schon einen Schritt weiter: Der Stuttgarter Konzern kündigte Anfang des Monats an, die Sparte Daimler Trucks noch bis Jahresende an die Börse zu bringen und beflügelte damit den eigenen Aktienkurs: Am Tag der Bekanntgabe stieg das Papier um knapp neun Prozent und war an diesem Tag mit Abstand der beste Wert im Dax.
3. Endlich tut sich was im Reich der Daimler AG: Allein in diesem Jahr bringt Mercedes vier neue Stromer auf den Markt. Mitte des Jahrzehnts will Daimler mehr als zehn reine Elektroautos im Portfolio haben und etwa 25 Plug-in-Hybride. Spätestens 2039 will das Unternehmen auf den Verbrenner verzichten.
Eine Infografik mit dem Titel: Das nächste Auto fährt elektrisch
Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden weltweit, Prognose ab 2025, in Millionen
4. Der Staat hat die Rolle des Geburtshelfers übernommen. Die Tatsache, dass in Deutschland der Verkauf der E-Autos 2020 um mehr als 200 Prozent auf fast 200.000 nach oben schnellte, ist auch der starken Subventionierung zu verdanken. In Deutschland kann man mit einer Förderung von bis zu 9000 Euro für einen Stromer rechnen. „Das ist auf einmal richtig interessant für die Verbraucher”, sagte der ehemalige VW- und spätere Opel-Manager Karl-Thomas Neumann dem „Handelsblatt”.
5. Die deutschen Autokonzerne können sich in dieser Transformationsperiode auf ihre Zulieferer verlassen. Bei Bosch, dem weltweit größten Spieler der Branche, beginnt die E-Offensive zu greifen – 700 Millionen Euro will der Konzern dieses Jahr in Elektroantriebe investieren. Hinzu kommt ein neuer Fokus auf Software und künstliche Intelligenz mit Partner Microsoft an der Seite.
6. Auch bei der Batterieproduktion, der Schlüsseltechnologie der Mobilitätswende, tut sich etwas: Noch beziehen deutsche Konzerne ihre Batterien meistens aus Asien, doch Bosch investierte 2020 bereits in die Batterieproduktion in Eisenach. Gleichzeitig baut Daimler mit der Tochterfirma Accumotive im sächsischen Kamenz eine Fabrik für Batteriesysteme. VW baut mit Northvolt in Salzgitter eine Batteriefabrik, die 2024 in Produktion gehen dürfte.
Fazit: Die deutschen Autobauer sind unterwegs. Bei ihrer Verfolgungsjagd kommt es, anders als viele Experten behaupten, nicht zuerst aufs Tempo an, sondern auf die Größe der Ambition. Entscheidend ist nicht der Ausstoß möglichst vieler E-Mobile in 2021, sondern die technologische Ernsthaftigkeit, mit der das neue Automobil von der Software gedacht und für die ergrünte Gesellschaft designt wird. Henry Ford jedenfalls mahnt uns zur Gründlichkeit: „Der größte Feind der Qualität ist die Eile.”
Thomas de Maizière war unter Merkel Kanzleramtschef, Innenminister und Verteidigungsminister. Kaum ein deutscher Politiker arbeitete so lange und so eng mit der Bundeskanzlerin zusammen wie er.
Inzwischen hat Thomas de Maizière das Kabinett verlassen. In diesem Jahr scheidet er auch aus dem Bundestag aus. Gemeinsam mit dem langjährigen Geschäftsführer von Merck, dem heutigen Lufthansa-Aufsichtsrat Karl-Ludwig Kley, hat de Maizière ein Buch verfasst, das den Titel trägt, „Die Kunst des guten Führens”.
Für den Morning Briefing Podcast hat der Chefredakteur von The Pioneer Michael Bröcker mit Thomas de Maizière gesprochen – auch über den Führungsstil der Kanzlerin.
Nicht nur der Wille, Verantwortung zu übernehmen, sondern auch Eitelkeit gehören zu einem guten Führungsstil, meint de Maizière:
Man will eine gute Rede halten, man will gut verhandeln. Wer diese Eitelkeit nicht hat, der kann auch nicht gut führen.
Wer als Leader immer wieder auf den Tisch hauen muss, so wie Donald Trump oder Jair Bolsonaro, beweise laut de Maizière, vor allem eins: Schwäche.
Das weiß jeder Vater oder jede Mutter. Wenn sie dreimal am Tag ein Machtwort sprechen, dann sind sie bald am Ende als erziehende Eltern. Ein Machtwort muss etwas Seltenes sein. Macht muss verbunden sein mit der Leistung, die sie zeigen.
CDU-Chef Armin Laschet hat nun definiert, bis wann der CSU-Vorsitzende Markus Söder und er sich über die Kanzlerkandidatur der Union verständigen sollten. Er gehe davon aus, dass es ein Treffen „zwischen Ostern und Pfingsten geben“ werde, sagte Laschet den „Aachener Nachrichten“. Ostern fällt in diesem Jahr auf den 4. April, Pfingsten auf den 23. Mai. Laschet denkt an ein Vier-Augen-Gespräch:
Das Verfahren zwischen CDU und CSU hierzu zeichnet sich dadurch aus, dass es seit 70 Jahren nicht fest geregelt ist, aber immer ein gutes Ergebnis hervorbringt.
Das Wunschergebnis von Laschet lautet Laschet. Das Wunschergebnis von Söder womöglich auch. Nur, dass er das aus Gründen der parteipolitischen Hochpreis-Politik so niemals sagen darf.
Die Kooperation des Gesundheitsministeriums mit Google gerät weiter unter Druck. Nach einem in erster Instanz erlassenen Verbot der medialen Zusammenarbeit liegt nun ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vor, dass die geplante Kooperation ebenfalls als Verstoß gegen die Pressefreiheit wertet. Eine Minister-Entscheidung ist fällig. Oder um es mit Bertolt Brecht zu sagen: „Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.”
Für die Berliner Republik ist es eine kleine Sensation: Die Diäten der Bundestagsabgeordnete sinken – und das zum ersten Mal in der Geschichte des Bundestags. Grund ist der allgemeine Rückgang der Löhne in Deutschland.
Grundlage für die Ermittlung der Diäten der Abgeordneten ist der Nominallohnindex – und dieser sank laut vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts im Pandemiejahr um 0,6 Prozent. Demnach würden zum 1. Juli die Abgeordneten rund 60,50 Euro im Monat weniger bekommen – 10.022,97 Euro statt wie bisher 10.083,47 Euro. Die steuerfreie Aufwandspauschale in Höhe von 4.560,59 Euro, die jährlich an die Lebenshaltungskosten angepasst wird, ist von diesem Rückgang nicht betroffen. Die Abgeordneten müssen also nicht darben.
Der Hype um die GameStop-Aktie, bei dem vor allem Kleinanleger sich auf Internetforen organisierten, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben, gestaltete sich als Kampf zwischen David und Goliath. Die großen Hedgefonds verloren durch ihre Leerverkäufe der Aktie mehrere Milliarden US-Dollar – und schlagen nun zurück.
Ziel ist der YouTuber „Roaring Kitty”, mit bürgerlichem Namen Keith Gill, den die Verlierer nun verklagen. Gill hatte auf seinem Kanal mehrere Analysen der GameStop-Aktie veröffentlicht, zum Kauf aufgerufen und selbst eine große Position aufgebaut – die steigenden GameStop-Kurse im Januar machten ihn zum Millionär.
Dabei, so wird ihm nun vorgeworfen, habe er jedoch seine eigentliche Börsenexpertise verheimlicht und den Markt manipuliert, um selbst hohe Profite zu schlagen. Keith Gill bestreitet jedoch die Vorwürfe gegen ihn. Selbst als Börsenexperte habe er keine unwissenden Anleger beeinflusst und wäre auch nicht maßgeblich für den Kauftrend verantwortlich gewesen.
Eine Schule im österreichischen Salzburg erprobt eine kreative Lösung, Schülern und Lehrern die Abstandsregeln deutlich zu machen. Die Schulleitung des Wirtschaftskundlichen Realgymnasiums bestellte bei der Firma Ruwido aus Neumarkt am Wallersee 1000 kleine runde Abstandsmelder. Die Geräte, die den Namen Schutzengel tragen, reagieren mit Vibration und rotem Licht, wenn sich zwei ihrer Besitzer zu nahe kommen. Der Schutzengel wird zur Nervensäge. So sollen Schüler und Lehrer zur Einhaltung des Abstandsgebots erzogen werden.
Vielleicht sollten sich die Hersteller von Seifen- und Dosierspendern an dieser Innovationsinitiative beteiligen. Wann immer ein Schulkind die Toilette ohne Händewaschen verlässt, könnte der Summer einen Alarmton senden – und für den Vertriebskanal in China – gleich die Daten des Schmutzfinks an die Schulleitung. Vorsicht: Ironie.
Heute jährt sich der Todestag des ökonomisch bedeutsamsten Politikers des 20. Jahrhunderts – ohne dass ihm irgendwo im Westen gedacht würde. Die Rede ist von Deng Xiaoping, dem Erfinder und Erbauer des modernen, des halb-kapitalistischen Chinas.
Der von Mao Zedong zunächst geschätzte und geförderte, dann allerdings verfemte und verfolgte Kommunist, stieg wenige Monate nach dem Tod seines Peinigers im Alter von mittlerweile 74 Jahren zum Staats- und Parteichef auf.
„Völker der Welt, vereinigt euch, besiegt die USA Aggressoren und alle ihre Lakaien“, das stand Jahre lang auf dem Spruchband, das ausländische Gäste am Pekinger Flughafen empfing. „Ein Weltkrieg der Weltdörfer gegen die Weltstädte“ hatte noch kurz vor Dengs Machtantritt der chinesische Verteidigungsminister den Amerikanern angedroht.
Unter Deng folgte die große Schneeschmelze. Die Aggressoren wurden hereingewunken und die Flughafentransparente eingerollt. Nicht als Freunde, wohl aber als Geschäftspartner waren die Manager des Westens fortan willkommen. Die Normalisierung der Beziehung zu den USA bildet die Grundlage für den Aufstieg der chinesischen Exportindustrie.
Deng beendete die Gleichmacherei der Mao-Jahre, den Kult der Askese, er setzte auf die Triebkräfte des Egoismus, auf die Sehnsucht nach der Unterscheidbarkeit von Menschen. „Der Zweck des Sozialismus ist es, das Land reich und stark zu machen“, sagte er. Wobei der Reichtum des Landes für ihn nur denkbar war, wenn auch der Einzelne reich werden durfte.
Was Jahre später unter Ronald Reagan dann als „trickle down effect“ bezeichnet wurde, hat Deng in seiner Zeit so formuliert: „Lasst einige schneller reich werden, damit sie dann den anderen helfen.“ Ihm sei’s egal, ob die Katze schwarz oder weiß sei, Hauptsache, sie fange Mäuse.
Deng fand das richtige Maß an Tiefe und Tempo der Reform. Er hat die Chinesen gefordert, aber nicht überfordert. Die Parteikader wurden heruntergestuft, aber nicht davon gejagt. Er hat das Land geöffnet, aber nicht für alle. Die Waren wurden frei, die Währung nicht. Die heutige Weltwirtschaftsmacht China ist sein Werk.
© dpaDie Schattenseite darf auch an seinem Todestag nicht übersehen werden; die Privatwirtschaft erhielt freies Geleit, die Demokratie aber blieb ausgesperrt. Als aufmüpfige Studenten sich am 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens versammelten, lies Deng die Panzer rollen. Das ist der Blutspritzer auf seinem Anzug.
Fast 20 Jahre hielt sich der Winzling, dessen Vorname Xiaoping ein Tarnname aus Revolutionstagen war und übersetzt „kleine Flasche“ bedeutet, an der Spitze des Riesenreiches. Der Tod beendete seine Amtszeit am Abend des 19. Februar 1997. Weil er den Personenkult der Kommunistischen Einheitspartei hasste, lehnte er die Idee einiger Parteifreunde ab, ihn nach dem Tode in einem Mausoleum aufzubewahren. Er ließ seine Asche mit dem Flugzeug über dem Meer verstreuen.
© dpaIch wünsche Ihnen einen guten Start in das Wochenende. Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr