Autoindustrie: Die Corona-Helden

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Guten Morgen,

in Zeiten der Not werden Helden geboren. Anders als die Verantwortlichen der Regierung dürfen sich die Chefs der deutschen Automobilhersteller an dieser Stelle angesprochen fühlen. Derweil Elon Musk – der Ironman der Elektromobilität – seit Monaten an der Börse schwächelt, befindet sich die Wertschätzung der Investoren für die Firmen „managed in Germany“ seit Monaten im Steigflug.

Die weltweite Pandemie, die alle Lieferketten unter Stress setzte, und der politische Druck zum Ausstieg aus der Verbrenner-Technologie haben gewirkt – und zwar im Falle der Autoindustrie segensreich. Das Zaudern verschwand. Die Entschlossenheit wuchs. Getreu der Devise „Bei Gefahr und in der Not bringt der Mittelweg den Tod“ fanden die Vorstände zu jener strategischen Klarheit, die von den internationalen Investoren lange schon erwartet wurde.

Eine Infografik mit dem Titel: Der deutsche Auto-Boom

Kursentwicklung der Aktien von BMW, Daimler und VW seit dem 1. März 2020, sowie Tesla seit dem 6. Januar 2021, in Euro

Herbert Diess von VW, Ola Källenius von Daimler, Oliver Zipse von BMW und auch Michael Lohscheller von Opel haben den doppelten Druck nicht etwa nur abgewehrt und abgefedert, sondern sie nutzten die Wucht der Ereignisse für einen Takt- und Tempowechsel. Konzernübergreifend wurden in den zwölf Monaten der Pandemie fünf Dinge verändert:

1. Alle deutschen Autohersteller haben ihre Kostenstruktur radikal überprüft und damit ihre ökonomische Widerstandsfähigkeit erhöht. Nur deshalb funktionierten die Autohersteller auch in der Krise als Gewinnmaschinen. Daimler hat die Dividende für das Corona-Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent erhöht.

2. In den Vorständen erzielten die Befürworter einer kompromisslosen Elektrifizierung den historischen Durchbruch. Überall in Deutschland gilt der Ausstieg aus der Verbrennungstechnologie mittlerweile als ausgemachte Sache. Daimler will bis spätestens zum Jahr 2039, wahrscheinlich aber früher, den letzten Verbrenner vom Band rollen lassen. VW plant bis zum Jahr 2030, dass mindestens die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge elektrisch sein soll.

Eine Infografik mit dem Titel: Deutschland: Die Gewinnmaschine

Nettoergebnis von BMW, Daimler und VW seit 2010, in Mrd. Euro

3. Die Liebe der Vorstandsvorsitzenden gilt nicht mehr der möglichst flachen Schweißnaht und dem aerodynamischen Design, sondern der Batteriefertigung, dem Aufbau einer Ladeinfrastruktur und der Software an Bord. Das Automobil wird – nach Jahrzehnten der Beharrlichkeit – neu gedacht. Es ist nicht mehr allein Fortbewegungsmittel, sondern Lebensraum und Kommunikationsinstrument.

4. Die Sucht der Vergangenheit, als man durch spektakuläre Übernahmen von Chrysler, Rover, SEAT und anderen ausländischen Firmen das Publikum zu beeindrucken suchte, scheint geheilt. Die heutigen Vorstandsvorsitzenden wissen, dass es nicht darum geht, das Große zu vergrößern, sondern das Schwerfällige zu beschleunigen.

5. Politisch hat man sich arrangiert. Die bisherigen Klagegesänge sind weitgehend eingestellt. Die gewandelten Prioritäten der Energie- und Umweltpolitik in Europa, China und den USA werden als neue Normalität akzeptiert.

Fazit: Nach diesem strategischen Durchbruch lebt die Autoindustrie nicht mehr gegen ihre Zeit, sondern mit ihr. Man hat in Stuttgart, München, Rüsselsheim und Wolfsburg von Don Quijote auf Konfuzius umgesattelt. Mitten im Sturm der Gegenwart errichtet man nicht weiter Mauern, sondern baut Windmühlen.

Markus Söder © dpa

Markus Söder stellt die Autorität des neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet mittlerweile demonstrativ infrage. Seinen gestrigen Auftritt bei „Markus Lanz“ nutzte Söder mehrfach, um Angriffslust und eigenes Dominanzgefühl zu demonstrieren. Dabei habe ihn Laschet noch vor der Sendung per SMS gebeten „friedlich“ und „freundlich“ zu sein, wie Söder freigiebig ausplauderte.

Die Leiterin der „Spiegel“-Hauptstadt-Redaktion schreibt heute Morgen:

In Söders Welt sind die Rollen von Tiger und Bettvorleger klar verteilt.

Der Kanzlerkandidat der Schmerzen

Laschets Lockdownidee wird zum Testfall in der K-Frage. Sind die Länderchefs für oder gegen ihn?

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Joe Biden © dpa

Wer zu Beginn der Ära Biden/Harris mit einer Friedensgeste in Richtung der Chinesen oder der Russen gerechnet hatte, steht heute als geostrategischer Naivling da. Die Fronten zwischen den USA und Russland verhärten sich weiter. Der Vorwurf Bidens an Putin, er sei ein „Mörder“, war weder Höhe- noch Endpunkt dieser Entwicklung.

Beide Seiten erhöhen derzeit den Druck im Kessel: Der Kremlchef spitzt den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine weiter zu. Die Gefechte entlang der seit Juli 2020 vereinbarten Waffenstillstandslinie werden seit Wochen intensiver. Erst gestern wurden zwei ukrainische Soldaten von pro-russischen Separatisten erschossen. Die NATO registriert massive Truppenbewegungen der Russen in Richtung der ukrainischen Grenze.

Wladimir Putin (m.) beim Militärmanöver „Zentr 2019“ © dpa

Joe Biden sicherte den Ukrainern seine Unterstützung gegen Russland bereits zu. Und auch das Hauptquartier des westlichen Verteidigungsbündnisses meldete sich zu Wort: „Die NATO wird weiterhin die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine unterstützen“, sagte ein NATO-Sprecher.

Zeitgleich haben die Vorbereitungen für das NATO-Großmanöver „Defender Europe 21“ begonnen. Dazu muss man Folgendes wissen:

  • Im letzten Jahr nahmen insgesamt 37.000 NATO-Soldaten am Großmanöver „Defender Europe 20“ teil. 18 Staaten übten das Verlegen von militärischen Truppen sowie Kriegsmaterial über den Atlantik und 4.000 Kilometer quer durch Europa – in Richtung Osten. Die Übung wurde wegen Corona zunächst abgebrochen und dann im verkleinerten Format fortgeführt.

US-Panzer auf dem Weg nach Osteuropa © dpa
  • In diesem Jahr wird das Großmanöver unter dem Namen „Defender Europe 21“ vom 1. Mai bis zum 14. Juni stattfinden. Dieses Jahr sollen rund 30.000 Soldaten aus 26 Nationen trotz Corona an der Übung teilnehmen. Das Großspektakel wird auf 30 Truppenübungsplätzen in zwölf Ländern durchgeführt.

  • Deutschland wird einmal mehr die logistische Drehscheibe für den Truppenaufbau vor den Toren Russlands sein. Betroffen sind die Bahn AG und mindestens ein See- und ein Flughafen. In den NATO-Papieren firmiert die Bundesrepublik als „Host-Nation“.

  • Bulgarien, Estland und Rumänien werden in den Planungen des für Europa und Afrika zuständigen Oberkommandanten General Christopher G. Cavoli zum Aufmarschgebiet dieser Großübung. „Swift Response“ heißt dieser Teil der Übung. Es geht darum, die Infrastruktur auf ihre Belastbarkeit zu testen. „Je weiter wir nach Osten kommen, desto schwieriger wird es“, sagte Cavoli der „Lausitzer Rundschau“.

Fazit: Die deutsche Außenpolitik hat bisher nicht auf die militärische Zuspitzung reagiert. Hin- und hergerissen zwischen westlicher Bündnistreue und dem Bemühen um friedliche Kooperation mit Russland verlegt man sich aufs Schweigen. „Der deutsche Weg“, der kein selbstherrlicher, aber ein selbstbewusster sein sollte, wie Egon Bahr, der Architekt der Entspannungspolitik, einst formulierte, ist verschüttet.

Was eint die Querdenker?

Auf der Suche nach dem, was Verschwörungstheoretiker, Familienväter und Reichsbürger zusammenbringt.

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Veröffentlicht von Lukas HerrmannAlexander Gerst.

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 © dpa

Europa droht, den wirtschaftlichen Anschluss an die USA und China zu verlieren. Zwar erholt sich laut IWF die Weltwirtschaft langsam von der Corona-Pandemie, doch das Wachstum in Europa liegt dabei deutlich hinter den beiden Supermächten zurück. Ein Grund: Die bisher enttäuschend verlaufene Impfkampagne bremst die Möglichkeiten der Unternehmen.

Für China erwartet der IWF für das laufende Jahr ein Wachstum von über acht Prozent, für die USA rechnet man mit einem Plus von etwa 6,4 Prozent. Das Plus in der Euro-Zone soll bei 4,4 Prozent liegen, wobei Deutschland allerdings mit einem erwarteten Wachstum von 3,5 Prozent im unteren Durchschnitt liegt.

Nur die wirtschaftliche Lage der Entwicklungsländer stellt sich noch trüber dar. Hier wird erst im Jahr 2023 mit einer wirtschaftlichen Erholung gerechnet. Die Pandemie sei ein massiver Treiber von globaler Ungleichheit, warnt der IWF.

Dirk Heinrich © dpa

Dr. Dirk Heinrich ist ärztlicher Leiter des größten Impfzentrums in Deutschland. Auf Twitter berichtet der HNO-Arzt und Bundesvorsitzende des Virchowbundes regelmäßig über Neues von der Impfkampagne und über seine Arbeit vor Ort. Für ihn ist klar, dass mehr Impfstoff verfügbar sein muss, um bis zum Sommerende aus der Pandemie herauszukommen:

Wir haben einfach nicht die Menge des Impfstoffs, um auch nachts impfen zu können.

Doch er sieht auch, wie sich das Tempo gesteigert hat:

Wir haben mit 500 Geimpften am Tag angefangen. Mittlerweile sind wir bei über 6.000 pro Tag.

Dirk Heinrich ist ein seltener Optimist inmitten einer ins Straucheln geratenen Impfkampagne. Das ganze Gespräch und mehr hören sie im Morning Briefing Podcast, heute mit Chelsea Spieker.

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Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden 9677 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden 298 weitere Todesfälle registriert. Wie schon gestern weist das RKI darauf hin, dass die Zahlen tatsächlich höher sein könnten – etwa durch weniger durchgeführte Tests und Verzögerungen bei der Datenübermittlung durch Behörden über die Osterfeiertage.

  • Laut Angaben des DIVI-Intensivregisters ist die Zahl der Corona-Intensivpatienten deutlich gestiegen. Sie beträgt nun 4358 und stellt somit den Höchststand seit zwei Monaten dar. Mediziner warnen vor einer Überlastung des Gesundheitssystems binnen vier Wochen.

  • Seit gestern dürfen nun auch endlich die Hausarztpraxen gegen das Coronavirus impfen. Neben den bundesweit 430 Impfzentren haben rund 35.000 Praxen Corona-Impfstoffe bestellt und unterstützen damit die bundesweite Impfkampagne.

  • Die WHO äußert ernste Bedenken gegen den Corona-Impfpass, der von der EU-Kommission geplant wird. Grund dafür sei vor allem die Unsicherheit bezüglich der anhaltenden Immunität nach der Impfung.

  • Durch die aufgetretenen Todesfälle in Verbindung mit dem AstraZeneca-Impfstoff wächst die Unsicherheit der Bevölkerung. Diese Sorge wollen sich einige Versicherungen zunutze machen und einen Schutz vor eventuellen Impfschäden anbieten.

  • Eine Umfrage des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts hat gezeigt, dass nur jeder vierte Arbeitnehmer Zugang zu einem wöchentlichen Schnelltest hat. Bund und Länder hatten Anfang März beschlossen, dass jedem Angestellten ein kostenfreier Test pro Woche zustehen soll.

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Der Youtuber Rezo aus Aachen.  © dpa

Der YouTuber Rezo, bekannt für seine blauen Haare und das Video „Die Zerstörung der CDU“, hat sich erneut mit der Politik der Union befasst. Im aktuellen Video geht es um die Coronapolitik.

In einem knapp viertelstündigen Beitrag auf YouTube lässt der 28-Jährige das deutsche Pandemie-Geschehen Revue passieren. Hier wirft er der Politik – als Beispiel dienen ihm ausschließlich CDU und CSU – verheerende Fehler vor, von der zu spät eingeführten Maskenpflicht bis hin zu den erst kürzlich aufgedeckten Korruptionsskandalen.

Über die Korruptionsskandale innerhalb der Unionsparteien sagt er:

Das sind straight up korrupte Politiker, die das politische System ausnutzen, um Geld in die eigene Tasche zu tun.

Sein Fazit zur Union:

So ein Haufen inkompetenter Dullis!

Diese jüngste Depesche aus dem Hause Rezo zeigt das Kalkül: Die Kritik der anderen wird in Jugendsprache verpackt und als eigene geistige Leistung verkauft. Die Moderatorin der ARD-Sendung „Panorama“ und Leiterin des Bereichs Innenpolitik im NDR, Anja Reschke, urteilt streng, aber angemessen:

Alles, was er da sagt, wird seit einem Jahr überall rauf und runter berichtet. Nur nicht in so platter Wutsprache.

Fazit: Rezo ist nicht mehr kreativ, nur derb. Innerhalb kürzester Zeit hat er in Flughöhe verloren. Vorsicht Bodennebel!

Gabriel Felbermayr © dpa

Schwerer Verlust für das Kieler Institut für Weltwirtschaft: Der bisherige Präsident Gabriel Felbermayr löst seinen bis 2024 laufenden Vertrag, um in Österreich am dortigen Wiener Wirtschaftsinstitut WIFO seine Karriere fortzusetzen.

Ob das eher linksliberale Wiener Institut mit Felbermayr den richtigen Chef verpflichtet hat, wird sich zeigen. In Kiel, bisher eine Hochburg der pragmatischen Ordnungspolitiker, wird Felbermayr in jedem Fall fehlen. Seine Stimme war nicht singulär, aber markant.

Bundeskanzler Gerhard Schröder während der Schlussabstimmungen zur Agenda 2010 im Bundestag, 2003 © imago

Einer der großen sozialdemokratischen Bundeskanzler feiert heute Geburtstag. Gerhard Schröder wird 77 Jahre alt. Er war mit seiner Agenda 2010 der letzte Sozialreformer, den das Land hervorgebracht hat. Als die Nadel auf dem Armaturenbrett der Deutschland AG in den roten Bereich drehte, entschloss er sich zum Umbau des Sozialstaates. Oder um es mit Peter Sloterdijk zu sagen:

Wer nicht zur Flucht nach vorn bereit ist, der neigt zu Melancholie und Übergewicht. Die Miene muss heiterer sein als die Lage. Das versteht jeder, der von Berufs wegen lächelt.

Der politisch hart erkämpfte Schröder-Aufschwung nach der bleiernen Spätphase der Kohl-Jahre schwang bis weit in die Ära Merkel hinein. Wenn es in der Politik mit rechten Dingen zuginge, müsste sie einen Teil der Merkel-Dividende nach Hannover überweisen.

Der dortige Empfänger könnte es dann mit dem Schmerzensgeld addieren, das ihm seitens der reformunwilligen SPD zusteht. Damit allein wäre er ein gemachter Mann. Auf den Teilzeit-Job im Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft könnte der muntere Rentner glatt verzichten. Wir wünschen Gerhard Schröder zum heutigen Ehrentag alles erdenklich Gute.

Mögen ihm und Ihnen ein heiterer Start in den Tag gelingen. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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