#BlackLivesMatter: Markus Söder im Interview

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Guten Morgen,

die „Black Lives Matter“-Bewegung gewinnt weiter an Fahrt. Am Wochenende versammelten sich auf der Golden Gate Bridge von San Francisco Tausende Demonstranten:

Keine Gerechtigkeit, kein Frieden.

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Zwei Wochen nach dem mutmaßlichen Mord an dem Afroamerikaner George Floyd gingen am Samstag auch in zahlreichen deutschen Städten Zehntausende auf die Straße, um Wut und Trauer auszudrücken:

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► In München versammelten sich rund 25.000 Teilnehmer, in Düsseldorf waren es circa 20.000, in Hamburg rund 14.000 Menschen.

► Auf dem Berliner Alexanderplatz kamen rund 15.000 Teilnehmer zusammen. Für genau 8 Minuten und 46 Sekunden setzen sich die Teilnehmer schweigend auf den Boden – so lange hatte ein weißer Polizist Floyd sein Knie in den Nacken gedrückt, bis dieser sein Bewusstsein verlor und starb.

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Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zeigt Sympathien mit den weltweiten Protesten. Im Morning Briefing Podcast sagt er:

Rassismus ist unerträglich und darf nicht passieren. Die Bilder aus den USA sind schwer verständlich, eigentlich unerträglich.

Es ist spürbar, dass dieses Land immer mehr auseinanderdriftet.

Von Söder wollte ich wissen, ob er sich vorstellen kann, bei einer Demonstration gegen Rassismus und Antisemitismus mitzumarschieren. Seine Antwort fällt eindeutig aus:

Rassismus und Antisemitismus dürfen wir nicht dulden. Letzterer hat in unserer Gesellschaft wieder Platz bekommen, er wird politisch instrumentalisiert, mit der AfD besitzt er einen verlängerten Arm im Parlament.

Für mich ist es eine Kernaufgabe sich gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Antisemitismus zu wenden.

Wir müssen eine klare Haltung zeigen und Gruppen wie die AfD deutlich stellen und bekämpfen.

Den Versuch, die AfD rechts zu überholen oder sich auch nur ihres Vokabulars zu bemächtigen, betrachtet die CSU-Führung heute als Fehler. Ohne dass der Name Horst Seehofer fällt, sagt Markus Söder:

Wir haben uns das als CSU nicht leicht gemacht. Im Jahr 2017 und 2018. Da wurden auch Fehler gemacht. Es gab am Anfang die Einschätzung, möglicherweise bekommt man auch Wähler von der AfD wieder zurück indem man versucht, manches Argument einfach aufzunehmen oder vielleicht umzusetzen in eine bessere Politik. Das hat sich als völlig falsch erwiesen.

Meine tiefe Überzeugung ist letztlich mit den Ereignissen in Chemnitz verbunden, als ich Herrn Höcke gesehen habe, wie er mit einer weißen Rose durch die Stadt gelaufen ist. Einem bewussten Missbrauch dieses Symbols des Widerstands der Geschwister Scholl. Da war mir klar: Das darf man diesen Gruppen und diesen Personen nicht durchgehen lassen. Man muss sie stellen.

Wenn ein Staat und seine Demokraten nicht entschieden und wehrhaft genug sind, dann geht am Ende auch die Demokratie zugrunde.

Söder lässt keinen Zweifel, was das für die künftige Mehrheitsbildung in deutschen Parlamenten bedeutet:

Es darf keine Zusammenarbeit, keine Toleranz mit der Gruppe der AfD geben.

Der Zuspruch, den die CSU für ihren neuen empathischen Ton empfängt, schlägt sich in den Umfragen nieder. Markus Söder ist zum beliebtesten Politiker hinter Angela Merkel aufgestiegen. Selbst eingefleischte Sozialdemokraten wie der Morning Briefing-Leser Kay Krüger, Chef der Münchner Firma „Kay Krüger Kommunikation“, zeigen sich beeindruckt.

 © privat

Nachdem Söder kürzlich auf einer Anti-AfD-Demonstration – zu der IG-Metall, SPD und Grüne aufgerufen hatten – als Redner auftrat, formulierte Krüger ein Dankesschreiben an den bayerischen Ministerpräsidenten, dessen Kopie er mir zuschickte:

Lieber Herr Ministerpräsident, nur ganz kurz: Danke für Ihre Courage, Ihr Rückgrat und Ihr offensichtliches Gespür für das historische Momentum, den Automatismus Ihrer Vorgänger durchbrochen zu haben, an Kundgebungen gegen „Rechts“ an der Seite von Gewerkschaften, Kirchen, Sozialdemokraten oder noch schlimmer: „Grünen“ grundsätzlich nie, nicht, never teilzunehmen. Respekt. Dass ich mich (als alter Sozialdemokrat mit „Stoppt Strauß“-Plakette in vergangenen Studententagen) noch mal bemüßigt fühlen würde, einem Christsozialen aufrichtig zu danken, war bis vor kurzer Zeit nicht abzusehen. THX!

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Was bedeutet der Tod George Floyds für uns in Deutschland? ThePioneer-Chefreporterin Alev Doğan hat gemeinsam mit dem Schauspieler Tyron Ricketts einen Essay geschrieben. Diesen Text lesen Sie auf ThePioneer.de .

Donald Trump © dpa

Von den rund 34.700 hierzulande stationierten US-Soldaten sollen bis zum Herbst rund 9500 abziehen. Außerdem soll eine Obergrenze von 25.000 US-Soldaten eingeführt werden, die gleichzeitig in Deutschland anwesend sein können. Trump hat das Pentagon offenbar bereits angewiesen, die Pläne umzusetzen. Das berichtete das „Wall Street Journal“ am Wochenende.

Im Nato-Partnerland Deutschland wurden die Entscheidungsträger bislang nicht informiert. Auch darüber habe ich mit Söder gesprochen. Er sagt:

Wir haben eigentlich eine enge Sicherheitspartnerschaft mit den USA. Deshalb wäre es jetzt angemessen, so etwas im Vertrauen zu besprechen und nicht über eine Agenturmeldung oder ein Medium zu spielen.

Fazit: Die Entscheidung der USA bedeutet keinen Bruch der transatlantischen Beziehungen, wohl aber deren Erkaltung.

Xi Jinping © dpa

Der Überraschungssieger im globalen Handel des ersten Halbjahres ist China.

► Trotz Corona, trotz internationaler Abwehrreaktionen, etwa gegen den Telekommunikationshersteller Huawei, und trotz des Handelsstreits mit den USA, ist der chinesische Handelsbilanzüberschuss im Mai auf einen Rekordwert von 62,93 Milliarden Dollar gestiegen. Während die Exporte gegenüber dem Vorjahr nur um 3,3 Prozent sanken, gingen die Importe aufgrund einbrechender Rohstoffpreise um 16,7 Prozent zurück.

► Profitieren konnte China von der starken Nachfrage nach medizinischen Hilfsgütern wie Masken, Schutzanzügen oder Einweghandschuhen. „Die jüngste Beschleunigung des Exportwachstums bei antiepidemischen Materialien trug erheblich zu Chinas Exporten bei“, sagt Liu Liu, Analyst der chinesischen Investmentbank CICC bei Bloomberg . „Chinas ganzjähriges Exportwachstum im Jahr 2020 könnte besser ausfallen als unsere früheren Erwartungen“.

Fazit: So ungerecht kann Globalisierung sein. China ist Verursacher und zugleich Profiteur der Pandemie.

Mit rund 20 Milliarden Euro ist die zeitweise Reduzierung der Mehrwertsteuer der größte Einzelposten des Konjunkturpakets. Der Gedanke, dass die Steuererleichterung, die rund der Hälfte des Bundeswehr-Etats (45,1 Milliarden Euro) und mehr als dem Bildungsetat (18,3 Milliarden Euro) entspricht, am Ende gar nicht beim Verbraucher ankommen könnte, beschleicht nun immer mehr Ökonomen, nachdem Ende vergangener Woche noch wie im Choral gelobt wurde.

Gabriel Felbermayr © dpa

„Mir ist nicht ganz klar, ob die Unternehmen wirklich für die kurze Zeit ihre Preise senken werden oder diese Steuersenkung nicht einfach nur mitnehmen“, sagt Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (Ifw) dem „Handelsblatt“.

Lars Feld © dpa

Lars Feld, Vorsitzender der Wirtschaftsweisen, fürchtet:

Der Konsumeffekt der Mehrwertsteuersenkung wird durch die Kaufzurückhaltung der Konsumenten beschränkt.

Michael Gerling, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts EHI aus Köln, sorgt sich, dass das Paket für die Unternehmen vor allem eines bedeutet: Mehr Arbeit.

Die Mehrwertsteuersenkung hört sich erstmal gut an, für den schwer angeschlagenen Handel bringt sie aber keine Vorteile.

Mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer wagt erstmals ein führender CDU-Politiker, der allgemeinen Begeisterung zu widersprechen. Kretschmer war am Freitag zu Gast auf der Pioneer One und hat mit unserem stellvertretenden Chefredakteur Gordon Repinski und mir über die Folgen des Konjunkturpakets gesprochen. Kretschmer sagt:

Die Senkung der Mehrwertsteuer verstehe ich nicht.

Mein Eindruck ist, dass niemand in Deutschland eine Senkung für notwendig gehalten hat. Jetzt wird es so gemacht. Es muss uns schon darum gehen, Maß zu halten und eine Verhältnismäßigkeit zu haben.

Kretschmer mahnt, dass der deutsche Krisenpuffer bei der Bekämpfung der Folgen der Pandemie vorerst aufgebraucht sei.

Deutschland ist ein starkes Land, aber auch unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Und ich finde, man muss sich immer noch so viel Pulver trocken halten, dass wir immer noch handlungsfähig sind. Deswegen sind wir schon an einer Grenze dessen, was dieses Land tragen kann.

Fazit: Die Debatte über Sinn, Unsinn und die Größe des Konjunkturpakets ist eröffnet. Der fiskalische „Wumms“, mit dem der Finanzminister losfeuern will, löst einen politischen Rückstoß aus.

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Auch im Haupstadt-Newsletter von ThePioneer geht es um das Konjunkturpaket von Union und SPD. Meine Kollegen Michael Bröcker und Rasmus Buchsteiner haben dabei ein internes Memo des Bundesfinanzministeriums in die Hände bekommen, in dem ein Hauruck-Verfahren der Gesetzgebung beschrieben wird. In einer Woche sollen ein Nachtragshaushalt mit rund 30 Milliarden Euro neuen Schulden und neun relevante Steuer-Gesetze – darunter die Absenkung der Mehrwertsteuer, der Familienbonus und die Verschiebung der Fälligkeit bei der Einfuhrumsatzsteuer – abschließend im Parlament beraten werden. Der Bundesrat soll das Paket eine Woche später in einer Sondersitzung abnicken.

Außerdem im Hauptstadt-Newsletter:

Der neue Koalitionsentwurf für eine Reform des Taxigewerbes schreibt eine Jahrzehnte alte Tradition für eine vermachtete Branche fest: die Rückkehrpflicht für Mietwagenfahrer. Ein Relikt, das den Taxis ihre Quasi-Monopolstellung sichert. Im Exklusivinterview kündigt Ubers Deutschlandchef Christoph Weigler Widerstand an.

► Das Konjunkturpaket sieht auch drei Milliarden Euro für den Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vor. Was er damit vorhat, haben die Kollegen recherchiert.

Elon Musk © imago

Tesla-Chef Elon Musk hat sich aus der selbstverordneten Twitter-Pause zurückgemeldet und zum Sturm gegen Amazon geblasen. In Richtung des Amazon-Chefs Jeff Bezos schrieb er:

Es ist an der Zeit, Amazon aufzuspalten. Monopole sind unrecht!

Auch auf europäischer Ebene ruft die Marktmacht von Amazon Kritiker – zum Beispiel in Form von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, auf den Plan. Die Dänin sagte der „Welt am Sonntag“ :

Corona hat gezeigt, wie abhängig wir von US-Konzernen sind, und das war ein Weckruf.

Ich will verhindern, dass sich monopolartige Situationen, wie wir sie bei Amazon, Google und Facebook erleben, auf neuen Märkten wiederholen. Dafür brauchen wir Instrumente, mit denen wir verhindern, dass Märkte kippen und nur noch ein Unternehmen den Markt kontrolliert.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Angst vor Amazon

Anzahl börsennotierter US-Unternehmen, die in ihren Geschäftsberichten Amazon als "Risikofaktor" nennen

In Deutschland kommt der US-Konzern mittlerweile auf einen Marktanteil von knapp 30 Prozent. Als deutlich kleinerer Konkurrent bleibt Otto mit zehn Prozent. Den übrigen Markt teilt sich die Konkurrenz mit einstelligen Prozent-Anteilen. In den USA liegt der Marktanteil des Unternehmens im E-Commerce-Sektor bei über 50 Prozent.

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Erstens. Gesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, dass die Corona-Warn-App in der kommenden Woche vorgestellt werden soll.

Zweitens. Reisende nach Großbritannien müssen von heute an zwei Wochen in Quarantäne gehen, nachdem sie das Land betreten haben. Mit der Maßnahme soll eine zweite Welle von Coronavirus-Infektionen verhindert werden.

Drittens. Die Europäische Umweltagentur EEA veröffentlicht am Montag ihren jährlichen Bericht zur Wasserqualität von Seen, Flüssen und Küstengewässern in Europa. Viertens. Am Dienstag soll George Floyd in Houston (Bundesstaat Texas) beerdigt werden.

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Fünftens. Mehr als 34 Jahre nach dem Mord am schwedischen Regierungschef Olof Palme wollen die Ermittler am Mittwoch ihren Entschluss zu einer möglichen Anklage bekannt geben. Der Palme-Mord gilt bis heute als unaufgeklärt. Palme, der zweimal Ministerpräsident Schwedens war und sich für Abrüstung einsetzte, war eine Lichtgestalt der europäischen Sozialdemokratie. Von ihm stammt der Satz: „Die Geschichte ist eine Schule, in der die Stundenpläne selten eingehalten werden.

Ich wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Start in diese neue Woche. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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