des einen Leid ist des anderen Lust: In der Krise wechseln Tochterfirmen und Beteiligungsunternehmen oft derart virtuos den Besitzer wie sonst nur die Tänzer den Partner beim Maskenball. Angebot und Nachfrage sortieren sich neu. Den Verkäufer treibt oft die Not, so wie den Käufer die Neugier.
Volkswagen will nun die 1998 von Patriarch Ferdinand Piëch erworbene Edelmarke Bugatti zum Verkauf stellen. Das Unternehmen mit 323 Mitarbeitern verkaufte 2019 nur 82 Fahrzeuge mit Verbrennermotor und passt schon daher nicht zur Elektro-Offensive von Vorstandschef Herbert Diess.
Eine Infografik mit dem Titel: Unterschiedliche Dimensionen
Im Jahr 2019 von Bugatti und von Volkswagen verkaufte Autos
Die Lufthansa muss angesichts des erzwungenen Sinkfluges dringend Ballast abwerfen. Der Vorstand sucht Käufer für das Europageschäft der Cateringfirma LSG Sky Chef und den Finanzdienstleister Lufthansa Airplus. Auch ein Investor für die besonders lukrative und bislang gesunde Wartungssparte von Lufthansa Technik wird gesucht. Man hofft, auf diese Art zusätzlich Liquidität in das Unternehmen einbringen zu können. Der größte Cash-Garant ist derzeit nicht der Kunde, sondern der Staat.
Der Eigentümer der Otto-Bock-Gruppe, Hans Georg Näder, der beruflich mit Prothesen für Brust, Beine und Po sein Geld verdient, will seine Luxus-Segelyacht Pink Gin losschlagen. Die Pink Gin soll für 45 Millionen Euro in neue Hände wechseln. Der heutige Eigentümer sagt, das habe nicht mit Geldnöten zu tun, wohl aber mit einer strategischen Neuausrichtung: Näder will von Protz auf Nachhaltigkeit umschalten.
Auch bei Wirecard hat der Winterschlussverkauf schon im Spätsommer begonnen. Vor allem für die Auslandstöchter, beispielsweise in Brasilien, Indien und Indonesien, gibt es Interessenten; die Wirecard Bank soll ebenfalls einen neuen Eigentümer finden.
Beim ThyssenKrupp-Konzern gehört die Verkaufsstimmung mittlerweile zur emotionalen Grundausstattung. So denkt die Vorstandsvorsitzende Martina Merz offenbar über einen Verkauf der Segmente Stahl und Marine Systems nach, um Finanzschulden zu tilgen und den radikalen Umbau des Unternehmens zu finanzieren. Bereits im Februar hatte ThyssenKrupp seine Aufzugssparte für rund 17 Milliarden Euro losgeschlagen.
Fazit: Alle brauchen Geld und manche nutzen die Krise auch, ihre kaufmännische Fehlentscheidung von gestern auf elegante Art zu korrigieren. Das ist nicht verwerflich, nur klug. Oder um es mit dem Aphoristiker Ernst Ferstl zu sagen:
Auch Umwege erweitern unseren Horizont.
Bisher galt der Wirecard-Skandal als das kriminelle Werk weniger Top-Manager. Nun zeigen Recherchen des Handelsblatts, dass weitaus mehr Menschen an dem Betrug beteiligt waren – zumindest als Mitwisser. Intern seien rund 250 Mitarbeiter darüber informiert gewesen, dass die Zahlen, die Markus Braun öffentlich als Gewinn und Umsatz verkündete, nicht der Wahrheit entsprachen.
Die Transaktionsübersichten, die in der Payment- und Risikoabteilung von Wirecard entstanden, belegen, dass das abgewickelte Transaktionsvolumen des Münchener Zahlungsdienstleisters nur halb so hoch war wie jenes, das die Führung offiziell gegenüber Analysten und Journalisten auswies. Innerhalb des Konzerns war das „Payment & Risk Monthly Reporting“ eine breit einsehbare Informationsbasis. Die Berichte erschienen zwölfmal im Jahr in Form einer Power-Point-Präsentation.
Fazit: Unwillkürlich fühlt man sich an Max Frisch erinnert, der einmal sagte: „Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand!“
Die Heimatzeitung der CDU-Funktionäre, die FAZ, hat in einer gründlichen Analyse die Stimmungslage innerhalb der CDU-Landesverbände recherchiert. Die Situation in den jeweiligen Landesverbänden stellt sich laut dieser Recherche folgendermaßen dar:
In Hessen sei „nur mit Vorbehalten prognostizierbar“, wer die meisten Delegierten hinter sich versammeln könne:
„Mehrere Kreisverbände stimmten zuletzt über die Kandidatenfrage ab – immer pro Merz.“
„Die Parteiführung hingegen, allen voran Ministerpräsident Volker Bouffier, steht seit Jahren treu an Angela Merkels Seite. Folglich war Bouffier im Dezember 2018 auch für Annegret Kramp-Karrenbauer und hält nun zum Kandidaten Laschet.“
Aus der Parteiführung des hessischen CDU-Landesverbandes höre man, über Merz sei die Zeit hinweggegangen. Der Artikel zitiert anonym:
Die junge Generation kennt den gar nicht mehr.
„Bundesgesundheitsminister Spahn hat in der Parteiführung in Hessen überraschend viele Fans.“
Über die Situation im Landesverband Niedersachsen heißt es:
"In Niedersachsen hat sich die Stimmungslage im Lauf der Pandemie deutlich verschoben."
So habe der Vorsitzende Bernd Althusmann dem Bewerberduo Laschet/Spahn auf einem Parteitag noch „absolute Führungsfähigkeit“ bescheinigt. Im vergangenen Monat spielte Althusmann öffentlich mit dem Gedanken, dass der Partei auch ein Gespann aus Söder und Spahn guttun könnte. Der CDU-Generalsekretär Kai Seefried sagt offen:
Corona hat alles auf null gesetzt.
Über Laschet sei man in Niedersachsen unisono der Auffassung, dass ihm die Pandemie geschadet habe. Ein einflussreicher CDU-Mann sagt der FAZ:
© imagoIch sehe nicht, wie das mit einer Kanzlerkandidatur später funktionieren soll.
Im zweitgrößten Landesverband Baden-Württemberg hat sich seit der Wahl AKKs und seit Beginn der Corona-Pandemie wenig geändert: „Die Mitglieder und Funktionäre geben mehrheitlich einem Mann den Vorzug: Friedrich Merz.“
Allerdings gibt es auch in Baden-Württemberg laut FAZ ein gallisches Dorf: „Der katholisch und eher liberal geprägte Bezirksverband Südbaden ist gespalten, hier könnte etwa die eine Hälfte der Delegierten für Laschet stimmen, die andere für Merz.“
In Nordrhein-Westfalen konnte die FAZ keine eindeutige Richtung erkennen:
„Der mit Abstand größte Landesverband Nordrhein-Westfalen fällt aus dem Prozess heraus, weil die Kandidaten für den CDU-Bundesvorsitz – Friedrich Merz, Norbert Röttgen und das Duo Armin Laschet/Jens Spahn – allesamt von dort kommen. Ein Machtzentrum, welches das Verfahren steuern könnte, gibt es nicht.“
Insgesamt kommt die FAZ zu keinem einheitlichen Stimmungsbild. Auch deshalb steht im Zentrum der Analyse die folgende Spekulation:
„Derzeit wird darüber spekuliert, ob es vor dem Parteitag zu einem Treffen von Annegret Kramp-Karrenbauer, Angela Merkel und Markus Söder kommen könnte, einem „Frühstück“ in Nürnberg, an dessen Ende Söder zum Kanzlerkandidaten ausgerufen werden könnte.“
Das Coronavirus greift nicht nur die Atemwege des menschlichen Körpers an, sondern auch die Herzkranzgefäße der deutschen Industrie. Die staatlichen Hilfen stabilisieren zwar das Immunsystem, aber sie bieten keinen Schutz gegen die Folgen der Pandemie. BDI-Präsident Dieter Kempf sagt über die aktuelle konjunkturelle Lage hierzulande im heutigen Morning Briefing Podcast:
© dpaWir werden einen starken Einbruch der Konjunktur erleben. Wir beim BDI gehen von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von circa 5,4 Prozent für 2020 aus. Das ist ganz enorm.
© ThePioneerWenn etwas um 50 Prozent zurückgegangen ist, dann muss es um 100 Prozent steigen, um dort hinzukommen, wo man vorher war. Das scheinen manche in der aktuellen Diskussion zu vergessen.
Über die Mehrwertsteuersenkung:
Rein pekuniär betrachtet, haben wir mehr dafür bezahlt, als es gebracht hat. Psychologisch war sie wirkungsvoll.
Das ausgeschriebene Interview mit dem BDI-Präsidenten lesen sich hier: ThePioneer.de
US-Präsident Donald Trump bleibt seiner Strategie aus dem Wahlkampf 2016 treu. Er will bewusst nicht der Kandidat aller Amerikaner sein, sondern er spricht, scherzt, tobt und wirbt um die Herzen seiner Kernzielgruppe. Rund 40 Prozent der amerikanischen Wähler stehen laut der Statistik-Webseite Realclearpolitics treu an seiner Seite. Zu den treuesten Trump-Wählern zählen ältere, weiße Männer, Anhänger bildungsferner Schichten sowie die ländliche Bevölkerung.
Eine Infografik mit dem Titel: Wahl mit hohem Spannungsfaktor
Durchschnittliche Werte von nationalen Umfragen, in Prozent
Der Widerstand oder auch nur der Widerwille der übrigen Amerikaner gegen ihn ist für Trump kein Ärgernis, sondern Kalkül. Der Mann funktioniert wie ein Stromgenerator im Überlandwerk: Er verwandelt die negative Energie der ihn ablehnenden Wählerschaft in die glühende Zustimmung seiner Bewunderer. Empörung lädt ihn auf, Ablehnung heizt ihm ein; in seinen Aggregaten ist der Zorn seiner Gegner gespeichert.
Wird diese Schubkraft ihn bei der Präsidentschaftswahl erneut über die Schwelle des Weißen Hauses tragen? Oder schafft das Team des Gegenspielers diesmal, die Schubumkehr zu organisieren? Wer setzt welche Taktik ein und warum? Bis zur Abstimmung am 3. November möchte ich Sie in diesen Fragen Julius van de Laar anvertrauen.
© Julius van de LaarJulius ist der einzige Deutsche, der hauptberuflich für die Obama-Kampagnen 2008 und 2012 gearbeitet hat, zunächst – im Alter von 26 Jahren – als Community Organizer, dann als Youth Vote Director für die Südstaaten Missouri und Mississippi. Heute führt er das von ihm gegründete Beratungsunternehmen van de Laar Campaigning, das Politiker, Unternehmen und Nicht-Regierungsorganisationen in Fragen der Kampagnenführung berät.
Ab 17 Uhr können Sie die erste Folge von „Race to the White House“ hier hören. Prädikat: Erhellend. Lehrreich für alle, die hinter die Zeitungsschlagzeilen schauen wollen. Hier spricht ein Insider.
Der 88-jährige Gerhard Richter ist gesundheitlich angeschlagen, aber er beschenkt die Welt mit einem mutmaßlich letzten großen Kunstwerk. Der Maler hat die Entwürfe für mehrere 10 Meter hohe Fenster in der Kirche der Abtei Tholey im Saarland entwickelt, die nun eingesetzt wurden. Der erste Gerhard Richter, der leuchtet - von nun bis in alle Ewigkeit.
© dpaIch wünsche Ihnen einen heiteren Start in das Wochenende. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr