CDU: Wo bitte gehts zur Zukunft?

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 © ThePioneer

Guten Morgen,

warum soll sich ein normaler Bürger für das Schaulaufen der CDU-Spitze interessieren? Wieso schenken wir den Protagonisten, die da einzeln und neuerdings auch paarweise über die durchmorschten Bohlen der Parteipolitik stolzieren, diese enorme Aufmerksamkeit? Was fesselt die Menschen, wenn Männer in blauen Hemden und dunklen Anzügen mit geübter Undringlichkeit über ihre persönlichen Ambitionen sprechen?

Die Ursache für die konzentrierte Aufmerksamkeit der Republik liegt nicht in den Personen, sondern jenseits von ihnen: Es geht nicht um Friedrich Merz, Armin Laschet, Jens Spahn, Norbert Röttgen oder Markus Söder. Es geht auch nicht um CDU oder CSU.

Im Kern vom Kern des Spektakels geht es um die Zukunftsfähigkeit eines Landes, das im Industriezeitalter aufgewachsen ist, das vom großen Bruder in Amerika lange geführt und beschützt wurde, das die Narben zweier Weltkriege im Gesicht trägt und das nun mit sich selbst nichts anzufangen weiß. Fragen von historischer Tragweite sind aufgerufen:

Steht dieses Deutschland an einer Weggabelung, wie viele Zeitgenossen behaupten? Oder steht es schon dahinter?

Schlummert da noch eine andere Sehnsucht als die nach Mittagsschlaf und Brückentag?

Betrachtet dieses Deutschland Amerika noch als Freund oder bereits als Rivalen?

Besitzt es die Kraft, die Zumutungen der weltweiten Wanderungsbewegung in Chancen zu verwandeln? Oder ist die düstere Vokabel vom Staatsversagen das letzte Wort einer erschöpften Obrigkeit, die am liebsten in Europa aufgehen würde?

Lebt dieses Deutschland im Wunderland seiner politisch korrekten Wunschvorstellungen? Oder besitzt es noch den Willen zur Wahrheit?

Stöhnt es mit Friedrich Nietzsche: „Ich lebte noch, aber ohne drei Schritte weit vor mich zu sehen.“ Oder stellt es sich, noch einmal über die eigene Erschöpfung triumphierend, die alles entscheidende Frage: Wo bitte geht’s zur Zukunft?

Nur in der Beantwortung dieser Frage liegt der politische Reiz der Kandidatenkür. Deutschland braucht jetzt keine Moderation, keine Teambildung und keinen weiteren Zehn-Punkte-Plan auf der Straße der Beständigkeit. „Vorsicht!“, hört man die Verzagten rufen, jetzt nur kein Bruch mit der Ära Merkel. Diese Erregung können wir uns sparen: Kein lebender Mensch muss mit dieser Ära brechen. Die Wirklichkeit hat es bereits getan.

 © dpa

Wer kann was? Für den Morning Briefing Podcast habe ich vier erfahrene Journalisten und Journalistinnen gebeten, die Bewerber zu bewerten.

„Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld analysiert den Wirtschaftsanwalt Friedrich Merz.

Friedrich Merz © dpa

Sie sagt:

Mit Merkel hat Merz seinen Rotkäppchen-Moment erlebt. Er dachte, da läge die Großmutter im Bett, tatsächlich war es aber der Wolf, der ihn dann gefressen hat.

Friedrich Merz steht für eine CDU, wie sie einmal war. Deshalb wird er bleiben, was er ist: eine Sehnsuchtfigur.

Merz würde für die CDU als Parteivorsitzender tatsächlich Aufbruch bedeuten, wobei die Betonung auf Bruch liegt.

Den Überraschungskandidaten Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, analysiert Eva Quadbeck. Die stellvertretende Chefredakteurin der „Rheinischen Post“ kennt den Juristen seit Jahren.

Norbert Röttgen © dpa

Sie sagt:

Er startet nur mit Außenseiterchancen. Seine Stärken sind, dass er nach einem politisch tiefen Fall den Aufstieg wieder geschafft hat, Durchhaltevermögen gezeigt, Demut an den Tag gelegt und damit Charaktergröße bewiesen hat.

Einen Mann darf man nicht aus dem Auge verlieren, obwohl er selbst gar kein CDU-Mitglied ist: CSU-Chef Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident hat früh klargemacht, dass ein Kanzlerkandidat der Union nur mit dem Willen der CSU nominiert werden kann. Das wiederum soll erst 2021 geschehen. Zeit, um selbst im Gespräch zu bleiben.

Roman Deininger, Autor der „Süddeutschen Zeitung“, hat eine Söder-Biografie vorgelegt. Er sagt:

Söder befindet sich in einem Beliebtheitshoch, er ist näher dran an dem idealen Kandidaten als die anderen. Das erhöht den Druck auf ihn, sich selber als Kandidat zu sehen.

ThePioneer-Chefredakteur Michael Bröcker hat sich in einer Biografie mit Jens Spahn befasst und als Journalist in Düsseldorf viele Jahre Armin Laschet aus der Nähe beobachtet.

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Über das Tandem aus NRW sagt er:

Laschet und Spahn sind wie Batman und Robin, sein Kompagnon. Wenn sie als Duo funktionieren, sind sie fast unschlagbar.

Fazit: 1001 Delegierte werden am 25. April entscheiden - und zwar nicht nur darüber, wer neuer CDU-Vorsitzender wird. Sondern auch darüber, ob die letzte verbliebene Volkspartei den Weg der SPD geht oder ob sie den Ausbruch aus ihrem strukturellen Abstieg wagt, der in der Marginalisierung von Erfurt und Hamburg womöglich noch nicht seine Finalität erreicht hat.

 © imago

Apropos CDU: Der Sohn von Armin Laschet heißt Johannes, ist 30 Jahre jung, Modell und Influencer. In der Branche nennt man ihn den „Ryan Gosling von NRW“ weil die Ähnlichkeit mit dem Hollywoodstar auffällig ist. Medien von „Time-Magazin“ bis zur „Augsburger Allgemeinen“ berichten über ihn. Fest steht: Er berät in Stilfragen seinen Vater. Unklar ist, ob der Armin dem Johannes auch folgt.

Armin Laschet © Andreas Endermann

Der Coronavirus ist in Deutschland angekommen:

► Gestern Abend wurde der erste Fall in Baden-Württemberg gemeldet. Mit dem Virus hat sich ein 25-Jähriger aus dem Landkreis Göppingen infiziert. Auch in Nordrhein-Westfalen ist erstmals nachweislich eine Person an dem Virus erkrankt. Wo der Patient sich angesteckt haben könnte, war noch unbekannt.

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► Hinzu kommen zwei Fälle in Österreich, derweil der Virus von Italien aus auch in die Schweiz sowie nach Kroatien und Spanien verschleppt worden ist. Alle Patienten seien isoliert worden, heißt es.

► In Italien stieg die Anzahl der Infizierten auf 322 (Stand: 7:20 Uhr), die Zahl der Toten liegt bei 10. Innerhalb des Landes bewegt sich das Virus in Richtung Süden: Zwei Fälle wurden in der Toskana, ein weiterer auf Sizilien festgestellt. Mittlerweile stehen in Italien mehr als 50.000 Menschen unter Quarantäne.

Eine Infografik mit dem Titel: Corona-Infektionen in Italien

Betroffene Regionen und Sperrzonen

Der Coronavirus hat nicht nur die Menschen infiziert, sondern auch die Wirtschaft.

► Zu Beginn dieser Woche verzeichnete der Dax mit minus vier Prozent den größten Tagesverlust seit dem Brexit-Votum am 24. Juni 2016 und schloss gestern unter der Marke von 13.000 Punkten. Auch andere internationale Leitindizes wie der S&P 500 oder der japanische Nikkei brachen ein.

Eine Infografik mit dem Titel: Infizierte Märkte

Kursentwicklung von S&P 500 und Stoxx Europe 600, indexiert in Prozent

► Entsprechend bewegen sich auch die Anleihemärkte. Für die zehnjährige Staatsanleihe aus den USA gibt es nur noch 1,34 Prozent Rendite, ein Rekordtief. Die deutsche Bundesanleihe fiel auf minus 0,5 Prozent. Im Januar lag die Rendite noch bei minus 0,17 Prozent.

Auf der Suche nach sicheren Anlagen flüchten sich Anleger zunehmend in Gold. Zu Beginn der Woche erreichte der in Dollar ausgewiesene Kurs bereits einen siebenjährigen Höchststand und könnte schon bald über 1700 Dollar steigen.

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Im Sachverständigenrat der Bundesregierung sind drei Planstellen neu zu besetzen. Während die Große Koalition damit liebäugelt, eine der Personalien durch die Verlängerung von Lars Feld – der eigentlich planmäßig 2021 nach zwei Amtszeiten ausscheiden sollte – abzuhaken, stehen die Nachfolger für die zur EZB gewechselte Isabel Schnabel sowie den scheidenden Christoph Schmidt fest. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet unter Berufung auf Regierungskreise:

► Mit Monika Schnitzer soll das Kompetenzfeld der Innovationen abgebildet werden. Die 58-Jährige forscht als Professorin in diesem Segment an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Veronika Grimm gilt als Expertin für Energiefragen. Die 48-Jährige ist Professorin an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Erlangen und Vorsitzende der Wissenschaftlichen Leitung des Energie Campus Nürnberg.

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Die US-Regierung lässt bei ihrer Kampagne gegen den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei nicht nach: Präsident Donald Trump mahnte Indien beim Aufbau der Mobilfunknetzwerke der nächsten Generation zur Vorsicht. Nach Gesprächen mit Premierminister Narendra Modi sagte Trump, die 5G-Technologie müsse ein Werkzeug für „Freiheit, Fortschritt und Wohlstand“ sein und dürfe kein Vehikel für „Unterdrückung und Zensur“ werden.

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Deutsche Konzerne investieren mehr Geld in die Verringerung ihrer CO2-Emissionen als Unternehmen jedes anderen europäischen Landes. Knapp 900 Börsenunternehmen aus Europa haben im vergangenen Jahr insgesamt 124 Milliarden Euro in die Reduzierung ihrer Emissionen gesteckt oder entsprechende Investitionen angekündigt. 59 Milliarden davon gingen in CO2-arme Technologien, 65 Milliarden in Forschung und Entwicklung, so die Non-Profit-Organisation CDP.

Die gemeldeten Kapitalinvestitionen von 69 deutschen Unternehmen betrugen demnach 44,4 Milliarden Euro, was einem Anteil von rund 36 Prozent entspricht. Platz zwei und drei nehmen Konzerne aus Spanien (37,9 Milliarden Euro) und Italien (24,3 Milliarden) ein, auf den Rängen dahinter folgen mit größerem Abstand Frankreich, Dänemark und Großbritannien.

„Dieser Bericht zeigt, dass einige die Umstellung ernstnehmen“, sagte CDP-Europachef Steven Tebbe. Um das EU-Klimaziel zur Emissionsfreiheit bis 2050 zu erreichen, müssten die Investitionsausgaben für kohlenstoffarme Technologien aber mehr als verdoppelt werden – von 59 auf 122 Milliarden Euro pro Jahr. Es gilt das Motto: Beginne mit einem Vulkan, und dann langsam steigern.

Jürgen Klinsmann © imago

Eine derart gepfefferte Abrechnung besitzt auch in der Bundesliga-Geschichte Seltenheitswert! In „Sport Bild“ lässt Jürgen Klinsmann seine Zeit bei Hertha BSC Revue passieren:

Es gab jahrelang katastrophale Versäumnisse von Manager Michael Preetz in allen Bereichen, die mit Leistungssport zusammenhängen. Das Klima, das im Team-Hotel in Orlando herrschte, empfand der komplette Trainerstab als verachtenswert dem Trainerstab gegenüber.

Der Klub hat keine Leistungskultur, nur Besitzstandsdenken und es fehlt jegliches Charisma in der Geschäftsleitung.

Es gibt eine Lügenkultur, die auch das Vertrauensverhältnis der Spieler mit Preetz zerstört hat.

Klinsmanns Empfehlung: „Die Geschäftsleitung muss sofort komplett ausgetauscht werden.

Man muss kein Fußball-Experte sein, um hier Handlungsbedarf zu erkennen. Wenn Hertha-BSC-Eigentümer Lars Windhorst das Wunderkind ist, von dem alle Medien immer schreiben, dann wären seine Fähigkeiten jetzt gefragt: Das Wunder von Berlin, bitte!

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in den Tag. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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