Corona: Zeichen der Zuversicht

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Guten Morgen,

zum Beginn dieser Woche empfangen wir von der Coronafront sechs Nachrichten, die uns Anlass für Zuversicht bieten:

1. Der BioNTech-Impfstoff wirkt. Und er wirkt offenbar nicht nur für den Betroffenen, sondern er schützt zu 89,4 Prozent auch die Nicht-Geimpften vor einer Übertragung des Virus durch den Geimpften. Das geht aus einer Studie hervor, die auf Daten von 1,7 Millionen Geimpften beruht. BioNTech und Pfizer haben sie zusammen mit dem israelischen Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben.

2. Mit dem heutigen Montag beendet Israel den Lockdown und kehrt zur Normalität zurück. Zumindest für die Geimpften, also für 30 Prozent der dortigen Bevölkerung, öffnen Einkaufszentren, Museen, Bibliotheken und Fitnesscenter ihre Türen. Der Impfpass wird zur Eintrittskarte in die Normalität.

Benjamin Netanjahu © dpa

3. In zehn Bundesländern öffnen auch hierzulande wieder die Schulen. Der Bundesgesundheitsminister wird im Laufe dieser Woche die Impfreihenfolge so ändern, dass das pädagogische Personal nunmehr bevorzugt geimpft wird. Endlich gilt das Motto: Bildung zuerst.

4. Die deutsche Bevölkerung artikuliert auf vielfältige Weise ihre Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik und dem nicht enden wollenden Lockdown. In den Umfragen befinden sich CDU/CSU und SPD weiter im Sinkflug und Millionen Deutsche nutzten das Sonnenwetter am Wochenende zu einer Abstimmung mit den Füßen. Die lebensfeindliche #Stayathome-Politik – für die in Berlin weiter mit Leuchtreklamen an den großen Ausfallstraßen geworben wird – hat ihre Akzeptanz verloren.

Michael Müller © imago

5. Die Absetzbewegungen unter den Ministerpräsidenten sind im Gange. Nach Armin Laschet (NRW) drängt auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller auf einen Öffnungsplan. Für die Gastronomie und das Kulturleben will er selbst einen vorlegen, der sich nicht an den üblichen, von der Kanzlerin immer wieder abgesenkten Referenzwerten orientiert, sondern auf die Auslastung der Intensivmedizin schaut.

6. Selbst das bisherige Dogma der ImpfpolitikBrüssel steuert und die Nationalstaaten warten auf Zuteilung – hat seine Dominanz verloren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fordert nationale Alleingänge bei Versäumnissen der EU. Seine Begründung:

Wenn Impfstoffe zu spät bestellt, Hilfsmittel nicht ausgezahlt und nationale Maßnahmen blockiert werden, untergräbt die EU selbst das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit ihrer Institutionen.

Fazit: Das Virus ist noch nicht besiegt, aber die Angst davor gilt nicht länger als der alleinige Maßstab von Politik. Maß und Mitte kehren zurück. Das ist die vorgezogene Osterbotschaft in dieser neuerlichen Sonnenwoche.

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Literatur kann mehr als Unterhaltung und Inspiration bieten, zum Beispiel in die Zukunft schauen. Wer die Texte der Literatur gegen das Licht hält, der entdeckt in der literarischen Übertreibung, im prosaischen Geraune, in den Tagträumen der Protagonisten immer auch eine Ahnung des Kommenden. Die Welt von morgen gibt sich zu erkennen – und sei es schemenhaft.

Der Tübinger Professor für Literaturwissenschaft und Komparatistik Jürgen Wertheimer macht in seinem Forschungsprojekt „Cassandra”, das er im Auftrag der Politischen Abteilung des Bundesverteidigungsministeriums betreibt, auf die versteckten Klopfzeichen der Zukunft aufmerksam. Er sucht Konflikte im Embryonalstadium, fahndet nach Vulkanen, die bisher nur grummeln, aber noch nicht spucken und speien. Er sagt:

Wir lesen die Texte der Literatur wie Mediziner die Eingeweide. Wir lesen nicht im Verhältnis eins zu eins, sondern wir lesen die versteckten Botschaften, die ambivalenten und nur angedeuteten emotionalen Befindlichkeiten, die inneren Widersprüche, die Unsicherheiten, die Ängste, die Befürchtungen, die Feindbilder.

Der Vorteil eines Verfahrens zur Wirklichkeitserfassung im Fiktionalen beschreibt er so:

Literatur begnügt sich nicht mit der Oberfläche, sondern beschreibt die tektonischen Bewegungen unter der Oberfläche.

Am Ende seiner Analyse werden aus Worten Daten:

Wir sammeln nach einer Reihe von Kriterien als da wären: die Mythologie, die Beschwörung historischer Ereignisse, magische Zahlen, die Erzählperspektive. So entsteht eine Datenbank, die wiederum auf eine ‚Emotion Map‛ übertragen wird.

Dieses Projekt „Cassandra“, man kann es kaum anders sagen, verdient die Zuschreibung „spektakulär“. Eine Kurzfassung des Gesprächs gibt es im Morning Briefing Podcast. Die 50-minütige Langfassung, in der es auch um die Werke von Herta Müller, Ferdinand von Schirach und Juli Zeh geht, finden Sie als kostenpflichtiges Angebot auf: ThePioneer.de

Michael Kellner © dpa

Wenn sich der grüne Bundesgeschäftsführer Michael Kellner durchsetzt, dann dürfte der grüne Höhenflug in den Umfragen bald beendet sein. Kellner sagte am Wochenende der „Deutschen Presse-Agentur”:

Wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre Grün-Rot meine Wunschregierung.

Annalena Baerbock und Robert Habeck © dpa

Das mag zwar den Neigungen der grünen Basis in Berlin und anderswo entgegenkommen, nicht aber den bürgerlichen grünen Wählern, die für den derzeitigen Höhenflug in den Umfragen verantwortlich sind. Derweil SPD und Union in allen verfügbaren aktuellen Umfragen weiter nachgeben, können sich die Grünen als moderate Oppositionspartei und Regierungspartei in spe bei rund 20 Prozent halten. Diese 20 Prozent würden eine schwarz-grüne Mehrheit bei der Bundestagswahl ermöglichen.

Eine rot-grüne Regierung lässt sich angesichts der Dauerschwäche der SPD damit nicht erreichen. Die Borjans-Esken-Kühnert-SPD ist nun mal nicht die Schröder-Lafontaine-SPD von 1998. Das aber bedeutet: Wer grün-rot sagt, meint damit grün-rot-rot, also ein Regierungsbündnis unter Einschluss der Linkspartei. Derzeit allerdings würden die Umfragen nicht mal das hergeben.

Eine Infografik mit dem Titel: Bund: Keine linke Mehrheit in Sicht

Aktuelle Sonntagsfrage zur Bundestagswahl, in Prozent

Fazit: Die bürgerlichen Anhänger der Grünen, die ihnen in Baden-Württemberg erneut zur Besetzung der Staatskanzlei verhelfen sollen, werden mit solchen Äußerungen vor den Kopf gestoßen. Oder deutlicher noch formuliert: Ein Bundesgeschäftsführer, der so spricht, betreibt die Geschäfte – aber vor allem die der anderen.

Danyal Bayaz © dpa

Fernab solcher grün-roter Planspiele wollen die Kreise um Robert Habeck und Annalena Baerbock die Union in ihrem Kernthema angreifen: bei der Wirtschaftspolitik. Die Parteiführung fasst das Wirtschaftsministerium ins Auge; der frühere Unternehmensberater und heutige Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz baut seit Monaten in einem grünen Wirtschaftsbeirat dafür Brücken zu den CEOs der Deutschland AG.

In dem Gremium sind unter anderem BASF-Chef Martin Brudermüller und Hagen Pfundner, Vorstand von Roche Pharma, aktiv. Die Warteliste für den Beirat ist lang, die Wirtschaft buhlt um die Mächtigen von morgen. Meine Kollegin Marina Kormbaki analysiert die neue Partnerschaft. Michael Bröcker und Gordon Repinski beschreiben die Strategie dahinter. Beide Texte finden Sie auf: ThePioneer.de

Ludwig Erhards grüne Enkel

Grüne Parteispitze sucht Wirtschaftsprofil, Unternehmer reagieren mit Zuneigung.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter meldeten dem Robert-Koch-Institut (RKI) innerhalb der vergangenen 24 Stunden 4369 Corona-Neuinfektionen – rund 60 Fälle weniger als am Montag vor einer Woche – und 62 neue Todesfälle. Diese Zahlen reflektieren weniger die Situation als die Wochenendstimmung in den Gesundheitsämtern.

  • Der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo ist nicht der Corona-Held, als den er sich vermarktet hat. Der Demokrat soll die wahren Todeszahlen in den Altersheimen vertuscht haben. Republikaner und Demokraten fordern nun ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn, FBI und Justizministerium ermitteln.

  • Russland hat den dritten Corona-Impfstoff zugelassen. Laut vorläufigen Testergebnissen soll CoviVac eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent erreichen.

  • Ein Friseursalon in Bayreuth versteigert den ersten Friseurtermin für 422 Euro auf Ebay und spendet den Erlös an die „Tafel Bayreuth” und den Bayreuther Service-Club „Round Table 98”.

Lakestar-Gründer Klaus Hommels © dpa

Der wachsende Markt für Börsenmäntel schafft nun auch den Sprung über den Atlantik nach Europa. Am heutigen Montag beginnt die Firma Lakestar SPAC I den Handel an der Frankfurter Börse aufzunehmen – mit einem Volumen von 275 Millionen Euro. Bis 2023 hat die Mantelgesellschaft nun Zeit, ein geeignetes europäisches Unternehmen zu finden und dieses an die Börse zu führen.

Gründer der Gesellschaft ist Klaus Hommels, der sich als früher Investor bei Skype, Facebook und Spotify einen Namen gemacht hat. Als einer der europaweit bekanntesten Start-up-Investoren ist Hommels – der in seinem früheren Leben Bertelsmann-Manager war – auch Aktionär der MediaPioneer Publishing AG.

Eine Infografik mit dem Titel: Das boomende Börsenmantel-Geschäft

Anzahl der Börsengänge von Mantelgesellschaften weltweit, seit 2016

Börsenmäntel, die offiziell Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) genannt werden, kommen ursprünglich aus den USA. In einem ersten Schritt sammeln die Unternehmen ohne eigenen Geschäftsbetrieb Kapital, indem sie Aktien der Zweckgesellschaft an große Investoren verkaufen.

Im zweiten Schritt haben die Gesellschaften zwei Jahre Zeit, ein Unternehmen zu übernehmen und dieses so durch eine Hintertür, aber ohne das übliche Prozedere eines mehrjährigen Bürokratie-Marathons an die Börse zu platzieren.

Start-ups erhoffen sich im Zuge der Übernahme durch eine Mantelgesellschaft, die danach ihren Namen tragen wird, einen schnellen und kostengünstigen Börsengang. Investoren setzen darauf, so die Zeit von der Idee bis zu ihrer Vermarktung am Kapitalmarkt zu verkürzen.

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Commerzbank-Chef Manfred Knof © dpa

Schon wieder eine schlechte Nachricht aus dem Hause Commerzbank: Das Management des Unternehmens rechnet laut einem Bericht der „Welt am Sonntag” mit 1,7 Millionen weniger Kunden bis zum Jahr 2024. Grund hierfür sei die Umstrukturierung des Konzerns. Rund 300 Millionen Euro an Erträgen würden der Bank durch den zum Teil gewollten Kundenschwund verloren gehen. Kreditwachstum, mehr Geschäfte mit Unternehmens- und Geschäftskunden sowie wohlhabenden Privatkunden sollen die Verluste ausgleichen.

Fazit: Die neue Commerzbank ist ein Hoffnungswert, dessen Fundament aussieht wie eine Wanderdüne.

Treibhausgase müssen auf Null runter

Bill Gates fordert eine Reduktion der Treibhausgase auf Null. Der Microsoft-Gründer im Gespräch.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Connie Hedegaard.

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Hassan Rouhani © imago

Unter Donald Trump hatten die USA den Iran-Atomdeal einseitig aufgekündigt. Der Vertrag sollte sichern, dass das Regime die Kernkraft ausschließlich zu friedlichen Zwecken erforscht und nicht zum Bau einer Atombombe nutzt. Schrittweise zogen sich auch die Iraner aus dem Vertrag zurück. Zum Beispiel lassen sie keine kurzfristigen Kontrollen mehr zu.

Joe Biden hat nun Reisebeschränkungen gegenüber iranischen Diplomaten aufgehoben. Dieses Zeichen wurde in Teheran positiv aufgenommen, aber es dürfte nicht ausreichen. Die Sanktionen gegen die iranische Zentralbank und dortige Ölfirmen sollten ebenfalls aufgehoben werden, fordert Präsident Hassan Rouhani, erst dann könne über eine Aufnahme des Atomabkommens verhandelt werden.

Für deutsche Firmen wäre eine Veränderung im iranisch-amerikanischen Verhältnis Gold wert: Denn unter Donald Trump wurden viele Unternehmen, die weiter den Iran beliefern, als „terroristisch” eingestuft. Den deutsch-iranischen Handelsbeziehungen hat das nicht gutgetan: Im Jahr 2019 betrug der Verlust gegenüber dem Vorjahr 44 Prozent.

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 © dpa

Im Internet kursiert ein Video des Raubüberfalls am Berliner Kurfürstendamm. Vier Männer sind dabei, einen Geldtransporter auszurauben, während einer der verletzten Sicherheitsbeamten, hilflos am Boden liegend, sie dabei beobachtet. Der Überfall hatte sich am vergangenen Freitagmorgen zugetragen.

Lange hat es nicht gedauert, bis das Diskussionsfeuerwerk auf Twitter seinen Lauf nahm. Doch anstatt die brutale Tat zu verurteilen, verbreiten sich antikapitalistische Tendenzen – Sympathie mit den Räubern und nicht mit den Opfern. So schreibt der Nutzer @Nino_Pandari:

Mega cool. Good luck. Hoffe ihr könnt entkommen. Aber spendet bitte etwas von dem Geld an gute Zwecke.

Weiter äußert der Nutzer @wolf_in_mind:

Richtige Opfer, die noch Polizei rufen. Verraten ihre eigenen Leute, wenn sie sich etwas zurückholen von dem, was die 1% uns täglich aus den Taschen ziehen.

 © dpa

Auch die Berliner Polizei kommt auf Twitter nicht gut weg. Sie sei zu beschäftigt mit der Pandemie, behauptet etwa der Nutzer @Alex_an_der86:

Sowas ist doch unwichtig, wichtiger ist das Kontrollieren von Kindern, ob Maske getragen wird und der Abstand eingehalten wird.

Oder @Nilremayu:

Na wenigstens tragen die Masken, sonst wäre die Polizei schon längst da gewesen.

Hans und Sophie Scholl © dpa

Heute vor 78 Jahren wurden die Geschwister Hans und Sophie Scholl vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und noch am selben Tag in der Justizvollzugsanstalt München hingerichtet.

Ihr Vergehen: Zivilcourage. Geprägt von christlich-humanistischen Werten, gründeten sie zusammen mit anderen Studenten die Widerstandsgruppe „Weiße Rose” und klagten das NS-Regime an. Sechs Flugblätter und etliche nachts angebrachte Wandmalereien prangerten die brutale Vorgehensweise der Wehrmacht insbesondere an der Ostfront, die Ermordung der Juden und deren Inhaftierung im Warschauer Ghetto an. Im sechsten und letzten Flugblatt rief die Gruppe nach der Schlacht von Stalingrad zum entschiedenen Kampf gegen die NSDAP und Adolf Hitler auf.

Gedenkstätte an der Universität München © dpa

Je 100 Stück ihrer Flugblätter schickten sie an Schriftsteller, Professoren, Buchhändler aus München und Umgebung, aber auch an Freunde und Studienkollegen. Die Zielgruppe war bewusst gewählt. In den Augen der Geschwister Scholl hatte 1933 vor allem die Intelligenz politisch versagt, wie Bruder Scholl 1943 nach seiner Festnahme der Gestapo erklärte: „Ich empfand, dass es höchste Zeit war, diesen Teil des Bürgertums auf seine staatspolitischen Pflichten aufs Ernste hinzuweisen.”

In ihrem vierten Flugblatt heißt es: „Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen, die Weiße Rose lässt Euch keine Ruhe!”

Am 18. Februar 1943 ertappte und verriet sie der Hausmeister der Universität. Die Geheime Staatspolizei inhaftierte Hans und Sophie Scholl zusammen mit anderen Mitgliedern der „Weißen Rose”. Nur vier Tage später wurden die 21-jährige Sophie und ihr 24-jähriger Bruder Hans zum Tod durch das Fallbeil verurteilt und noch am selben Tag hingerichtet. Heute Morgen gedenken wir ihrer. Ihr damaliger Mut ist unsere heutige Verpflichtung.

Ich wünsche Ihnen einen nachdenklichen Start in diese neue Woche. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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