Scholz: Ende der sozialdemokratischen Ära

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Guten Morgen,

was mit dem Aufschrei der ausgebeuteten Arbeiter im 19. Jahrhundert begann, endet mit einer staatlichen Maßlosigkeit, für die es in Friedenszeiten kein Beispiel gibt. Die SPD, die sich in Kürze aus dem Schloss Bellevue und der Regierung wird zurückziehen müssen, hinterlässt dem Land einen mehrfach aufgepolsterten Sozialstaat, eine geplünderte Demografie-Reserve und eine ausgebombte Staatskasse.

Die in beschwichtigender Absicht verbreitete Meldung, dies hänge ausschließlich mit Corona zusammen, entspricht nicht den Tatsachen. Wenn es denn einen inneren Zusammenhang mit der Pandemie gibt, dann diesen: Die Sozialdemokraten nutzten die medizinische Jahrhundertkatastrophe und die daraus resultierenden Sorgen der Menschen vor Tod und Massenarbeitslosigkeit, um eine beispiellose Ausgabenorgie zu veranstalten. Die Kosten der Party werden kommende Generationen auch dann noch abzahlen, wenn der Name Olaf Scholz längst dem Vergessen anheimgefallen ist.

Gerhard Schröder © dpa

Das Echo des sozialdemokratischen Finanzministers Karl Schiller („Genossen, lasst die Tassen im Schrank“) und die Durchsage des letzten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder („Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern.“) schafften es nicht bis in die Gegenwart. Hier also der Schadensbericht des sozialdemokratischen Zeitalters im Einzelnen:

  • Die Staatsverschuldung betrug bei der Amtsübernahme von Olaf Scholz 2017 im Bund 65,3 Prozent des BIP und wird Ende 2022 bei mindestens 72,2 Prozent des BIP liegen. In absoluten Zahlen schuldet der deutsche Staat seinen Gläubigern 2,3 Billionen Euro. Auf keinem anderen Politikfeld hat der Sozialdemokrat einen größeren Wumms entfaltet als auf dem der Schuldenpolitik.

Eine Infografik mit dem Titel: Der Lauf der Schuldenuhr

Entwicklung des gesamtstaatlichen Schuldenzuwachses pro Sekunde, seit 1995, in Euro

  • Die 2018 eingerichtete „Demografiereserve“ für die Rente hat Scholz aus seiner Finanzplanung gestrichen. Ihre Befüllung, die als Notration für die demografisch mageren Jahre gedacht war, unterbleibt nun. Es gilt die Devise: Nach uns die Sintflut.

  • Die seit jeher ausgabefreudigen Fachminister werden vom Kassenwart schon länger nicht mehr diszipliniert, sondern enthemmt. Jüngstes Beispiel: Gesundheitsminister Jens Spahn, den viele mittlerweile für einen Sozialdemokraten mit CDU-Parteibuch halten, darf den Pflegevorsorgefonds für seine Pflegereform ungestraft plündern. Der Fonds sollte eigentlich die Pflegebeiträge für die kommenden Jahrzehnte stabilisieren.

Hubertus Heil © dpa
  • Auch die Arbeitslosenversicherung ist mehr als nur angezählt. Im Krisenjahr 2020 gab die Behörde vor allem wegen der hohen Kurzarbeiterleistungen mehr als doppelt so viel Geld aus (rund 61 Milliarden Euro) wie im Vorjahr, während ihre Beitragseinnahmen um fünf Prozent sanken. SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil schaute tatenlos zu. Kein Gegensteuern, nirgends.

  • Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen gingen zunächst zurück, weil Operationen und Arztbesuche aufgeschoben wurden. Dennoch beendeten die Krankenkassen das Jahr 2020 mit einem Fehlbetrag von 2,65 Milliarden Euro und der Gesundheitsfonds mit einem Minus von 3,49 Milliarden. Der Grund: Die Koalition hatte mit Zustimmung des Finanzministers mehrere Leistungsausweitungen beschlossen.

  • Weil die Regierung wenig tat, die Wachstumskräfte zu stimulieren und die Digitalisierung der deutschen Volkswirtschaft voranzubringen, sinkt die Wirtschaftsleistung im mittelfristigen Vergleich spürbar ab. Trotz zweier Jahre mit einem kräftigen Wachstum wird das Bruttoinlandsprodukt 2024 um 65 Milliarden Euro geringer ausfallen als noch im Januar 2020 erwartet.

  • Das wiederum hat brutale Folgen, wie der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrates und heutige „Handelsblatt“-Chefökonom Professor Bert Rürup prognostiziert:

So fehlen bei einer Steuerquote von gut 23 Prozent und einer Sozialabgabenquote von gut 18 Prozent im Jahr 2024 als Folge der geringeren Wirtschaftsleistung etwa 15 Milliarden Euro Steuern sowie rund zwölf Milliarden Euro Beiträge – und zwar jährlich.

  • Damit ist der Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge kaum mehr zu verhindern. Laut aktuellem Rentenversicherungsbericht wird der Beitragssatz von heute 18,6 Prozent im Jahr 2023 auf 19,3 und ohne Korrekturen am Ende des Projektionszeitraums 2033 auf dann 22,3 Prozent gestiegen sein. Beim System der gesetzlichen Krankenkassen dasselbe Spiel. Das Prognos-Institut erwartet, dass selbst bei optimistischen Wachstumserwartungen die Beiträge bis 2040 auf insgesamt über 46 Prozent ansteigen werden.

Eine Infografik mit dem Titel: Steiler Anstieg

Beitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherungen in Prozent des Bruttolohns 2020 und Prognose für 2040

  • Lediglich die Arbeitslosenversicherung dürfte mit ihrem Geld auskommen, aber das nur deshalb, weil Scholz im Namen der Koalition auf eine Rückzahlung der 2020 und 2021 gewährten Corona-Kredite verzichtet. So hält der Finanzminister seinem SPD-Kollegen im Arbeitsministerium den Rücken frei. Ein Freund, ein guter Freund.

Fazit: Die nächste Bundesregierung wird Leistungen der Sozialversicherungen kürzen, Beitragssätze und Steuern erhöhen müssen. Das sozialdemokratische Zeitalter hatte stolz begonnen und geht nun im Strudel der eigenen Maßlosigkeit unter. Man wünschte, man könnte Professor Karl Schiller Erfreulicheres rapportieren. Aber die Tassen blieben nicht im Schrank. Das Porzellan wurde vorsätzlich zerdeppert.

Rentenpapst: Ökonom Prof. Bernd Raffelhüschen © imago

Die finanzpolitische Seriosität hat seit dem Wechsel von Wolfgang Schäuble auf den Posten des Bundestagspräsidenten in der Regierung keine Heimat. Kann das gut gehen? Was passiert da gerade mit unserem Gemeinwesen? Und sagt uns die Regierung über das wahre Ausmaß der Staatsschuld überhaupt die Wahrheit?

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Darüber spreche ich im „Morning Briefing Podcast“ mit einem Mann, der sich seit jeher den finanzpolitischen Moden verweigert. Bernd Raffelhüschen ist Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und dort auch Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge. Der Finanzwissenschaftler ist berühmt dafür, dass er den versteckten Staatsschulden nachspürt und in einer aufwendigen, aber von Freund und Feind anerkannten Rechnung die wahren Staatsschulden präsentiert. Er sagt:

Die sichtbaren Schulden sind nur die Spitze vom Eisberg. 80 Prozent der Schulden, die der Staat wirklich hat, sind versteckte Schulden.

Am eigenen Beispiel erläutert er die Mechanik der versteckten Staatsschuld:

Meine Pension ist eine zukünftige Leistung, die mit einer sehr sicheren Wahrscheinlichkeit eintritt. Sie ist ein Anspruch an einen zukünftigen Haushalt, den der Staat nirgendwo verbucht. Und selbst wenn ich vorher sterbe, wird meine Frau sie wollen.

Sein Fazit fällt ernüchternd aus:

Im Grunde genommen bilanziert unser Staat wie eine Frittenbude.

Für die Zukunft prognostiziert er Dramatisches:

Wenn wir bei der Rente die Beiträge wirklich konstant halten wollten, dann werden wir ein Rentenniveau unterhalb von 40 Prozent des letzten Bruttolohnes erreichen.

Fazit: Bernd Raffelhüschen will nicht gefallen, er will überzeugen. Man muss seine Botschaft nicht mögen, aber man sollte sie hören.

 © imago

Anderes Stichwort, gleiches Thema: Die soeben von der Großen Koalition beschlossene Pflegereform wird ein milliardenschweres Loch in die Sozialsysteme reißen, das nur mit Beitragserhöhungen zu schließen ist. Das zentrale Versprechen von Union und SPD, dass die gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragenen Sozialversicherungsbeiträge 40 Prozent des Bruttolohns nicht übersteigen dürfen, wird schon im kommenden Jahr kassiert werden müssen.

Unser Hauptstadt-Team hat sich bei Wissenschaftlern und Sozialverbänden umgehört, was da auf die Sozialsysteme zukommt. Prädikat: furchterregend. Tapfere finden alle Details in unserem exklusiven Newsletter „Hauptstadt – Das Briefing“.

Milliarden-Lücke in der Pflegekasse

Die Pflegereform steht. Aber sie reißt Milliardenlöcher in die Kassen, sagen Experten.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Testzentrum Café © dpa

Cafés wurden kurzerhand zu Corona-Testzentren umgebaut, statt Cappuccino bekommen Besucher ein Wattestäbchen in Mund oder Nase geschoben. Doch die Zentren, deren Anzahl rapide steigt, sind nicht nur eine tragende Säule im Kampf gegen das Virus – sondern für die privaten Betreiber auch ein lukratives Geschäft. Pro durchgeführtem Test erstattet ihnen das Gesundheitsministerium bis zu 18 Euro.

Recherchen von WDR, NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ haben in Nordrhein-Westfalen und Bayern Betrugsverdachtsfälle im großen Stil aufgedeckt. Die offenbar völlig überraschten Gesundheitsminister von Bund und Ländern planen nun strengere Kontrollen.

Verliert Mode ihren kulturellen Wert?

Alev Doğan spricht mit Sammlerin Monika Gottlieb

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Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Briefing

Monika Gottlieb © Anne Hufnagl

Mode ist nur ein anderes Wort für Zeitgeist. In der aktuellen Folge unseres Gesellschaftspodcasts „Der 8. Tag“ spricht ThePioneer-Chefreporterin Alev Doğan mit Kunstsammlerin Monika Gottlieb über die Herausforderungen der europäischen Modeindustrie.

Mode wurde durch die Großproduktion demokratisiert, für nahezu alle Schichten zugänglich gemacht – und dadurch auch ihrer Wertigkeit beraubt.

Monika Gottlieb © Anne Hufnagl
  • Gesundheitsminister Jens Spahn rechnet damit, dass bis Mitte Juli rund 90 Prozent der impfwilligen Erwachsenen eine Corona-Schutzimpfung erhalten haben.

  • In Deutschland haben mittlerweile rund 3,5 Millionen Menschen eine Corona-Infektion überstanden, etwa jeder Zehnte kämpft mit Corona-Langzeitfolgen. Das Bundesforschungsministerium möchte nun fünf Millionen Euro in die Erforschung von „Long Covid“ stecken.

  • Die EU-Kommission spricht sich für die Reisefreiheit von Geimpften in Europa aus.

  • Die Bundes-Notbremse soll angesichts der sinkenden Corona-Fallzahlen zum 30. Juni auslaufen.

Hans-Georg Maaßen © dpa

In der CDU rumort es: Hans-Georg Maaßen will seine Mitgliedschaft bei der CDU-nahen WerteUnion ruhen lassen. Das gab der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes auf Twitter bekannt. Grund dafür sei die Ernennung des Ökonomen Max Otte zum neuen Vorstand der WerteUnion.

Ich werde genau beobachten, wie sich die WU entwickelt und lasse daher meine Mitgliedschaft ruhen.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat schon genug beobachtet. Er sagt:

Die WerteUnion ist weder inhaltlich, organisatorisch, noch juristisch oder in einer andern Form Teil der Unionsfamilie. Daher gibt es auch keine organisatorische Verbindung der CDU und ihrer Vereinigungen mit der WerteUnion.

Alice Schwarzer © dpa

Die Antibabypille feiert Geburtstag. Heute vor 60 Jahren wurde sie erstmals auf dem westdeutschen Markt angeboten. Alice Schwarzer war von Anfang an ein Fan:

Die Pille! Was für eine Befreiung. Zweifellos ist sie einer der Zündfunken, die das Feuer der Forderung nach gleichen Rechten für Frauen mit angefacht haben.

Sie betrachtete das Kontrazeptivum als „Geschenk Gottes“.

Doch die Zahl der Gotteskinder ging anschließend rapide zurück. Ein neues Wort wurde geboren: der Pillenknick.

Eine Infografik mit dem Titel: Der Pillenknick

Kinder pro Frau vor und nach Einführung der Pille in den USA und Westdeutschland

Für die Pharmaindustrie bedeutete der Durchbruch der Pille den Startschuss für ein Riesengeschäft mit steilem Wachstum: Laut einer Prognose des Marktforschungsinstituts Fortune Business Insights wird der globale Umsatz bis 2026 auf 20,55 Milliarden Dollar steigen, nachdem er 2018 noch bei 13,11 Milliarden lag. Die wachsende Nachfrage kommt demnach aus den ländlichen Gebieten in Schwellenländern, so die Studie.

Konrad Adenauer wurde in seiner Rentenpolitik von der Pille widerlegt. Sein Satz „Kinder kriegen die Leute immer“ erwies sich als nicht haltbar. Das Geschäftsmodell der Pharmariesen dagegen darf für sich zeitlose Gültigkeit beanspruchen: Sex haben die Menschen immer. Oder um es mit Woody Allen zu sagen:

Liebe ist die Antwort. Aber während man auf sie wartet, stellt der Sex ein paar ganz gute Fragen.

Ich wünsche Ihnen einen abenteuerlustigen Start in den neuen Tag. Bleiben Sie mir gewogen. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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