Grüne im Reality-Check

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Guten Morgen,

womöglich war die Ausrufung einer Kanzlerkandidatin und damit verbunden der Anspruch auf die Macht im wichtigsten Industrieland Europas der Kardinalfehler der Grünen. Nicht die Partei hat sich dadurch verändert, wohl aber die Beleuchtung auf sie.

Plötzlich wird grell ausgeleuchtet, was jahrelang im Schatten wuchs. Nun interessieren auch die Ecken. Hinzu kommt: Es schauen jetzt auch jene Menschen hin, die sich, in der Sicherheit einer ewigen CDU-Vorherrschaft wiegend, für die Grünen bisher nicht so interessierten.

So wetteifern denn im öffentlichen Diskurs die Sehnsüchte nach ökologischem Fortschritt mit den Befürchtungen, der Fortschritt könnte ein Rückschritt sein. Fragen von sehr grundsätzlicher Bedeutung sind aufgeworfen: Wer soll die angekündigte Dekarbonisierung der deutschen Volkswirtschaft eigentlich bezahlen? Und wird hier nur mit Geld bezahlt oder auch mit Wohlstandsverlusten von Chemiearbeitern, Pendlern, Landwirten, Flugzeugbesatzungen und Automobilherstellern?

Auch die außenpolitische Dimension dieser Wahlentscheidung rückt nun in den Fokus: Nutzt oder schadet die Durchsetzung des grünen Programms dem europäischen Interesse? Was wird aus einer Wirtschaftsstruktur, die den Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg einen beispiellosen Wohlstand bescherte und die heute den Kern vom Kern des europäischen Projekts bildet? Wer es wissen will, der weiß es: Scheitert Deutschland, scheitert Europa.

Und auch die Frage nach dem klimapolitischen Nutzen einer deutschen Teil-Transformation muss wissenschaftlich und ökonomisch klar beantwortet werden: Ist das, was da projektiert wird, evidenzbasiert oder von Ideologie getrieben?

Eine Infografik mit dem Titel: Wohin fliegen die Deutschen?

Einsteigende Passagiere auf deutschen Flughäfen im Jahr 2019 nach Zielgebiet in Millionen

Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn massiv ausbauen“, heißt es im grünen Wahlprogramm. Aber die entscheidende Frage wird nicht gestellt: Wie soll die Bahn, die an Rekordschulden erstickt, deren Unpünktlichkeit Programm ist, deren Streckenausbau lahmt und die seit Jahrzehnten beim Güterverkehr Marktanteile verliert, diese Hoffnung so schnell erfüllen können? Das grüne Programm (und auch das Programm des Bahnvorstandes) liefert darauf keine Antwort.

„Die Abgeltungsteuer für Kapitalerträge schaffen wir ab und besteuern diese Einkommen wieder progressiv“, heißt es im grünen Programm. Aber die entscheidende Frage wird gar nicht erst aufgeworfen: Wie soll ein Deutschland, das Aktionäre als Volksfeinde behandelt und die ohnehin dürftige Aktienkultur weiter beschädigt, die nötigen Geldbeträge für die Dekarbonisierung jemals aufbringen können? Eine aktuelle McKinsey-Studie geht davon aus, dass für die europaweite Dekarbonisierung jährlich rund eine Billion Euro mobilisiert werden müsste.

„Eine ausreichend schnelle Breitband- und Mobilfunkversorgung gehört zur Daseinsvorsorge, deshalb werden wir einen Rechtsanspruch darauf einführen“, heißt es im Programm. Nur: Schon jetzt scheitert in den elf Bundesländern, in denen die Grünen mitregieren, der Breitband-Ausbau an Initiativen aus der eigenen Partei. Sie stören sich an der Verlegung von Leitungen durch Wälder und Wiesen, oder verweisen auf die vermeintlich schlechte CO2-Bilanz des 5G-Mobilfunknetzes und dessen Gefahren für Insekten.

Das ist die wahre Bilanz der grün regierten und mitregierten Länder:

  • Im grün regierten Baden-Württemberg liegt der Anteil an erneuerbaren Energien bei 31 Prozent. Im Bundesdurchschnitt aber bereits bei 50 Prozent.

  • Auch beim Ausbau der Windkraft kann der Südwesten mit 4,4 Prozent das selbstgesteckte Ziel von zehn Prozent nicht einhalten.

Dass die grüne Kanzlerkandidatin im Interview mit der „Bild am Sonntag“ die grüne Programmatik beim Thema Flugreisen vorträgt, darf man als tapfer oder auch als verwegen empfinden: „Kurzstreckenflüge sollte es perspektivisch nicht mehr geben“, sagt sie. Damit haben Millionen von Menschen, die bisher für wenig Geld in den Urlaub flogen, und jene, die für viel Geld im Inland ihre Geschäftspartner besuchten, die Zuschauertribüne mit der Anklagebank getauscht. Die grüne Projektionsfläche verliert für sie den Weichzeichner.

Fazit: Inhaltlich dürfte das der spannendste Bundestagswahlkampf seit der Willy-Wahl von 1972 werden. Es geht jetzt nicht mehr nur um die behaupteten Unterschiede, sondern um tatsächliche. Die Grünen bleiben eine Projektionsfläche, aber seit diesem Wochenende eben auch eine Projektionsfläche für Überforderungs- und Verlustängste. Oder wie der französische Dramatiker Jean Giraudoux zu sagen pflegte:

Wer seinen Willen durchsetzen will, muss leise sprechen.

Die Grünen: eine Kritik

Die grüne Kanzlerkandidatin ist erfrischend. Leider gilt das nicht für das Wahlprogramm.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker .

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FDP-Chef Lindner  © dpa

Am Wochenende wurden rund 660 Delegierte der FDP auf dem ersten digitalen Parteitag der Liberalen zusammengeschaltet. Es ging um das finale Wahlprogramm für die Bundestagswahl. Die wichtigsten Beschlüsse:

  • Die FDP hält an ihrem Verzicht auf Steuererhöhung fest.

  • Die Liberalen plädieren für eine Senkung des Rundfunkbeitrags und eine Reduzierung der öffentlichen Radio- und Fernsehkanäle. Die Sender sollen sich vor allem auf „Nachrichten, Kultur, politische Bildung und Dokumentationen“ konzentrieren. Nicht notwendige Parallelangebote möchte man vermeiden.

  • Auch wenn es FDP-Generalsekretär Volker Wissing verhindern wollte: Die FDP lehnt die europäische Einlagensicherung ab und bleibt bei der nationalen Institutssicherung von Volksbanken und Sparkassen. Mit 214 zu 210 Stimmen folgte der Parteitag dem Antragsteller Frank Schäffler.

  • Beim Klimaschutz setzt man auf Innovationen von Wissenschaftlern und Ingenieuren, statt auf staatliche Vorgaben. Fahrverbote schließen die Liberalen folglich aus.

  • Die Legislaturperiode des Bundestages soll von vier auf fünf Jahre verlängert werden. Zugleich soll die Amtszeit des Bundeskanzlers auf zwei Wahlperioden, beziehungsweise zehn Jahre, beschränkt werden. Eine zeitliche Begrenzung für Bundestagsmandate wurde abgelehnt.

  • Nachdem zunächst mit einer klaren Mehrheit für eine Entkriminalisierung aller Drogen gestimmt worden war, wurde dieser Beschluss auf Druck der Parteispitze wieder rückgängig gemacht.

Die Partei setzt personell auf Kontinuität: Mit 93 Prozent wurde Christian Lindner erneut zum Parteivorsitzenden gewählt. Das ist sein bisher bestes Ergebnis.

In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ lobt Ralph Bollmann das Handeln der FDP während der Pandemie:

Als einziger Partei im demokratischen Spektrum ist es der FDP gelungen, einem nachvollziehbaren Unmut an einer teils chaotischen Corona-Politik eine Stimme zu verleihen.

Marcel Heberlein von der ARD ist überrascht von Lindners verändertem Ton:

Der FDP-Chef hat gelernt, dass verbale Abrüstung eine politische Waffe sein kann. Dass Lindner nun einen softeren Ton anschlägt, ist politisch klug.

Eine Infografik mit dem Titel: Liberale im Aufschwung

Bundestagswahlergebnis 2017 und Umfrageergebnisse der FDP, in Prozent

Severin Weiland vom „Spiegel“ sieht nicht nur das Geschick der Akteure, sondern auch das Schicksal am Werk:

So zynisch es klingen mag: Erst die Coronapandemie verschaffte der FDP einen kräftigen Schub.

Nirgendwo fällt das Lob für die Lindner-FDP so euphorisch aus wie in der „Welt“, wo Jacques Schuster schreibt:

Es ist wichtig, dass die Liberalen Teil der nächsten Bundesregierung werden. Sie haben das Zeug dazu, die nötigen Ideen und mehr als den einen fähigen Kopf.

Die fehlende Bilanz des autonomen Fahrens

ThePioneer Expert Andreas Moring über die übersehenen CO2-Emissionen.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Andreas Moring.

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Palästinenser-Demo in Berlin © dpa

Der Nahost-Konflikt eskaliert und in Deutschland wird der latente und oft heimliche Antisemitismus nun für jedermann sichtbar. Auf einer israelfeindlichen Demo in Berlin skandierten die Teilnehmer „Beschießt Tel Aviv“, in Bonn wurde ein Anschlag auf eine Synagoge verübt, in Düsseldorf die Israel-Fahne am Rathaus angezündet.

„Seit Tagen verbreiten Mobs in vielen deutschen Städten blanken Judenhass. Sie skandieren übelste Parolen gegen Juden, die an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte erinnern“, sagte Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Die Große Koalition will nun juristisch gegen den Judenhass der Straße vorgehen, wie unser Hauptstadt-Team erfuhr:

Noch im Juni wird der Bundestag eine Verschärfung des Strafrechts beschließen, mit dem verhetzende Beleidigungen etwa gegen Juden künftig mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden können. Das bestätigten die zuständigen Innenpolitiker Dirk Wiese (SPD) und Thorsten Frei (CDU).

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schlägt außerdem vor, sämtliche Symbole palästinensischer Terrororganisationen zu verbieten: „Wir dürfen nicht akzeptieren, dass die Anhänger der terroristischen Hamas und anderer Extremisten in Deutschland ihre Propaganda ungestraft verbreiten“, sagte Ziemiak auf Anfrage von ThePioneer.

Die Symbole der Hamas sind Symbole des Terrors. Deshalb muss das Tragen, Verbreiten und zur Schau Stellen der Symbole der Terrororganisation Hamas in Deutschland verboten werden.

Auch in anderen europäischen Ländern kam es zu antisemitischen Vorfällen. So ist auf einem Video auf Twitter zu sehen, wie in London Demonstranten in einem jüdisch geprägten Viertel zur Vergewaltigung jüdischer Frauen aufrufen. In Wien skandierten Anhänger der anti-israelischen BDS-Bewegung auf Arabisch: „Oh, ihr Juden, Mohammeds Heer kommt bald wieder.“

Die brutale Botschaft dieser Demonstrationen ist diese: Es gibt Menschen, die wollen aus der Geschichte nichts lernen. Es gibt sogar Menschen, die wollen, dass sich Geschichte wiederholt. Wer dazu schweigt, stimmt zu.

Haftstrafe für Hetze gegen Juden

Antisemitismus auf deutschen Straßen. Die große Koalition verschärft nun das Strafrecht.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

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Guillaume Faury © Anne Hufnagl

In den vergangenen Wochen ist viel die Rede von einer europaweiten Wasserstoff-Strategie. An der Börse werden die sogenannten „Wasserstoff-Aktien“ oft als Geheimtipps gehandelt.

Doch die Meinungen über das, was der Wasserstoff zur künftigen Energieversorgung – im Haus, im Auto und beim Fliegen – beitragen kann, gehen auseinander. Neulich sagte Airbus-Chef Guillaume Faury im Morning Briefing Podcast, dass man mit Wasserstoff bald fliegen könne – CO2-neutral, erst über Kurzstrecke, dann auch weiter. Entsprechende Flugzeuge würden bei Airbus entwickelt.

Airbus-Flugzeug mit Wasserstoffantrieb © dpa

Tesla-Gründer Elon Musk dagegen erteilt dem Wasserstoff eine schroffe Absage. Die Energieeffizienz sei furchtbar, auf Wasserstoff zu setzen „makes no sense, it's incredibly dumb“; es mache keinen Sinn und sei unfassbar dämlich. Wenn zwei sich streiten, fragen wir eine Dritte: Prof. Veronika Grimm, Wirtschaftsweise mit ausgeprägter Energiekompetenz, ist Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat des Bundeswirtschaftsministeriums. Sie prophezeit:

Auf Dauer wird Wasserstoff eine sehr große Rolle in unserem Energiesystem spielen.

Das 45-minütige Gespräch hören sie am Samstag als Sonderpodcast, einige wichtige Aspekte allerdings schon im heutigen Morning Briefing Podcast. Es geht in unserem Gespräch darum, wie der Wasserstoff nicht nur die Energieversorgung verändert, sondern auch die geostrategische Lage der Öl- und Gasstaaten – und die heimische Sozialpolitik. Prädikat wertvoll. Veronika Grimm ist nicht nur zuversichtlich, sondern regelrecht zukunftsversessen.

Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden 5412 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Damit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bundesweit bei 83,1 und damit den dritten Tag in Folge unter 100. Es wurden zudem 64 weitere Todesfälle innerhalb eines Tages registriert.

  • Die Auswertungen einer YouGov-Umfrage zeigen: Während im Dezember nur 65 Prozent bereit waren, sich impfen zu lassen, ist dieser Wert auf 74 Prozent gestiegen.

  • Die Ständige Impfkommission (STIKO) gab bekannt, dass im kommenden Jahr bundesweit eine Auffrischung der Corona-Schutzimpfung zu erwarten sei. Der STIKO-Vorsitzende Prof. Thomas Mertens sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe:

Das Virus wird uns nicht wieder verlassen.

Amazon-Gründer Jeff Bezos ist laut Liste des „Forbes Magazine“ der reichste Mensch der Welt © imago

Im vergangenen Corona-Jahr vergrößerte sich die Zahl der weltweiten Milliardäre im Rekordtempo, denn von einem großzügigen Geldstrom aus den Zentralbanken – rund neun Billionen US-Dollar wurden bislang weltweit emittiert – floss der Großteil in die Finanzmärkte und damit in die Taschen der Superreichen.

Das Vermögen der Milliardäre wuchs innerhalb von zwölf Monaten um fünf Billionen Dollar auf nun 13 Billionen – der dramatischste Anstieg aller Zeiten, wie aus der jährlichen Auflistung des „Forbes Magazine“ hervorgeht.

Auch die Anzahl der Milliardäre stieg steil an: Von den aktuell 2.700 Milliardären kamen allein in den vergangenen zwölf Monaten 700 dazu. Dabei entfiel der Löwenanteil auf China, wo die Zahl der Milliardäre um 238 auf 626 anstieg. In den USA hingegen wuchs die Kaste der „Super Rich“ um 110 Personen auf 742.

Und wer sich schon zu den Milliardären zählen durfte, schaffte den Sprung von den Superreichen zu den Ultra-Reichen. So wuchs etwa das Vermögen von Elon Musk von 25 Milliarden auf 150 Milliarden Dollar in nur zwölf Monaten.

Elon Musk © dpa
Udo Lindenberg © dpa

„Ein echter Rocker kennt keine Rente“, sagt Udo Lindenberg, der heute seinen 75. Geburtstag feiert. Vor mehr als 50 Jahren begann die Karriere des gebürtigen Westfalen als Schlagzeuger. Unter anderem hörte man ihn zusammen mit Klaus Doldinger die erste Titelmelodie des Tatorts“ spielen.

An Bescheidenheit hat es dem Mann, der den Weg in die bürgerliche Ehe nicht fand und daher folgerichtig seit 26 Jahren im Hamburger Hotel Atlantic wohnt, nie gefehlt. Oder um es in seinen Worten zu sagen:

Ich bin von Beruf Udo Lindenberg. Meinen Job gibt es nur einmal auf der Welt.

Wir gratulieren dem großen Nonkonformisten zum heutigen Ehrentag – und wünschen ihm, dass das Atlantic bald wieder regulär öffnet. Denn zurzeit sind aufgrund der Pandemie die Gänge des Hotels abgedunkelt und Udo fühlt sich dort an den Horrorfilm „Shining“ erinnert. Im Gespräch mit einer „Spiegel“-Reporterin erzählt er von Begegnungen mit dem Geist seiner Mutter und dem von Dorian Gray. Und dann war da plötzlich noch ein Dritter im Bunde:

Man begegnet sich plötzlich auf eine sehr intensive Weise selbst.

Möge diese Begegnung eine beglückende sein.

Ich wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Start in diese neue Woche. Bleiben Sie mir gewogen. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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