Das Trump-Virus: Gefahr für die Weltwirtschaft

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Guten Morgen,

das Hauptrisiko für die Weltwirtschaft besteht aus der toxischen Gleichzeitigkeit von Corona und Donald Trump. Die vorsätzliche Einfalt des Präsidenten fand in dem Virus ein williges Wirtstier, das seit Monaten ungehindert seine Risiken streut – in den Arbeiterquartieren, in den Gettos der Afroamerikaner, im produktiven Kern der USA. Im Ergebnis drehen mittlerweile alle relevanten Daten auf dem Armaturenbrett im roten Bereich:

Corona breitet sich in den USA mit der Geschwindigkeit eines Hurrikans aus. Innerhalb von 24 Stunden wurden am Donnerstag fast 53.000 neue Ansteckungsfälle gemeldet – ein Rekordwert. Anthony Fauci, der führende Corona-Experte des Landes, flüchtet sich in den Fatalismus:

Ich wäre nicht überrascht, wenn wir 100.000 pro Tag erreichen.

17,8 Millionen Amerikaner waren im Juni ohne Job, allein in der vergangenen Woche meldeten sich knapp 1,43 Millionen Amerikaner zusätzlich arbeitslos. Viele Unternehmen sind zudem dazu übergangen, ihren Beschäftigten die Löhne zu kürzen, mit dem erwartbaren Ergebnis, dass Kaufkraft und Konsumlust dahinschmelzen wie das Softeis am Strand von Miami Beach.

Trumps großes Ziel einer ausgeglichenen Handelsbilanz ist in unerreichbare Ferne gerückt. Das Delta zwischen Importen und Exporten erreichte im Mai 54,6 Milliarden Dollar und unterbot damit die ohnehin tiefer gelegten Erwartungen der Analysten. Der einst größte Netto-Exporteur der Welt hat seine Importsucht im Zuge der Pandemie weiter gesteigert.

Eine Infografik mit dem Titel: Deutscher Milliardenüberschuss

Außenhandelsbilanz mit den USA in ausgewählten Jahren, in Milliarden Euro

► Entsprechend sorgenvoll blicken die deutschen Exporteure auf ihr bisher größtes Abnehmerland außerhalb der EU. Allein im vergangenen Jahr wurden Waren im Wert von knapp 119 Milliarden Euro von der Bundesrepublik in die USA geliefert. Für dieses Jahr rechnet der Industrie- und Handelskammertag mit einem Exportrückgang von rund 20 Prozent. Ohne eine Rückkehr Amerikas zum Vor-Corona-Niveau kann auch das bundesdeutsche Bruttoinlandsprodukt sich niemals erholen.

► Die sozialen Unterschiede in den USA werden derzeit massiv vergrößert. Mittlerweile leben über 40 Millionen Amerikaner von staatlichen Essensgutscheinen, derweil die Investoren an der Börse den Champagner spritzen lassen. Jedes neue Konjunkturpaket entpuppt sich als Leuchtstoff für das Kursfeuerwerk. Die Technologiebörse Nasdaq, an der Amazon, Facebook, Microsoft, Zoom und Apple gelistet sind, erreichte mit fast 10.400 Punkten am gestrigen Handelstag ein Rekordhoch.

Eine Infografik mit dem Titel: Der Liebling der Anleger

Nasdaq-Verlauf in Punkten, Gewinn in Prozent

Fazit: Mit seiner zunächst ignoranten, dann bewusst laxen Corona-Politik kann Trump seinem Land keinen Dienst erweisen. Die Rückkoppelungen reichen von den Armutsrevieren der USA bis in den Mittelbau der deutschen Gesellschaft. Wenn Amerika fiebert, meldet auch Deutschland erhöhte Temperatur.

 © dpa

Ein Wahnsinn kommt selten allein: Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex fordert in Reaktion auf den Wirecard-Skandal mehr Rechte für schläfrige Wirtschaftsprüfer. Der Vorsitzende Rolf Nonnenmacher sagte dem „Handelsblatt“:

Die Prüfungspflicht für Corporate-Governance-Berichte durch den Abschlussprüfer könnte Teil einer Reform sein.

Vielleicht würde ein Englischkurs schon reichen, der zum Lesen und Verstehen der „Financial Times“ ertüchtigt. Dort wird seit anderthalb Jahren über Unregelmäßigkeiten beim deutschen Finanzdienstleister berichtet. Im Januar 2019 schrieben Dan McCrum und Stefania Palma:

Die Nachricht verdächtiger Transaktionen lässt Fragen zur Buchhaltung und zu den internen Kontrollen von Wirecard aufkommen.

Ausdrücklich warnte das Wirtschaftsblatt aus London die Wirtschaftsprüfer vor dem Blendwerk des Wirecard-Vorstandes:

Diese Transaktionen, bei denen offenbar der Verdacht besteht, dass sie gefälscht sind, könnten den örtlichen Rechnungsprüfern als legitime Geschäfte mit Lieferanten und Kunden erscheinen.

 © dpa

Aber wahrscheinlich haben die Bafin-Aufseher und die Wirtschaftsprüfer lieber der guten alten Tante „Faz“ vertraut. Am 31. August 2018 hieß es dort unter der Überschrift „Wirecard, eine Ermutigung:

Es ist eine Geschichte, die so noch nicht in der deutschen Wirtschaft geschrieben wurde. Das Finanzunternehmen Wirecard hat es in weniger als 20 Jahren geschafft, von der kleinen Technologie-Klitsche zu einem Konzern aufzusteigen, der in Kürze im Dax notiert werden dürfte. Wie hat es Wirecard geschafft, die Welt zu erobern? Was kann die deutsche Wirtschaft daraus lernen?

Fazit: Der deutsche Staat mit seiner Kontroll- und Überwachungsbürokratie braucht keine neuen Planstellen und keine weiteren Verordnungen. Das Papiergeraschel ist schon jetzt ohrenbetäubend. In den Prüfbehörden muss man nur von Autoritätsgläubigkeit auf professionelles Misstrauen umschalten. Oder um es mit Arthur Schopenhauer zu sagen:

Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.

 © dpa

Nach einer Enthüllung durch die ARD-Redaktion Panorama bestätigte Sigmar Gabriel sein Teilzeit-Engagement für Deutschlands größten Fleischproduzenten:

Es gab ein dreimonatiges Beratungsverhältnis mit Tönnies.

Im „Spiegel“ verteidigte er seine dreimonatige Tätigkeit zum Monatssatz von 10.000 Euro plus Spesen:

Ich kann an dem Beratungsverhältnis mit einem großen Arbeitgeber nichts Problematisches erkennen.

Für normale Menschen sind 10.000 Euro viel Geld. Aber in der Branche ist das kein besonders hoher Betrag. Ich bin kein Politiker mehr.

 © dpa

Wenn man mit Schadenfreude Geld verdienen könnte, wäre das SPD-Establishment gestern reich geworden. Aus dem Meer an Missgunst ragte lediglich eine Bemerkung des Linke-Fraktionschefs heraus. Dietmar Bartsch bewies auf Twitter, dass er nicht nur den Hammer, sondern auch das Florett beherrscht:

Nachricht des Tages: Tönnies kann auch gute Gehälter zahlen.

Eine Infografik mit dem Titel: Tesla an der Spitze

Die fünf wertvollsten Autokonzerne der Welt, in Milliarden Dollar

Der US-Elektroautobauer Tesla hat im zweiten Quartal trotz Belastungen durch die Corona-Krise deutlich mehr Fahrzeuge ausgeliefert als erwartet. In den Monaten April, Mai und Juni brachte Tesla weltweit 90.650 Autos an die Kundschaft. Damit wurden die Prognosen der Analysten übertroffen.

Die starken Zahlen unterstreichen Teslas Erfolgsserie. Im Jahresvergleich gingen die Auslieferungen lediglich um etwa fünf Prozent zurück. Damit schlug sich das Unternehmen wesentlich besser als die meisten anderen Hersteller. Zum Vergleich: Der japanische Branchenriese Toyota, den Tesla jüngst als weltweit wertvollster Autobauer an der Börse überholt hatte, verbuchte ein Minus von 35 Prozent.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: An der Börse wird mit zweierlei Maß gemessen. Tesla ist im Vergleich zu Toyota noch immer ein Nischenanbieter. Toyota hat im zweiten Quartal mit 398.029 Neuwagen allein in den USA mehr Autos ausgeliefert als Tesla im gesamten vergangenen Jahr weltweit.

Der Unterschied: Toyota ist ein Substanz-, Tesla ein Hoffnungswert. Spekulative Übertreibungen sind hier Teil des Geschäftsmodells.

 © dpa

Markus Söder sagt, sein Platz sei in Bayern. Doch der kundige Politikbegleiter weiß, dass die Haltbarkeit solcher Ansagen kürzer ist als die von frischer Milch. Was also führt der Mann im Schilde, der in allen Umfragen die Riege der potenziellen Kanzlerkandidaten anführt? CSU-Generalsekretär Markus Blume war eigens auf die Pioneer One gekommen, um Pioneer-Chefredakteur Michael Bröcker Interpretationshilfe zu leisten. Die fortschreitende „Begrünung“ seiner Partei erklärt Blume im Morning Briefing Podcast mit dem christlichen Kernprofil der Partei.

Uns muss keiner Nachhilfe geben, was das Thema Bewahrung der Schöpfung angeht.

Über den auffälligen Wandel seines Parteivorsitzenden sagt Blume:

Er hat von Anfang keinen Zweifel daran gelassen, dass er die CSU in eine neue Zeit führen möchte.

Ich nehme wahr, dass viele in der Bevölkerung sagen, den politischen Charaktertest, den hat Markus Söder in dieser Krise definitiv bestanden.

 © Anne Hufnagl

Blume warnt davor, die Corona-Schutzmaßnahmen zu vernachlässigen:

Wirtschaftlich könnte die zweite Welle für viele Unternehmen der Sargnagel sein. Sie haben sich darauf eingestellt, dass sie weitermachen können und jetzt müssen sie wieder zusperren.

Und wer tut alles, um diese zweite Welle zu verhindern? Antwort Blume:

Markus Söder.

Die britische Regierung hat das neue Sicherheitsgesetz der Chinesen für Hongkong scharf verurteilt. Das Gesetz aus Peking stelle einen „deutlichen und ernsten Bruch“ der Vereinbarung über die Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 dar, sagte Premier Boris Johnson. Es verletzte Hongkongs Autonomierechte und stehe im Widerspruch zu den Gesetzen der chinesischen Sonderverwaltungszone. Der Kern des Gesetzes lässt sich in einem Wort zusammen fassen: Repression.

 © dpa

Johnson will nun seine Drohung an die Kommunistische Partei, die zugleich ein Versprechen an die bedrängten Menschen in Hongkong ist, wahr machen: Den Bewohnern will er einen erleichterten Weg zur britischen Staatsbürgerschaft verschaffen – und sie damit zur Flucht ermuntern.

Nun ist die KP wieder dran. Wahrscheinlich hilft ihr jetzt nur noch eine große Mauer um den Flughafen von Hongkong. Egon Krenz wartet schon auf einen Beratervertrag.

 © Anne Hufnagl

Darf man die Berliner Regierung eigentlich loben? Manchmal muss man es sogar tun. Unser „Antrag auf Durchflugerlaubnis mittels Drohne für Dreharbeiten zu Aufnahmen vom ersten Redaktionsschiff der Welt, ThePioneer One“ wurde vom Senat nach Prüfung durch das Bundesamt für Flugsicherung in Rekordzeit und mit wohlwollender Begründung genehmigt. Ein Mitarbeiter der Senatskanzlei schrieb uns:

Die Attraktivität Berlins als Medienstandort hängt auch von guten Rahmenbedingungen für Dreharbeiten ab. Das Vorhaben verspricht Aufnahmen von historischer Bedeutung. Deshalb unterstütze ich den Antrag.

Für die damit erteilte „Aufstiegsgenehmigung für Kameradrohnen“ im Regierungsviertel danken wir artig.

 © Anne Hufnagl

Gestern Abend haben wir im Kreis der Pioneers die Ausstellung „Heimweh“ in der Villa Schöningen besucht. Der weltweit erfolgreiche Jazztrompeter Till Brönner, der seit zehn Jahren auch als Fotokünstler arbeitet, hat dort eindrucksvolle Schwarz-Weiß-Fotografien ausgestellt, die von jener seltsamen Mischung aus Niedergang und Vitalität erzählen, die so nur im Ruhrgebiet anzutreffen ist. Till Brönner zeigt Momente stiller Melancholie und berichtet vom Leben in den Außenbezirken des deutschen Wirtschaftswunders.

Mit großer Sorge blickt der Künstler auf das noch immer weitgehend stillgelegte deutsche Kulturleben. An den Stränden drängen sich wieder die Besucher. In den Gartenlokalen fließt das Bier, derweil Schauspieler und Musiker weiterhin unter Auftrittsverbot leiden. Irgendjemand hat vergessen, die Sicherung wieder reinzudrehen. Till Brönner sagt:

Wir werden gerade daran gehindert, das Schönste zu tun, wie Miles Davis es ausgedrückt hat, was man angezogen erleben kann.

 © Anne Hufnagl

Das gesamte Gespräch mit diesem auch politisch wachsamen Künstler der Gegenwart, das wir im Kreise der Pioneers als Gruppeninterview geführt haben, möchte ich Ihnen gerne in der kommenden Woche als Sonderpodcast präsentieren. Geben Sie meinem Team noch ein paar Tage Zeit, es mit musikalischer Untermalung und in hoher Qualität zu produzieren.

In der Zwischenzeit bereitet unser Event-Team das nächste kulturelle Highlight für Sie vor.

 © arte/mdr

Gemeinsam mit dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder werden wir den Film „Gerhard Schröder – Schlage die Trommel“ an Bord der Pioneer One anschauen. Ein Zeitzeuge berichtet. Und Sie, als teilnehmende Beobachter dieser Zeitläufte, können sich mit Ihrer Sicht auf die erste und bisher einzige rot-grüne Bundesregierung beteiligen.

Alle Informationen zu diesem cineastischen Ereignis finden Sie hier.

Ich wünsche Ihnen einen ausgeruhten Start in das Wochenende und eine unbeschwerte Sommerzeit. Zu dem Sonderpodcast mit Till Brönner melde ich mich wie versprochen nächste Woche bei Ihnen, ansonsten wollte ich mich mit Familie in Richtung Nordsee abmelden.

 © dpa

Wir lesen uns, wenn Sie mögen, am 20. Juli wieder. Bis dahin übernimmt mein Kollege Michael Bröcker den morgendlichen Weckdienst und im Morning Briefing Podcast begrüßt Sie als Gastgeberin eine ausgeschlafene Chelsea Spieker. Sie sind damit in besten Händen. Ich vermisse Sie jetzt schon. Bleiben Sie mir gewogen. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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