Das unwürdige Präsidentschaftsduell

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Guten Morgen,

diese Präsidentschaftsdebatte war definitiv nicht jugendfrei. All das, was Eltern ihren Kindern versuchen beizubringen – Sei höflich. Höre zu. Zeige Respekt, auch wenn du anderer Meinung bist – wurde in dieser anderthalbstündigen Debatte vorsätzlich ignoriert. Es war die Nacht der Polarisierung, in der die Geteilten Staaten von Amerika für jedermann sicht- und hörbar wurden.

Zwei ältere Herren grummelten und gifteten, schäumten und schossen aufeinander. Joe Biden nannte den Präsidenten mehrfach einen Lügner und Clown und eine Marionette Putins. Trump bezeichnete Biden als energiearm, dümmlich und warf dessen Sohn vor, sich auf Kosten des Staates bereichert zu haben.

Donald Trump und Joe Biden © dpa

Moderator Chris Wallace erinnerte die Duellanten mehrfach an seine Aufgabe:

Ich bin der Moderator der Debatte, und ich möchte, dass Sie mir erlauben, meine Frage zu stellen.

Chris Wallace © dpa

Trump erwiderte:

Ich schätze, ich debattiere mit Ihnen, nicht mit ihm. Aber das ist okay, ich bin nicht überrascht.

So führte denn Trump von Anfang an einen Zwei-Fronten-Krieg - gegen Biden und gegen die Medien, obwohl Wallace ein Fox-News-Mann ist. Trump war unwirsch, rüde, und selbst für seine Verhältnisse schlecht gelaunt. Nicht ein einziges Lächeln, nicht mal ein gestelltes, war ihm zu entlocken. Das Publikum sah einen Mann, den Amt und Alter nicht milde, sondern ungeduldig und zornig gemacht haben.

Donald Trump © imago

Biden macht Trump wiederholt für die COVID-19-Toten persönlich verantwortlich:

Es ist, was es ist, weil Du bist, wer Du bist.

Trump erwiderte, dass es unter Biden wahrscheinlich zwei Millionen Tote gegeben hätte. Er verspottete den Rivalen:

Ich trage Masken nicht wie er. Er tritt mit der größten Maske auf, die ich je gesehen habe.

Biden schlug sich angesichts des Trommelfeuers an Beleidigungen nicht brilliant, aber tapfer. Präsidial allerdings wirkte auch er nicht: Trumps Gemeinheiten setzte er die Gemeinheiten aus eigener Fabrikation entgegen. Zwischenzeitlich glaubte man in eine Wirtshaus-Schlägerei geraten zu sein: „Halt doch einfach mal die Klappe, Mann,“ herrschte Biden den Präsidenten an. Der wiederum forderte Biden auf, nie wieder zu behaupten, dass er intelligent sei, denn das sei er nachweislich nicht:

Nichts an Dir ist smart.

Joe Biden © dpa

Trumps stärkster Moment war das Pochen auf Recht und Ordnung, womit er den Sehnsüchten des Bürgertums nahekam. Biden hielt er entgegen:

Du willst nichts über Recht und Ordnung sagen. Du hast Angst, diese Worte überhaupt zu erwähnen, denn die Linken in Deiner Partei haben Dich um den Finger gewickelt.

Er selbst allerdings verweigerte die Distanzierung gegenüber Rechtsradikalen und auch die Lossagung von der Gruppe derer, die eine biologisch begründete Überlegenheit “der Weißen” über “die Schwarzen” behaupten.

Wir lernen: Amerika hat sich von der Welt abgewandt und ist derzeit mit sich selbst beschäftigt. Die Worte Nato, Nahost, Flüchtlingskrise und Europa fielen kein einziges Mal.

Bei der Bewertung der Debatte herrscht heute morgen große Einigkeit. Die Bloomberg-Autorinnen Jennifer Epstein and Jennifer Jacobs resümieren:

Die Debatte endet im Chaos.

CNN-Moderator Wolf Blitzer:

Das war die chaotischste TV-Debatte, die ich je gesehen habe.

Sein Kollege Jake Tapper:

Hier hat das amerikanische Volk verloren.

Selbst bei Fox News kam keine andere Stimmung auf. Howard Kurtz kommentierte:

Im Großen und Ganzen war es eine Nacht voller Lärm und Wut.

Im Morning Briefing Podcast kommen die beiden Amerika-Kenner Peter Ross Range (Washington) und Julius van de Laar (Ex-Obama-Berater) zu Wort. Unentschieden, sagt Ross Range. Punktsieg für Biden, meint van de Laar, denn immerhin konnte er die niedrigen Erwartungen – darunter auch die, er sei unfit – übertreffen.

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So bleibt als Essenz nur der Verweis auf die politische Relativitätstheorie. Präsidentschaftskandidaten müssen nicht gut, nur besser sein. Oder um es mit Angela Merkel zu sagen: "Wir Politiker leben in einer Relativwelt."

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In Kalifornien spielen sich Dramen ab. Nach den Waldgebieten von San José und den Wäldern nahe der Ortschaft Oroville steht nun auch das Weinanbaugebiet Napa Valley in Flammen.

 © dpa

Rund 145 Quadratkilometer sind bereits vernichtet, was in etwa der Fläche Liechtensteins entspricht. Die Ursache für die besonders heftigen Waldbrände sehen Experten in der Kombination von extremer Trockenheit, Hitze und starkem Wind.

 © dpa © dpa © dpa

Weltweit sind inzwischen mehr als eine Million Menschen nach einer Infektion mit dem Corona-Virus gestorben, mehr als 33,8 Millionen Infektionen gab es bisher. In Deutschland wurden bis zum heutigen Morgen 9556 Todesopfer gezählt. Damit steht die Bundesrepublik im internationalen Vergleich bislang deutlich besser da als viele andere Staaten.

Damit das auch so bleibt, so das Argument der Kanzlerin in der Videoschalte mit den Ministerpräsidenten, müssten die Corona-Regeln verschärft und strafbewehrt werden. Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Vereinbart wurde, dass Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen auf maximal 50 Teilnehmer beschränkt werden sollen. Das gilt, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner auftreten.

  • In privaten Räumen soll es demnach keine Vorschriften zur Teilnehmerzahl geben. Aber: Es werde dringend empfohlen, in privaten Räumen keine Feierlichkeit mit mehr als 25 Teilnehmern durchzuführen.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Corona-Pandemie in Deutschland

Anzahl der Infizierungen insgesamt, der Genesenen, der aktuell Erkrankten und der Todesfälle

  • Bürger, die in einem Restaurant falsche Angaben zur Person machen, müssen künftig mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro rechnen. Wer sich in Schleswig-Holstein mit Schimmelreiter, Hauke Haien oder Uwe Barschel in die Gastroliste einträgt, kann mit einem Strafgeld von bis zu 1000 Euro belangt werden.

Markus Söder © dpa

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fasste die Corona-Restriktionen wie folgt zusammen:

Mehr Maske, weniger Alkohol und kleinere Feiern.

Boris Johnson © dpa

International ist ein Überbietungswettlauf um die härteste Corona-Politik in Gang. Selbst der britische Premier Boris Johnson ist in das Rennen – wenn auch mit Zeitverzögerung – eingestiegen. Im Land gelten nun wieder schärfere Schutzmaßnahmen:

  • Ab sofort dürfen sich nur noch sechs Menschen aus unterschiedlichen Haushalten treffen.

  • Pubs und Restaurants müssen um 22 Uhr schließen.

 © dpa

Der wichtigste Unterschied zu Deutschland ist der aufkeimende Widerstand innerhalb der konservativen Partei. Der Abgeordnete Steve Baker umhüllte seine Kritik mit einem literarischen Vergleich:

Viele von uns werden die ,Der Herr der Ringe’-Filme gesehen haben. Es gibt eine Szene, in der König Théoden im Bann seiner Berater steht und aus eben jenem Bann geweckt werden muss. Nach dem Erwachen bricht im Königreich Freude aus. Ich fürchte, im Moment muss jemand Théoden aus seinem Schlaf wecken. Und wenn er, und ich meine damit Boris, aufwacht, wird alles gut.

 © ThePioneer

Der Lobbyismus der Amerikaner gegen Huawei hat sich gelohnt. Das neue IT-Sicherheitsgesetz 2.0 verbietet die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Telekommunikationsausrüster nicht, aber erschwert sie. Künftig gilt:

  • Grundsätzlich wird bei Netzwerkausrüstern ein zweistufiges Verfahren durchgeführt, dass eine technische Prüfung mit einer politischen Bewertung der Vertrauenswürdigkeit von Herstellern verknüpft.

  • Kritische Komponenten sollen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie zertifiziert werden.

  • Die Regierung möchte die „gesamtpolitische Situation“, in der Technologielieferanten wie Huawei operieren, stärker berücksichtigen. Dabei geht es vor allem um den Einfluss der chinesischen Regierung und der Kommunistischen Partei auf Unternehmen und ihre Produkte.

Ausgangspunkt der zweijährigen Diskussion über eine Beteiligung von Huawei am Ausbau des 5G-Netzes sind die Sicherheitsgesetze der Volksrepublik China. Sie zwingen chinesische Unternehmen, sensible Informationen mit den Sicherheitsorganen vorbehaltlos zu teilen.

Olaf Scholz © dpa

Olaf Scholz nutzte die Einbringung des Haushaltes im Deutschen Bundestag für eine verbale Liebkosung des linken Parteiflügels. Dieser hatte einerseits dafür gesorgt, dass Scholz nicht Parteivorsitzender wurde, um ihn danach gnädig als Kanzlerkandidaten zu inthronisieren. Dieser neuen Stärke der Linken trug Olaf Scholz im Bundestag Rechnung.

Er plädiert erneut für Steuererhöhungen für Besserverdiener:

Angesichts der vielen Aufgaben, die der Staat jetzt schultert, muss klar sein, dass Leute, die ein paar Hunderttausend Euro verdienen, künftig einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten können.

Fazit: Solche Äußerungen sind wahrscheinlich nicht klug, aber zumindest ehrlich. Der Wähler weiß, woran er ist.

Konrad Adam © dpa

Der Aderlass bei der AfD geht weiter: Nun verlässt auch der konservative Publizist Konrad Adam, der von 1979 bis 2000 für die „FAZ“ und danach bis 2007 für die „Welt” geschrieben hatte, die rechtspopulistische Partei. Seine Begründung: Alexander Gauland habe sich immer schützend vor „Rechtsausleger wie Andreas Kalbitz und den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke gestellt.“ Und:

In der AfD ist die Unfähigkeit zum Kompromiss ein Geburtsfehler.

Adam gehört zu den Gründungsmitgliedern der AfD. 2013 übernahm er gemeinsam mit Frauke Petry und Bernd Lucke den Parteivorsitz. Das Amt hatte er bis 2015 inne. Zuletzt war er nur noch in der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung aktiv, die von Erika Steinbach geleitet wird, und deren Ehrenvorsitzender er noch ist.

Konrad Adam, Frauke Petry und Bernd Lucke © dpa

Fazit: Der Tag, an dem „der Flügel” nicht mehr Flügel, sondern Körper sein wollte, hat die Partei aus dem Gleichgewicht geworfen. Mit dieser Unwucht schafft sie nur noch den Sinkflug.

Wir bauen auf die Expertise einer kompetenten Leser-, Hörer- und Zuschauerschaft und suchen den gemeinsamen Erkenntnisgewinn. Auf unserer Plattform thepioneer.de schreiben nicht nur Redakteure, sondern Fachleute ihrer jeweiligen Fachgebiete.

Heute möchte ich Ihnen drei neue Beiträge empfehlen.

Anne O. Krueger war Vize-Direktorin des Internationalen Währungsfonds und Chefökonomin der Weltbank. Die Stanford-Professorin hat die Handelspolitik des US-Präsidenten analysiert und sie kommt zu dem Schluss, dass Donald Trumps America-First-Politik vor allem einer Gruppe besonders schadet: den Amerikanern.

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Joschka Fischer war von 1998 bis 2005 Außenminister der Bundesrepublik. In den rot-grünen Jahren war er abgesehen von der Irak-Frage ein Transatlantiker. Im westlichen Bündnis diagnostiziert er heute eine schleichende Erosion. Es gebe einen Riss zwischen traditionellen EU-Europäern und angelsächsischen Nationalisten. Er sagt:

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In den Operationssälen der Republik hält der Roboter Einzug. Warum das eine gute Sache für die Patienten und die Kliniken sein kann, hat der Chirurg, Leitende Oberarzt und Privatdozent an der Berliner Charité, Hendrik Seeliger, für die Pioneers aufgeschrieben. Er sagt:

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Michelle Obama © Credit: Evan Vucci/AP

Der britische Modedesigner Duro Olowu hat einen berühmten Fan: Michelle Obama. Die ehemalige First Lady der USA zeigt sich immer wieder gern in den bunten Kleidern des Modeschöpfers, der in Nigeria geboren und aufgewachsen ist.

Michelle Obama © dpa

Im Museum of Contemporary Art in Chicago werden nun Zeichnungen und Gemälde des Designers gezeigt. Er und Michelle Obama verbinden mit dieser Mode auch ein politisches Statement: Die Vielfalt der Farben gegen die Einfalt der Politik.

Ich wünsche Ihnen einen lebhaften Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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