der stärkste Rückenwind für die Regierungsparteien SPD, CDU und CSU weht in dieser Wahlsaison aus Richtung der Börse. Es riecht nach Geld. Der deutsche Dax und die dort gelisteten Unternehmen melden Rekorde, wie es sie in dieser Abfolge nur selten zu bewundern gibt. Darüber können sich vor allem jene Menschen freuen, die an der Börse investiert sind.
Aber: Falls die Wahlkämpfer daraus den Schluss ziehen sollten, die deutsche Volkswirtschaft sei robust und eine politische Reformagenda könne um ein weiteres Jahrzehnt verschoben werden, dann irren sie. Hier sind die fünf wichtigsten Gründe, warum dieser Börsenboom nicht die Stärke der deutschen Volkswirtschaft widerspiegelt:
1. Die Strafzinsen der Banken treiben die Anleger regelrecht in Richtung Kapitalmarkt. Sie können nur zwischen gesichertem Verlust (auf dem Sparkonto) und kalkuliertem Risiko (am Aktienmarkt) wählen. Nach Schätzung des britischen Datendienstleisters EPFR sammelten die Aktienfonds im ersten Halbjahr 2021 weltweit 580 Milliarden Dollar ein – so viel wie nie zuvor. Im Klartext: Der Anlagenotstand befeuert den Boom.
2. Seit dem Corona-Tief haben sich die meisten Aktienkurse verdoppelt. Und auch seit Jahresbeginn gewannen der MSCI-Weltindex und der Dax 13 bis 14 Prozent. Das bedeutet: Der Börsenboom macht die Zögerlichen mutig und die Mutigen tollkühn. Das Momentum treibt die Börse, weniger die Fundamentaldaten.
Eine Infografik mit dem Titel: Kursexplosion
DAX, Dow Jones und NASDAQ seit Januar 2020
3. Der andere große Treiber ist die Furcht vor einer Schuldenkrise. Denn sobald die Zinsen spürbar steigen würden, wäre die Zahlungsfähigkeit vieler Staaten gefährdet. Auch deshalb denken – trotz inflationärer Tendenzen – die Notenbanken im Moment nicht daran, den Preis des Geldes anzuheben. Die Geldmengen werden weiter expandiert. Das ist das Spielgeld, das im globalen Casino gesetzt wird.
Eine Infografik mit dem Titel: Billiges Geld bei der Fed und EZB
Leitzins der EZB und der Federal Reserve seit 2010, in Prozent
4. Auch wenn wichtige deutsche Branchen, die Automobilindustrie und der Finanzsektor zum Beispiel, noch mitten in der Transformation stecken, geht es den Firmen vergleichsweise gut, siehe Deutsche Bank, siehe Volkswagen, siehe SAP. Das liegt auch daran, dass die wichtigsten Absatzmärkte deutlich schneller wachsen als der Heimatmarkt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hob seine Wachstumsprognose 2021 für die USA auf über sieben Prozent an. Im April war der IWF noch von einem Wirtschaftswachstum von 4,6 Prozent ausgegangen.
Eine Infografik mit dem Titel: Geldmenge: Rasantes Wachstum
Entwicklung der Geldmenge M3 im Euro-Raum und den USA seit 2021, in Billionen Dollar bzw. Euro
5. Die chinesische Volkswirtschaft floriert ebenfalls. Der IWF prognostiziert für die Volksrepublik mehr als acht Prozent Zuwachs in diesem Jahr, was dem Exportland Deutschland und den im Dax gelisteten Unternehmen unmittelbar zugutekommt. Sie wachsen, weil sich in Asien ein Wirtschaftswunder ereignet.
Fazit: Deutschland ist nicht der kranke Mann der Weltwirtschaft, wohl aber der Fußlahme unter den Hochleistungsökonomien. USA, China, Südkorea und Indien performen signifikant besser. Das momentane Bilderbuch-Szenario am Kapitalmarkt darf daher nicht als Einladung zum politischen Nichtstun verstanden werden. In Wahrheit kauft die Börse den Politikern nur Zeit.
Großbritannien hasst das Kollektiv und liebt den Sonderweg. Nach dem gestrigen Sieg der britischen Nationalelf über Dänemark fühlt man sich den Kontinentaleuropäern einmal mehr überlegen.
Im Morning Briefing-Podcast kommt der britische Politologe und Zeithistoriker Anthony Glees zu Wort. In seiner Heimat liegt die Inzidenz aktuell bei 276. Dennoch plant die Regierung, die Coronamaßnahmen ab dem 19. Juli weitgehend aufzuheben. Riskant? Glees schüttelt den Kopf:
Das Risiko ist angesichts des Impfstoffes nicht so groß – es sei denn, es tritt eine neue Variante auf, gegen die die Impfstoffe keinen guten Schutz gewähren. Dann wäre das Risiko für Großbritannien und für Boris Johnson sehr, sehr groß.
Verfolgt man Johnsons Corona-Politik, gewinnt man den Eindruck, dass er den Kontinentaleuropäern zeigen möchte, wie man schneller und besser regiert. Dazu sagt unser Gesprächspartner:
Ich glaube, dass das Johnson sehr motiviert. Ein wirtschaftlicher Aufschwung soll beweisen, dass Großbritannien durch den Brexit nicht nur ein wunderbares Impfprogramm hat, sondern auch wirtschaftlich gegenüber der Europäischen Union besser dasteht.
Über den Premierminister sagt er:
Er denkt politisch und sehr kurzzeitig. Er ist ein Glücksritter.
Fazit: Jetzt fehlt nur noch, dass Großbritannien die Fußball-Europameisterschaft gewinnt. Ein derartiges sportliches Großereignis würde Boris Johnson als ultimativen Brexit-Triumph zelebrieren.
Die globalen Konflikte wandern in den virtuellen Raum. Oder ins Weltall.
Dort, mehrere Sphären entfernt, findet eine Ausweitung der geopolitischen Kampfzone statt. Neue Technologien dienen längst nicht mehr nur seiner Erforschung. GPS-Systeme können gehackt und die damit gesteuerten Drohnen eliminiert werden. Spionagesatelliten umkreisen die Erde und die wachsende Menge Weltraumschrott wird zu einer zerstörerischen Gefahr.
Die Nato hat bereits reagiert – der Bündnisfall gilt nun auch im Weltall. Und auch die Bundeswehr zieht nach – und gründet ein neues Kommando für den Krieg in den Sternen.
Eric Adams wurde von den New Yorker Demokraten als Kandidat für die Bürgermeisterwahl im kommenden November nominiert. Damit hat der 60-Jährige afroamerikanische Ex-Polizist große Chancen auf den Posten, der nach Michael Bloomberg (parteilos) und Rudy Giuliani (Republikaner) heute von dem Demokraten Bill de Blasio gehalten wird.
Adams hatte sich in den demokratischen Vorwahlen nach acht Runden mit einem Prozentpunkt gegen die Konkurrentin Kathryn Garcia durchsetzen können. Für Adams spricht, dass er als ehemaliger Polizist für „Law and Order“ steht, aber auch Teile der schwarzen Bevölkerung begeistern kann. Als Jugendlicher sei er selbst von Polizisten verprügelt worden, erzählt er. Daraufhin entschied er sich, zur Polizei zu gehen, um das System von Innen zu reformieren. Das ist seine Version des American Dream.
Im Streit um die Maskenpflicht im Bundestag hat die AfD-Fraktion ihre Klage beim Bundesverfassungsgericht zurückgenommen. 19 Abgeordnete hielten vergangenen Herbst Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble für unbefugt, diese zu verhängen.
Deutschland gibt bis Ende des Jahres mindestens 30 Millionen Corona-Impfdosen an Entwicklungsländer und andere Staaten ab, wie das Gesundheitsministerium berichtet. Für die kostenlosen Spenden sollen Impfdosen der Hersteller AstraZeneca und Johnson & Johnson genutzt werden.
Bundesweit meldet das Robert-Koch-Institut eine Sieben-Tage-Inzidenz von 5,1. Eine leichte Erhöhung gegenüber 4,9 am Vortag.
Erstmals seit April liegt die für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus entscheidende Reproduktionszahl wieder über der Schwelle von eins. Das RKI meldete gestern einen Sieben-Tage-R-Wert von 1,01.
Der Anteil der Corona-Neuinfektionen, welcher auf die Delta-Variante entfällt, beträgt laut RKI inzwischen 59 Prozent. Damit ist Delta die dominierende Corona-Variante in Deutschland.
Der deutsche Bundesbürger darf sich glücklich schätzen: Er besitzt einen der effektivsten Reisepässe der Welt. 191 Länder lassen sich mit dem deutschen Pass besuchen, ohne vorher ein Visum beantragen zu müssen. Mehr Flexibilität beim Reisen bieten nur Singapur (192) und Japan (193).
Doch unter den vielen Einreisebeschränkungen der Corona-Pandemie haben auch die Reisepass-Riesen gelitten. Das zeigt der Henley Passport Index, eine Analyse der Reisemöglichkeiten verschiedener Länder durch das Beratungsunternehmen Henley & Partners.
Demnach können die Deutschen aktuell nur in 81 Länder ungehindert reisen. Das entspricht einem Reisepass aus dem Oman im Mittleren Osten in der Vor-Corona-Zeit. Gelitten hat auch der Reisepass der US-Bürger. Vorher öffnete er die Tür zu 187 Ländern, jetzt lassen sich problemlos damit nur noch 57 Staaten bereisen.
Fazit: Die Pandemie hat unsere Reisedokumente vorübergehend entwertet und eine Erkenntnis verbreitet, auf die Kurt Tucholsky auch ohne Corona bereits gekommen war:
Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten.
4.848 Erdumkreisungen hatte die Atlantis hinter sich, als sie im Juli vor zehn Jahren als letztes amerikanisches Spaceshuttle auf die Erde zurückkehrte. Mit der amerikanischen Raumfähre flogen bei 33 Missionen insgesamt 170 Astronauten in das Weltall.
„Mission complete“, sagte Astronaut Christopher Ferguson, der beim letzten Flug dabei war:
Nach über 30 Jahren Dienst hat sich das Spaceshuttle seinen Platz in der Geschichte verdient. Es ist zu einem letzten Halt gekommen.
Nachdem das „Space Race“ in Zeiten des Kalten Krieges zwischen den USA und Russland herrschte, sind es jetzt die reichsten Männer der westlichen Welt, die sich mit kommerziellen Weltall-Expeditionen überbietet wollen. Ein Kindertraum hat das Kinderzimmer verlassen.
Jeff Bezos gründete sein privates Raumfahrtunternehmen Blue Origin bereits im September 2000. Das Logo der Firma ist eine Feder, die die Perfektion des Fliegens symbolisieren soll. Bezos träumte laut eigener Aussage seit seiner Kindheit davon, in das All zu fliegen und wird sich diesen Traum am 20. Juli erfüllen.
Richard Branson möchte Jeff Bezos in dem Wettrennen zum All schlagen und plant nun schon am 11. Juli an Bord einer Rakete seines Unternehmens Virgin Galactic in das All aufzubrechen.
Elon Musk feierte schon im Mai vergangenen Jahres den ersten bemannten Raumflug der Geschichte mit einem privaten Raumschiff, seinem Crew Dragon. Genau wie Bezos und Branson möchte Musk den Weltall-Tourismus erschließen. Dafür kündigte er bereits 2018 an, dass er Touristen auf den Mond bringen möchte. Der erste Flug ist für 2023 geplant.
Es geht für die Protagonisten um Geld und um Ruhm – und vor allem um die Bestätigung ihrer so tief empfundenen Außergewöhnlichkeit. Alle drei ähneln dem eitlen Donnermann, wie ihn Gerdt von Bassewitz in „Peterchens Mondfahrt“ skizziert hatte:
Die Nachtfee neigte ihr schönes Haupt zum Gruß gegen den wilden Mann und meinte mit freundlichem Lächeln, er solle nur nicht gar so viel donnern, damit die Sternenkinder keine Angst bekämen.
Nun war der gutmütige Donnermann ganz verlegen und bullerte leise eine Entschuldigung. Es war nämlich wirklich nicht so einfach für ihn, sich das Donnern zu verkneifen; besonders, wenn er sich freute.
Ich wünsche Ihnen einen heiteren Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr