ob das ein großer Tag für Christian Sewing wird, hängt auch von der Launenhaftigkeit der Börse ab. Aber es wird zumindest ein wichtiger Tag für den Chef der Deutschen Bank.
Zum ersten Mal in seiner Amtszeit lädt er heute zum Investorentag ein. Ab 13 Uhr werden rund 100 Analysten und Anleger in der Frankfurter Bankzentrale erwartet, ein paar weitere Dutzend hoch bezahlter Aktienexperten sind per Livestream dazugeschaltet. Abends bittet der Bankchef zum Dinner.
© dpan Amerika werden solche Veranstaltungen gern als „Grillparty“ bezeichnet, weil der Mann an der Spitze Rede und Antwort stehen muss. Wie genau lautet die Strategie? Welche Misserfolge sind zu besichtigen? Und: Wie tickt der Mensch auf dem Chefsessel, zum Beispiel dann, wenn er mit knallharten Fragen konfrontiert wird? Sewing ist gut präpariert. Die Zahlen in seiner Präsentation erzählen die Geschichte eines Vorstandsvorsitzenden, der Wort halten kann. Ob die Therapie wirkt, ist unklar. Aber immerhin: Sie schlägt an. Im Unterschied zu seinem Vorgänger John Cryan setzt Sewing jene harten Schnitte, die man bis dahin gemieden hatte. Er ist höflich, aber nicht soft. Er will nicht mitspielen, er will gewinnen.
Eine Infografik mit dem Titel: Deutsche Bank: Vom Gewinn zum Verlust
Jahresergebnisse, in Milliarden Euro
Hier die sieben Kernpunkte seiner heutigen Botschaft an die Investoren.
► Erstens: Die Bank hat ihre Bilanz seit dem Jahr 2008, als die Bilanzsumme noch 2,2 Billionen Euro betrug, auf nunmehr rund 1,5 Billionen Euro geschrumpft. Damit sind risikobehaftete Aktiva, die deutlich größer sind als die Bilanzsumme der Commerzbank, aus den Büchern verschwunden.
► Zweitens: Die Deutsche Bank hat die Transaktionsbank und das weltweite Geschäft mit Firmenkunden, auch das der deutschen, in einer Unternehmensbank gebündelt. Diese Bank in der Bank betreut rund eine Million Kunden und dürfte 2019 Erträge von mehr als fünf Milliarden Euro erwirtschaften. Das Kerngeschäft funktioniert, wenn auch unter zu hohen Kosten.
► Drittens: Die daneben existierende Privatkundenbank, in der Konten geführt und Vermögen von privaten Kunden gemanagt werden, bringt es zum Jahresende auf acht Milliarden Euro Erträge. Hier derselbe Befund: Der Markt atmet, die Kunden sind aktiv, aber die Kosten drücken die gesamte Operation immer wieder in Richtung Nulllinie.
Eine Infografik mit dem Titel: Hitparade der Investmentbanken
Top-10-Investmentbanken nach Wert der betreuten Transaktionen in 2018, in Milliarden US-Dollar
► Viertens: Die Investmentbank, einst der Stolz der Ackermann-Jahre, wurde deutlich geschrumpft und bringt heute insgesamt rund sieben Milliarden Euro an Erträgen ein. Die Bank will nur noch in jenen Geschäften aktiv sein, in denen sie weltweit zu den Top fünf gehört. Eben erst wurde an Goldman Sachs ein 50-Milliarden-Euro-Paket verkauft.
► Fünftens: Sewing will den Aktionären ab 2022 Kapital in Höhe von fünf Milliarden Euro zurückgeben – in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen. Diese Summe dürfte heute bestätigt, aber auf keinen Fall erhöht werden. Der CEO will das neu gewonnene Vertrauen nicht durch vollmundige Erklärungen gefährden. Die Investoren dürfen – angesichts der Strafzinspolitik der EZB – schon froh sein, wenn der CEO heute die Renditeziele bestätigt und nicht zurückschraubt.
► Sechstens: Die Restrukturierung – die insgesamt rund sieben Milliarden Euro kosten wird – soll mit eigenen Mitteln finanziert werden. Eine Kapitalerhöhung, wie von vielen Investoren befürchtet, werde nicht nötig sein, so dürfte Sewings Botschaft heute lauten. Das soll helfen, den Aktienkurs zu beleben.
► Siebtens: Die knallharte Kostensenkung geht weiter. Bis 2022 will die Bank ihre bereinigten Kosten auf dann 17 Milliarden Euro drücken. Bis zum Jahresende beträgt der Kostenblock noch immer 21,5 Milliarden Euro, sodass weitere 4,5 Milliarden Euro bei laufendem Betrieb gespart werden müssen. Das ist das brutalste Kostensenkungsprogramm in der jüngeren Geschichte des Geldhauses.
Eine Infografik mit dem Titel: Die Geschichte der Deutschen Bank
Börsenwert, in Milliarden Euro
Für die Beschäftigten gibt es heute also keine guten Nachrichten. Der Personalabbau läuft wie geplant weiter. 18.000 Mitarbeiter werden das Bankhaus in den nächsten Jahren verlassen. Im Frühjahr 2018, als Sewing als Vorstandschef startete, beschäftigte die Deutsche Bank noch 97.000 Mitarbeiter, Ende des dritten Quartals waren es bereits unter 90.000. Die Investoren drängen zur Eile und Sewing ist ihr Vollstrecker. Wir lernen, was wir vorher schon ahnten: Den mitfühlenden Kapitalismus gibt es nur in der Evangelischen Akademie von Tutzing. Fazit: Die Bank leidet derzeit Höllenqualen, die ihr kein Politiker und kein Gewerkschaftsführer ersparen kann. Doch erstmals seit der Finanzkrise wird nicht nur geredet, sondern gehandelt: In der Hand von Christian Sewing befindet sich nicht das Champagnerglas, sondern das Skalpell.
Während US-Präsident Donald Trump auf das Spiel mit Strafzöllen setzt, fahren die Chinesen wuchtigere Geschütze auf. Einem Bericht der „Financial Times“ zufolge will die Kommunistische Partei bis zum Jahr 2023 ausländische Soft- und Hardware für Computer aus ihren Behörden verbannen.
► Demnach habe die Staatsführung eine „3-5-2”-Regelung vorgegeben. Bis 2020 sollen alle chinesischen Behörden 30 Prozent ihrer Computerausstattung umbauen. 2021 sollen es weitere 50 Prozent der technischen Geräte sein, im dritten Jahr die restlichen 20 Prozent.
► Bereits zu Beginn des Jahres wies die chinesische Regierung das Militär an, von ausländischen Betriebssystemen auf ein eigenes umzustellen.
► Der Mobilfunkgigant Huawei verkündete bereits, seine Haushaltsgeräte ab 2020 nur noch mit dem eigenen Betriebssystem Harmony OS zu bespielen – Laptops und Smartphones ausgenommen.
Da haben sich zwei gefunden. Pekings Ambition ist mindestens so groß wie die von Trump: China First.
Neben die natürliche Intelligenz tritt bald die künstliche. Die Berufswelt wird sich verändern, wenn künftig auch geistige Tätigkeiten auf Maschinen übertragen werden.
Noch hat die Digitalisierung gar nicht richtig begonnen, sagt Anders Indset. Der gebürtige Norweger ist Wirtschaftsphilosoph, Buchautor und Vortragsredner – und aus Prinzip Optimist, wie er uns im Morning Briefing Podcast berichtet. Die Frage aller Fragen für ihn lautet:
Wie wollen wir mit exponentiellen Technologien und digitaler Superintelligenz zusammenleben?
Er glaubt, und das unterscheidet ihn von den meisten Technologieexperten, an die weitere Menschwerdung des Menschen:
© ThePioneerWir brauchen eine Gesellschaft des Verstandes, eine Bewusstseinsrevolution. Wir benötigen eine öffentliche, tiefere Debatte darüber, was es heute bedeutet, ein Mensch zu sein.
Dieses Gespräch ist für all jene überraschend, die sich für unüberraschbar halten. Prädikat: verstörend.
Wenn Lorenz Bahlsen mit 72 Jahren seinem Sohn Moritz, 34 – wie in dieser Woche geschehen – die Verantwortung im Familienunternehmen Lorenz Snack-World überträgt, erhält er damit eine Tradition aufrecht, mit der kleine oder mittlere Familienunternehmen vielfach brechen. Eine Studie der KfW, für die mehr als 10.000 Unternehmen befragt wurden, zeigt:
► Nur noch 44 Prozent der Unternehmer im Mittelstand wünschen sich den eigenen Nachwuchs an der Spitze ihrer Firma.
► Es nehmen jene Familienunternehmer zu, die mit dem Gedanken spielen, ihre Geschäfte zu veräußern – 50 Prozent ziehen diese Option in Betracht, 2018 waren es 45 Prozent, im Jahr zuvor 42 Prozent.
► 34 Prozent der befragten Eigentümer halten es für denkbar, die Geschäfte an Führungskräfte innerhalb der eigenen Firma zu übertragen. In den beiden Jahren zuvor war das nur bei jedem vierten Unternehmen der Fall.
Fazit: Der Mittelstand denkt mit. In Zeiten, wo wir alles erweitern, unser Bewusstsein, unseren Reiseradius und unser Wissen, warum nicht auch unseren Begriff von Familie.
Derzeit werden mehr als 80 Prozent der Batteriezellen für Elektroautos weltweit in Asien produziert, nur drei Prozent in Europa.
Deshalb gab die EU-Kommission jetzt grünes Licht für eine „Batterienallianz“ in sieben Ländern – darunter Deutschland und Frankreich. Rund drei Milliarden Euro an Fördergeldern stehen zur Verfügung.
Das ist ausnahmsweise mal beides – eine Subvention und eine Strategie.
Berlin ist nicht nur eine Metropole der Gründer, sondern auch die Hauptstadt der privaten Business Schools. In dem jährlichen Ranking der Wirtschaftszeitung „Financial Times“, das die besten Wirtschaftshochschulen in Europa benennt, landete mit der European School of Management and Technology (ESMT) erstmals eine deutsche Hochschule unter den Top Ten.
Vor 18 Jahren wurde die Hochschule von 25 Unternehmen, darunter Siemens, Deutsche Bank, BMW und Allianz, ins Leben gerufen, um eine Managerschmiede zu etablieren. Heute lernen hier fast 500 Studierende aus 63 Ländern im alten DDR-Staatsratsgebäude das Alphabet des Kapitalismus. Früher saß hier Erich Honecker und plante den Untergang der DDR.
Mit dem Präsidenten der Hochschule, Jörg Rocholl, spricht mein Kollege Michael Bröcker im Morning Briefing Podcast . Der Schulleiter sagt:
Wir symbolisieren, was das deutsche Wirtschaftssystem auszeichnet. Ein besonderes Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital. Ein Stakeholder-Ansatz anstelle eines Shareholder-Ansatzes. Wir sind als internationale Hochschule das Fenster zum deutschen Wirtschaftssystem.
Deutschland profitiere auf geradezu großartige Weise von dieser Hochschule:
Wir haben etwa 80 Prozent internationale Studierende. Rund 60 bis 70 Prozent dieser ausländischen Studierenden bleiben danach in Deutschland, zum Beispiel in der Berliner Start-Up-Szene.
Sein Wunsch:
Wir brauchen ergänzend zu Fridays for Future einen Fridays for Technology.
Fazit: Diese Hochschule produziert in der Hauptsache Manager und als Nebenprodukt Mut. Das Land beweist an dieser prominenten Stelle: Deutschland, da geht was. Ich wünsche Ihnen einen erfreulichen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr