Die Geld-Revolution

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Guten Morgen,

derweil die politische Welt sich weiter wie in Trance mit Corona beschäftigt, gehen wichtige Akteure daran, die Geldwirtschaft aus den Angeln zu heben. Sie tun das nicht zum Vorteil der Bürger, sondern zum Vorteil von Steuerhinterziehern, Schwarzgeldhändlern und den großen Datensammelstellen des Silicon Valley. Fast 3000 unterschiedliche digitale Währungen werden gegenwärtig gehandelt, 2013 waren es erst 26.

Die Revolution, die da in Gang gekommen ist, will das Geld in Form von Scheinen und Münzen beseitigen und damit viele der Standards, die staatliche Notenbanken in der Vergangenheit entwickelt, durchgesetzt und verteidigt haben. Auch deshalb sind progressive Ökonomen wie Nobelpreisträger Prof. Joseph Stiglitz und konservativ-liberale Geister wie Bundesbankpräsident Dr. Jens Weidmann in ihrer ablehnenden Haltung vereint.

Auf einer digitalen Konferenz von Bearingpoint warnte Stiglitz in seinem Vortrag zur Finanzmarktregulierung jetzt:

Kryptowährungen bedeuten eine Gefahr für die globale Finanzstabilität. Sie drohen jahrzehntelange Bemühungen um mehr Transparenz im weltweiten Finanzsystem zu konterkarieren.

Jens Weidmann hat bereits zuvor zu Protokoll gegeben, dass hier kein aufsichtsfreier Raum entstehen dürfe:

Auch die neuen Anbieter müssen die aufsichtsrechtlichen Anforderungen einhalten, auch die Vorschriften, die Geldwäsche oder die Finanzierung von Terrorismus verhindern sollen.

Jens Weidmann © imago

Der Angriff auf die Errungenschaft des traditionellen Notenbankgeldes - dessen Werthaltigkeit und Echtheit staatlicherseits überwacht wird - erfolgt aus sehr unterschiedlichen Richtungen.

Da ist zum einen die vom Facebook-Vorstand geschaffene Kunstwährung Libra. Sie sollte zuerst nur für Zahlungen in Facebooks drei Messenger-Apps eingesetzt werden, doch dabei bleibt es nicht. Facebook hat rund 30 andere Unternehmen überzeugt, in eine Organisation namens „Libra Associaten“ jeweils bis zu zehn Millionen Dollar zu investieren, um Teil des neuen Bezahlsystems zu werden. Unter den Investoren sind Zahlungsdienstleister wie Mastercard, Visa, PayPal und Stripe, aber auch Firmen wie Spotify.

 © imago

Facebook baut mit dem Libra-Projekt nichts Geringeres auf als ein privates Geldsystem, das nicht mehr durch politische Regulierung, sondern durch die Interessen der beteiligten Unternehmen dominiert wird.

Für die höchste mediale Aufmerksamkeit sorgt derzeit der Bitcoin, der Pionier unter den Kryptowährungen. Gestartet im Dezember 2009 von einem Unbekannten namens Satoshi Nakamoto, dessen tatsächliche Identität bis heute nicht geklärt ist, befinden sich in Dollar gerechnet mittlerweile rund 115 Milliarden dieser Kryptowährung in Umlauf. Der Bitcoin bringt es auf eine Marktkapitalisierung von 320 Milliarden US-Dollar, was rund dem 14-fachen Wert der Deutschen Bank entspricht.

Eine Infografik mit dem Titel: Volatile Währung

Wertentwicklung des Bitcoin, in US-Dollar

Die Lieblingswährung im sogenannten Darknet ist der Monero. Diese Kryptowährung wurde 2014 geschaffen. Im Gegensatz zum Bitcoin achten die Betreiber von Monero vor allem auf die Anonymität der Nutzer und ihrer Geldkreisläufe. Die gegenwärtige Marktkapitalisierung beläuft sich auf 1,7 Milliarden US-Dollar.

Der Nachteil all dieser Innovationen ist genau das, was sie bei vielen Nutzern so beliebt macht: Sie funktionieren dezentral und entziehen sich dem stattlichen Begehr einer wirtschaftlichen Globalsteuerung. Nach der Liberalisierung vieler öffentlicher Güter wie Wasser, Strom und Transport wäre die Privatisierung der Geldwirtschaft der finale Paukenschlag einer Epoche.

Eine Infografik mit dem Titel: Nigeria vorn

Anteil der Staatsbürger, die laut eigenen Angaben Kryptowährungen besitzen oder nutzen, in Prozent

Die gute Nachricht zum Schluss: Die Gegenbewegung ist unterwegs. Die neue Regierung der USA, die im Kreis der Minister (Ex-Fed-Chefin Janet Yellen) und ihrer Unterstützer (Elizabeth Warren, Joseph Stiglitz, Paul Krugman) über ausreichend Sachverstand verfügt, weiß um die Problematik. Gestern reichten Gerüchte über eine künftige Regulierung der Digitalwährungen für einen sensationellen Kurssturz. Jeder weiß jetzt: Wer auf Bitcoin und Co setzt, wettet gegen die Dollar-Dominanz der USA.

 © Reuters

Auch der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark warnt vor der sich abzeichnenden Entwicklung - insbesondere die Sparer. Falls auch die Notenbanken zum digitalen Euro übergehen sollten, womit EZB-Präsidentin Christine Lagarde durchaus liebäugelt, sieht er die Handlungsmöglichkeiten der privaten Geldanleger beschnitten:

Es gibt negative Effekte, die ja auch zum Teil gewollt sind. Sparer, die ihre Sichteinlagen bei der Bank halten, sollen mit der Abschaffung oder Reduzierung des Bargeldumlaufs nicht mehr die Möglichkeit haben, sich einem Negativzins durch Bargeldhortung zu entziehen.

 © imago

Kanzlerin Angela Merkel hat die Maßnahmen von Bund und Ländern zur Eindämmung des Coronavirus einmal mehr verteidigt. Gestern sagte sie im Deutschen Bundestag:

Wir haben es in der Hand. Wir sind nicht machtlos.

Sie appellierte an die Bürger, die Corona-Regeln einzuhalten:

Wenn wir das beherzigen, werden wir aus der Krise kommen.

Bei den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen zu Weihnachten und über den Jahreswechsel mahnte sie die Bürger, davon möglichst keinen Gebrauch zu machen:

Es muss jeder für sich auch mit sich ausmachen, ob dieses Maximum immer ausgeschöpft werden muss oder ob man auch darauf verzichtet.

 © imago

FDP-Chef Christian Lindner hat eine längerfristige Strategie in der Corona-Krise gefordert, die nicht nur von einem Lockdown zum nächsten führt. Bei der Aussprache zur Regierungserklärung der Kanzlerin sagte er:

Die sozialen und wirtschaftlichen Kosten der Pandemie-Bekämpfung explodieren, jedenfalls ist das keine langfristig durchhaltbare Strategie.

Anstatt die gesamte Volkswirtschaft unter Quarantäne zu stellen, sollte überlegt werden, ob nicht ein „Schutzschirm“ für besonders gefährdete Menschen geboten sei. Dann wäre auch wieder mehr gesellschaftliches und kulturelles Leben möglich. Bisher habe die Regierung keine Erfolge vorzuweisen: Aus dem „November-Wellenbrecher“ sei ein „Dezember-Stillstand“ geworden.

 © imago

Und wie denkt das deutsche Bürgertum über die Regierungspolitik? Auf jeden Fall nicht so stromlinienförmig wie die veröffentlichte Meinung von Tageszeitungen und TV-Anstalten, die nahezu geschlossen hinter der Corona-Politik der Kanzlerin stehen. In den Kommentarbereichen der Nachrichten-Webseiten bietet sich ein bunteres Bild. Zum Beispiel bei der „SZ“:

Die Regelungs- und Verbotskultur unserer Politiker nimmt abstruse Züge an. Es kann niemand erlären, warum es sinnvoll ist, dass Kinder in der Schule Maske tragen müssen und auf Abstand achten sollen und zeitgleich auf dem Weg zur Schule in überfüllten Bussen keine Chance haben auch nur ein wenig Abstand zu halten. Achja, sorry, ich vergaß ja, das Virus fährt nicht Bus, sondern wartet in der Schule.

Im Prinzip sind die Maßnahmen gut, allerdings sollten sie für einen längeren Zeitraum gelten. Was nützt es, das man sie sofort wieder lockert, sobald die Inzidenzwerte unwesentlich gesunken sind? Das ist kurzsichtig und inkonsequent, weil man immer wieder von vorne anfängt.

Die Logik, die diesen Regeln zugrunde liegt bleibt nach wie vor unergründlich und macht mich zunehmend zornig. Weihnachten mit 10 Erwachsenen plus Kindern feiern würde bei uns so aussehen: 5 Erwachsene im Alter von 66 bis 80 Jahren, 4 Erwachsene 36 bis 50 Jahre alt und 5! Kinder 4 bis 14 Jahre alt. Bei allen Kindern ist Korona bereits im Kindergarten bzw. in der Schule. Niemand weiß, ob sie infiziert sind. Kann mir jemand ausrechnen, wieviele Erwachsene das Fest der Liebe überleben werden? In unserem Fall alle, weil alle vernünftig sind und bei sich zu Hause feiern werden.

Im Kommentarforum des Spiegel-Artikels „Das Weihnachtsfest als Superspreader-Event” kann man folgende Anmerkungen lesen:

Hört endlich auf, in die Kernfamilie rein zu regieren. Egal wieviele Menschen sterben, was zwischen Eltern, Großeltern, Geschwistern und deren Kindern passiert, hat den Staat in privaten Wohnungen, nichts anzugehen, wenn die Teilnehmer sich einig sind. Ich stimme ungern den Rechten zu, aber das ist absolut unangemessen. Ich hoffe, diese Eingriffe werden später strafrechtlich aufgearbeitet.

 © imago

Es mag für viele nicht verständlich sein, es hat auch nichts, gar nichts mit Logik zu tun aber: Weihnachten ist und bleibt für viele das Fest der Liebe. Und Liebe ist oft egoistisch. Und der Wunsch, diesen einen Tag (für viele ist es leider nur ein Tag im Jahr) im Jahr seine ganze Familie und Liebsten um sich zu haben ist stärker als die Vorsicht, die Logik und die Angst.

Und unter dem „FAZ”-Artikel „Lange Schlangen und gähnende Leere befürchtet“ finden sich diese Kommentare:

Woher wollen die Politiker wissen, wer sich wo ansteckt? Sie sollten sich mal den öffentlichen Personennahverkehr vornehmen, wo die Leute oft zusammengepfercht werden wie Ölsardinen.

Die Regelungen sind weder zielführend noch angemessen, sie sind ungeeignet, die Infektionszahlen zu senken. Daher sollte der Handel umgehend dagegen vorgehen. Was die Regierung hier vorlegt, ist ein Förderprogramm für den Online Handel und keine Corona Bekämpfung.

 © dpa

Es gibt wachsende Zweifel an der Impfpolitik der EU und der Regierung. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte vor wenigen Tagen gesagt, er sehe begründeten Anlass zu der Annahme, dass Impfungen spätestens Anfang kommenden Jahres beginnen könnten, vielleicht sogar schon Ende dieses Jahres. „Spiegel“-Wissenschaftsredakteurin Juli Köppe ist skeptisch:

Die Coronakrise stellt die Wissenschaft vor ganz neue Herausforderungen. Denn gleich mehrere Impfstoffkandidaten könnten bereits eine Zulassung bekommen, bevor Testreihen komplett abgeschlossen sind.

Der Hintergrund: Die Europäische Arzneimittelagentur EMA, die über Zulassungen in der EU entscheidet, empfiehlt, dass Studienteilnehmer noch mindestens ein Jahr lang weiter beobachtet werden sollten – selbst, wenn die Impfung in dem Zeitraum schon zugelassen ist. Der Grund für die Langzeit-Untersuchung:

Diese längerfristigen Daten sind wichtig, um verspätete Nebenwirkungen zu dokumentieren und zu beurteilen, ob der Schutz gegen die von Sars-CoV-2 ausgelöste Krankheit mit der Zeit nachlässt.

Unsere Morning Briefing Spezial Ausgaben können unsere Pioneers ab sofort nicht nur auf ThePioneer.de, sondern auch in den gängigen Podcast-Apps hören. Wie das geht das erfahren Sie hier.

Thomas Gottschalk schrieb Fernsehgeschichte. In über 150 Ausgaben der Sendung „Wetten, dass..?“ amüsierte und inspirierte er die Fernseh-Nation. Auf seiner Fernseh-Couch nahmen alle Platz, die Rang, Namen und Geltungsdrang besassen: Gerhard Schröder als er noch Kanzler war, Steffi Graf als sie noch in Wimbledon auftrat und nicht in der Werbung von Teekanne, Michael Jackson als er noch lebte.

Jetzt ist Thomas Gottschalk selbst zu Gast - im Pioneer-Original-Podcast „Die Überstunde: ein Gast, eine Stunde, ein Thema”. Die ehemalige Piratin Marina Weisband und Pioneer- Chefredakteur Michael Bröcker haben mit Thomas Gottschalk über Humor gesprochen, was sonst. Wenn die Humoristen eine Partei bilden würden, wäre „der Tommy“ ihr Ehrenvorsitzender auf Lebenszeit.

Im Gespräch wendet er sich gegen die post-moderne Neigung, Kalauer aus der Retorte zu gebären; er wirbt für die Echtzeit-Pointe:

Ich bin niemand, der auf die Bühne geht wie Otto Waalkes, der einfach ein Programm hat. Das hatte ich nie. Ich hatte auch nie Reservewitze im Köcher, die ich rausgezogen habe, wenn nichts mehr lief.

Thomas Gottschalk  © Anne Hufnagl

Ich bin im deutschen Sprachgebiet für mehrere Generationen inzwischen jemand, mit dem sie ,groß geworden’ sind. Sobald ich aber die deutsche Sprachgrenze verlasse, war‘s das. In Italien muss ich schon damit angeben, dass ich Michelle Hunziker kenne. Sonst krieg ich keine Pizza hingestellt.

 © Anne Hufnagl

Das ist bei mir krankhaft, das Gefühl, ich will gemocht werden.

Ich bin der klassische Populist. Einem Entertainer steht das zu, einem Politiker nicht.

Ein Potpouri des Gesprächs hören Sie am heutigen Morgen im Morning Briefing Podcast. Die gesamte „Überstunde“ gibt es nur auf ThePioneer.de - unterhaltsam, wertvoll, kostenpflichtig.

Die Pioneer One vor dem Reichstagsgebäude.  © Anne Hufnagl

Gründungsfieber bei Media Pioneer: Etliche unserer Mitarbeiter haben sich - offenbar angeregt von der Start-Up-Atmosphäre auf unserem Medienschiff - entschlossen, selber zu Gründern werden:

  • Mark Schubert, der als Redaktionsleiter von Steingarts Morning Briefing Podcast einen gehörigen Beitrag dazu leistete, dass wir zur Nummer 1 der Politik-Podcasts in Deutschland aufsteigen konnten, gründet eine Produktionsfirma für neue Audio- und Podcast-Formate. Viele dieser Formate werden wir für Dritte künftig gemeinsam entwickeln, produzieren und publizieren.

 © Steven Siebert
  • Marvin Schade, einst bei Meedia und danach im Morning Briefing Team, hat mit “Medieninsider” ein eigenes Portal gestartet, das die Transformation unserer Schlüsselindustrie kritisch begleiten wird.

 © Anne Hufnagl
  • Daniel Fiene, unser Technologie-Experte im Redaktionsteam, will rund um seinen Podcast “Was mit Medien” ebenfalls ein Unternehmen aufbauen, das “ein Angebot für und rund um die Community der Medienwandel-Gestalter:innen“ bietet. Hoffentlich bleibt er uns als Co-Gastgeber des “Tech Briefing Podcasts” erhalten.

  • Auch Laszlo Steingart, 11, hat sich inspirieren lassen und Ideen für eine eigene App entwickelt. Gestern Abend stellte er sie im Kreise unseres Technologie-Teams vor. Chelsea Spieker hielt den Moment im Bild fest: “Baby Boss at work.”

 © Chelsea Spieker

Wir freuen uns über den Unternehmergeist, der in diesen Tagen nicht nur durch unsere Räume, sondern auch durch unsere Gesellschaft weht. Das ist die frische Brise, die Deutschland jetzt gut gebrauchen kann. Inmitten der virologischen Düsternis sendet sie uns die tröstliche Botschaft, dass es ein erfülltes, ein lustvolles Leben nach der Pandemie gibt. Das Licht am Ende des Tunnels sieht aus wie: Sie und ich.

Ich wünsche Ihnen einen optimistischen Start in das Wochenende und einen friedvollen 1. Advent. Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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