den Job eines US-Präsidenten muss man sich vorstellen wie die Arbeit einer leidgeprüften Kindergärtnerin. Nur, dass sich in der zu betreuenden Gruppe auffällig viele Menschenkinder tummeln, die an einer Hyperaktivitätsstörung leiden, im Volksmund Zappelphilipp-Syndrom genannt. Irgendeiner schreit immer nach Aufmerksamkeit. Wenn Max die Klappe hält, hat Mäxchen seinen großen Auftritt.
Kaum sind sich der Russe und der Amerikaner in formvollendeter Höflichkeit begegnet, spielt der Chinese verrückt. Gestern verteilte er über eines seiner Propaganda-Medien, die „Global Times“, ein gehässiges Bildchen, das Uncle Sam als Adler zeigt. Vor sich auf dem Tisch hat er einen Drucker platziert, der Toilettenpapier in Dollarnoten verwandelt. Mäxchen will jetzt beleidigend, vor allem aber nicht artig sein.
© Global TimesDen Chinesen nervt, dass die neue US-Regierung das ökonomisch motivierte Spiel des Vorgängers, der sich immer neue Strafzölle ausdachte, um eine politisch-moralische Dimension erweitert hat. Und das Allerschlimmste: Der neue Mann im Weißen Haus ist nicht wie sein Vorgänger ein erratischer Querschläger oder Solist, sondern ein Multilateralist, dem es in kurzer Zeit gelungen ist, eine internationale Allianz zu organisieren, die den Chinesen nunmehr ökonomisch, politisch und moralisch einheizt; und sie damit pädagogisch umzingelt.
Eine Infografik mit dem Titel: Biden gegen Xi: der Vergleich
Bruttoinlandsprodukt, Rüstungsausgaben, Bevölkerungsanzahl, Durchschnittseinkommen in den USA und China im Vergleich, Marktkapitalisierung der Börse in New York City und Schanghai, Export von Gütern
Mäxchen aber will sich nicht erziehen lassen. In wilder Kriegsbemalung widersetzt er sich den Autoritäten:
In Reaktion auf den G7-Gipfel warf die Volksrepublik den teilnehmenden Staaten „politische Manipulation“ vor. Die chinesische Botschaft in London beklagte „Lügen, Gerüchte und grundlose Vorwürfe“. Die G7 hätten sich mit ihrer Kritik „in Chinas innere Angelegenheiten“ eingemischt.
Außerdem zeige der Gipfel der Welt die Praxis ,kleiner Zirkel‛, künstlich für Konfrontation und Spaltung zu sorgen.
Auch das NATO-Treffen blieb nicht unwidersprochen. Das westliche Verteidigungsbündnis solle aufhören, Bedrohungstheorien zu verbreiten, erklärte die chinesische Vertretung bei der EU. Die NATO-Erklärung verleumde Chinas „friedliche Entwicklung“, schätze die internationale Lage falsch ein und zeuge von einer „Mentalität des Kalten Krieges“.
Die Drohung folgte auf dem Fuße: „Wir werden niemanden vor eine ,systemische Herausforderung‛ stellen, aber wenn uns jemand vor eine ,systemische Herausforderung‛ stellen möchte, werden wir nicht gleichgültig bleiben.“
Fazit: Im internationalen Kindergarten ist der Teufel los. Der Krieg der Worte und der Bilder lässt für die Zukunft nichts Gutes ahnen. Jetzt fehlt nur noch, dass Max und Mäxchen sich gegen die Obrigkeit verschwören. Getreu dem Motto: Einzeln sind wir stark, gemeinsam unausstehlich.
Joe Biden hat nach seinem ersten Europa-Besuch als US-Präsident nun wieder amerikanischen Boden unter den Füßen. Doch dieser Boden schwankt. Die Medien, die bereits unmittelbar nach dem Treffen mit Putin kritisch berichtet hatten, eröffneten ein regelrechtes Trommelfeuer auf den Präsidenten.
Der Nachrichtensender „CNN“ ging in Vorlage:
In Wirklichkeit könnte Bidens Treffen mit Putin das am wenigsten folgenreiche Treffen in dieser Woche gewesen sein.
Die Boulevardzeitung „New York Post“ wirft Biden vor, der Anerkennung hinterherzulaufen:
Er möchte auf der internationalen Bühne als gewiefter und harter Macher gesehen werden. Aber er ist zu verzweifelt auf der Suche nach der Bestätigung der führenden Politiker der Welt.
Bidens Leichtgläubigkeit, so die „New York Times“, sei durch seine Reise ersichtlich geworden:
Seine hemmungslose Positivität hat ihm bereits den Vorwurf eingebracht, dass er naiv und nicht gewillt sei, die Realität zu sehen, die ihn über den Tisch hinweg anschaut.
In den russischen Medien hingegen macht man sich derweil Sorgen um den Gesundheitszustand von Joe Biden. Das Thema aus dem vergangenen Wahlkampf, damals aus der Trump-Kampagne bösartig gestreut, wurde nun erneut aufgegriffen: eine mögliche Demenz des Präsidenten. Auslöser dafür ist unter anderem die Beobachtung, dass Biden im Gegensatz zu Wladimir Putin nicht frei sprach, sondern von Karten ablas.
Eine russische Senatorin namens Maria Lvova-Belova fragte den russischen Präsidenten bei einer Abschlussfeier für Beamte, ob Biden unter Demenz leide. Das Fernsehen war zufällig dabei. Putin beantwortete die Frage unverzüglich und gönnerhaft:
Das Bild, das unsere und auch die amerikanischen Medien von Präsident Biden darstellen, hat nichts mit der Realität zu tun.
Biden ist ein Profi, man muss bei ihm sehr aufmerksam sein, um nichts zu verpassen. Er lässt sich nichts entgehen, das versichere ich ihnen.
Wir lernen: Man kann ein Thema auch dadurch setzen, dass man es verneint. Das Dementi als Bassverstärker.
Die Inflation meldet sich zurück. In Europa liegt sie derzeit bei zwei Prozent, in Deutschland bei 2,5 Prozent, in den USA stieg sie am Donnerstag auf fünf Prozent. Die EZB erwartet für Deutschland im Herbst eine Rate von vier Prozent.
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank verweigert sich den öffentlichen Beschwichtigungen und schlägt Alarm. „Wir befürchten ein Comeback der Inflation“, schreibt David Folkerts-Landau in einem jetzt veröffentlichten Positionspapier.
Die Vernachlässigung der Inflationsgefahren lasse die Volkswirtschaften der Eurozone „auf einer Zeitbombe sitzen“, die Folgen könnten „verheerend“ sein. Die Inflation werde die bestimmende wirtschaftspolitische „Story“ dieses Jahrzehnts.
Den Grund sieht der Chefvolkswirt der Deutschen Bank vor allem in der veränderten Rolle des Staates. Willfährig würden die Notenbanken mit ansehen, wie der Staat die Wirtschaft zu dominieren versuche und eine exzessive Verschuldung betreibe:
Wir machen uns Sorgen, dass die schmerzhaften Lektionen einer inflationären Vergangenheit von den Zentralbankern ignoriert werden.
Fazit: So sehen in der Welt der Finanzen die Warnlampen aus. Sie sind jetzt von Gelb auf Rot umgesprungen.
© AKGSie ist die Königin der Ortstermine, definiert Gerechtigkeit nicht über Gendersternchen, gilt als Law-and-Order-Frau – und ist Sozialdemokratin. Franziska Giffey, bis vor kurzem Bundesfamilienministerin und zuständig für das Gute in der SPD, ist von ihrem Ministeramt zurückgetreten, um ihre Ambition auf den Chefposten im Berliner Rathaus zu retten. Sie ist gegangen, um zu kommen.
Ihre Doktorarbeit war ein Plagiat. Die Frau ist echt. Meine Kollegin Dagmar Rosenfeld spricht im heutigen „Morning Briefing Podcast“ mit Franziska Giffey − über Linksextremisten in Berlin und die Misere der Sozialdemokraten.
Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg terrorisieren Hausbesetzer die Nachbarschaft und auch die Polizei. Die bisherige Bilanz: brennende Barrikaden, über 60 verletzte Polizisten. Von der Gewalt bleiben selbst Kinder nicht verschont. Giffey sagt:
Ich hab‛ Berichte gehabt von Menschen, die dort arbeiten, von den Kindern, die geweint haben, aus Sorge vor dem, was da passiert.
Dass die Gewalt dort eskaliert, hat für Giffey nichts mit der in Berlin regierenden SPD zu tun:
Wir haben hier ein Bezirksamt, einen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der unter grüner Führung eher hinderlich ist bei der Frage, wie man das Recht auch dort durchsetzen kann.
Deshalb fordert die SPD‛lerin:
Alle, die dort nicht in dieses Haus gehören, weil sie gar keinen Mietvertrag haben, weil sie dieses Haus besetzen, weil sie mit Gewalt gegen Menschen vorgehen, die Brandschutzbedingungen vornehmen wollen. Die müssen raus aus diesem Haus.
Franziska Giffey ist jüngsten Umfragen zufolge die beliebteste Politikerin Berlins. Ihre Partei allerdings hat derzeit keine Chancen auf Platz 1. Giffey sagt:
Ich bin doch nicht falsch, weil ich in der SPD bin.
Das Tübinger Unternehmen CureVac galt als große Hoffnung im Kampf gegen das Corona-Virus. Doch das Vakzin des Konzerns, das haben jüngste Studien bewiesen, weist eine zu niedrige Wirksamkeit auf, als dass mit einer Zulassung zu rechnen wäre.
Vor allem für den Staat ist die Angelegenheit doppelt peinlich:
Erstens ist er für 300 Millionen Euro über die staatliche Förderbank KfW im letzten Jahr als Großaktionär eingestiegen − obwohl es genügend private Investoren gab. Die Regierung wollte sich in Macherpose präsentieren. „Germany is not for sale“, so Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier damals im Morning Briefing Podcast.
Eine Infografik mit dem Titel: CureVac: Der Staat als Großaktionär
Aktionärsstruktur von CureVac, in Prozent
Zweitens war das Vakzin Teil der nationalen Impfstrategie. Nun hat das Gesundheitsministerium den CureVac-Impfstoff nicht mehr in seinen auf der Website veröffentlichten Lieferplanungen für 2021 aufgeführt.
Der Kurs der CureVac-Aktie stürzte am gestrigen Handelstag zeitweise um fast die Hälfte in die Tiefe. Es gibt viele Möglichkeiten, ein schlechtes Geschäft abzuschließen. Unser Staat kennt sie alle.
Eine Infografik mit dem Titel: Der Stoff bleibt aus
Kursverlauf der Aktie von CureVac seit dem 16. Juni 2021, in Euro
Die Delta-Variante kommt nach Deutschland: Innerhalb einer Woche ist der Anteil von Stichproben, in denen die Variante festgestellt wurde, von 3,7 auf 6,2 Prozent gestiegen.
Die Impfkampagne legt weiter zu. 40 Millionen Erwachsene haben bereits eine Erstimpfung erhalten. Laut einer internen Schätzung des Gesundheitsministeriums könnten bis zum 25. Juli bei den verabredeten Liefermengen und einer Impfbereitschaft von 75 Prozent knapp 60 Millionen Menschen einmal gegen das Corona-Virus geimpft worden sein.
Die UNO wirft Deutschland vor, sich gegen die Patentfreigabe für Corona-Impfstoffe zu wehren und somit die Verbreitung des Impfstoffes zu blockieren.
Sicherheitslücke im digitalen Impfpass: Der Impfstatus anderer Menschen lässt sich durch einfache Tricks stehlen. Um Betrug zu vermeiden, muss neben dem Impfpass auch der Ausweis gezeigt werden, so das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
Deutsche Firmen haben bislang deutlich weniger Coronahilfen beantragt als von der Bundesregierung geplant. Laut ifo Institut hatte der Bund 150 Milliarden Euro in Zuschussprogrammen bereitgestellt, davon wurden bis jetzt nur 24 Prozent abgerufen.
In der Raumfahrt hat ein bizarrer Wettlauf um die originellsten Anzüge der Astronauten begonnen. Derweil moderne Raumfahrer inzwischen aussehen wie eine Mischung aus Ingenieur und Formel-1-Pilot – zu besichtigen bei Elon Musks SpaceX-Programm – sind die Chinesen erkennbar nostalgisch gestimmt.
© dpaSie orientieren sich an den Mitgliedern der ersten bemannten Raumstation Saljut 1 der Sowjetunion aus dem Jahre 1971. Selbst ihre grauen Astronauten-Handtäschchen, die offiziell als Klimaanlage dienen, legen sie für kein Foto aus der Hand.
© dpaDer Unterschied zu den monströsen „Superman“-Anzügen der Amerikaner wird gepflegt. Oder um es mit der Vogue-Chefredakteurin Anna Wintour zu sagen:
Wenn du schon nicht besser als deine Konkurrentin sein kannst, dann zieh' dich wenigstens besser an.
Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in das Sommerwochenende. Es grüßt Sie auf das Herzlichste,
Ihr