E-Revolution: Deutsche Autoindustrie holt auf

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Guten Morgen,

eine gute und zugleich relevante Nachricht sollte inmitten der Pandemie nicht untergehen: Deutschlands Autoindustrie hat bei der Elektromobilität endlich die Verfolgung aufgenommen – kraftvoll und konzernübergreifend.

Zulieferbetriebe und Automobilhersteller haben den Weckruf des Elon Musk vernommen, verstanden und sind dabei, ihn zu erwidern. Sechs bemerkenswerte Trends zeichnen sich ab:

1. Die internationalen Investoren setzen nicht nur auf Tesla; sie wetten auf den Beginn eines neuen Zeitalters. Wer entschlossen auf die Elektrifizierung seiner Produktpalette setzt, wird belohnt. Die E-Strategie von Herbert Diess und deren Rückhalt im VW-Aufsichtsrat hat die Börse in dieser Woche zu einem Kursfeuerwerk animiert.

Eine Infografik mit dem Titel: VW: Aktie im Aufwind

Kursentwicklung der VW-Aktie seit dem 16.6.2020, in Euro

2. Auch bei BMW und Mercedes sind die Vorstände nach zunächst zögerlicher Haltung nun willig, ihre Jetons auf Grün zu setzen. Die Investitionsbudgets für die jeweilige Elektromobilitätsstrategie wurden spürbar erhöht. PR und Realität finden erstmals seit Jahren wieder zueinander. Allein Daimler will bis 2025 rund 70 Milliarden Euro in die Elektrifizierung und Digitalisierung der Automobile stecken.

3. Noch immer fehlen überzeugende Fahrzeugmodelle, die in Reichweite und Design mit den Tesla X Modellen mithalten können. Aber: Die neuen Modelle von Daimler und BMW sind ein Sprung nach vorn. Die neue S-Klasse mit E-Antrieb wird das Top-Modell der EQ-Baureihe sein; eine Lithium-Ionen-Batterie soll eine Reichweite von 700 Kilometern sicherstellen. BMW will mit dem „i4“ in direkte Konkurrenz zum Tesla Model 3 treten. Für eine Reichweite von 100 Kilometern werden nur noch sechs Minuten Ladezeit veranschlagt.

Eine Infografik mit dem Titel: 2016: Tesla erstmals in den Top-Ten

Marktkapitalisierung der zehn wertvollsten Autounternehmen weltweit, in Milliarden Dollar

Eine Infografik mit dem Titel: 2017: Tesla wertvoller als BMW

Marktkapitalisierung der zehn wertvollsten Autounternehmen weltweit, in Milliarden Dollar

Eine Infografik mit dem Titel: 2020: Tesla an der Spitze

Marktkapitalisierung der zehn wertvollsten Autounternehmen weltweit, in Milliarden Dollar

4. Auch die Zulieferer sind jetzt kraftvoll mit von der Partie. Bosch-Chef Volkmar Denner sagte dem „Handelsblatt“, dass sein Konzern Milliardenaufträge für Fahrzeugcomputer erhalten habe. Allein seit Sommer seien Aufträge im Volumen von rund 2,5 Milliarden Euro auf seinem Tisch gelandet.

5. Der Autozulieferer Conti reagiert ebenfalls. Der neue Konzernchef Nikolai Setzer sagt in seinem ersten Interview:

Bereits heute sind wir ein Softwareunternehmen mit mehr als 20.000 Software- und IT-Spezialisten. Künftig gilt verstärkt: Die Software macht den Unterschied.

6. Selbst die Alternative zur Elektromobilität, die Wasserstofftechnologie, erfreut sich nun jener Wahrnehmung, die sie verdient. Mit Linde plc verfügt der Dax über einen Gasehersteller, der in der Wasserstofftechnologie Impulse setzt. Schon heute bringe das Geschäft mit Wasserstoff der Linde plc laut CEO Steve Angel mehr als zwei Milliarden Dollar Umsatz.

Fazit: Die Zukunft hat nun auch hierzulande begonnen. Noch immer ist denkbar, dass Deutschland seine weltweit führende Rolle im Automobilbau verliert. Aber wenn das geschieht, wird es nicht mehr kampflos geschehen.

 © Media Pioneer

Die Bundesbank hat die Skandalbank Wirecard nach Recherchen von ThePioneer intern als Finanzholding eingestuft. Damit hätte sie von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) auch umfassend geprüft werden können. Das geht aus internen Unterlagen der Bundesbank hervor, die dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Verfügung stehen.

Vor dem Untersuchungsausschuss hatte der in die Defensive geratene Bafin-Chef Felix Hufeld betont, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einstufung als Finanzholding nicht erfüllt gewesen seien. Die Bundesbank-Unterlagen legen nun eine deutlich andere Perspektive nahe. Demnach hat die Bafin den wahren Charakter von Wirecard nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Oder anders gesagt: Die Bafin ist nicht so unschuldig wie sie tut. Felix Hufeld war seines Unglückes Schmied.

Mehr Infos gibt es in der heutigen Ausgabe von "Hauptstadt - Das Briefing."

Fast alle Geschäfte und Schulen sind mittlerweile geschlossen, so wie Restaurants, Museen und Theater seit Wochen. Die pandemische Lage am heutigen Morgen:

  • Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus bleibt auf hohem Niveau. Die Gesundheitsämter übermittelten dem Robert Koch-Institut 698 neue Todesfälle. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Pandemie. Außerdem wurden 26.923 Neuinfektionen verzeichnet.

  • In mehreren Bundesländern sind zum Start des Lockdowns die digitalen Lernplattformen ausgefallen.

  • In Sachsen wird ein Schreckenswort laut: Triage. Der Ärztliche Direktor des Klinikums Oberlausitzer Bergland, sein Name lautet Mathias Mengel, hatte dem Nachrichtenportal t-online gesagt: „Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht.“ Wenig später teilte die Krankenhausleitstelle am Uniklinikum Dresden jedoch mit: Kein Krankenhaus in Sachsen sei bisher in der Situation gewesen, eine Triage vornehmen zu müssen.

Christian Drosten © dpa

Angela Merkel und ihr Chef-Virologe Prof. Christian Drosten werden angesichts weiter steigender Todeszahlen dünnhäutig. Mittlerweile wird deutlich: Ihre Rettungspolitik rettet nicht. Deshalb gehen beide jetzt von der Verteidigung in den Angriff über.

Es gebe zwei „Schulen“ in der Bekämpfung der Corona-Pandemie, sagte Merkel vor Studierenden: Die eine wolle besonders gefährdete Gruppen „wegsperren“, damit der Rest der Gesellschaft unbeschwert seinen Einkaufsbummel machen könne. Ein Frontalangriff auf den Philosophen Julian Nida-Rümelin und den Virologen Hendrik Streeck.

Nahezu zeitgleich ging auch Drosten auf die Kritiker der Schrotflinten-Strategie los. Via Twitter nahm er diejenigen, die eine Langzeitstrategie und hier insbesondere den Schutz der besonders gefährdeten Zielgruppen anmahnen, aufs Korn:

Ihr habt stetig gestichelt, wenig gelesen, gute Vorschläge zerredet. Ihr bringt bis heute keine Inhalte und jammert über mangelnde Resonanz. #Langzeitstrategie-tragt endlich was bei!

 © dpa

Die Zeiten, in denen das Regierungshandeln als alternativlos empfunden wurde, sind erkennbar vorbei. Heribert Prantl, der kluge Mann der „Süddeutschen Zeitung“, sagt in seiner Videokolumne heute Morgen das folgende:

Wer Corona leugnet, der ist ein Narr. Und wer die Schwierigkeiten und Fehler bei der Corona-Bekämpfung leugnet, der ist auch ein Narr. Der Shutdown, wie er jetzt in Kraft tritt, ist, wie die Dinge hier und heute liegen, nicht vermeidbar. Aber dieser Shutdown ist brutal undifferenziert. Und er ist so fair wie ein Schlag ins Gesicht. Er ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich monatelang um gute und kluge Hygienekonzepte bemüht und die auch umgesetzt haben. Dieser Shutdown ist unverhältnismäßig.

Auch beim Berliner „Tagesspiegel“ ist der Geduldsfaden gerissen. Die unhaltbaren Zustände in den Alten- und Pflegeheimen werden mittlerweile offen der Politik angelastet und wie folgt thematisiert:

Für diese Toten gibt es Verantwortliche. Amtsärzte sprechen im Vertrauen von Heimleitungen, die ihren Angestellten erlaubten, ohne Maske zu arbeiten. Heimleitungen gestehen, dass sie Infizierte aus Doppelzimmern nicht isolieren konnten – wegen Platzmangels. Pflegekräfte berichten, dass sie angewiesen wurden, auch krank zum Dienst zu erscheinen - und Schutzausrüstung fehlt.

Fazit: Der Lockdown darf keine geistige Verschlusssache der Regierung sein. Er ist zugleich notwendig und falsch. Er ist hart, aber nicht effektiv. Er setzt Leben vor Chance - und zerstört damit beides. Der Volksmund hat es geahnt: In Gefahr und in der Not ist der Mittelweg der Tod.

Der Corona-Musterschüler ist Südkorea. Das Land mit 52 Millionen Einwohnern verbrachte bisher keinen einzigen Tag im Lockdown und hat lediglich 612 Tote zu beklagen. Deutschland mit 83 Millionen Einwohnern dagegen blickt auf 26.923 Menschen, die an und mit Covid-19 verstorben sind. Die südkoreanischen Zahlen hochgerechnet auf die deutsche Bevölkerung würde keinen 1000 Toten entsprechen.

 © dpa

Grund genug bei der gebürtigen Südkoreanerin Schröder-Kim So-yeon nachzufragen, die für „NRW Invest“ arbeitet, eine Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und die mit ihrem Ehemann, dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, abwechselnd in Seoul und in Hannover lebt. Sie kennt beide Länder und kann die unterschiedlichen Strategien beurteilen. Das bessere Abschneiden ihres Herkunftslandes erklärt sie mit der „Drei-T-Strategie“. Gemeint ist der Dreiklang aus „test“, „trace“ und „treat“, also testen, rückverfolgen und behandeln:

Die Regierung hat diese T-Strategie von Anfang an verfolgt und bis heute durchgehalten. Sie wird das auch in Zukunft tun.

 © dpa

Als zweiten Grund nennt sie den Zusammenhalt der Gesellschaft. Denn:

Die Regierungsmaßnahmen, so gut sie auch immer sein mögen, können nicht erfolgreich durchgeführt werden, wenn die Menschen nicht alle mitmachen.

Der Name für diese gesellschaftliche Tugend der Achtsamkeit lautet auf koreanisch „Be-ryo”:

Das bedeutet, dass jeder sich rücksichtsvoll, respektvoll und fürsorglich den Mitmenschen gegenüber verhalten sollte. Und wenn man sich so verhält während dieser Pandemie, dann kann jeder jeden schützen. Zum Beispiel durch das Tragen von Masken.

Den Deutschen empfiehlt sie in der Krisensituation, den Datenschutz etwas zu lockern:

In einer Krisensituation, in der wir uns jetzt alle befinden, muss der Datenschutz nach meiner Auffassung im Interesse des Gesundheitsschutzes relativiert werden. Es geht darum, in einer solchen Situation eine vernünftige Balance zu finden.

Fazit: Prädikat erhellend. Diese Frau verdient unser Gehör. Der Blick über den deutschen Tellerrand weitet den Horizont – und rettet Leben.

Seit einiger Zeit gibt es Streit zwischen den Gesellschaftern bei Tengelmann. Nun gibt es seit gestern zumindest für einen der Konflikte eine Lösung: Der neue Beirat des Handelskonzerns kann zu Beginn des neuen Jahres vollständig starten. Der neue Tengelmann-Chef Christian Haub und die Familie seines verschollenen Bruders Karl-Erivan Haub haben sich geeinigt, dass der Unternehmer Carl-Thomas Epping als drittes Mitglied in das Kontrollgremium einziehen wird. Damit folgt die Familie dem Vorschlag der Witwe.

 © dpa

Der Beirat wacht über die Gruppe mit fast 100.000 Mitarbeitern, acht Milliarden Euro Umsatz jährlich sowie Beteiligungen an Firmen wie Obi, Kik, Tedi, Zalando und Delivery Hero. Bereits verständigt hatten sich die Gesellschafter auf Beiersdorf-Vorstand Thomas Ingelfinger als Vorsitzenden und Astrid Hamker, Präsidentin des CDU-Wirtschaftsrats, als Mitglied des Kontrollgremiums. Mit dieser Einigung ist es Katrin Haub und ihrem Team gelungen, die jahrelange Eskalation nicht zu beenden, aber einzugrenzen. Wenn die Tengelmann-Rivalen nicht Menschen, sondern Staaten wären, würde man von Containment sprechen.

 © imago

Es war einer der spektakulärsten Kriminalfälle der deutschen Nachkriegsgeschichte: Am 14. Dezember 1976 wurde der Industriellensohn Richard Oetker als 25-Jähriger entführt. Noch immer leidet er körperlich unter den schweren Verletzungen, die ihm der Entführer Dieter Zlof zugefügt hatte. Oetker kann nicht lange laufen und stehen. In einem bewegenden Interview mit der „Zeit” sagt der mittlerweile 69-Jährige:

Ich kann ihm nicht vergeben, das ist ein Mensch, der mein Schicksal Monate vor meiner Entführung minutiös geplant hat. Er hat mich verschleppt, er hat mich in eine Kiste gesperrt, ich habe unheilbare Verletzungen durch einen Stromschlag davongetragen, mit den Folgen habe ich bis heute zu kämpfen.

 © imago

Und zugleich macht er seine innere Zerrissenheit deutlich:

Ich werde oft und fälschlicherweise bewundert. Doch ich habe nicht Bewunderung verdient, sondern höchstens Neid, weil ich so gut mit dem Erlebten zurechtgekommen bin. Aber das ist keine Leistung, das habe ich meinem Naturell zu verdanken. Ich kann nichts dafür, dass ich keine Rache empfinde, ich kann auch nichts dafür, dass ich Gott sei Dank keinen Hass empfinde.

Ich wünsche ihm frischen Lebensmut und Ihnen einen dankbaren Start in den Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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