Trump belastet Trump. In Gesprächen mit dem Buchautor und Watergate-Enthüller Bob Woodward sagte er bereits Anfang Februar, dass Corona „tödlicher ist als die schlimmste Grippe. Es ist unfassbar leicht übertragbar. Man atmet es ein und das war’s“.
Und:
© dpaDas ist wirklich tödliches Zeug.
Öffentlich dagegen spielte er gerade in der Anfangszeit die tödlichen Folgen von Covid-19 herunter. In einem weiteren Gespräch mit Woodward, Wochen später geführt, sagt er dazu:
Ich wollte es immer herunterspielen. Ich spiele es immer noch gerne herunter, weil ich keine Panik erzeugen möchte.
Laut Woodward existieren die den Präsidenten belastenden Aussagen auf Tonband. Für sein Buch „Rage“, das in Kürze erscheinen wird, hat er nach eigenen Angaben 18 Interviews mit dem Präsidenten geführt und – genauso wichtig – aufgezeichnet. Die heiße Wahlkampfphase beginnt nun mit diesen Selbstbezichtigungen des Präsidenten. Die USA, das ist der Hintergrund der öffentlichen Erregung, sind laut der internationalen Zählung für ein Viertel der weltweiten Corona-Todesfälle verantwortlich.
Die Flüchtlingsdebatte ist mit voller Wucht zurück. Der Brand in dem überbesetzten griechischen Camp Moria macht deutlich, dass die europäischen Werte in Brüssel zwar postuliert, aber auf Lesbos suspendiert wurden. Das Versagen ist ein dreifaches:
1. Die Überfüllung des Lagers stellt eine vorsätzliche Menschenrechtsverletzung dar, zumal in Zeiten der Pandemie. Derweil in deutschen Schulen und Betrieben die Menschen auf Abstand gesetzt werden und auf öffentlichen Toiletten jedes zweite Pissoir gesperrt bleibt, um Nähe zu vermeiden, hat man das Lager dreifach überbucht. 13.000 statt der ursprünglich geplanten 3000 Menschen lebten dort zuletzt.
© imago2. Mit einer mittlerweile zur Routine gewordenen Nonchalance wurde die Nicht-Lösung der Flüchtlingspolitik vor Monaten schon abgehakt; nun bekämpft die EU-Kommission mit Geld aus der Notenpresse den globalen Klimawandel. Es gilt das Motto: Tausche Flüchtlingslager gegen Traumschloss.
© Reuters3. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen führen erfolgreiche Social-Media-Kampagnen, in denen das Leid der Flüchtlinge zur Emotionalisierung der Debatte und damit auch zur Gewinnung von Mitgliedern und Unterstützern benutzt wird. Eine über das humanitäre Engagement hinaus gehende politische Anstrengung unterblieb oftmals. Es gibt bis heute keine Blaupause für eine Integrationspolitik, die den Flüchtlingen mehr bietet als Sprachkurse und der Wirtschaft jene gut ausgebildeten Migranten zuführt, derer sie so dringend bedarf.
© ReutersFazit: Die gesellschaftliche Akzeptanz in der Flüchtlingspolitik muss hart erarbeitet werden. Das brennende Lager von Lesbos und das unter seinen Bewohnern verursachte Leid sollten Europa – auch Osteuropa – zur Aktion treiben. Betroffenheit ist ein Gefühl, aber noch keine Lösung.
Die Kommentatoren im In- und Ausland gehen am Tag nach der Brandkatastrophe mit Europas Asylpolitik hart ins Gericht. So kommentiert „Spiegel“-Redakteur Maximilian Popp:
Die EU nimmt für sich in Anspruch, nicht nur eine wirtschaftliche und politische, sondern auch eine moralische Macht zu sein. Auf Lesbos hat sie jede moralische Autorität eingebüßt.
Marina Kormbaki fasst für das Redaktionsnetzwerk Deutschland zusammen:
Moria liegt in Trümmern – und damit auch Europas sogenannte Asylpolitik.
Kristina Hofmann kommentiert für das ZDF:
© dpaMoria ist abgebrannt, und mit ihm das, was man Anstand, Herz, Mitgefühl nennt.
In der „Neuen Zürcher Zeitung“ schreibt Andreas Ernst:
Die Feuer, die sich in der Nacht auf Mittwoch durch das Flüchtlingslager Moria fraßen, haben eine schlimme Lage unhaltbar gemacht.
In der spanischen Tageszeitung „El Pais“ bilanziert Lluís Pellicer:
Die Migrationspolitik ist die unlösbare Frage der EU.
Fazit: Am Tag danach herrscht das Entsetzen darüber, dass das Unmögliche möglich wurde. Nur von jenen Staaten, die bisher den europäischen Asyl- und Migrationspakt verweigern, weil sie niemanden aufnehmen möchten, hat man bislang noch nichts gehört.
Im Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg Bank musste sich Finanzminister Olaf Scholz gestern gleich mehrmals den Fragen der Abgeordneten stellen, zunächst im Finanzausschuss, dann in der Bundestagssitzung. Dabei betonte der ehemalige Hamburger Bürgermeister:
Es hat keine politische Einflussnahme auf die Entscheidung des Finanzamtes Hamburg gegeben – von mir nicht und auch von anderen nicht, da bin ich mir sehr, sehr sicher.
Bis zum Beweis des Gegenteils gilt das gesprochene Wort.
Offiziell geht es beim FDP-Bundesparteitag kommende Woche in Berlin um die Zukunft. Inoffiziell aber vor allem darum, mit wem die FDP in die Zukunft gehen will. Der neue Generalsekretär Volker Wissing muss von der Partei bestätigt werden und das Präsidium wird neu zusammengesetzt.
Der Vorsitzende Christian Lindner bleibt Vorsitzender. Die Partei hat ihm viel zu verdanken. Aber sein Nimbus hat gelitten. Mit Katja Suding und Linda Teuteberg verlassen gleich zwei Frauen aus der ersten Reihe die Bühne. In der Bundestagsfraktion ist der Frauenanteil mit 22 Prozent gering. In den Umfragen rangieren die Liberalen bei sechs Prozent. Der Wiedereinzug in den Bundestag ist angesichts der Fehlertoleranz solcher Umfragen nicht gesichert.
© dpaUnd Christian Lindner? Verkörpert die FDP der Gegenwart, aber nicht die der Zukunft. Die Anzahl der offenen Rechnungen stapelt sich. Das beherrschende Wort dieser Tage in Kreisen der Liberalen ist das Wort „noch“. Er führt. Noch. Er ist alternativlos. Noch. Er verdient eine zweite Chance. Noch.
Über die Befindlichkeiten innerhalb der FDP hat ThePioneer-Chefredakteur Michael Bröcker mit der Chefin der Bremer FDP, dem Vorstandsmitglied Lencke Wischhusen, für den Morning Briefing Podcast gesprochen.
Sie rät ihrer Partei, im Bundestagswahlkampf auf eine Doppelspitze zu setzen. Sprich: Lindner soll Macht abgeben. Sie sagt:
Ich glaube, ein richtiger und damit zukunftsweisender Schritt wäre eine Doppelspitze für die FDP. Damit würden wir den Trend aufgreifen, die Verantwortung und Kompetenzen zu verteilen. Das kann einer alleine nicht schaffen.
Das ist die Sicht von Lencke Wischhusen. Da es aber Wahrheit nur zu zweien gibt, habe ich auch Michael Theurer ins Podcast-Studio eingeladen. Der Vorsitzende der baden-württembergischen FDP und Beisitzer im Präsidium der Liberalen beschreibt, wie er den Zustand unseres Landes und die Rolle seines Vorsitzenden beurteilt. Seine Kernaussage:
Christian Lindner hat durch eine Ausnahmeleistung im Jahr 2017 die FDP gerettet. Jetzt habe ich den Eindruck, dass die große Geschlossenheit unserer Partei den Bundesvorsitzenden rettet.
Fazit: Die Diskussion über die Zukunft des deutschen Liberalismus ist damit eröffnet. Und Christian Lindner? Muss nicht abtreten, nur kämpfen. Seine weitere Führung ist begründungspflichtig geworden.
Viele offene Fragen, zu viele: Das ist das Fazit von Grünen, Linken und FDP in ihrer Begründung zum Einsatz eines Wirecard-Untersuchungsausschusses. Der Antrag liegt den Kollegen vom Hauptstadt-Newsletter vor. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz soll demnach erst im kommenden Jahr befragt werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht keine schnelle Lösung für die Griechenland-Flüchtlinge, bietet aber die Hilfe des THW zum Bau von Flüchtlingslagern an.
Das Wettbewerbsrecht soll endlich auch im Internet und in der Plattformökonomie Zähne zeigen können, der neue Gesetzentwurf liegt den Kollegen vor.
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Fast fünf Jahre nach dem Auffliegen der VW-Abgasaffäre ist jetzt klar: Dem damaligen Vorstandsvorsitzenden wird der Prozess gemacht. Der heute 73-Jährige muss sich gegen den Vorwurf des „gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs“ verteidigen. Dies kündigte das Landgericht Braunschweig gestern an.
Er sei sich „keines Fehlverhaltens bewusst“, sagte Martin Winterkorn Ende September 2015 in seiner Abschiedserklärung. Nun muss er sich auf etliche Termine im Gerichtssaal einstellen. Diese Aufklärung des Gerichts ist gut für das Vertrauen in den Rechtsstaat und, wer weiß, vielleicht auch gut für den Seelenfrieden von Martin Winterkorn.
Der Deutsche Bundestag dankte gestern den Polizisten, die sich vor anderthalb Wochen dem gewaltsamen Vordringen von Demonstranten zum Reichstagsgebäude entgegengestellt hatten. An der Aktion waren etwa 300 bis 400 Menschen beteiligt. Anfangs standen nur wenige Polizisten der aufgebrachten Menge gegenüber. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sagte:
Die Polizei braucht unsere Unterstützung und sie verdient sie.
Für die Beamten, die auf der Tribüne des Plenarsaals saßen, gab es von den Abgeordneten langen Applaus und stehende Ovationen. Nur die Abgeordneten der AfD blieben sitzen . Das ist politisch wirr und menschlich unanständig. Auf jeden Fall ist diese Respektsverweigerung keine Alternative für Deutschland.
Heute gibt es – erstmals seit der Wiedervereinigung – einen Warntag. Bundesweit werden um 11 Uhr die Sirenen heulen, um 11.20 Uhr soll das Spektakel vorbei sein. Die Bürger, das ist die Idee des staatlichen Alarmismus, sollen die Abläufe kennenlernen, um im Ernstfall die Warnmeldungen richtig einordnen zu können.
Nur in Berlin bleibt es still: In der Hauptstadt gebe es aktuell keine ausreichende Zahl von Sirenen, heißt es. Stattdessen soll es Warnungen per App und über den Rundfunk geben: Alarmismus light.
Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in den Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr