am heutigen Freitag treffen sich in Brüssel erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie die Staats- und Regierungschefs zum Europäischen Rat. Sie verhandeln mit dem „Recovery Fund“ über das größte Hilfspaket, das je in Brüssel zur Debatte stand.
Es geht um 750 Milliarden Euro und damit um die Zukunft Europas. Ob der Kontinent eine Chance hat, sich aus der größten Wirtschaftskrise der vergangenen Jahrzehnte gemeinsam herauszuziehen, wird auch in den kommenden Tagen in Brüssel entschieden.
Mittendrin moderiert Angela Merkel an ihrem 66. Geburtstag zwischen den zerstrittenen Egos des Kontinents. Die Kanzlerin ist nach 15 Jahren im Amt auf ihrer womöglich letzten großen internationalen Mission unterwegs: Mit einem Abschluss wird auch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zum Erfolg. Ohne wird auch der Misserfolg immer mit ihrem Namen verbunden sein.
Eine Infografik mit dem Titel: EU: Ein beispielloses Finanzpaket
Vorschlag für nächsten siebenjährigen EU-Finanzrahmen und für Corona-Hilfsfonds, in Milliarden Euro
Merkel hat es mit einem Kontinent zu tun, bei dem zuletzt nur noch wenig von solidarischem Miteinander zu spüren war. Statt vereint gegen die gemeinsame Bedrohung einer globalen Pandemie aufzutreten, verlieren sich die Staats- und Regierungschefs in Spiegelstrich-Streitereien:
► Die „Sparsamen Vier“ Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande stemmen sich dagegen, dass aus dem Corona-Hilfsfonds 500 Milliarden Euro als Zuschüsse vor allem an die hart getroffenen südlichen Länder fließen sollen.
► Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte im Vorfeld, er sehe die Lage „ziemlich düster“ und will am liebsten nur Kredite verteilen. Zuschüsse dagegen müssten im Gegenzug an „grundlegende Reformen“ geknüpft werden.
© dpa► Ungarn droht gar mit einem Veto, sollte die Auszahlung an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien gebunden werden. Das Verfahren der EU gegen das Land wegen einer möglichen Verletzung der Grundwerte der Union solle enden – sonst wolle Premierminister Viktor Orban nicht mitstimmen. Der deutsche Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) fasst es so zusammen:
Wir haben jetzt keine Zeit, um nochmal lange Streitereien aufzuführen. Wir brauchen jetzt ein klares Signal, dass wir helfen und dass wir füreinander einstehen.
Fazit: Im Umgang mit der existenziellsten Krise ihrer Geschichte wird sich zeigen, ob die EU fähig ist, große Fragen der Zeit mit einem gemeinsamen Ansatz zu beantworten. Wenn es keine schnelle und starke Lösung im Umgang mit den Corona-Folgen gibt, dann fehlt Europa auch die Kraft für eine gemeinsame Lösung bei Klimakrise, Digitalisierung oder außenpolitischer Bedrohung. Dann bleibt Europa ein kulturell reicher Kontinent – ohne aber geopolitisch konkurrenzfähig mit anderen Weltregionen zu sein.
Auch Europas Währungshüter sorgen sich zunehmend. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, sagte in Frankfurt:
Es ist wichtig, dass sich die Verantwortlichen in Europa schnell auf ein ehrgeiziges Paket einigen.
Die Notenbank hoffe auf eine Einigung auf das vorgeschlagene 750-Milliarden-Euro-Paket. Eine große Anzahl der politisch Verantwortlichen sei sich „durchaus bewusst, wie wichtig es ist, keine Zeit zu verschwenden“.
Eine Infografik mit dem Titel: Keine Bewegung bei der EZB
Leitzins seit 2010, in Prozent
Und weiter:
Es ist notwendig, den Europäern, den Investoren und der Welt signalisieren zu können, dass es die Entschlossenheit gibt, gemeinsam zu investieren und sich gegenseitig zu unterstützen.
Europas Währungshüter selbst legen eine Pause im Kampf gegen die Corona-Krise ein. Den Leitzins im Euroraum beließ der Rat der Europäischen Zentralbank auf dem Rekordtief von null Prozent. Die europäische Geldpolitik pausiert in der Corona-Krise.
Die ganze Geschichte lesen Sie auf ThePioneer.
Die Ostseepipeline Nord Stream 2, durch die eines Tages Gas von Russland nach Deutschland gelangen soll, sorgt schon seit Langem für Irritationen zwischen Deutschland und den USA. Zwar ist die Pipeline zu über 90 Prozent fertiggestellt. Doch um die Arbeiten am Meeresgrund der Ostsee vollständig abzuschließen, müssen noch 160 Kilometer Rohr südlich der Ostseeinsel Bornholm verlegt werden. Die US-Regierung arbeitet bisher erfolgreich daran, dass es dazu nicht kommt.
Jetzt meldete sich US-Außenminister Mike Pompeo und wiederholte eine Drohung, die schon zuvor aus der Trump-Regierung zu hören war: Unternehmen, die an dem Projekt beteiligt sind, werden kurzerhand sanktioniert.
Eine Infografik mit dem Titel: Transatlantischer Zankapfel
Verlauf der beiden Nord-Stream Pipelines
Dass Trump es ernst meint, zeigte zuletzt das Beispiel der Firma Allseas, die mit der Verlegung der Rohre beauftragt war. Im Jahr 2019 hatte US-Präsident Trump Strafmaßnahmen gegen Unternehmen beschlossen, die am Bau der Ostseepipeline beteiligt sind. Allseas stellte daraufhin ihre Arbeit am Bau der Erdgaspipeline ein. Seitdem ruhen die Bauarbeiten an der Pipeline, die eigentlich schon Ende 2019 fertig werden sollte. Der geopolitische Krieg um Energie und internationale Bündnisse spielt in diesem Sommer kurz vor den Stränden der Ostsee.
Der Berliner Politikbetrieb ist im Vorwahljahr in der Sommerpause. Es ist die Zeit der Ruhe im Parlament – und die der diskreten Betriebsamkeit in den Parteizentralen. Im Willy-Brandt-Haus ringen die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit der Frage, wie sie eine vernünftige Lösung in der Frage der Kanzlerkandidatur erreichen können.
Dabei geht es längst nicht mehr darum, ob Finanzminister Olaf Scholz der Kandidat wird, sondern nur noch darum, wie. Esken und Walter-Borjans hatten sich einst als inhaltlicher Gegenentwurf zu Scholz um die Parteispitze beworben und gewonnen. Nun zwingt die öffentliche Omnipräsenz des Vizekanzlers das siegreiche Duo, dem einst unterlegenen Scholz die wichtigste Rolle des kommenden Jahres anzutragen. Siege entfalten ihren Schmerz gelegentlich erst mit Monaten Verzögerung.
Eine Infografik mit dem Titel: SPD-Basis will Scholz
Umfrage unter Parteimitgliedern wer nächster Kanzlerkandidat* werden sollte, in Prozent
Längst geistert der sozialdemokratische Trauma-Begriff Schwielowsee durch Berlin: Wenn die beiden nicht rechtzeitig Scholz küren, werden es andere für sie erledigen. Es erginge ihnen dann so, wie einst 2008 nahe Potsdam dem damaligen SPD-Chef Kurt Beck. Beck kam seinerzeit als Parteivorsitzender und ging als Gescheiterter.
Anfang August werden Esken und Walter-Borjans zwischen ihren Urlauben in Berlin weilen, genauso Scholz, Fraktionschef Rolf Mützenich und Generalsekretär Lars Klingbeil. Es wird die Zeit langer Gespräche sein, in der sich Walter-Borjans und Esken entscheiden müssen, welche Niederlage ihnen lieber ist: die, Scholz als ihren Kandidaten zu präsentieren – oder die, dass sie bei gleichem Ergebnis nicht einmal mehr das tun dürfen.
Für das rund neun Milliarden schwere Lufthansa-Rettungspaket hatte der Bund die Entsendung von zwei Aufsichtsratsmitgliedern zur Bedingung gemacht. Drei Wochen nach der Zustimmung der Aktionäre auf der Hauptversammlung nimmt das Anforderungsprofil für mögliche Kandidaten Formen an.
Nach Informationen des „Handelsblatt“ soll mindestens eine der beiden Posten mit einer Frau besetzt werden – am besten beide. Es wäre eine logische Maßnahme. Denn das Führungspositionengesetz schreibt vor, dass 30 Prozent der Posten in Kontrollgremien einer börsennotierten Gesellschaft mit Frauen besetzt werden müssen. Die Quote soll auch nach den Ernennungen erfüllt sein.
© dpaFrüh hatten sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr und die zuständigen Minister darauf geeinigt, dass kein Staatssekretär die Lufthansa kontrollieren solle. Zu groß war die Angst, dass der Staat einen solchen Schritt für die Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen nutzen könne.
Dennoch sollten potenzielle Kandidaten Erfahrung mit dem Staat als Anteilseigner mitbringen. Das lenkt den Blick auf Unternehmen wie die Deutsche Telekom, die Deutsche Post oder die Commerzbank, an denen der Bund ebenfalls Anteile hält. Die weiblichen Vorstände der genannten Unternehmen sind die Favoritinnen auf einen Platz im Aufsichtsrat der kriselnden Airline.
Knapp zweieinhalb Jahre nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in der Türkei ist der „Welt“-Journalist Deniz Yücel in Istanbul wegen Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verurteilt worden. Er erhalte eine Strafe von zwei Jahren, neun Monaten und 22 Tagen, entschied das Gericht in Istanbul. Vom Vorwurf der Volksverhetzung und der Propaganda für die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen wurde Yücel freigesprochen.
Die Entscheidung stieß auf scharfe Kritik. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte:
Die Türkei wendet sich von den gemeinsamen demokratischen Werten ab.
Yücel, der inzwischen in Deutschland lebt und nicht an der Verhandlung teilnahm, schrieb in der „Welt“ unter der Überschrift „Ich bereue nichts“:
Dass die Richter entschieden haben, lieber das Verfassungsgericht bloßzustellen als den Staatspräsidenten, dass sie es sogar gewagt haben, die unantastbare Verteidigung des Angeklagten zu kriminalisieren, zeigt einmal mehr, wie es um die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land bestellt ist: erbärmlich.
Im Morning Briefing Podcast hat mein Kollege Adrian Arab den Wettermoderator Sven Plöger zum Klimawandel befragt. Plöger, der sich auch bei den „Scientists for Future“ engagiert, setzt sich kritisch mit den Klimaaktivisten der „Fridays for Future“-Bewegung auseinander:
Sie müssen sich die Frage stellen, ob das jetzt Jahr für Jahr so weitergehen kann mit der Forderung: „Liebe Politiker, nun richtet für uns die Welt".
Wir leben doch erfreulicherweise in einer ziemlich gut funktionierenden Demokratie, in der die Jugendlichen ihren Forderungen demokratische Legitimation verleihen könnten. Ich glaube, dass es jetzt in die Parlamente gehen muss.
Die UN-Klimakonferenz, die coronabedingt in diesem Jahr ausfällt, hält Plöger aufgrund ihrer Systematik für Zeitverschwendung:
Sie setzt Einigkeit von 190 Staaten voraus. Das gelingt uns in der EU ja nicht mal bei 27 Staaten. So können nur Minimalkompromisse entstehen und die Bremser bestimmen dann die Agenda.
Die Obamas sind längst zur multimedialen Marke geworden. Der ehemalige US-Präsident und seine Frau produzieren Dokumentationen für den Streaming-Dienst Netflix, Michelle Obama legte Ende 2018 mit ihren Memoiren „Becoming“ einen Welterfolg hin. Nun nimmt sich die frühere First Lady das nächste Medium vor: Ab dem 29. Juli wird sie in einem eigenen Podcast auf Spotify zu hören sein. In den Gesprächen zwischen Obama und ihren Gästen soll es unter anderem um die Beziehung zwischen Geschwistern, die Kindeserziehung und Gesundheitsfragen gehen.
Michelle Obama sagte über die Kooperation:
© dpaMeine Hoffnung ist, dass die Serie ein Ort sein kann, um bedeutungsvolle Themen zusammen zu entdecken und die vielen Fragen zu sortieren, die wir alle in unserem Leben zu beantworten versuchen.
Mit ihrer Familie und Freunden wolle sie über die menschlichen Beziehungen diskutieren, die uns zu dem machten, was wir seien, sagte sie in einem Video. Im Idealfall inspiriere dies die Zuhörer dazu, selbst mit ihren Angehörigen über diese Themen zu sprechen. Mitten im Präsidentschaftswahlkampf werden die USA also wieder regelmäßig von den Obamas hören. Ein Zufall dürfte das kaum sein.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag.