Forschungsgruppe Wahlen: Söder vorn

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Guten Morgen,

innerhalb der CDU rumort es. Viele haben das Gefühl, dass die alles entscheidende Frage der Kanzlerkandidatur unter den falschen Kandidaten ausgekegelt wird.

Die Frage ist deshalb so bedeutsam, weil der Unions-Kandidat - anders als bei der schwindsüchtigen SPD - fast automatisch auch Kanzler wird. CDU/CSU sind ausweislich aller Umfragen die dominante Partei in Deutschland, die weder von Grünen noch Sozialdemokraten geschlagen werden kann. An CDU und CSU vorbei dürfte nach jetzigem Stand keine Regierung gebildet werden.

Doch das parteiinterne Kandidatenrennen – das offiziell nur dem Parteivorsitz gilt – krankt an drei Dingen:

1. Friedrich Merz ist bei den CDU-Mitgliedern beliebt, in der breiten Öffentlichkeit aber wird seine Kandidatur als eine Angebotsverengung auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik wahrgenommen. Welches Institut auch immer nach Kanzlerpräferenzen fragt: Der 65-jährige Merz liegt nirgendwo vorn.

2. Markus Söder, bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef, ist der Frontrunner in der Kanzlerfrage, zumindest wenn das Volk direkt entscheiden dürfte. Die jüngsten Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen sehen ihn mit 60 Prozent Zustimmung auf Platz eins.

Eine Infografik mit dem Titel: Wer wäre als Kanzler geeignet?

Befragung der Bürger, welcher Unions-Politiker als Kanzler geeignet wäre, Antworten in Prozent

3. Auf Platz zwei im Beliebtheitsranking folgt ein Mann, der CDU-intern gar nicht zur Wahl steht. Jens Spahn bewirbt sich bisher lediglich als Nummer zwei hinter Armin Laschet um den Stellvertreterposten im Konrad-Adenauer-Haus. Laschet wiederum verliert in den Umfragen immer weiter an Boden. Das Publikum wünscht weiterhin den Mittekurs von Merkel - aber womöglich nicht mit ihm.

 © Anne Hufnagl

Fazit: Die CDU sollte die Besinnlichkeit der Weihnachtszeit zum Nachdenken nutzen. Über dem Bundestag, vielleicht hilft das ja, steht groß und deutlich, wem der Kern vom Kern aller demokratischen Gedanken zu gelten hat: Dem deutschen Volke. Dort steht nicht: Dem deutschen Parteienstaat.

 © dpa

Weitere Details über die noch unveröffentlichte Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF finden Sie in „Hauptstadt – Das Briefing“, gewissermaßen der Politikteil von ThePioneer.de.

 © The Pioneer

Entwicklungshilfeminister Gerd Müller bewegt sich in Berlin Richtung Ausgang. Aber er tut das nur, um in Wien durch die Eingangstür der Vereinten Nationen wieder hereinzuspazieren. Merkel und das übrige Kabinett haben der lukrativ dotierten Auslandsverwendung bereits zugestimmt: Der nunmehr 65-jährige Müller wird voraussichtlich als UN-Generaldirektor für industrielle Entwicklung seine Karriere fortsetzen. Im kommenden Jahr bewirbt sich Deutschland offiziell auf diesen Posten. Als Merkels Mann hat Müller gute Chancen, auch das Wohlwollen der internationalen Partner zu gewinnen. Zusätzliche Details gefällig? Dann hier entlang: ThePioneer.de.

 © ThePioneer

Das mit Abstand teuerste Projekt der Ära Merkel ist die Energiewende. Gestern entschied nun das Bundesverfassungsgericht, dass die deutsche Regelung zur Entschädigung der Kraftwerksbetreiber neu aufgerollt werden muss. Die Karlsruher Richter gaben einer Klage des Energiekonzerns Vattenfall statt und sprachen von teils „unzumutbaren“ Regelungen.

Der Gesetzgeber ist weiterhin zur alsbaldigen Neuregelung verpflichtet.

Das dürfte teuer werden: Die bisherige Regelung aus dem Jahr 2018 sah vor, dass die Entschädigung im Jahr 2023 – nachdem das letzte Atomkraftwerk vom Netz ist – berechnet werden sollte. Die Regierung rechnete damit, dass die Summe einen „niedrigen einstelligen Milliardenbereich nicht überschreiten” werde.

Romantisches Bild von einem Atomkraftwerk. © dpa

Insgesamt addiert sich die Energiewende der Bundeskanzlerin – der gleichzeitige Ausstieg aus Atomkraft und Kohle – damit zu einer stattlichen Rechnung, die freilich auf verschiedene Köpfe verteilt wird:

Der Bürger zahlt den mit staatlichen Direktiven vorangetrieben Umbau der Energiewirtschaft mit einer Preiserhöhung. Der Strompreis in Deutschland hat sich seit dem Ausstiegsentschluss der Kanzlerin im Jahr 2011 von 25,9 auf 31,94 Cent je Kilowattstunde verteuert; eine Steigerung um 23,2 Prozent.

Eine Infografik mit dem Titel: Steigende Belastung für Haushalte

Strompreise für Haushaltskunden in Deutschland (Grundversorgungsvertrag), in Euro-Cent pro Kilowattstunde

Auch die heimischen Unternehmen erlebten eine Energiekostensteigerung. Seit 2011 sind die Industriestrompreise (inklusive Stromsteuer) von 14,04 Cent auf 18,55 Cent pro Kilowattstunde gestiegen; eine Steigerung um 32,1 Prozent.

Eine Infografik mit dem Titel: Steigende Belastung für Unternehmen

Industriestrompreise (inklusive Stromsteuer) in Deutschland, in Euro-Cent pro Kilowattstunde

Ökologisch hat sich der große Aufwand bisher jedenfalls noch nicht gelohnt. Durch die Gleichzeitigkeit von Atomkraftausstieg (zu gefährlich) und Kohleausstieg (zu dreckig) und begünstigt durch den Verzicht auf eine Mobilitätswende beispielsweise mit der Elektrifizierung der Straßen (zu teuer) und einer effektiv geführten Bahn AG (zu schwierig) wurden die CO2-Emissionen nicht signifikant gesenkt: Im Jahr 2011 betrugen die Treibhausgasemissionen 919 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente, im Jahr 2019 waren es 805.

Im „Handelsblatt” schreiben der Steuer- und Finanzexperte Axel Schrinner und der Ökonom Prof. Bert Rürup:

Der ökologische unvermeidbare Umstieg auf eine CO2-freie Stromerzeugung wird das teuerste Projekt der Menschheitsgeschichte.

Der gewählte US-Präsident Joe Biden wird bei der geordneten Amtsübergabe („transition“) von Donald Trumps Regierung ausgebremst. So kann Biden laut CNN einen Stapel an Glückwunschtelegrammen nicht entgegen nehmen, die verschiedene Staats- und Regierungschefs an ihn gerichtete haben.

 © dpa

Wichtiger ist, das auch das sogenannte Transition-Team - also die Mannschaft, die eine Übernahme der Regierungsfunktionen vorbereitet - bisher seine Arbeit nicht wirkungsvoll aufnehmen konnte. Vertrauliche Informationen der Geheimdienste erhält der „President-Elect” bisher nicht.

  • In Deutschland übermittelten die Gesundheitsämter dem RKI binnen der letzten 24 Stunden 21.866 Neuinfektionen. Trotz der hohen Zahl wies RKI-Präsident Lothar Wieler darauf hin, dass die Fallzahlen seit einigen Tagen etwas weniger stark steigen.

Eine Infografik mit dem Titel: Die zweite Corona-Welle

Tägliche Neuinfektionen seit März 2020, auch aufgrund vermehrter Testung

  • Derweil spitzt sich die Situation auf den Intensivstationen weiter zu: 46 Prozent aller Kliniken berichten über eingeschränkte oder keine Verfügbarkeit von Intensivbetten. Grund sei der Personalmangel auf den Stationen, der sich zunehmend verschärft, da sich immer mehr der dort Beschäftigen mit dem Corona-Virus infizieren.

 © dpa
  • In den USA liegt die Zahl der täglichen Neuinfektionen seit einer Woche bei über 100.000, gestern lag sie bei 143.408. Damit verzeichnet das Land insgesamt mehr als 10,3 Millionen Infektionen, täglich sterben mehr als 1000 Erkrankte in Verbindung mit dem Virus. Besonders dramatisch entwickelt sich die Lage in El Paso (Bundesstaat Texas): Dort ist mehr als jeder 30. Bewohner erkrankt.

  • Die Gesundheitsbehörde der EU warnt vor einer mutierten Art des Corona-Virus. Besonders stark davon betroffen sei Dänemark.

 © dpa

Dem medizinischen Personal im Allgemeinen und den Krankenschwestern sowie Pflegern im Speziellen wurde in der Pandemie oft gedankt. Mit Applaus im Bundestag oder in gefühligen Spots aus dem Bundesgesundheitsministerium. Im April sagte Ressortchef Jens Spahn:

Danke an alle, die in diesen Zeiten Verantwortung für die Gesundheit und Versorgung von uns allen tragen. Sie alle zeigen, dass es am besten gemeinsam geht.

Aber abgesehen von warmen Worten: Was hat sich sonst verändert für die Pflegekräfte? Wie ist die Situation auf den Intensivstationen? Im Morning Briefing Podcast gibt uns Alexander Jorde einen Einblick. Der 24Jährige ist Krankenpfleger auf einer Intensivstation in Niedersachsen, und er ist SPD-Mitglied.

Alexander Jorde machte am 11. September 2017 deutschlandweit auf sich aufmerksam, als er in der „ARD-Wahlarena“ Kanzlerin Angela Merkel auf die Missstände in der Pflege aufmerksam machte und sie mit seinen beharrlichen Nachfragen auf die Probe stellte. Im Gespräch mit „Welt”-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld beschreibt er am heutigen Morgen seinen Arbeitsalltag:

Man merkt, dass es wieder deutlich mehr wird. Wir haben jeden Tag Anfragen von anderen Kliniken.

Zur Debatte, dass man die Personaluntergrenze, also die maximale Zahl an Patienten, die ein Pfleger betreuen darf oder soll, aussetzen will, damit ein Pfleger noch mehr Patienten betreuen kann, sagt Alexander Jorde:

Es wird vergessen, dass es nicht nur um die Patienten geht. Wir haben genauso ein Recht auf körperliche Unversehrtheit.

In der zweiten Welle der Corona-Pandemie fühlt sich der Pfleger alleine gelassen:

Die Politik hat in Bezug auf unsere Berufsgruppe den Sommer total verschlafen.

 © dpa

Der Autor, Aktivist und frühere Medienmanager Jürgen Todenhöfer, der einst zur Stahlhelm-Fraktion des damaligen Unions-Fraktionschefs Alfred Dregger zählte, schenkt sich zu seinem 80. Geburtstag eine neue Partei. Das „Team Todenhöfer“ will bereits zur Bundestagswahl im kommenden Jahr antreten, möglicherweise auch zu der Landtagswahlen in Baden-Württemberg. Bereits am Mittwoch habe er die CDU über seinen Austritt informiert, sagte Todenhöfer, der als Christdemokrat von 1972 bis 1990 im Bundestag saß.

Damals hat er Helmut Kohl kritisiert - allerdings von rechts. Nun bricht er mit Merkel - diesmal kommt er von links. Die CDU sei nicht mehr seine Partei, er wolle sich für eine „ehrlichere“ und „humanistische“ Politik einsetzen. Großspenden an Parteien sollten verboten, Rassismus müsse stärker bekämpft werden. Zur Bundestagswahl wolle seine Partei mit jungen Kandidaten und vielen Frauen antreten.

Gestern Abend erklärte Todenhöfer seine Pläne während einer Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin, zu der ungefähr 200 Menschen kamen. Auf Facebook kommentierte er:

Wir brauchen eine gewaltfreie Kulturrevolution. Einen Aufstand der Anständigen gegen die Unanständigen. Wir müssen endlich alle Menschen so behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen. Das muss unsere Leitlinie werden.

Fazit: Demokratie ist ein Mitmach-Programm. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Insofern darf Jürgen Todenhöfer als Vorbild dienen.

 © imago

Die zahlreichen Rettungspakete und Hilfsprogramme der europäischen Staaten seit Beginn der Corona-Pandemie führen zu einem deutlichen Anstieg der Staatsquoten, wie das „Handelsblatt“ berichtet. Europaweit wird die Marktwirtschaft zurückgedrängt.

So stieg der Anteil des Staates am volkswirtschaftlichen Geschehen in Deutschland binnen eines Jahres um neun Prozent auf 54 Prozent. Der Einstieg beim Impfstoffhersteller Curevac, bei der Lufthansa und demnächst vielleicht bei Tui fließen ebenso in diese Rechnung ein wie die milliardenschweren Hilfspakete, die von der Bundesregierung bisher geschnürt wurden. Das Beispiel Commerzbank, an der der Staat seit dem Jahreswechsel 2008/2009 mit 25 Prozent plus einer Aktie beteiligt ist, zeigt, dass der Rückzug schwer fällt.

Im Nachbarland Frankreich liegt die Staatsquote bei 64,3 Prozent. Ein Ende der interventionistischen Politik ist nicht in Sicht: Jüngst verabschiedete Frankreichs Nationalversammlung den vierten Nachtragshaushalt für 2020 und stockte die Hilfsfonds um elf Milliarden Euro auf.

Eine Infografik mit dem Titel: Einflussreicher Wirtschaftsakteur

Staatsquote in Prozent

Auch in Italien steigt der Indikator deutlich um 21 Prozent auf 58.8 Prozent. Ende Oktober, nur einen Tag nachdem neue Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie in Italien in Kraft getreten sind, verabschiedete die Koalition von Premier Giuseppe Conte ein neues Hilfsprogramm mit einem Volumen von 5,4 Milliarden Euro als Nettoneuverschuldung. Gegenwärtig liegt die Staatsverschuldung Italiens bei fast 160 Prozent des BIP.

Fazit: Nach dieser Corona-bedingten Ausweitung der staatlichen Zone ist nun die Debatte über die Rückführung der hohen Staatsquoten geboten. Nach Deficit Spending kommt Deficit Reducing. Wo steckt die FDP eigentlich?

Peinlich, aber wahr: Der geheime Entwurf einer Deklaration des EU-Ministerrats ist an die Öffentlichkeit gelangt. Messenger-Betreiber sollen künftig bei WhatsApp & Co. ein Hintertürchen für die verschlüsselte Kommunikation einbauen, damit Behörden Zugriff auf Chats erhalten. Diese Möglichkeit sollen nicht nur Sicherheitsbehörden erhalten.

Christian Solmecke, Internet- und Medienrechtler, ordnet die Pläne im aktuellen Tech Briefing Podcast ein. Er warnt: Normale Bürger können nicht mehr verschlüsselt kommunizieren, Kriminelle hingegen würden auf neue, den Behörden unbekannte Messenger wechseln, die sich den Regeln der EU entziehen. Das Gespräch mit ihm hören Sie im Tech Briefing Podcast, wo sich Solmecke mit meinem Kollegen Daniel Fiene unterhält. Prädikat: Erhellend und erschreckend zugleich. Manche in Brüssel können das Wort „Bürgerrechte“ offenbar nicht buchstabieren.

Die Unternehmensberatung McKinsey sucht einen Nachfolger für den Anfang 2021 ausscheidenden 58-jährigen Deutschland-Chef Cornelius Baur. Das Unternehmen bestätigte die Ablösung jetzt, die Leser des Morning Briefing waren seit Mittwoch im Bilde.

Die Nachfolgersuche hat derweil begonnen. Global Managing Partner Kevin Sneader führt mit seiner Findungskommission bereits Interviews mit den deutschen Partnern, die infrage kommen. Ende November soll der neue Chef feststehen, eine Frau ist derzeit nicht unter den Kandidaten.

 © imago

Als Favoriten gelten die beiden Kölner Senior Partner, der Einzelhandelsexperte und in Dax-Konzernen bestens vernetzte Klaus Behrenbeck sowie der frühere Werbeprofi und Konsumgüterexperte Jörn Küpper. Außerdem gehört zum Favoritenkreis der jüngst aus Hongkong zurück nach Deutschland gekommene Digitalexperte Gregor Theisen. Als chancenlos dagegen gilt Insidern zufolge die Bewerbung von Marketingexperte Jesko Perrey. Wichtiges Beförderungskriterium ist in diesem Fall die Loyalität zum weltweiten Chef. Denn der muss in Kürze wiedergewählt werden. Quertreiber kann er jetzt nicht gebrauchen.

 © Daimler

Der Chef der Daimler-Werke in Hamburg und Berlin, René Reif, wechselt zu Tesla. Der US-Elektroautobauer hat den Topmanager offenbar für einen Posten in seiner neuen Gigafabrik bei Berlin abgeworben. Das hat die IG Metall am Mittwoch öffentlich gemacht, die den Jobwechsel angesichts der schwierigen Situation im Berliner Werk von Daimler als Verrat empfindet.

Ich wünsche Ihnen einen heiteren Start in das Wochenende. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr

Pioneer Editor, Gründer & Herausgeber The Pioneer
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