GroKo zündet Börsenfeuerwerk

Teilen
Merken

Guten Morgen,

der Börsenboom dieser Tage ist der beste Börsenboom, den man für Geld kaufen kann. In Washington, London, Paris und Berlin öffnen sich die Steuerkassen – und an den Finanzplätzen spritzt der Champagner.

Nach der amerikanischen Konjunkturrakete haben heute Nacht auch die Spitzen der schwarz-roten Koalition ihr Tischfeuerwerk gezündet. Finanzminister Olaf Scholz hielt die Streichhölzer in der Hand: „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.

 © imago

► In den Jahren 2020 und 2021 sollen rund 130 Milliarden Euro vom Staat in Richtung der privaten Haushalte und der privaten Unternehmungen fließen. Der Dax dürfte heute Morgen wieder einen Hüpfer machen vor Vergnügen.

► Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 wird der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und für den ermäßigten Satz von sieben Prozent auf fünf Prozent gesenkt. Das hilft der Kauflust auf die Sprünge. Konsumartikelhersteller wie Nestlé und Unilever, aber auch Volkswagen, Media Markt und Ikea freuen sich.

 © dpa

► Familien bekommen einen Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Kind, der mit dem Kindergeld ausgezahlt werden soll. Aldi, H&M und die Drogeriemärkte von DM und Rossmann sind in freudiger Erwartung.

► Auch die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen soll abgesenkt werden. Der Staat, der den Strompreis in den vergangenen Jahren verdoppelt hatte, zeigt sich jetzt gnädig. Eon, RWE und Co. profitieren.

► Der Absatz von Fahrzeugen soll durch eine Innovationsprämie gefördert werden. In den Zukunftsinvestitionen von 50 Milliarden Euro findet sich die Erhöhung der Förderung von E-Autos – abgasarme Benziner und Dieselautos hingegen gingen leer aus.

An den Weltfinanzmärkten hat man längst begriffen, dass Corona keine Zumutung, sondern eine Injektion bedeutet. Die dortigen Investoren zählen zu den eindeutigen Gewinnern der Pandemiebekämpfung:

► Am Dienstag hat der deutsche Leitindex zum ersten Mal seit dem 4. März wieder die Marke von 12.000 Punkten übersprungen. Mittlerweile steht der Dax bei 12.487 Zählern und damit deutlich höher als im Corona-Tief Mitte März.

Eine Infografik mit dem Titel: Dax kämpft sich zurück

Kursentwicklung seit Corona-Tief am 18. März 2020, in Punkten

► Der technologiestarke Nasdaq schloss gestern bei 9705 Punkten und war damit nur noch wenige Punkte vom Allzeithoch entfernt.

► Der Dow Jones schloss bei 26.270 Zählern und nähert sich damit den Ständen der Vor-Corona-Zeit.

Eine Infografik mit dem Titel: Nasdaq wieder auf Rekordkurs

Kursentwicklung seit Allzeithoch am 19. Februar 2020, in Punkten

Fazit: Das Strohfeuer der Konjunkturprogramme brennt lichterloh. Merkel, Scholz und die Investoren an den Finanzmärkten wärmen sich an den Flammen. Die Rechnung für die Steuerzahler kommt, aber per Nachnahme.

 © dpa

Mit einer spektakulären Lichtaktion am Reichstag hat Greenpeace in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch CDU, CSU und SPD dazu ermahnt, Milliarden von Euro nicht für ein Industriemuseum auszugeben. Der Greenpeace-Spruch „Kein Geld für gestern“ war treffend. Warum ist der eigentlich nicht FDP oder Grünen eingefallen? Früher waren Oppositionsparteien per definitionem Nicht-Regierungsorganisationen.

Klick aufs Bild führt zur aktuellen Folge

► Neben dem nächtlichen Kompromiss zum Konjunkturpaket geht es im Hauptstadt-Newsletter auch um das Thema Kurzarbeit in Deutschland.

Eine Infografik mit dem Titel: Milliarden für den Kranich

Börsenwert gegenüber Summe des Rettungspakets für die Lufthansa, in Milliarden Euro

Auch für die Lufthansa hat die Regierung gerade ein milliardenschweres Hilfspaket geschnürt.

Ryanair-Chef Michael O’Leary verdirbt das die Laune. Mit einem vergifteten Lob wandte er sich an seinen deutschen Konkurrenten Carsten Spohr:

Carsten und ich sind schon gute Freunde. Er ist einer der talentiertesten Manager Deutschlands.

Die Begründung:

Wenn du es schaffst, von Frau Merkel neun Milliarden Euro zu bekommen, bist du ein Genie.

 © dpa

Fazit: Wer solche Freunde hat, braucht keine Gegner mehr.

Joe Biden sendet ein Zeichen seiner Vitalität. Für eine Rede in Philadelphia hat der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat der Demokraten am Dienstag erstmals seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie seinen heimischen Keller in Wilmington (Bundesstaat Delaware) verlassen.

 © dpa

Der 77-Jährige ging in der etwa 20-minütigen Ansprache im Rathaus von Philadelphia hart mit Donald Trump und dessen aggressiver Rhetorik ins Gericht:

Der Präsident hat gestern in der St. John’s Church die Bibel hochgehalten. Ich wünschte nur, er hätte sie ab und zu geöffnet, anstatt sie zu schwingen. Wenn er sie geöffnet hätte, hätte er etwas lernen können. Dass wir alle berufen sind, einander so zu lieben, wie wir uns selbst lieben.

Donald Trump hat dieses Land zu einem Schlachtfeld gemacht, das von alten Ressentiments und neuen Ängsten geprägt ist.

 © dpa

Er appellierte an die Vernunft:

Sind wir das? Wollen wir das sein? Wollen wir das an unsere Kinder und Enkel weitergeben? Angst, Wut, Fingerzeig statt Streben nach Glück? Inkompetenz und Angst? Selbstbefangenheit und Selbstsucht?

Er richtete sich ganz im Style der Obama-Rhetorik an die Nation:

Wir sind eine wütende Nation. Aber wir können uns nicht von unserer Wut verzehren lassen. Wir sind eine Nation, die erschöpft ist, aber wir werden nicht zulassen, dass unsere Erschöpfung uns besiegt.

Eine Infografik mit dem Titel: Biden baut Vorsprung aus

Umfrage unter registrierten US-Wählern, wer Präsident werden soll, in Prozent

Fazit: Vielleicht wählen die amerikanischen Bürger im November gar nicht das andere Programm, den anderen Mann, die andere Ideologie, sondern einfach nur den anderen Ton.

 © dpa

Für CSU-Generalsekretär Markus Blume steht fest: Seine Partei hat in den vergangenen Jahren viele Fehler gemacht – nicht nur im Umgang mit der AfD. In der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ sagt Blume:

Wir haben einfach unsere Lektion aus dem Jahr 2018 gelernt: Du musst auf der hellen Seite stehen, brauchst einen klaren Kurs der bürgerlichen Mitte. Und vor allem: Du kannst ein Stinktier nicht überstinken.

Die CSU habe im Umgang mit der AfD „wirklich alles versucht“. Aber:

Ignorieren funktionierte nicht. Übertönen war unmöglich.

Am Ende sei seine Partei auch in der Flüchtlingskrise fast selbst „auf die dunkle Seite gezogen“ worden. Eine Lehre aus dieser Zeit sei auch der derzeitige Schulterschluss mit Kanzlerin Angela Merkel:

Das gehört für uns auch zu dieser Lernkurve. Wie will man Wähler von sich überzeugen, wenn man nicht einmal das eigene Lager vereinen kann.

Trotz der hohen Umfragewerte für CSU-Chef Markus Söder sieht Blume seine Partei nach den gescheiterten Versuchen von Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber nicht vor einem erneuten Anlauf auf das Kanzleramt:

Uns reicht die Vorstellung, dass wir’s könnten, wenn wir’s müssten.

Wir lernen: Die CSU leistet sich einen Generalsekretär, der nicht nur mit Platzpatronen schießt. Seit den Tagen von Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler hat man keinen konservativen Generalsekretär erlebt, der so erkennbar das klare Denken beherrscht und würzig formulieren kann.

 © Anne Hufnagl

Auf der Pioneer One, unserem Redaktionsschiff im Berliner Regierungsviertel, ist am Dienstag ein Mann zugestiegen, der auch durch seine Optik auffällt:

27 Jahre jung, gut sitzender Anzug, akkurater Seitenscheitel. Ein bekennender Spießer, könnte man meinen. Aber stimmt das auch? Philipp Amthor weiß, wie man sich ein Image zulegt – und damit spielt.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete war zu Gast im ThePioneer-Talk „Überstunde“. Das ist der neue Podcast mit Marina Weisband und Michael Bröcker. Eine Stunde, ein Gast, ein Thema. Mit Philipp Amthor haben die beiden über „Werte“ gesprochen:

Wir haben mit dem C in unserem Namen eine ganz besondere Vorstellung von der Frage: Was ist der Mensch? Aus dem Verständnis der Ebenbildlichkeit Gottes folgen zwei sehr radikale Rückschlüsse. Einerseits die Berufung zu radikaler Freiheit, der Mensch als Individuum, gottesgleich. Andererseits aber auch die Gleichheit aller, radikale Gleichheit. Diese Grundideen von Gleichheit, Freiheit und Solidarität machen unser Wertefundament und das des Staates aus.

Die „Überstunde“ mit Philipp Amthor erscheint heute um 18 Uhr – auf den bekannten Podcast-Plattformen und natürlich in der Morning Briefing App (hier zum Herunterladen bei iTunes oder im Google PlayStore ). Wir freuen uns, wenn Sie dabei sind.

Die Wiedereröffnung von Cafés und Restaurants lockt die Menschen auf die Straße. In Shoppingmalls und auf den Flaniermeilen hält sich das Publikum aber noch zurück.

Im Morning Briefing Podcast spreche ich mit einer Online-Pionierin des Modegeschäfts über die Erfahrungen und Chancen des wirtschaftlichen Lockdowns. Julia Bösch ist Gründerin des Versandhändlers Outfittery, der Hosen, Shirts oder Anzüge nicht einfach einzeln verkauft, sondern seinen Kunden komplette Outfits zusammenstellt – datenbasiert, unterstützt von einem Algorithmus, der den Stylistinnen und Stylisten hilft, den Geschmack des Kunden besser zu treffen.

Die Krise werde den stationären Handel auch weiterhin hart treffen, prognostiziert sie:

Der Shift in Richtung online wird sich extrem beschleunigen, weil die Kauferfahrung, jetzt in den stationären Handel zu gehen, nicht toll ist und die Kunden deshalb online kaufen.

Der stationäre Handel werde einem erhöhten Reformstress ausgesetzt – und habe dann allerdings auch wieder eine Chance:

Menschen werden in Zukunft nicht mehr in den Laden gehen, um nur Zugang zu einem gewissen Produkt zu bekommen. Ich glaube, es geht stark um Erlebnisse. Es geht darum, die Marke zu erfahren, es geht um Service; all das wurde in den letzten Jahren sehr stark zurückgefahren.

Prädikat: lehrreich. Alle, die sich Zukunft als Fortsetzung von Vergangenheit vorstellen, müssen heute Morgen tapfer sein.

 © ThePioneer

Erstens. Bei einer globalen Online-Geberkonferenz der Impfstoff-Allianz Gavi sollen Zusagen über umgerechnet rund 6,6 Milliarden Euro für Impfprogramme eingesammelt werden. Es geht dabei in erster Linie um Krankheiten wie Polio, Typhus und Masern.

Zweitens. Europas Währungshüter stemmen sich bereits mit gewaltigen Summen gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Doch die Europäische Zentralbank könnte noch einmal nachlegen. Die Entscheidungen des EZB-Rates gibt die Zentralbank am Nachmittag bekannt.

Drittens. Die „Ibiza-Affäre“ mit Österreichs Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Mittelpunkt wird nun in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss behandelt.

Viertens. Muss die Lufthansa ihren Platz im Dax räumen? Heute überprüft die Deutsche Börse turnusmäßig die Zusammensetzung ihrer Aktienindizes.

Fünftens. Der Streit um die Elbvertiefung geht in seine möglicherweise letzte Runde. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig will über die Klage von Umweltschützern gegen das Großprojekt entscheiden. Die Planer derartiger Infrastrukturprojekte sind Kummer gewohnt: Auch ohne Corona herrscht auf vielen Baustellen der ewige Shutdown.

Ich wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

Abonnieren

Abonnieren Sie den Newsletter The Pioneer Briefing