Herbert Diess: Showdown bei VW

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Guten Morgen,

bei Europas größter Autofirma stehen die Zeichen auf Sturm. In wenigen Stunden wird Vorstandschef Herbert Diess auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg vor Tausende von Arbeitern und Angestellte treten. Im Beisein von Betriebsratschefin Daniela Cavallo, IG-Metall Vorstandschef Jörg Hofmann und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil muss er in jenen beiden Disziplinen liefern, die ihm am wenigsten liegen: Persönliche Demut und politische Klugheit.

Hier seine To-do-Liste, wenn er nicht nur den Tag, sondern auch das kommende Frühjahr im Amt überleben will.

Eine Infografik mit dem Titel: VW: Der globale Konzern

Autoproduktion des Volkswagen-Konzerns in Inland und Ausland seit 2016, in Millionen

  • Herbert Diess muss strategisch überzeugen – nicht nur die Aufsichtsräte Wolfgang Porsche und Hans-Dieter Pötsch. Auch die Belegschaft im Stammwerk Wolfsburg will die Modernisierungsnotwendigkeiten erläutert bekommen, und nicht als Depesche entgegennehmen. Die arbeitnehmerfreundlichen Zustände bei VW, die Diess als Kostennachteile gegenüber dem Tesla Werk in Grünheide herausstellt, sind das Ergebnis eines jahrzehntelangen Verteilungskampfes zwischen Arbeit und Kapital. Wer vor der Pandemie 14 Milliarden Euro Nettogewinn meldete und jetzt den Arbeitnehmern ans Leder will, ist begründungspflichtig. Nicht nur, aber insbesondere bei VW.

Herbert Diess © dpa

  • Diess muss motivieren. Lohndruck und Rationalisierungsnotwendigkeit lösen Angst aus und keine Innovationsfreude. Zumindest das Team der erweiterten Führungsmannschaft sollte in der Zeit der Transformation loyal hinter dem Vorstandschef stehen, was es derzeit nicht tut. Dem Konzernfürst werden ernste Umsetzungsdefizite in der Software-Strategie und Schwächen im China-Geschäft angelastet. Kritische Nachfragen aus dem Aufsichtsrat blieben bisher unbeantwortet.

Daniela Cavallo  © dpa

  • Auch ein Vorstandschef muss Demut zeigen. Der Umgang mit der neuen Betriebsratschefin war grob und im Interesse der Durchsetzung seiner Ziele auch grob fahrlässig. Der 46-jährigen Daniela Cavallo die erste Belegschaftsversammlung ihrer noch jungen Amtszeit durch Abwesenheit zu verhageln, weil wichtige Investoren in den USA besucht werden müssen, war unklug und unhöflich. Eine smarte Form der Entschuldigung, bei der das Wort Entschuldigung nicht auftaucht, wäre hilfreich.

Eine Infografik mit dem Titel: Herbert Diess: Erfolgreicher Chef?

Kursverlauf der Volkswagen-Aktie seit dem Amtsantritt von Vorstandschef Herbert Diess am 13. April 2018, in Euro

  • Erwartet wird auch eine Respektsbezeugung in Richtung von SPD und IG-Metall. Es geht hier nicht um Charme und eine professionelle Höflichkeit, sondern um die Anerkennung der wahren Machtverhältnisse in einer Firma, die im Aufsichtsrat von Gewerkschaftsfunktionären und einer SPD geführten Landesregierung dominiert wird. Oder anders ausgedrückt: Herbert Diess sollte akzeptieren, dass er bei VW nicht der Herr im Haus ist, sondern nur der Untermieter in der Beletage.

Ministerpräsident Weil © dpa

  • Diess muss das politische Denken verfeinern. Im kommenden März sind Betriebsratswahlen bei VW, im Oktober folgen die Landtagswahlen bei denen Ministerpräsident Weil sich zur Wiederwahl stellt. In der archaischen Disziplin der Machtgewinnung ist jeder Spitzenpolitiker einem Vorstandschef überlegen. Ein leibhaftiger Autoboss, der einem Sozialdemokraten und Aufsichtsrat in die Quere kommt, ist im Drehbuch einer Wahlkampagne nicht vorgesehen. Und wenn doch, dann nur in der Rolle des nützlichen Idioten.

Fazit: Die Zeit des Herbert Diess ist noch nicht abgelaufen. Aber seine Uhr hat zu ticken begonnen.

Herbert Diess und Elon Musk © dpa

Die neue Corona-Herausforderung

Die Länder müssen die Pandemie nun ohne viel Unterstützung des Bundes bekämpfen. Wir erklären, wie.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

  • Bei der SPD soll es am kommenden Montag zu einer Vorentscheidung über die neue Parteispitze kommen. Saskia Esken will sich bis dahin entscheiden, ob sie erneut antritt. Als klarer Kandidat gilt der jetzige Generalsekretär Lars Klingbeil.

Harald Christ © imago

  • Mit den andauernden Ampel-Verhandlungen beginnt die FDP, sich immer weiter von der CDU zu distanzieren. FDP-Schatzmeister Harald Christ stellt gegenüber dem „Spiegel“ klar:

Die Union steht vor einer langen Durststrecke. Sie fällt auf absehbare Zeit als Koalitionspartner aus.

Hendrik Wüst © dpa
  • In NRW hat man den Ministerpräsidentenwechsel von Armin Laschet zu Hendrik Wüst reibungslos über die Bühne gebracht. ​​Die Ministerinnen und Minister des neuen Kabinetts sind am Mittwoch im Landtag vereidigt worden, nur ein Posten wurde ausgetauscht: Den durch Wüst frei gewordenen Stuhl des Verkehrsministers übernimmt nun die Infrastruktur-Expertin Ina Brandes. Der neue Landeschef gibt sich progressiv:

Wir sind in Nordrhein-Westfalen zu einem Ausstieg aus der Kohle auch schon 2030 bereit und wir wollen alles dafür tun, dass uns das gelingt.

  • Die Grüne Jugend hat sich mit den Jusos und der Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes zusammengetan, um die bisherigen Ergebnisse der Ampel-Gespräche zu kritisieren. In einem gemeinsamen Positionspapier mahnen die Nachwuchspolitiker vor allem Steuererhöhungen für Reiche an. Es gilt das Motto des Winston Churchill: „Wer mit 20 Jahren kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 30 Jahren noch Kommunist ist, hat keinen Verstand!“

Gewählter Gouverneur von Virginia Glenn Youngkin © dpa

In den USA haben die Demokraten eine Niederlage kassiert: In Virginia unterlag ihr Kandidat Terry McAuliffe dem Republikaner Glenn Youngkin. Mit 50,7 Prozent der Stimmen hat die Bevölkerung zum ersten Mal seit 2014 wieder einen Republikaner als Gouverneur gewählt. Der 54-Jährige Wahlsieger – der eine Wahlempfehlung von Trump besaß – gab sich am Tag des Sieges als weltoffener Politiker zu erkennen:

Auch wenn es auf dem Weg dorthin Rückschläge geben wird, bin ich zuversichtlich, dass der langfristige Weg Virginias in Richtung Integration, Offenheit und Toleranz für alle führt.

Donald Trump © dpa

Donald Trump hat nicht auf sich warten lassen, um sich selbst für den Wahlsieg zu loben – und seine eigene Partei in Virginia zu kriitisieren:

Ohne ‚Make America Great Again‘ hätte er um 15 Punkte oder mehr verloren. Anstatt uns Anerkennung zu zollen, sagen sie: ‚Oh, er ist beliebter als Trump‘. Das ist unfassbar.

Phil Murphy  © dpa

Zweite Amtszeit als Gouverneur von New Jersey: Der ehemalige US Botschafter in Deutschland Phil Murphy entscheidet Kopf-an-Kopf-Rennen für sich. Der demokratische Gouverneur hat sich in New Jersey gegen den Republikaner durchgesetzt.

Murphy ist der erste demokratische Gouverneur, der seit vier Jahrzehnten die Wiederwahl in New Jersey gewinnt. Sein Erfolgsrezept: Neue Steuern für Millionäre, härtere Waffengesetze, ein erhöhter Mindestlohn.

Fazit: Der Trend war nicht sein Freund. Dass er sich anders als sein demokratischer Parteifreund in Virginia hat durchsetzen können, liegt nicht am Parteibuch, sondern am Charakter des Kandidaten. Murphy – den viele Politiker und Wirtschaftführer aus seiner Zeit bei Goldman Sachs in Frankfurt und später dann als Botschafter in Berlin kennen – ist das, was man einen feinen Kerl nennt.

Phil Murphy und Barack Obama © dpa

Hauptsitz der Fed in Washington, D.C. © dpa

Die US-Notenbank Federal Reserve will schon diesen Monat mit der Reduktion ihrer Anleihekäufe beginnen. Das Programm – mit einem derzeitigen Umfang von 120 Milliarden US-Dollar pro Monat – soll dann jeden Monat um 15 Milliarden Dollar reduziert werden.

Der Abbau soll Mitte November beginnen, was darauf hindeutet, dass das Kaufprogramm im Juni 2022 ganz auslaufen würde. Dann wäre der Weg geebnet, um den Leitzins – seit März 2020 bei 0,25 Prozent – zu erhöhen.

Wobei: Die Fed tastet sich allmählich in die neue Nach-Corona-Zeit hinein. Man will die Märkte nicht erschrecken. Der neue Präsident, dem die Fed (anders als die EZB den Staats- und Regierungschefs) unterstellt ist, wünscht sich keine Geldpolitik, die den Aufschwung abwürgt und die Arbeitslosenzahlen erhöht.

In der heutigen Ausgabe des Investment Briefings blicken Annette Weisbach und Anne Schwedt auf die Reaktionen der Märkte auf die Fed-Entscheidung. Hören Sie hier die Analyse unserer Börsenreporterinnen.

Roboter arbeiten an verschiedenen BMW-Modellen © dpa

Die deutsche Berichtssaison startet in die nächste Runde. Folgende Unternehmen haben gestern ihr Zahlenwerk für das dritte Quartal vorgelegt:

  • Während die Branchenkollegen Visionen verkünden, tut BMW vor allem eines: Autos bauen. Die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge sank im Vergleich zum Vorjahresquartal zwar um zwölf Prozent, aber das war gegenüber Mercedes-Benz (minus 30 Prozent) und VW (minus 24,4 Prozent) noch gemäßigt. BMW ist nun nach Zahl der Fahrzeuge wieder die Nummer eins im Premiumsegment.

Vor allem das lukrative Geschäft mit SUV, Sportwagen und Limousinen ermöglichte es Konzernchef Oliver Zipse ein neues „Höchstniveau“ bei Umsatz und Gewinn vorzulegen. Der Umsatz erreichte mit einem Plus von 4,5 Prozent im Vorjahresvergleich 27,5 Milliarden Euro. Der Konzernüberschuss lag mit einem Plus von 42 Prozent bei 2,6 Milliarden Euro.

Lufthansa © dpa

  • Die Lufthansa steigert ihren Umsatz, schreibt aber weiterhin rote Zahlen. Im letzten Jahr noch vom Staat gerettet, heben jetzt wieder vor allem mehr Geschäftsreisende ab. In Verbindung mit einem starken Frachtgeschäft konnte die deutsche Airline ihren Umsatz auf 5,2 Milliarden Euro im dritten Quartal steigern. Der Verlust in den Monaten Juli bis September belief sich nur noch auf 72 Millionen Euro. Der Kranich fliegt also wieder, wenn auch noch nicht hoch genug.

  • Der Dax-Newcomer Zalando verzeichnete im dritten Quartal ein Umsatzplus auf 2,28 Milliarden Euro – 23,4 Prozent mehr als noch im Vorjahresquartal. Gleichzeitig fiel der bereinigte Vorsteuergewinn um knapp 92 Prozent auf 9,8 Millionen Euro. Nach Steuern steht ein Verlust von 8,4 Millionen Euro in den Büchern, nach einem Gewinn im Vorjahresquartal von 58,5 Millionen Euro.

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Am Geschäftsmodell der Wohnungswirtschaft hat sich seit Großmutters Jugendjahren wenig verändert. Das Modell scheint – von rühmlichen Ausnahmen abgesehen – bei vielen Unternehmen wie festgerostet.

Nun steht eine der größten Übernahmen von Wohnungsbaugesellschaften in der deutschen Wirtschaftsgeschichte bevor: Die Bochumer Vonovia übernimmt die Mehrheit an ihre Berliner Konkurrentin Deutsche Wohnen. Im Tech Briefing lesen Sie heute die fünf größten Herausforderungen, die es jetzt zu bestehen gilt. Hier können Sie den Newsletter abonnieren: Kostenfrei.

Spätzünder: Die Digitalisierung der Wohnungswirtschaft

Plus im Interview: Sebastian Kreft, Mitgründer von Metalshub, über das neue Gold: Nickel.

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Veröffentlicht in Tech Briefing Business Class Edition von Christoph KeeseLena Waltle.

Podcast mit der Laufzeit von

Michael Müller  © dpa

Unter dem Hashtag #IchBinHannah beklagen junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Twitter die prekären Arbeitsverhältnisse an deutschen Universitäten. In der Schlussphase des Berliner Wahlkampfs sorgte diese Initiative für Aufsehen – und löste eine Gesetzesinitiative aus. Als eine der letzten Amtshandlungen der rot-rot-grünen Regierung unter Michael Müller wurde Anfang September das „Gesetz zur Stärkung der Berliner Wissenschaft“ verabschiedet.

Ziel des Gesetzes: die hohe Zahl der befristeten Stellen an Berliner Universitäten abzubauen und jungen Wissenschaftlern durch unbefristete Anstellungen ein sicheres Arbeitsverhältnis zu garantieren. Ab dem 25. September müssen Postdoktoranden einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten.

Studenten der Humboldt Universität © dpa

Prof. Sabine Kunst ist die Präsidentin der Berliner Humboldt Universität und ehemalige SPD-Landesministerin für Wissenschaft und Forschung in Brandenburg. Sie sieht die Wissenschaft nicht gestärkt, sondern geschwächt. Aus Protest gegen das Gesetz tritt Kunst zum Ende des Jahres von ihrem Amt zurück. Im Morning-Briefing-Podcast erklärt sie ihre Motive. Dem Gesetz folge eine machtpolitische Verschiebung – weg von den Professoren hin zum Mittelbau der Universitäten. Professoren verlieren die Freiheit, Positionen in ihrem Sinne zu besetzen.

Wir müssen konkurrenzfähig sein bei Berufungen. Jeder bringt gerne auch seine eigenen Leute mit, die dann Positionen an einer Universität haben können müssen.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page

Zur Konkurrenzfähigkeit sagt sie weiter:

Ich befürchte Eingriffe in die Freiheit der Gestaltung der Universität.

 © IMAGO

Mit ihrer Entscheidung - freiwillig auf das Amt und die Insignien der universitären Macht zu verzichten - ist Prof. Kunst im Reinen, sagt sie:

Meine Entscheidung war auch ein Weckruf, dass ich für solchen Murks nicht zur Verfügung stehe.

Weshalb wir als Gesellschaft unsere Emotionen regulieren müssten

Alev Doğan spricht mit Coach Dirk Eilert

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Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Podcast mit der Laufzeit von

Musiker Bob Dylan © dpa

Bob Dylan gilt als einer der einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Country, Blues und Gospel sind nur einige der Musikstile, die der heute 80. Jährige seit den 1960er-Jahren in der Rockmusik vereinte. Für seine poetischen Neuschöpfungen erhielt er im Jahr 2016 als erster Musiker den Nobelpreis für Literatur. Entgegengenommen hat er die Auszeichnung nicht. Begründung: keine.

Bob Dylan war stets eine Protest- und Reizfigur, die dem Establishment mit Zurückhaltung begegnet, auch und womöglich weil er längst selbst dazu gehört:

Ich akzeptiere das Chaos. Ich bin mir nicht sicher, ob es mich akzeptiert.

Am Dienstagabend absolvierte der Musiker in Wisconsin sein erstes Konzert nach dem Lockdown. Nach einer fast zweijährigen Pause freute sich das Publikum auf das gemeinsame Singen der Dylan-Klassiker, die für viele 68er zur Hymne ihres Lebens wurden.

Bob Dylan während eines Konzerts © dpa

Doch daraus wurde nichts. Die Enttäuschung war groß. Der Musiker hatte seine Bühnenshow radikal überarbeitet. Hits wie „Like a Rolling Stone“ und „Blowin' in the Wind“ fielen einer Säuberung zum Opfer. Stattdessen spielte Dylan die blutarmen Titel eines Studioalbums, das er während der Corona-Krise aufgenommen hatte.

Die Konkurrenz zwischen neuen und alten Songs versuchte er so zu entgehen – durch einen bemerkenswerten Akt der Selbstzensur. Dabei hat die Botschaft von „Blowin’ In The Wind“, das im Zeichen weltweiter Krisen – Vietnamkrieg, Kuba-Krise, Bürgerrechte – gedichtet wurde, nichts von ihrer Aktualität verloren. Wir sollten uns das Staunen über die Welt nicht abgewöhnen.

“How many roads must a man walk down

Before you call him a man?

How many seas must a white dove sail

Before she sleeps in the sand?

Yes, and how many times must the cannonballs fly

Before they're forever banned? The answer, my friend, is blowin' in the wind

The answer is blowin' in the wind”

Ich wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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