Ideenloser Daimler-CEO setzt auf S-Klasse

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Guten Morgen,

die gute Nachricht zum Wochenanfang: Der chinesische Automarkt zieht wieder an. Er gibt damit der deutschen Volkswirtschaft mehr Impulse als jedes staatliche Konjunkturprogramm. Nachdem die chinesischen Pkw-Verkäufe im März um rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr und im Februar um 79 Prozent eingebrochen waren, bewegt sich der Autoverkauf nun wieder in Richtung Vor-Corona Niveau.

VW profitiert. Laut Angaben des Vorstandes ist der eigene Marktanteil in China während der Covid-Krise um 1,7 Prozent auf rund 21 Prozent gestiegen. Das löst nicht alle Probleme. Aber es lindert den Schmerz.

Eine Infografik mit dem Titel: Abhängigkeit vom chinesischen Markt

Absatz ausgewählter deutscher Autohersteller in China im Jahr 2019, in Prozent

Die schlechte Nachricht allerdings folgt auf dem Fuße: Ausgerechnet die Ikone der deutschen Automobilindustrie, der Daimler-Konzern mit seiner Kernmarke Mercedes, ist ein Sanierungsfall. Die Kosten wuchsen schon vor der Pandemie deutlich schneller als die Erlöse, sodass die Gewinnmargen verfallen sind. Seit Corona leidet Daimler an Atemnot.

Mit einem Rückzug auf das Kerngeschäft, dem Herstellen und Vertreiben von Luxusautos also, glaubt der neue Vorstandschef Ola Källenius die Situation nun in den Griff zu bekommen. Zumindest sagt er das. Den Kern vom Kern dieser Strategie bildet die S-Klasse, also der Dinosaurier unter den Automobilen, den der „Handelsblatt“-Autoexperte Martin Murphy in der heutigen Analyse ungewohnt drastisch als „Umweltferkel“ bezeichnet.

Die Vorteile dieser Fokussierung aus Sicht des Vorstandes sind klar:

► Die Gewinnmarge wird noch in diesem Jahr nach oben schnellen, weil im Herbst eine neue S-Klasse in den Showroom strebt. Bei keinem anderen Auto in Deutschland ist der Profitanteil derart hoch.

► Die geplanten Werksschließungen und geschrumpfte Investitionen in die Weiterentwicklung der bisherigen Massenfahrzeuge von A-Klasse und B-Klasse reduzieren die Kosten. Bei gleichbleibendem Absatz steigt so die Profitabilität.

Eine Infografik mit dem Titel: Platzhirsch vs. Rising Star

Pkw-Absatz von Daimler und Tesla weltweit, im Jahr 2019

► Die ausgelagerte Herstellung des Motors für den Elektro-SUV EQC an den bisherigen Zulieferer ZF senkt ebenfalls Entwicklungskosten und hilft beim Verschlanken des Personalkörpers. Rund 10.000 Jobs stehen allein deshalb zur Disposition, glaubt der Betriebsrat.

Aber die Nachteile der Fokussierung sind ebenfalls unübersehbar und werden sich vor allem mittelfristig negativ auswirken:

► Die Abhängigkeit des Konzerns von der S-Klasse steigt. Immer im ersten Jahr einer neuen Modellreihe schnellt die Profitabilität nach oben, um in den Folgejahren in den Sinkflug überzugehen. Das eben ist der Supernova-Effekt der Källenius-Strategie.

► Das Outsourcing des Antriebsstranges verkürzt zwar die Fertigungstiefe eines Automobilherstellers, führt aber zugleich zur technologischen Entkoppelung vom wichtigsten Thema des 21. Jahrhunderts: Der Elektrifizierung des Automobils.

► Im Mobilitätsmarkt der Zukunft, der vor allem durch Car-Sharing, autonomes Fahren und die digitale Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern den Wert des Automobils steigert, dürfte ein Schrumpf-Konzern wie Daimler keine führende Rolle mehr spielen.

Fazit: In der Krise rächt sich das inzestuöse Treiben auf der Daimler-Vorstandsetage. Der neue Vorstandschef, der seit 25 Jahren kein anderes Automobilunternehmen von innen kennengelernt hat und ein strammer Gefolgsmann seines Vorgängers war, besitzt keine wirklich andere Vision. Er ist Farmer, nicht Hunter. Er ist klug, aber nicht schnell. Er ist nett, aber harmlos. Das Wappentier des Ola Källenius ist die Stuttgarter Weinbergschnecke.

 © dpa

Der Streit über das Milliardenpaket gegen die Corona-Krise wurde auch heute Nacht nicht beigelegt. In stundenlangen Einzelgesprächen suchten Kanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs bis heute Morgen um sechs nach einer Lösung, die sie allerdings nicht fanden. Jetzt wird geschlafen. Heute Nachmittag soll weiter verhandelt werden.

 © dpa

Die „Sparsamen Vier“ – Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande sowie das mit ihnen mittlerweile verbündete Finnland – plädieren für eine Verringerung des geplanten Konjunktur- und Investitionsprogramms von 750 auf 700 Milliarden Euro. Der Anteil der nicht rückzahlbaren Zuschüsse an die Staatshaushalte, vornehmlich des europäischen Südens, soll demnach von 500 Milliarden auf 350 Milliarden Euro sinken. Der französische Präsident Emmanuel Macron ist strikt gegen diese Reduktion. Merkel auch, obwohl sie zuhause für diese Niederlage als Heldin gefeiert würde.

 © dpa

US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden liegt mittlerweile deutlich vor Amtsinhaber Donald Trump. Der „Economistschätzt die Wahrscheinlichkeit auf 93 Prozent, dass Biden nach der Wahl ins Weiße Haus einzieht. Es wäre die Karriere eines Mannes, der im März kurz vor dem „Super Tuesday“ seiner Partei schon abgeschrieben schien.

Eine Infografik mit dem Titel: Amerikaner setzen auf Biden

Umfrage: Wer wird die US-Präsidentschaftswahl (im Electoral College) gewinnen? Ergebnisse in Prozent

Nicht ohne Grund:

Biden wäre Anfang 2021 mit dann 78 Jahren der älteste Präsident in der Geschichte – acht Jahre älter als der bisherige Spitzenreiter, Donald Trump. Die Ex-Präsidenten Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama sind noch heute jünger als Biden.

► In zahlreichen TV-Debatten im Vorwahlkampf scheiterte der 77-Jährige in jenen Momenten, in denen Schlagfertigkeit gefragt war. Nach dem Sieg beim „Super Tuesday“ verwechselte er seine Schwester auf der Bühne mit seiner Frau. Am besten ist Biden immer dann, wenn ein Teleprompter läuft.

► Dank Corona gibt es Biden derzeit vor allem virtuell. Er agiert nicht auf den Marktplätzen, sondern aus dem Homeoffice im Keller seines Hauses. Aufschluss über seine Qualitäten als Wahlkämpfer gibt das nicht.

Fazit: Es ist klug den Umfragewerten zu misstrauen. Der wahre Joe Biden hat die Arena noch nicht betreten. Was die Wähler derzeit lieben, ist seine Projektion.

Die Diskussion innerhalb der CDU um die Frauenquote trägt gespenstische Züge. Derweil die Frauen für eine paritätische Besetzung aller Parteifunktionen streiten, lassen sie das bereits bestehende Recht, das nämlich, um den Parteivorsitz antreten zu dürfen, verfallen. Die real existierende Frauenquote beträgt im Vorfeld des CDU-Parteitages derzeit 0,0 Prozent.

Renate Köchers Analyse: "Jeder kann es gewinnen, Hauptsache die Union ist sich einig"  © dpa

Offensichtlich unterliegen hier einige einem Irrtum. Sie verstehen die Frauenquote als bedingungslose Grundversorgung mit Dienstwagen, Funktion und Prestige. Sie wollen die halbe Macht, nur ohne die Risiken und Nebenwirkungen einer politischen Kampfkandidatur. Dabei ist die Demokratie ihrem Wesen nach ein Auswahl- und kein Zuteilungsverfahren.

Das Gesagte spricht noch nicht gegen die Quote. Aber es spricht dagegen, allein auf die Geschmeidigkeit dieser Gleitcreme zu setzen. Die Lust am harten Diskurs und der Mut auch zur Niederlage müssen hinzukommen. Oder um es mit Maggie Thatcher zu sagen: „Wenn ich etwas in der Politik verabscheue, dann den Typ des Aals, der sich vor lauter Geschmeidigkeit am liebsten selbst in sein Hinterteil beißen würde.

 © dpa

Verkehrte Welt bei der Bafin. Felix Hufeld, der nach den Richtlinien seiner Behörde jedweder Bank in Deutschland einen „Überraschungsbesuch“ abstatten und ihre Geschäftsführer zum Rapport bestellen darf, hat beides nicht getan.

Finanzstaatssekretär Jörg Kukies, der auch Verwaltungsratsvorsitzender der Bafin ist, war neugieriger, was ihm jetzt zum Verhängnis werden könnte. Ihn hatte die laufende Negativ-Berichterstattung der „Financial Times“ hellhörig gemacht. Im November 2019 traf er Wirecard-CEO Braun, um mit ihm über die Untersuchung durch die Wirtschaftsprüfer von KPMG zu sprechen.

Eigentlich hätte der Mann einen Bonuspunkt für erhöhte Aufmerksamkeit verdient. Doch im politischen Berlin, wo die Opposition lieber einen SPD-Staatssekretär als einen parteilosen Behördenchef baumeln sieht, konzentriert sich die Treibjagd auf Kukies. Das ist nicht klug. Aber das ist Politik.

Der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht Udo Di Fabio ist ein Jurist der Premium-Liga. Nun entwickelt er im 12-köpfigen „Expertenrat Corona“ von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet Strategien für die Zeit nach der Pandemie. Im Morning Briefing Podcast erklärt, verteidigt und kritisiert er den harten Shutdown – und alles drei wie immer virtuos:

Wenn ich in Deutschland einen Staatsstreich machen wollte, dann würde ich eine Corona-Pandemie erfinden.

Ich melde mich hiermit zum morgendlichen Weckdienst zurück und wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in die neue Woche. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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