Impftempo bremst Wachstum

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 © ThePioneer

Guten Morgen,

das Impftempo der Nationalstaaten wird zum entscheidenden Wachstumstreiber der Jahre 2021 und 2022.

  • Nur das schnelle Erreichen der Herdenimmunität sichert eine Öffnung der Volkswirtschaft im Innern und ihre Anbindung an die globalen Wertschöpfungsketten.

  • Im Gegenzug dämpft der Jo-Jo-Lockdown den heimischen Konsum, bremst die Reisetätigkeit und reduziert so die Globalität.

Wenn man die Korrelation zwischen Impfgeschwindigkeit und Wirtschaftswachstum für die USA und die Bundesrepublik betrachtet, erkennt man den Unterschied.

Eine Infografik mit dem Titel: USA vs. Bundesrepublik

Täglich verabreichte Impfdosen in Deutschland und in den USA

1. In den USA sind bisher 133.305.295 Dosen verimpft. Die Herdenimmunität, die bei einer Durchimpfung von 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung erreicht wird, dürfte im Juni wirksam werden. Joe Biden hat gestern Abend sein 100-Tage-Ziel von bislang 100 Millionen geimpften Dosen auf 200 Millionen erhöht. Die Impfgeschwindigkeit wurde auf auf aktuell durchschnittlich 2,49 Millionen Dosen pro Tag gesteigert. Vor zwei Monaten lag sie noch bei unter einer Million. Die Folge: Für 2021 wird von der Investmentbank Morgan Stanley mit einem Wirtschaftswachstum von 8,1 Prozent gerechnet. Die Zahl der Erstanträge für Arbeitslosenunterstützung hat ihren niedrigsten Stand seit Beginn der Pandemie erreicht.

Eine Infografik mit dem Titel: Erfolgreich aus der Krise

Wöchentliche Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA seit März 2020

2. In der Bundesrepublik sind bisher 11.746.915 Dosen verimpft. Erst im letzten Quartal des Jahres wird, wenn überhaupt, die Herdenimmunität erreicht. Das Impftempo pro Tag beträgt rund 230.432 Dosen, also nur gut neun Prozent der US-Geschwindigkeit. Der Sachverständigenrat rechnet für 2021 mit 3,1 Prozent Wachstum. Rund sechs Millionen Menschen befinden sich in Kurzarbeit oder in der Arbeitslosigkeit. Damit sind 17 Prozent des gesamten Erwerbspotenzials ganz oder teilweise stillgelegt.

Eine Infografik mit dem Titel: USA vs. Bundesrepublik

Prognostiziertes Wirtschaftswachstum der USA und Deutschland für 2021, in Prozent

Fazit: Auch wenn weitere Faktoren das Wachstum beeinflussen – der Umfang des Privatsektors, der Branchenmix der Angebotsseite und die Größe der Konjunkturpakete, besitzt das Impf-Management eine herausragende Bedeutung. Oder anders gesagt: Das deutsche Missmanagement kostet Menschenleben, Jobs und bringt handfeste Wohlstandsverluste.

 © imago

Apropos Impftempo. Die „FAZ“ widmet sich heute auf Seite eins dem wahren Grund für das deutsche, sprich europäische, Schneckentempo:

Die nackten Zahlen lassen einem schon den Atem stocken. Aus der EU wurden seit Dezember 77 Millionen Dosen exportiert. Dem stehen 88 Millionen Dosen gegenüber, die in den 27 Mitgliedstaaten ausgeliefert worden sind. Wäre die Exportware hier geblieben, dann hätten die EU-Staaten Aussicht, früher aus dem frustrierenden Kreislauf von Lockdown, Lockerungen und abermaligem Lockdown herauszukommen.

Joe Biden © dpa

Der „New York Times“-Journalist Thomas Friedman vergleicht die USA nicht mit Deutschland – was ihn beglücken würde, sondern mit China, was ihn betrübt. Der dreifache Pulitzer-Preisträger sieht sein Land im relativen Abstieg gegenüber dem Reich der Mitte.

Eine Infografik mit dem Titel: Die großen Zwei

Prognostiziertes Wirtschaftswachstum der USA und China für 2021, in Prozent

Viele Senatoren, Kongress-Abgeordnete und Gouverneure in den USA würden Politik als Sport, als Teil der Entertainment-Industrie oder als archaische Stammeskämpfe betrachten. China sei hingegen fokussiert. Dort bekommt man noch die wirklich großen Dinge gestemmt, schreibt Friedman und verteidigt sich gegen jene, die ihn des Defätismus oder der China-Liebe bezichtigen:

Immer, wenn ich darauf aufmerksam mache, ist die absurde Kritik von ganz links oder ganz rechts: ‚Also lieben Sie China!‛ Ehrlich gesagt, China interessiert mich nicht. Aber Amerika ist mir wichtig. Mein Ziel ist es, uns aus der Selbstgefälligkeit zu scheuchen.

Thomas Friedman © imago

Seine Schlussfolgerung:

Aber wenn wir als Land weiterhin so handeln, wie wir es in letzter Zeit getan haben - ‚dumb as we want to be‛ – dann wird unsere Macht schwinden und mit ihr die Macht unserer Ideale. Wir werden immer weniger Einfluss auf China und auf die Welt insgesamt haben, egal wie laut wir ‚U.S.A., U.S.A., U.S.A.‘ skandieren.

Kamala Harris © dpa

Seit Wochen steigt die Zahl der Migranten, die sich auf den Weg zur US-Grenze machen – und damit der Druck auf die Biden-Regierung. Denn wie viel Sprengkraft das Thema Einwanderung besitzt, haben die Trump-Jahre eindrücklich unter Beweis gestellt.

Doch um die Migrationsbewegungen wird sich in Zukunft nicht der Chef, sondern Vize-Präsidentin Kamala Harris kümmern. Ihre Hauptaufgabe wird darin bestehen, die Migration einzudämmen. Kein einfaches Unterfangen, wie Biden zugab:

Ich glaube, ich habe dir eine schwere Aufgabe gegeben.

 © imago

Der Verkehrsstau an der bedeutendsten Wasserstraße der Weltwirtschaft verschärft sich. Der Optimismus, man könne den Suez-Kanal bald wieder befahren, schwindet. Die „Ever Given”, eins der größten Frachtschiffe der Welt, blockiert weiterhin den Suez-Kanal.

Havarieexperten arbeiten 24 Stunden am Tag an einer Lösung. Die Firma, die einst den verunglückten Kreuzer Costa Concordia geborgen hatte, ist vor Ort im Einsatz. Doch ob die Rettung Tage oder Wochen dauern werde, konnte das Unternehmen gestern nicht spezifizieren, denn der anhaltend starke Wind erschwert die Aktion.

Noch sind die Reeder der wartenden Schiffe ruhig. Zwei oder drei Tage Verspätung gelten im weltweiten Seehandel noch nicht als Seltenheit. Sollte die Blockade aber nicht doch bald gelöst sein, droht vielen Frachtern der Umweg über das Horn von Afrika. Zusätzliche Benzinkosten: etwa 50.000 Dollar am Tag.

 © dpa
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Impfdebakel und Jo-Jo-Lockdown geben den Merkel-Widersachern Aufwind. So meldet sich jetzt der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch und heutige Präsident der Ludwig-Erhard-Stiftung mit einer wuchtigen Merkel-Kritik zu Wort. In einem Eintrag auf der Internetseite der Stiftung schreibt er heute:

Das Leben in Wirtschaft, Freundeskreis und Schule hat immer weniger Luft zum Atmen. Wut macht sich breit und die Rechnung, die wir unseren Kindern hinterlassen, wird um Milliarden und Milliarden schwerer.

Roland Koch © dpa

Sodann präsentiert er zwei Vorschläge, wie die Bundesregierung nun agieren sollte.

Erstens sollten alle Ministerpräsidenten und das Kabinett sofort geimpft werden, damit die Verhandlungen endlich persönlich stattfinden können. Begründung:

Diese endlosen Debatten via Video bringen Ergebnisse, die weit unter dem Niveau liegen, zu dem unsere führenden Politiker fähig sind.

Zweitens sollte nach Ostern das Einkaufen und das Kulturleben wieder geöffnet werden für jeden, der sich sechs Stunden vorher einem Corona-Test unterzogen hat und das Negativ-Ergebnis vorweisen kann.

Den gesamten Beitrag von Roland Koch finden sie auf: thepioneer.de.

Wir machen dann mal auf

Das Saarland macht sich selbst zur Corona-Modellregion - viele andere in Deutschland werden folgen.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden 21.573 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden 183 weitere Todesfälle registriert.

  • Vor allem die Infektionen bei Kindern und Jugendlichen steigen stark an.

  • Nach vielen kritischen Stimmen zieht die Bundesregierung ihre Bitte zurück, Gottesdienste ausschließlich virtuell stattfinden zu lassen.

  • Ab Sonntag soll eine generelle Corona-Testpflicht für Einreisende per Flugzeug nach Deutschland eingeführt werden. Jens Spahn wird heute die neuen Einreiseregelungen vorstellen.

  • Die EU-Abgeordneten stimmten zu, die Einführung eines EU-Impfpasses im Eilverfahren zu bearbeiten. Das Impfzertifikat soll im Juni eingeführt werden und dann helfen, Reisebeschränkungen zu überwinden.

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Nico Rosberg © Anne Hufnagl

Nico Rosberg, der ehemalige Formel-1-Weltmeister, ist als Investor umweltschonender Start-ups engagiert. Im Interview für den Morning Briefing Podcast mit „Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld und Pioneer-Redakteur Stefan Lischka spricht er über die Zukunft der Mobilität, Elon Musks besonderes Verkaufstalent und die Schwächen der deutschen Autoindustrie.

Rosberg sieht etwa Probleme bei der Personalsuche, denn Tesla besitze ein besseres Image als deutsche Autokonzerne:

Man kommt hier nicht an die richtigen Talente, weil man nicht ganz so cool ist wie Tesla.

Über Elon Musk sagt er:

Er ist der genialste Ingenieur und das Seltene bei ihm ist, dass er kreatives Marketing und Storytelling auch so gut kann.

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Zur emissionsfreien Fortbewegung fehle aber noch ein nachhaltiger Strommix, sagt er:

Heute ist ein Hybridauto CO2-neutraler als ein Elektroauto, weil wir noch Kohleenergie da drin haben und andere Stromarten. Das geht natürlich nicht. Somit brauchen wir nicht nur das E-Auto, sondern auch die erneuerbaren Energiequellen.

Fazit: Das Leben nach dem Motorsport hat für Nico Rosberg begonnen. Wie man hier hören kann mit einem Blitzstart.

Elon Musk © dpa

Apropos Musk: Der Tesla-Chef befindet sich im Clinch mit dem ZDF. Der Mainzer Sender hatte eine kritische Reportage über den geplanten Wasserverbrauch der E-Autofabrik in Grünheide bei Berlin veröffentlicht. Tesla werde demnach so viel Wasser verbrauchen, dass die Trinkwasserversorgung für die Anwohner gefährdet sei.

Der Chef des Wasserverbands Strausberg-Erkner André Bähler hatte im ZDF-Beitrag gesagt, die Trinkwasserversorgung werde „auf dem Gabentisch der Wirtschaftspolitik geopfert”.

Musk reagierte emotional. „Schämt euch!“, schrieb er auf Twitter und bestritt die Wasserproblematik. Der Wasserverbrauch sei nur in Spitzenproduktionszeiten so hoch wie vom ZDF behauptet, aber nicht täglich. Das ZDF hofft nun auf eine TV-taugliche Aussprache.

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Andreas Schmitz © dpa

Bei der Commerzbank wird ein weiterer Posten im Aufsichtsrat frei: Erst letzte Woche hatte der Chef des Kontrollgremiums Hans-Jörg Vetter seinen Rücktritt bekanntgegeben. Am Mittwoch verkündete nun auch das Aufsichtsrats-Mitglied Andreas Schmitz den Rat zu verlassen – allerdings mit sofortiger Wirkung. Dabei galt Schmitz, der erst zu Jahresbeginn zur Commerzbank gewechselt war, als aussichtsreicher Kandidat für den Chefposten.

Zu den Gründen äußerte sich der Manager noch nicht. Doch Medienberichten zufolge hängt der plötzliche Rücktritt mit der Vergangenheit Schmitz’ bei der HSBC zusammen. Schmitz leitete lange Jahre deren Deutschland-Tochter und war dort von 2015 bis 2020 Chef des Aufsichtsrates. Gegen die HSBC wird laut „manager magazin“ wegen Verstrickungen in die Cum-Ex-Geschäfte ermittelt. Die „SZ“ schreibt, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen Schmitz ermittelt.

Eine Infografik mit dem Titel: Glücklose Aufsichtsräte

Kursentwicklung der Commerzbank-Aktie seit Mai 2007, in Euro

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Uta Ranke-Heinemann © dpa

Deutschlands streitbarste Theologin ist im Alter von 93 Jahren gestorben: Uta Ranke-Heinemann. Die Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten, die 1999 selbst als Kandidatin für das höchste Staatsamt antrat, hat in den 70er Jahren Kirchengeschichte geschrieben.

Sie war die Alice Schwarzer der Theologie, eine Frau, die sich wortgewaltig mit dem Klerus und namentlich mit dem späteren Kardinal und damaligen Bischof Franz Hengsbach und 2007 auch mit Papst Benedikt XVI. anlegte.

Das Buch „Eunuchen für das Himmelreich“, das 1988 erschien und in dem sie die Sexualmoral der katholischen Kirche kritisierte, war ein Bestseller, machte sie aber auch zur Dissidentin. Die katholische Kirche wusste ihre Wortgewalt schließlich nicht anders zu erwidern als durch den Entzug der Lehrbefugnis für katholische Theologie.

Sprüche wie diese trieben dem Klerus den Puls in die Höhe:

Die Kirche ist noch zu sehr eine Konserve von gestern und vorgestern. Ihre konservativen Führer merken nicht, dass das Verfallsdatum längst überschritten ist.

Ein Esel stellt sich Gott als Esel vor. Der Papst stellt sich Gott als Mann vor.

 © dpa

Durch die Totalvertreibung der Frauen aus allen Ämtern – inzwischen sind alle Hirten Männer und alle Frauen Schafe – ist der Vatikan zu einem frauenlosen Terrarium mit vielen Homosexuellen geworden.

Beim Papst ist ja schon ein Kondom ein Fahrstuhl in die Hölle.

Am Donnerstagmorgen ist sie in ihrer Geburtsstadt Essen entschlummert. Vielleicht erlebt der Himmel, jener Ort, der Christen aller Couleur größtmögliche Nähe zu Gott verspricht, heute Morgen ein Versöhnungsfest. Oder aber der Papst und die Theologin geraten im Angesicht des Allmächtigen erst Recht aneinander. Spätestens dann wäre im Himmel der Teufel los.

 © Gustave Doré

Ich wünsche Ihnen einen selbstbewussten Start in das Wochenende. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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