Markus Söder im Interview

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Guten Morgen,

die Deutschen sind derzeit fasziniert davon, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder bei der Arbeit zuzuschauen. Sie sehen in ihm einen, der in der Pandemie Führungsstärke zeigt, der in ökologischen Fragen Lernfähigkeit bewiesen hat und der mit Fehlern wie den schlampigen Coronatests für Reiserückkehrer umzugehen versteht. Kein anderer politischer Akteur darf derzeit mit so viel wärmender Nachsicht rechnen.

In einer Welt der Hyper-Komplexität, die künftig ohne Angela Merkel an der Spitze auskommen muss, ist Söder zur Projektionsfläche geworden – auch innerhalb der Union.

Die Kernfrage der nächsten Monate lautet: Wo endet die Persönlichkeit und wo beginnt das Phänomen? Wie viel Söder steckt in Söder? Oder anders gefragt: Sucht sich hier womöglich die Bevölkerung selbst ihren Kanzlerkandidaten aus, billigend und vielleicht sogar genießend, dass sie die Ränkespiele der offiziellen CDU-Bewerber damit empfindlich stört.

Eine Infografik mit dem Titel: Söder an der Spitze

Beliebteste CDU/CSU-Kanzlerkandidaten, in Prozent

Im heutigen Morning Briefing Podcast begibt sich „Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld auf eine Spurensuche – und zwar im Gespräch mit dem Protagonisten. Wir erleben einen Politiker, der von Stolz bis Ernst sein Repertoire beherrscht und auch die schwierige Charakterrolle des Demütigen.

Über den Kampf gegen das Virus sagt Söder:

Die Realität lehrt uns, dass Corona schneller wieder zurückkommen und gefährlicher werden kann, als wir denken. Ich finde Optimismus gut. Aber ein Staat und eine Regierung muss auch die anderen Szenarien im Blick haben.

Wenn wir sehen, wie um uns herum in Frankreich, in Spanien, in Tschechien die Zahlen erneut explodieren, dann glaube ich, sind wir einfach gut beraten, wenn wir neben einer gehörigen Portion Optimismus auch mit Realismus und Vorsicht herangehen.

 © dpa

Sein wichtigstes Ziel aktuell:

Wir müssen uns für den Herbst und Winter vorbereiten, wenn die Kombination aus anderen Krankheiten dazukommen kann, aus Grippe oder Erkältungskrankheiten. Wir müssen dafür sorgen, dass wir keinen zweiten generellen Lockdown bekommen, keine entsprechende Belastung für die Wirtschaft und den Regelbetrieb für Schule und Kita weiter aufrechterhalten.

Über Staatshilfen in der Krise sagt Söder:

Man kann zur Überbrückung so etwas tun, aber man muss auch die marktwirtschaftlichen Anreizmodelle stärken. Deswegen plädiere ich dafür, dass wir nicht immer nur solche Übernahmeideen entwickeln, sondern auch wieder Wettbewerbselemente einführen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir, um den Standort Deutschland zu stärken, eine Senkung von Unternehmenssteuern brauchen, aber auch eine Senkung von Energiepreisen.

Klick aufs Bild führt zur aktuellen Podcast-Folge

Über seine aktuelle Popularität in den Umfragen, vor allem in der Kanzlerfrage, sagt er:

Umfragen sind Momentaufnahmen.

Sein Kommentar zu seiner Favoritenrolle:

Das ist kein Maßstab und keine Kategorie für mich.

Fazit: Vorsicht ist die Mutter der politischen Porzellankiste. Söder dominiert das Unionsrennen womöglich auch deshalb, weil er am Rennen gar nicht teilnimmt.

 © imago

Das Virus reißt ein tiefes Loch in die Staatskasse: Bund, Länder und Kommunen müssen 2021 wohl noch einmal mit 19,6 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen, als im Mai erwartet. Die Steuerschätzer rechnen damit, dass erst 2022 das Vorkrisenniveau wieder erreicht ist. Finanzminister Olaf Scholz will die Einnahmelücke mit neuen Schulden füllen. Schulterzuckend erklärt er dazu:

Das ist nicht schlimm, das ist einfach Keynesianismus.

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Die Europäische Zentralbank steckt im Rahmen ihres Notkaufprogramms unverändert 1,35 Billionen Euro in Staats- und Unternehmensanleihen bis mindestens Ende Juni 2021. Den Leitzins im Euroraum belässt der EZB-Rat auf dem Rekordtief von null Prozent. Die aktuelle Euro-Stärke betrachtet die Notenbank mit Sorge. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte:

Wir müssen die Angelegenheit aufmerksam beobachten.

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Die weitere Konjunkturentwicklung im Euroraum beurteilt die Notenbank weiterhin als kritisch. Lagarde sagt:

Es handelt sich um eine Krise wie nie zuvor.

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Die durch das Coronavirus ausgelöste Wirtschaftskrise trifft die USA mit voller Wucht: Im Februar waren in den Vereinigten Staaten 5,79 Millionen Menschen arbeitslos, im April stieg diese Zahl auf 23,08 Millionen. Im August waren noch immer 13,55 Millionen US-Amerikaner ohne Job.

Eine Infografik mit dem Titel: Die amerikanische Tragödie

Die zehn Länder mit den meisten Corona-Toten

Mit nun veröffentlichten Aussagen von Präsident Donald Trump ist der Fokus im Wahlkampf wieder auf die Pandemie verlagert worden. In einem Gespräch mit dem Journalisten Bob Woodward - wir sprachen an dieser Stelle gestern bereits darüber - sagte Trump im März zur Gefahr des Virus:

Ich wollte es immer herunterspielen.

Diese Aussage führt dazu, dass im Wahlkampf nun erneut die Todeszahlen ausgeleuchtet, verglichen und neu interpretiert werden.

Der Columbia-Universität zufolge hätte der Präsident durch eine schnellere Durchsetzung von Hygiene- und Abstandsregeln über 58.000 Corona-Todesfälle verhindern können:

Eine Infografik mit dem Titel: Corona:Trumps Versagen

Hochrechnung, wie viele Amerikaner durch frühere Corona-Maßnahmen nicht hätten sterben müssen

Fazit: Würden in Deutschland amerikanische Verhältnisse herrschen, müsste die hiesige Statistik nicht 9412, sondern 48.942 Todesfälle ausweisen.

Werner Baumann © dpa

Werner Baumann ist das Comeback-Kid der deutschen Industrie: Der Aufsichtsrat der Bayer AG hat den zur Hauptversammlung 2021 auslaufenden Vertrag mit dem 57-jährigen Vorstandschef einstimmig bis zum 30. April 2024 verlängert.

Baumann hat die größte Firmenübernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte zu verantworten, die dem Konzern zunächst einen schweren Reputationsschaden und dann Milliarden Schadensersatzforderungen bescherte. Mittlerweile hat sich nicht der Sachverhalt, wohl aber die Beleuchtung auf denselben verändert: Die Übernahme von Monsanto gilt als strategisch richtig, auch wenn sich durch die mittlerweile erfolgte Schadensregulierung für die Glyphosat-Opfer der Kaufpreis deutlich erhöht hat. Der Aufsichtsrat lobte insbesondere die „robuste operative Performance“ von Werner Baumann, was so viel bedeutet wie: Der Mann hat Nerven bewiesen und trotz widriger Schlagzeilen die Umsätze gesteigert und die prognostizierten Gewinne abgeliefert.

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Für die Tesla-Aktie gab es in den vergangenen Monaten nur eine Richtung: steil bergauf. Mit einem Minus von 21 Prozent auf 330,21 Dollar erreichte sie jetzt den höchsten Tagesverlust in ihrer Geschichte. Der Börsenwert brach an einem Handelstag um rund 80 Milliarden US-Dollar ein, das ist mehr als die Marktkapitalisierung von Ford und General Motors (GM) zusammen. Die Turbulenzen haben folgende Gründe:

Eine Infografik mit dem Titel: Turbulente Tage

Aktienkurs vom 4.9.20 bis 10.9.20, in US-Dollar

  • Erstens. Am vergangenen Freitag gab das Komitee des S&P 500 bekannt, dass der E-Autopionier nicht in den Börsenindex aufgenommen wird.

  • Zweitens. Am Dienstag verkündete das Unternehmen von Elon Musk den Vollzug einer Kapitalerhöhung im Volumen von 5 Milliarden US-Dollar (4,25 Milliarden Euro). Das führt dazu, dass der Anteil der Altaktionäre verwässert wird.

  • Drittens. Laut dem Finanznachrichtendienst Bloomberg hat der bisher größte Tesla-Aktionär, Baillie Gifford, Papiere abgestoßen.

  • Viertens. Auch die Konkurrenz schläft nicht: Am Dienstag wurde eine strategische Partnerschaft des Tesla-Herausforderers Nikola mit dem US-Branchenriesen GM bekannt gegeben. Die Aktien von Nikola schossen am Abend um 40 Prozent nach oben.

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Gut so: Der Börsenstar wird einem Realitätscheck unterzogen. Um die hohen Erwartungen zu erfüllen, so ein Analyst, müsste Elon Musk mittlerweile ein Ufo in unserem Vorgarten landen lassen.

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Huawei und viele mit dem Konzern verbundene Unternehmen wurden von der US-Regierung auf eine schwarze Liste gesetzt, um den Zugang der Chinesen zu Technologie aus den USA abzuschneiden. US-Präsident Donald Trump wirft Huawei Spionage und eine unangemessene Nähe zur Kommunistischen Partei Chinas vor.

Nichtsdestotrotz hat der Technologie-Konzern nun eine Reihe von neuen Produkten angekündigt, die auch Technologie aus den USA enthalten – unter anderem Notebook-Modelle, Smartwatches und Kopfhörer.

  • Huawei darf in seinen neuen Geräten nicht mehr das Android-Betriebssystem mit Google-Diensten verwenden. Die Chinesen wichen daraufhin auf die Open-Source-Version von Android aus und stellen inzwischen mit den selbst entwickelten Huawei Mobile Services einen fast vollständigen Ersatz für die Google-Dienste bereit.

  • Gleichzeitig kündigte der Konzern in Dongguan eine chinesische App-Allianz an, mit der die Vermarktung von Anwendungen aus China im Ausland jenseits der App-Stores von Apple und Google gefördert werden soll.

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  • Bei den neuen Notebooks kommt trotz des US-Embargos Technik aus den USA zum Einsatz, zum Beispiel ein Chip von AMD aus Kalifornien und ein Prozessor des US-Chipgiganten Intel.

Fazit: Der amerikanische Präsident ist stark, aber nicht allmächtig. China wird durch seine aggressive Abgrenzungspolitik getroffen, aber nicht geschlagen.

In NRW buhlen die Spitzenleute der Parteien um eine gute Ausgangsposition für den Bundestagswahlkampf. Die beiden CDU-Vorsitzenden-Kandidaten Armin Laschet und Friedrich Merz suchen für den Fall einer Kanzlerkandidatur noch einen Wahlkreis.

Ein großes Touristikunternehmen schlüpft unter den staatlichen Corona-Rettungsschirm. Die Kollegen vom Hauptstadt-Newsletter haben exklusiv alle Details.

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 © imago

Die Bundesstadt Bonn scheint ein Biotop für nicht funktionierende Behörden zu sein. Nicht nur die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die in der Wirecard-Affäre so kläglich versagte, hat dort ihren Hauptsitz, auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) unterhält dort seine Zentrale.

 © dpa

Der große Alarm, der die technische Bereitschaft der Bundesrepublik für den nationalen Katastrophenfall simulieren sollte, fiel aus. Der Staat hat sich blamiert. Wenn es einen Oscar für Schlafmützigkeit gäbe, würden sich die BaFin und das BBK ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.

Die Entscheidung, wer die begehrte Trophäe erhält, fällt im September 2021: Dann ist der nächste nationale Warntag.

 © Anne Hufnagl

Nach Buchhändlern und Hauptstadt-Journalisten habe ich mein neues Buch „Die unbequeme Wahrheit“ nun auch den Pioneers vorgestellt - live auf der PioneerOne und im Facebook-Stream. Neben Chelsea Spieker, die den Abend moderierte, war auch der Ex-Chefredakteur der „Financial Times Deutschland“ und der „Welt am Sonntag“ und heutige Geschäftsführer der Firma Hy Christoph Keese zu Gast.

In einer munteren Diskussion schlugen wir gemeinsam mit den Zuschauerinnen und Zuschauern den Bogen von der Pandemie über den Herdentrieb der Journalisten bis zur Digitalisierung. Christoph Keese blickte skeptisch auf das Modernisierungstempo in Deutschland:

Über das Investitionsverhalten der Deutschen urteilt er:

Da müssen wir heute konstatieren, dass wir es bisher nicht schaffen, die vorhandenen Reichtümer des Landes einem produktiven Zweck der Erneuerung der Wirtschaft zuzuführen.

 © Anne Hufnagl

Auch der Zustand der deutschen Wirtschaft in Gänze bereitet ihm Sorgen:

Das ist eine völlig neue Wirtschaft, die da entsteht, und wir sind im Augenblick auf den Zuschauerrängen. Das darf so nicht bleiben.

Über den Stand der Digitalisierung bei der Bildung sagt der Experte:

Es sieht so aus, dass die föderale Verfassung des Bildungssystems die Digitalisierung nicht hinbekommt.

 © Anne Hufnagl

Zu Gast war auch die Künstlerin Mia Florentine Weiss. Sie hat eine viel beachtete Skulptur erschaffen, die mit den Worten „Hate“ und „Love“ spielt. Stellvertretend für alle Künstlerinnen und Künstler kritisierte sie die Corona-Politik der Regierung und machte deutlich:

Kunst ist systemrelevant.

Apropos Kunst: Am Samstag brechen wir in unserer neuen Event-Reihe „Floating Art“ zusammen mit dem Kunsthändler Johann König zum Berliner Gallery Weekend auf: Mit Jorinde Voigt besuchen wir eine der bedeutendsten zeitgenössischen Künstlerinnen in ihrem Atelier in Berlin-Schöneweide. Am Montag statten wir Katharina Grosse einen Besuch ab. Einige wenige Karten stehen noch für Kunstliebhaber zur Verfügung.

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Ich wünsche Ihnen einen glücklichen Start in das Wochenende. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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