Europa-Sensation: Italiens Wirtschaft legt kräftig zu

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Guten Morgen,

lassen Sie uns die neue Woche damit beginnen, dass wir ein Vorurteil gemeinsam zertrümmern. Italien sei der kranke Mann Europas, heißt es in deutschen Medien immer wieder.

Und richtig ist ja: Der italienische Staat wurde jahrzehntelang lausig regiert. Der Schuldenstand beläuft sich auf über 2,7 Billionen Euro und liegt mit 157 Prozent des Bruttoinlandsprodukts weit oberhalb der im Maastricht Vertrag fixierten Grenze von 60 Prozent.

Aber: In der italienischen Wirtschaft, also da wo echte Menschen echte Produkte und Dienstleistungen anbieten, geht es vital und beglückend erfolgreich zu. Die Volkswirtschaft Italiens produziert derzeit deutlich bessere Resultate als die meisten anderen europäischen Staaten:

  • Die EU-Kommission hat soeben ihre Wachstumsprognose für Italien von 4,2 Prozent auf 5 Prozent angehoben. Zum Vergleich: In Deutschland wird für 2021 mit 3,6 Prozent gerechnet.

  • Italien ist einer der großen Exporteure unter den europäischen Volkswirtschaften. Die Handelsbilanz ist deutlich positiv, derweil Frankreich schon länger nur noch Handelsbilanzdefizite meldet.

Eine Infografik mit dem Titel: Italien überholt

Entwicklung der Handelsbilanzen von Frankreich und Italien seit 2010, in Milliarden US-Dollar

  • Weltweit befindet sich Italien mittlerweile im Ranking der Länder mit Handelsbilanzüberschuss auf dem 7. Platz, weit vor Taiwan, Südkorea und der Schweiz.

  • Es sind – wie in Deutschland – insbesondere die Familienunternehmen, allen voran Ferrero International, Gucci, Versace, Benetton, Bulgari und Barilla, die in der globalen Wirtschaft beeindrucken können. Rund 67 Prozent der italienischen Wertschöpfung ist mittelständisch geprägt.

Modenschau von Gucci © dpa

Die von der Vorgängerregierung eingegangenen Beziehungen zu China und dessen Seidenstraßen-Projekt werden größtenteils rückabgewickelt. Im März 2019 schloss sich Italien als erstes westliches Land der Belt-and-Road Initiative an. Draghi sagte beim G7-Gipfeltreffen im Juni:

China ist eine Autokratie, die sich nicht an multilaterale Regeln hält und nicht die Weltsicht der Demokratien teilt.

Fazit: Mit diesem Italien lässt sich arbeiten – und vielleicht auch unsere Versteifung auf eine Partnerschaft mit Frankreich lockern. Die „Renaissance Italiens“, die sich bis zur „New York Times herumgesprochen hat, ist so gesehen auch ein Aufruf an den künftigen Kanzler, Europa neu zu denken!

Markus Söder im ZDF-Sommerinterview © dpa

Ich bin der Antreiber.

Mit diesem Satz lieferte CSU-Chef Markus Söder gestern Abend im ZDF-Sommerinterview seine klare Rollenbeschreibung für den Bundestagswahlkampf der Union. Die Beschreibung selbst enthält bereits eine Kritik am Laschet-Wahlkampf, die Söder sodann bereitwillig präzisierte:

Meine Sorge ist, dass der Wahlkampf so dahin plätschert und dass am Ende, weil wir uns nicht genügend engagieren, plötzlich eine Mehrheit für eine Ampel steht.

Sein Fazit:

Wir brauchen mehr Tempo und Power.

Der Hintergrund: Unions-Spitzenmann Laschet verliert in den Persönlichkeitswerten weiter an Boden, laut „ntv“ wünschen sich nur 17 Prozent der Deutschen ihn als Kanzler.

Söder versucht den Gegenwind für Laschet mit diesem Interview in sein eigenes Segel zu lenken. Er macht die Unterschiede in Persönlichkeit und Positionierung deutlich. Das Laschet-Lager wird als unscharf und unentschlossen porträtiert. Die Tatsache, dass der Kandidat in diesem Wahlkampf noch keinen Treffer landen konnte (außer seiner Kandidatenwerdung selbst) wird von Söder damit kunstvoll herausgearbeitet.

Armin Laschet © dpa

Dabei besitzt Laschet durchaus eine Wahlkampfstrategie, nur eben eine andere. Er setzt auf die Demobilisierung der Andersdenkenden. Laschet will – anders als Söder – Unterschiede zu SPD, Grünen und FDP eher verwischen als scharf konturieren. Er baut auf die Flüchtigkeit der Stimmungen und die oft unklaren Parteipräferenzen der Wähler.

Damit setzt er die Strategie von Angela Merkel fort, die anders als der Wahlkämpfer Franz Josef Strauß („Freiheit statt Sozialismus“) auf einen Weichzeichner-Wahlkampf setzte. Zur Erinnerung: Der Strauß-Wahlkampfslogan war in der Bevölkerung zunächst umstritten und wurde zu Beginn des Wahlkampfes von 65 Prozent der Befragten abgelehnt. Schließlich aber endete die Wahl mit einem Stimmenzuwachs der Union auf 48,6 Prozent.

Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender Vonovia © dpa

Der Immobilienkonzern Vonovia startete heute Nacht einen neuen Versuch, die Deutsche Wohnen zu übernehmen. Laut einer Ad-hoc-Mitteilung bietet Vonovia den Aktionären der Deutschen Wohnen 53 Euro in bar pro Aktie. Zugleich setzte der Übernehmer den stillen Aufkauf des Übernahmekandidaten an der Börse fort. Inzwischen sicherte sich Vonovia am Markt knapp 30 Prozent der Deutsche Wohnen-Anteile.

Fazit: Der Weg bis zur „Freiwilligkeit“ der freien Aktionäre ist nicht mehr weit. Es gilt das archaische Börsenmotto: Der Hai fragt den Delfin auch nicht, ob er gefressen werden möchte.

  • Sonderpodcast mit Ex-Generalsekretär und CDU-Aussteiger Peter Tauber.

  • Die Grünen: Annalena Baerbock wirkt vorsichtig und verunsichert. Außer, man trifft sie inmitten wohlmeinender Parteifreunde an, weit weg von Berlin.

  • Impfen: Die Delta-Welle erhöht den Druck auf die Politik. Die Impfpflicht-Diskussion ist in Berlin angekommen. Mehr dazu im heutigen Hauptstadt – Das Briefing.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch © dpa

Mit sechs Prozent im aktuellen INSA-Meinungstrend muss die Linkspartei um ihren Einzug in den Bundestag fürchten. Der Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch empfahl sich gestern Abend im ARD-Sommerinterview als Robin Hood der deutschen Politik:

Die Linke ist das soziale Korrektiv. Nur mit uns wird es so sein, dass Deutschland auch in Zukunft sozial ist.

Finanziert werden die weiteren Sozialausgaben durch Einsparungen im Verteidigungshaushalt:

Wir sagen in unserem Wahlprogramm, dass wir den Verteidigungshaushalt deutlich reduzieren wollen. Und zwar jährlich um zehn Prozent.

Eine Welt ohne Armeen ist für Bartsch eine „wunderbare Utopie.“ Dass die westlichen Demokratien damit wehrlos und erpressbar wären, kann ihn und seine Partei nicht beirren. So manche linke Utopie hat sich bereits in der Vergangenheit für die von ihr Betroffenen als Horrorvision erwiesen. Oder um es mit dem kolumbianischen Philosophen Nicolás Gomez Dávila zu sagen:

Das wahre Desaster der Linken wird offenbar, wenn sie hält, was sie verspricht.

Errol Flynn als Robin Hood, 1938 © imago
Deutsche Börse © dpa

Viele Leserinnen und Leser des Morning Briefing haben interessiert bis alarmiert auf die wachsenden Unterschiede in der Börsenbewertung deutscher und amerikanischer Firmen reagiert. Darüber hatten wir anlässlich der Berichtssaison für Q2/2021 berichtet. Wir alle wissen, dass diese Zahlen nicht nur eine statistische Größe sind, sondern dass sie reale Kräfteverhältnisse widerspiegeln, die bei Firmenübernahme, Investitionsplanung und der Durchsetzung politischer Interessen von Bedeutung sind.

In den kommenden Tagen werden wir – um das Thema zu vertiefen – die Marktführer aller wichtigen deutschen Schlüsselindustrien mit den Marktführern in den USA vergleichen. Möge diese grafische Serie dem Erkenntnisgewinn dienen.

Eine Infografik mit dem Titel: SAP vs. Microsoft

Marktkapitalisierung in Milliarden US-Dollar

Eine Infografik mit dem Titel: Volkswagen vs. Tesla

Marktkapitalisierung in Milliarden US-Dollar

Eine Infografik mit dem Titel: Deutsche Bank vs. J.P. Morgan

Marktkapitalisierung in Milliarden US-Dollar

Raoul Roßmann © imago

Auch Familienunternehmer können irren. So hat sich jetzt der Sohn des Firmengründers Dirk Roßmann argumentativ auf die schiefe Bahn begeben. Raoul Roßmann, der mit 36 Jahren die Geschäfte des Drogerieimperiums Rossmann führt (4.200 Filialen weltweit, mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr), ruft nach einer Staatsintervention, um die Verbraucher an der Nutzung des Online-Handels zu hindern – oder, falls das nicht gelingt, finanziell zu bestrafen.

Im Gespräch mit dem „Handelsblatt schlägt er eine höhere Mehrwertsteuer für online bestellte Produkte und eine Art Paketsteuer vor, um dem stationären Handel in den deutschen Innenstädten mehr Zeit für die Umstellung zu verschaffen:

Wenn ich für ein online bestelltes Paket fünf Euro mehr bezahlen muss, als wenn ich die Produkte stationär erwerbe, dann überlege ich genau, ob es mir das wert ist.

Wir brauchen Hürden für den Onlinehandel, insbesondere für die ganz großen Player wie Amazon, wenn wir das Gut der Innenstädte schützen wollen.

Fazit: Hier möchte jemand die Lenkungsfunktion der Marktwirtschaft für sich außer Kraft setzen. Der Wecker des Digitalzeitalters klingelt laut. Roßmann Junior aber würde gern von Alarm auf Schlummerfunktion umstellen. So hat schon mancher die Zukunft verschlafen.

Nina Ruge © imago

Die größten Wachstumspotenziale im Gesundheitsmarkt verspricht man sich von der sogenannten Langlebigkeits-Forschung, in den USA „longevity“ genannt. Wissenschaftler dieser Disziplin arbeiten daran, die Zellregeneration so zu optimieren, dass ein langes, gesundes Leben möglich wird. Dabei variiert die Zielsetzung stark, sodass einige Wissenschaftler 120 Jahre als maximale Lebensspanne anerkennen, während andere Forscher sich das Ziel gesetzt haben, eine biologische Verjüngungskur zu erfinden.

Nina Ruge, Journalistin und Bestsellerautorin, hat mit den 25 führenden Wissenschaftlern dieser Disziplin gesprochen und ist dabei vor allem folgenden Fragen nachgegangen:

  • Wie funktioniert die epigenetische Uhr, die nicht das chronologische, sondern das biologische Alter misst?

  • Wie kommt es zu altersbedingten Symptomen wie Muskelschwund?

  • Wie lässt sich die im Alter erlahmende Fähigkeit des Körpers zur Zellregeneration wieder revitalisieren?

  • Welche Rolle können in diesem Prozess Nahrungsergänzungsmittel spielen?

  • Und was muss der Einzelne leisten – Stichwort Lebensstil – um seine Lebenszeit zu verlängern?

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page

Im Morning Briefing Podcast haben wir über ihre Erkenntnisse und die Schlussfolgerungen für ein längeres, gesundes und erfülltes Leben gesprochen. Die oft wiederholte Behauptung, die Gene des Menschen entschieden über dessen Lebensalter, lässt Nina Ruge nach ihren Recherchen nicht mehr gelten:

Es scheint so zu sein, als ob wir zu 70 Prozent über unsere gesunde Langlebigkeit selbst bestimmen, und nur 30 Prozent genetisch programmiert sind.

Ein Gespräch, das Mut macht, sich zu kümmern. Nicht nur, aber auch um sich selbst. Es ist Schillers Wallenstein der aus Nina Ruge zu uns spricht:

Es ist der Geist, der sich den Körper baut.

  • Alexander Zverev ist der erste deutsche Tennisspieler, der im Herreneinzel das olympische Finale gewinnt. Der 24-Jährige besiegte den Russen Karen Abgarowitsch Chatschanow souverän in zwei Sätzen mit 6:3 und 6:1.

Alexander Zverev © dpa
  • Im 100-Meter-Finale der Herren ist der Italiener Marcell Jacobs in 9,80 Sekunden ins Ziel gesprintet. Damit blieb er unterhalb von 10 Sekunden, aber oberhalb der Zeit des mehrfachen Olympiasiegers Usain Bolt. Der hatte die selbe Strecke nach 9,58 Sekunden beendet.

Laura Ludwig (l.) und Margareta Kozuch © dpa
  • Das deutsche Frauen-Duo Laura Ludwig und Margareta Kozuch hat beim Beachvolleyball-Turnier überraschend die favorisierten Brasilianerinnen mit 2:1 geschlagen und steht jetzt im Viertelfinale.

 © smb
  • Seit gestern gelten strengere Einreiseregeln. Alle Einreisenden nach Deutschland, die über 12 Jahre alt sind, müssen von nun an belegen, dass sie entweder genesen, geimpft oder negativ-getestet sind. Bei einer Einreise aus Risikogebieten besteht auch für Geimpfte und Genesene Testpflicht. Es soll stichprobenhafte Kontrollen geben.

  • Auffrischimpfung für Risikopatienten in Planung. Der Nachrichten-Agentur AFP lagen Beschlussvorlagen für die heutige Gesundheitsministerkonferenz vor, die die Auffrischimpfung mit mRNA-Impfstoffen vorsehen.

  • Die Gesundheitsministerkonferenz soll heute auch ein Impfangebot für 12 bis 17-Jährige beschließen. Das geht aus einer Beschlussvorlage, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, hervor. Bisher hatte sich die Ständige Impfkommission nur für eine Impfung für Risikogruppen der Altersklasse ausgesprochen. Die Europäische Arzneimittelagentur hatte die Impfstoffe aber für alle Kinder und Jugendliche des Alters zugelassen.

Margret Mergen (CDU), Oberbürgermeisterin von Baden-Baden © dpa

Alles kann man heutzutage kaufen. Auch den Titel als Ort des Weltkulturerbes. Was in Hollywood die Oscar-Verleihung ist, sind bei den Städten ihre Denkmäler oder architektonisch wertvollen Ensembles, die es laut UNESCO zu schützen gilt.

In Deutschland hat man die für eine Welterbetitel nötige Antragstellung längst professionalisiert. Eigene Abteilungen in den Landesministerien und Landesdenkmalämtern sowie private Berater sind Teil einer globalen Produktionskette, die stetig neue Bewerbungen anfertigt und die als Endprodukt das werbewirksame Etikett „Weltkulturerbe“ ausspuckt. Erste Zwischenerfolge dieser professionalisierten Bewerbungsarbeit sind zu vermelden:

Römerkastell „Castra Vetoniana“ bei Pfünz, Bayern © imago
  • Die deutschen Teile des römischen Grenzsystems Limes, genauer jene Abschnitte an der Donau (Donaulimes) und der Niedergermanische Limes, welcher sich von Rheinland-Pfalz bis an die niederländische Nordsee streckt, sind nun UNESCO-Welterbestätten.

Mikwe in Speyer © dpa
  • Die Städte Mainz, Worms und Speyer wurden als Zentrum des mittelalterlichen Judentums in Europa ausgezeichnet.

  • Als Wiege des Bauhaus-Stils reiht sich auf der Darmstädter Mathildenhöhe Jugendstil-Ornamentik an reduzierte Fassaden und durchdesignte Häuser. Erbaut von Kunstschaffenden, deren Ensemble nun ebenfalls Teil des UNESCO-Welterbes ist.

Arkadenbau im Kurpark von Bad Kissingen © dpa
  • In Bad Kissingen kurten die Könige. Was heute das zweitmeistbesuchte Heilbad Deutschlands ist, kann sich nun zusammen mit seinen historischen Konkurrenten Baden-Baden und Bad Ems als Teil der Welterbestätten Great Spas of Europe bezeichnen.

Mit 51 Welterbestätten befindet sich Deutschland nun im Duell mit Italien, dem Spitzenreiter der Kulturerben. Der Abstand zu Frankreich und Spanien konnte weiter ausgebaut werden, was für ein Land, das nach dem Zweiten Weltkrieg zu weiten Teilen zerstört war, eine erstaunliche Leistung ist.

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in die neue Woche. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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