Spahn hat geliefert: Wir sind dran!

Teilen
Merken

Guten Morgen,

Jens Spahn hat geliefert: Der Impfstoff ist da. Ausreichend. Der Sommer ist noch nicht zu Ende und der Staat kann – wie versprochen – jedem Bürger und jeder Bürgerin ein Impfangebot machen.

Die Ärzteschaft hat auch geliefert und tut es weiterhin. In den Krankenhäusern, in den Betrieben und in der Praxis um die Ecke wird mit fast schon industrieller Präzision belehrt, beruhigt und schließlich zum Grande Finale in den Arm gepiekst. Happy Vaccination.

Jens Spahn © dpa

Die Schwachstelle im System sind wir. Millionen freie Bürger sind so frei, dass sie glauben, auf den Impfschutz verzichten zu können. Sie zweifeln an der Nützlichkeit. Sie ängstigen sich vor den Folgen. Einige fühlen sich so stark, dass sie nicht nur den staatlichen Vorschriften, sondern auch dem Virus selbst die Stirn bieten wollen.

Eine Infografik mit dem Titel: Verlangsamtes Impfen

Täglich verabreichte Impfdosen seit dem 3. Mai 2021

Eine große Koalition aus Gleichgültigen und Besorgten hat sich gebildet, die zusammen mit den Tollkühnen bereit ist, alles zu riskieren – zur Not eben auch das eigene Leben. Sie legen sich mutwillig mit dem Schicksal an. Ein Schicksal, das mittlerweile über 90.000 Menschen in Deutschland und über vier Millionen weltweit dahingerafft hat. Albert Camus:

Der Tod ist nicht der Beginn eines neuen Lebens. Für mich ist er eine zugeschlagene Tür.

Die massenhafte Impfverweigerung ist nicht nur persönlich tragisch. Sie berührt auch den Kern unseres Freiheitsbegriffs, wonach die Freiheit des Einzelnen ihre Grenzen in der Freiheit des Anderen, des Fremden und des Freundes, findet. Das eben ist die zentrale Frage: Respektieren wir die Entscheidung des Impfverweigerers auch dann, wenn sie das Wohl und das Wehe und damit auch die Würde des Nächsten gefährdet?

Denn das tut sie nach allem, was wir heute wissen. Der Verweigerer bietet in seinem Rachen dem Virus eine Brutstätte, die auch für andere, und sogar für den bereits Geimpften, ziemlich ungesund sein kann. Im Flugzeug und der S-Bahn möchte ich diese Zeitgenossen nur ungern hüstelnd neben mir sitzen sehen.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Impflücke

Insgesamt gelieferte Impfdosen und Anteil der verimpften Dosen seit dem 3. März 2021, in Dosen

Wer so schreibt, der ruft nach dem starken Staat, könnte man jetzt meinen. Doch das Gegenteil ist in meinem Fall richtig. Der verbietende, der autoritäre und zuweilen übergriffige Staat hatte in dieser Pandemie seinen Auftritt. Zwischenzeitlich war unklar: Empfangen wir noch eine Botschaft oder schon einen Befehl? Dieser Staat, der sich in seiner Regel- und Verbotswut mehrfach verheddert hat, ist eine der Ursachen für die oft innige Ablehnung der Impfkampagne, die bis weit in das Bürgertum hinein reicht.

Doch jetzt sind nicht Spahn und Laschet, nicht das RKI und nicht Prof. Drosten gefragt. Und schon gar nicht die Staatspolizei. Der Bürger darf nicht als Untertan, sondern muss als vernunftbegabtes Wesen angesprochen werden. Am besten von sich selbst.

Nur das geduldig geführte Selbstgespräch kann uns nach diesem Jahr der Angst und der professionell vertriebenen Apokalypse Linderung und dann auch Erkenntnis bringen. Es geht jetzt nicht um eine neue Raserei. Es geht darum innezuhalten. Wir müssen Verantwortung und Freiheit wieder zusammen denken.

Oder klarer noch gesagt: Spahn hat geliefert. Wir sind dran.

Eine Infografik mit dem Titel: Die bisherige Bilanz

Weltweite Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit COVID-19 seit Januar 2020

Wie die Regierung die vierte Welle bekämpfen will

Die Angst vor dem Corona-Wahlkampf hat Berlin erreicht - die Wissenschaft gibt düstere Ausblicke.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Prof. Cornelia Betsch © dpa

Prof. Cornelia Betsch weiß, warum Menschen sich nicht impfen lassen. Sie ist Psychologin, leitet den Lehrstuhl für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt und führt regelmäßig Erhebungen für die „COSMO-Studie“ durch. Diese Studie befasst sich mit Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während der Pandemie.

Im heutigen Morning Briefing Podcast unterscheidet sie die verschiedenen Typen von Nicht-Geimpften: Den Impfmuffel vom Impfverweigerer und den wiederum vom Trittbrettfahrer, der sich darauf verlässt, dass andere sich impfen lassen und die Herdenimmunität auch ohne sein Zutun sich ergeben werde.

Den harten Kern der Verweigerer taxiert sie auf zehn Prozent der Bevölkerung. Sie sagt:

Ich denke, diese zehn Prozent muss man einfach hinnehmen. Die wird man wahrscheinlich auch durch eine Impfpflicht nicht erreichen.

Denn:

Die Ablehnung des Impfens ist häufig etwas, das tief verwurzelt ist in Werten und Weltanschauungen. Das ist schwer zu ändern.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page

Die Professorin erklärt das gebremste Impftempo auch mit mangelnder oder fehlerhafter Information und der Bequemlichkeit vieler Mitbürger, sich evidenzbasiert zu informieren:

Falsch-Wissen kommt von alleine vorbei. Das gute Wissen nicht.

Sie plädiert dafür, mit Blick auf den Herbst und eine denkbare vierte Welle das Impftempo systematisch zu beschleunigen – auch indem der Staat das Impfgeschehen in die Einkaufzonen und Freizeitanlagen verlagert, um die Impfmüden da abzuholen, wo sie sind:

Wir müssen jetzt auf die Tube drücken und schnell die Zögerlichen und die Unentschlossenen erreichen, indem wir das Impfen einfach machen.

Fazit: Diese Frau legt die Faktenbasis für die beginnende Debatte über eine gesetzliche Impfpflicht. Ich würde sagen: Ein Pflicht-Podcast für alle, die mitreden und mitentscheiden wollen.

Armin Laschet lacht bei Besuch der von der Flutkatastrophe schwer getroffenen Stadt Erftstadt © dpa

Die Flutkatastrophe hat den Menschen vor Ort geschadet und den Politikern nicht viel genützt. Obwohl alle drei Kanzlerkandidaten im Krisengebiet unterwegs waren – Laschet und Scholz mit Kamera-Begleitung; Baerbock ohne – wurden sie auf Twitter zumeist mit negativer Tonalität versehen. Die Grundlage dieser Grafiken ist die Zusammenarbeit zwischen ThePioneer und dem in Köln ansässigen Medien-Analyse-Unternehmen Unicepta, das die Sichtbarkeit und die Tonalität in den klassischen und den sozialen Medien datengestützt erhebt.

  • Am härtesten hat es Laschet erwischt, der zwar eine hohe Sichtbarkeit aufwies, aber aufgrund seiner Lachszene keine Pluspunkte sammeln konnte. Die Flut hat ihn zurückgeworfen.

Eine Infografik mit dem Titel: Laschet: Hohe Sichtbarkeit, negativ überwiegt

Sichtbarkeit und Bewertung auf Twitter im Zuge der Flutkatastrophe im Zeitraum vom 15. bis 27. Juli 2021

  • Annalena Baerbock sah besser aus, aber nicht viel. Die Twitter-Community, der ihr Co-Pilot Robert Habeck vor langem schon aufgrund der oft rüpelhaften Twitter-Debatten Adieu gesagt hat, goutierte ihren Einsatz nicht. Dabei hat kein Politiker so fleißig zur Flutkatastrophe getwittert wie sie und ihr Team. Damit wollte sie ihre fehlende Bildbegleitung ausgleichen.

Eine Infografik mit dem Titel: Baerbock: Geringe Sichtbarkeit, negativ überwiegt

Sichtbarkeit und Bewertung auf Twitter im Zuge der Flutkatastrophe im Zeitraum vom 15. bis 27. Juli 2021

  • Am besten schneidet Olaf Scholz ab, der zwar kaum wahrgenommen wurde. Aber wenn, dann meist positiv. Seine Zurückhaltung – auch in der Wahrnehmung – war gewollt.

Eine Infografik mit dem Titel: Scholz: Minimale Sichtbarkeit, positiv überwiegt

Sichtbarkeit und Bewertung auf Twitter im Zuge der Flutkatastrophe im Zeitraum vom 15. bis 27. Juli 2021

  • Am vierten Wettkampftag holten Ricarda Funk im Kanuslalom sowie die deutsche Dressur-Equipe die ersten beiden Goldmedaillen für Deutschland. ​​Dorothee Schneider mit Showtime, Isabell Werth mit Bella Rose und Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera siegten vor den USA und Großbritannien.

Ricarda Funk © dpa
  • Für eine Sensation sorgt die Goldmedaille für Flora Duffy im Triathlon der Frauen. Sie gewann das erste olympische Gold in der Geschichte Olympias für Bermuda. Das Land mit nur 64.000 Einwohnern reagierte euphorisch. Premierminister Burt:

Ganz Bermuda platzt vor Stolz und Bewunderung.

  • Wegen mentaler Probleme hat sich die US-Turnerin Simone Biles, die weltweit ein Star ist, nach einem Wackler am Sprung, dem ersten Gerät, vom Mannschaftswettkampf zurückgezogen – so ging der Sieg an die russischen Turnerinnen.

    Simone Biles © dpa
  • Im Medaillenspiegel führt Japan weiterhin mit zehn Goldmedaillen vor den USA und China. Deutschland liegt auf dem zehnten Rang.

Wall Street © dpa

Gestern Abend herrschte Spannung an der Wall Street: Drei der amerikanischen Tech-Giganten verkündeten ihre Quartalszahlen.

Alphabet, heute Nacht © yahoo finance
  • Die Reklame verlässt das bedruckte Papier und wandert weiter ins Internet: Steigende Werbeeinnahmen haben dem Google-Mutterkonzern Alphabet erneut einen Umsatzsprung beschert. Die Erlöse im zweiten Quartal stiegen währungsbereinigt um 57 Prozent auf 62 Milliarden Dollar.

    Der Gewinn legte noch stärker zu. Alphabet meldete für das zweite Quartal ein Nettoergebnis von 18,5 Milliarden Dollar – nach knapp 7 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum. Der Lockdown – und damit der Ausfall des stationären Einzelhandels – hat dem Konzern ausgesprochen gut getan.

Apple, heute Nacht © yahoo finance
  • Apple brillierte mal wieder: Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um 36 Prozent auf 81,4 Milliarden Dollar. Unter dem Strich verdoppelte sich der Nettogewinn auf rund 22 Milliarden Dollar. Der Topseller im Angebot: das iPhone. Der kräftigste Absatzmarkt: China.

Microsoft, heute Nacht © yahoo finance
  • Microsoft übertraf ebenfalls alle Erwartungen. Im Vergleich zum Vorjahresquartal konnte der Konzern seinen Umsatz um 21 Prozent auf 46,2 Milliarden US-Dollar steigern. Auch der Nettogewinn kletterte um 47 Prozent in die Höhe und belief sich auf 16,5 Milliarden Dollar. Vor allem das Cloud-Geschäft spülte das Geld in die Kassen von Microsoft. Bei SAP dürfte man heute morgen feuchte Augen bekommen.

Polizist in Hongkong © dpa

Das Hongkonger Sicherheitsgesetz wurde vor einem Jahr, am 1. Juli 2020, verabschiedet. Nun wurde es das erste Mal bei einem Urteilsspruch angewendet.

Der 24-jährige Kellner Tong Ying Kit war – wenige Stunden nachdem das Gesetz erlassen wurde – mit seinem Motorrad in eine Polizeiabsperrung gefahren. Im Gepäck hatte er eine Fahne mit dem Slogan: „Liberate Hong Kong- Revolution of our times“.

Der seit dem 6. Juli 2020 in Untersuchungshaft sitzende Tong wurde für Terrorismus und Separatismus verurteilt. Der Richter argumentierte, dass der Slogan auf der Fahne andere anstiften könnte, sich der separatistischen Bewegung in der ehemals britischen Kolonie anzuschließen.

Das Verfahren fand ohne Geschworene statt, obwohl das Schwurgerichtsverfahren in Hongkong seit 176 Jahren üblich ist. Nach den Vereinbarungen für die Übergabe Hongkongs 1997 sollte die Metropole weitgehende Autonomie und politische Freiheit genießen. Der Wortbruch Chinas wurde gestern offensichtlich.

Herbert Grönemeyer, 22.07.2021 © dpa

Deutschlands Pop-Industrie dreht auf – oder tut zumindest so. Nach der Kontroverse um die Preisverleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang, die wegen antisemitischer Texte stark kritisiert wurden, hat man die namhafteste Auszeichnung der deutschen Musikindustrie, den Echo, 2018 abgeschafft. Ein Weiter-So schien ausgeschlossen, der Schaden wäre zu groß gewesen, so die Begründung.

Bei dem Echo waren die Verkaufszahlen entscheidend. Nun soll ein neuer Musikpreis gegründet werden, frei von kommerziellen Aspekten und ausschließlich zur Würdigung der künstlerischen Leistung. Nach dem Vorbild der Deutschen Filmakademie soll eine neue Akademie für Popmusik gegründet werden. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Herbert Grönemeyer und Schlagersänger Roland Kaiser. So sehen in der deutschen Musikindustrie Revolutionen aus.

  • USA: Amerika first: Joschka Fischer analysiert die deutsche Abhängigkeit vom amerikanischen Bündnispartner.

  • Lasch-O-Mat: Wie zwei lokale FDP-Mitglieder den Unions-Kanzlerkandidaten aufs Korn nehmen.

Samuel Sachs © Goldman Sachs

Obwohl die Deutschen mit der Aktie fremdeln, haben sie das Wertpapier in Amerika eingeführt. Es waren die Nachfahren deutscher Einwanderer in den USA, die das enorme Potential von Wertpapieren erkannten. Zu den Pionieren gehört Samuel Sachs, der Sohn zweier Einwanderer aus dem unterfränkischen Rödelmaier. Er wurde heute vor 170 Jahren im amerikanischen Maryland geboren.

Mit seinem langjährigen Freund Philip Lehman, einer der Lehman Brothers und ebenfalls Unterfranke, führte er die Möglichkeit ein, dass neu gegründete Unternehmen durch die Ausgabe von Aktien schnell und einfach an Kapital kommen konnten. Ein System, das sich bis heute bewährt hat.

 © dpa

Samuel Sachs selbst war Buchmacher und heiratete sich seinen Weg in das Bankgeschäft: 1882 gab er Louisa Goldman, der Tochter des Finanzunternehmers Marcus Goldman, ebenfalls frisch zugewandert aus Unterfranken, das Ja-Wort. Noch im gleichen Jahr stieg Sachs in das Unternehmen seines Schwiegervaters ein, welches bald schon auch seinen Namen trug: Goldman Sachs, heute eine der größten Investmentbanken der Welt.

Das Geschäftsmodell der Investmentbanken mit den Aktionären hat keiner besser beschrieben als André Kostolany:

Wer viel Geld hat, kann spekulieren. Wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren. Wer kein Geld hat, muss spekulieren.

Ich wünsche Ihnen einen beherzten Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

Abonnieren

Abonnieren Sie den Newsletter The Pioneer Briefing