heute treffen die Ministerpräsidenten mit dem neuen Kanzler zusammen, um – befeuert von Prof. Karl Lauterbach – die allgemeine Impfpflicht vorzubereiten. Doch die Lage hat sich – das sollten der Kanzler und sein Team vorab wissen – seit Beginn der Impfdebatte gravierend verändert. Die frühe Festlegung von Olaf Scholz auf die Impfpflicht („Ich als Abgeordneter werde ihr zustimmen, um das ganz klar zu sagen“ / 30.11.2021) dürfte nicht mehr zu halten sein. Hier die fünf Fakten, die Scholz zum Rückzug veranlassen sollten:
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1. Die neue Omikron-Variante setzt sich überall durch – und das ist eine positive Nachricht. Denn: Die Gefahr, sich anzustecken steigt zwar, aber die Gefahr, auf der Intensivstation oder gar auf dem Friedhof zu landen, sinkt. Und sie sinkt rapide. Die Zahlen der Hospitalisierungen und der Toten haben sich vom Infektionsgeschehen entkoppelt.
Eine Analyse von Patienten in Houston fand heraus, dass bei den Omikron-Patienten die Wahrscheinlichkeit der Einlieferung ins Krankenhaus nur ein Drittel gegenüber der Delta-Variante beträgt. In Großbritannien ergab eine Studie, dass die Wahrscheinlichkeit der Hospitalisierung gegenüber Delta um 50 Prozent gesunken ist.
2. Aber: Aufgrund der höheren Infektionszahlen kann auch die geringere Wahrscheinlichkeit der Hospitalisierung zur raschen Überforderung der Kliniken führen. Erstrecht, wenn die langen Quarantäne-Zeiten das medizinische Personal systematisch lahmlegen. Die Experten raten deshalb zur unbedingten Beibehaltung von Home-Office, Abstandsregeln und digitaler Datenrückverfolgung, um bis zum Sommeranfang die Infektionsdynamik zu verlangsamen.
Eine Infografik mit dem Titel: Freie Betten trotz Infektionsrekord
Corona-Zahlen in Deutschland seit dem Höhepunkt im Winter 2020/21, indexiert in Prozent
3. Omikron, auch das ist ein wichtiger Unterschied zur Delta-Variante, attackiert nicht mehr den Atmungsapparat des Menschen. Die milderen Verläufe, von denen allenthalben die Rede ist, sind vor allem deshalb milder, weil Omikron nicht so tief in den Körper eindringt. Dr. Rahul Sharma vom New York-Presbyterian Krankenhaus sagte der New York Times:
© dpaWir schicken nicht so viele Patienten auf die Intensivstation, wir intubieren nicht so viele Patienten und die meisten unserer Patienten, die in die Notaufnahme kommen und positiv getestet werden, werden tatsächlich wieder entlassen.
Auch Prof. Christian Drosten äußerte sich in dieser Woche mit Blick auf die 200.000 täglichen Neuinfektionen in Großbritannien optimistischer als zuvor:
Die Einweisungsraten auf die Intensivstationen schleppen jetzt so langsam nach, aber ziemlich langsam. Wirklich so langsam, dass man da im Moment den Eindruck hat: Vielleicht baut sich da gar nicht so ein großes Problem auf.
Eine Infografik mit dem Titel: USA: Die entkoppelte Pandemie
Corona-Zahlen in den USA seit dem Höhepunkt im Winter 2020/21, indexiert in Prozent
4. Vor allem die Todeszahlen entwickeln sich günstiger, sodass die apokalyptischen Befürchtungen (Jens Spahn: „geimpft, genesen, gestorben“) sich nicht zu bewahrheiten scheinen. In den USA dauert es üblicherweise drei Wochen, bis sich ein Anstieg der Infektionen in den Todeszahlen abbildet. Vier Wochen nach dem Omikron-Anstieg ziehen die Todesfälle noch immer nicht nach. Im Ursprungsland der Variante, Südafrika – nahezu 100 Prozent der Fälle sind hier Omikron geschuldet – flacht bereits das gesamte Infektionsgeschehen wieder ab.
Eine Infografik mit dem Titel: Südafrika: Omikron auf dem Rückzug
Infektionen und Todesfälle mit COVID-19 in Südafrika seit Auftreten der Omikron-Variante, indexiert in Prozent
5. Last, but not least: Der Satz, dies sei die Pandemie der Ungeimpften, ist nicht mehr richtig. Das wiederum ist für die juristische Bewertung und für die Frage, ob eine Impfpflicht noch angemessen ist angesichts der tiefen Eingriffe in das Recht auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit, von großer Bedeutung.
Hier das Faktum: Die Nicht-Geimpften und die Geimpften sind beide Träger des Virus und damit Überträger der Krankheit. Der Geimpfte schützt sich besser – er hat systematisch eine geringere Chance schwer oder gar tödlich zu erkranken – aber: Er schützt nicht automatisch den Nächsten. Er ist weiterhin ein Gefahrenherd für alle anderen, weshalb ein wichtiger Grund für die gesetzliche Impfpflicht, der Schutz der Gesellschaft, nicht mehr in dieser Bestimmtheit angeführt werden kann. Omikron macht auch den Geimpften krank und macht ihn – und darauf kommt es hier an – zum Wirtstier für das Virus.
Eine Infografik mit dem Titel: Infektion trotz Impfung
Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland nach Impfstatus und Altersgruppe
Fazit: Die Diskussion der Ministerpräsidenten mit Kanzler und Gesundheitsminister sollte die neue Faktenlage in den Prozess einbeziehen. Von einer Mit-Dem-Kopf-Durch-Die-Wand-Politik ist angesichts der Überprüfung durch das Verfassungsgericht abzuraten. Das Diktum von Adenauer gilt auch für Scholz:
In der Politik geht es nicht darum, recht zu haben, sondern, recht zu behalten.
Prof. Alexander Ehlers ist Jurist und Mediziner. Er zählt damit zu der seltenen Spezies der Medizinrechtler in der Bundesrepublik und kann jene Fragen, denen sich heute auch die Ministerpräsidenten stellen müssen, kompetent beantworten. Im Morning Briefing Podcast erläutert der erklärte Befürworter der Impfpflicht, welche Rechtsfolgen dem Rechtsakt der Impfpflicht folgen müssen, damit sie wirkt.
Eine Impfpflicht ohne Rechtsfolge, das ist ein zahnloser Tiger. Wenn sie wirklich Wirkung zeigen soll, dann muss ich eine Rechtsfolge für denjenigen anhängen, der sich dieser Impfpflicht nicht beugt. Er hat zwar die freie Entscheidung, aber wenn er sich entscheidet, sich nicht impfen zu lassen, dann muss er eben damit rechnen, dass ein Bußgeld gegen ihn verhängt wird.
Ein „Freikaufen“ von der Impfpflicht durch ein einmaliges Bußgeld sei nicht ausreichend, sagt Ehlers:
Man könnte sich vorstellen, dass bei einem ersten Verstoß ein Bußgeld in der Größenordnung von 300 bis 500 Euro fällig wird. Im Laufe eines Jahres, wenn man weiterhin der Aufforderung zur Impfung nicht nachkommt, würde dies um weitere 500 Euro und nochmals um weitere 500 Euro steigen, sodass am Jahresende für den Impfverweigerer ein Betrag in Höhe von 1500 Euro herauskommen könnte.
In der Kaskade der Rechtsfolgen zählt für Ehlers auch die Einrichtung eines zentralen Impfregisters:
Das Register ist eine notwendige Ergänzung der Impfpflicht. Ich sehe es letztendlich als Medium, um eine wirksame Umsetzung der Impfpflicht zu realisieren.
Fazit: Wer einen Blick in den Instrumentenkasten des Staates werfen möchte, ist in diesem Podcast gut aufgehoben. Tapfere vor!
In der kommenden Woche hat der neue Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck seinen ersten großen Auftritt vor den Hauptstadtjournalisten. Im Gepäck: Sein Sofortprogramm zum grünen Umbau des Landes.
Fest steht: Habeck will die Öko-Energien bis 2030 zur Hauptenergiequelle des Landes machen, 80 Prozent des Strombedarfs sollen dann aus Wind, Solar & Co. gespeist werden. Dazu muss er rund 16.000 neue Windräder im Land aufstellen und acht Millionen neue Photovoltaik-Anlagen bauen.
In einem 20-seitigen Maßnahmenplan haben die Beamten des Ministeriums dem Minister aufgeschrieben, wie es gehen könnte. Unser Hauptstadt-Team kennt exklusiv Details aus dem Programm:
Eine Solarpflicht für die Dächer von neuen Gewerbebauten ist demnach geplant.
Im Planungs- und Genehmigungsrecht soll künftig der Vorrang für Anlagen der Erneuerbaren Energien gelten.
Auch die Reduzierung der Artenschutz-Klagemöglichkeiten wird empfohlen. Das wäre neu: Kröten und Wandervögel müssen zurückstehen vor dem Ausbau-Interesse der Grünen.
Geplant sind Steuererleichterungen für ökologische Dachsanierungen, zahlbar an den Eigentümer.
Großzügige Genehmigung und Förderung von Solardächern auf Parkplätzen und Supermarktdächern.
Die Reduzierung der Abstandsregeln zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung, die bisher vor allem von grünen Bürgerinitiativen abgelehnt wird.
Das Maßnahmenpaket von Robert Habeck lesen Sie im Newsletter Hauptstadt Das Briefing, der werktäglich ab sechs Uhr verschickt wird, und den Sie hier bestellen können.
Es klingt wie Reklame und ist doch mittlerweile die Realität: Mit dem, was die Pioneer-Redaktion täglich zusammenträgt, sind Sie schneller, tiefer und präziser informiert als mit jeder Tageszeitung.
Bereits als Generalsekretär hat er hier geredet. Als Parteichef in der Außerparlamentarischen Opposition kam er wieder. Gestern hatte er erstmals als Finanzminister seinen Auftritt beim Drei-Königstreffen der FDP.
Er verbreitete Hoffnung auf eine evidenzbasierte Corona Politik und verteidigte den Zentralwert des Liberalismus, die Freiheit:
Der Schutz der Gesundheit ist ein hohes Gut, aber das höchste Gut unserer Verfassung, das ist und bleibt die Freiheit.
Und inzwischen – wer hätte das vor sechs Monaten gedacht? - beschwört der FDP-Chef, der so gerne mit der Union regieren wollte, geradezu leidenschaftlich, was nun mit SPD und Grünen alles geht:
Das ist ein Projekt dieser neuen Ampel-Koalition: Eine offene, tolerante Gesellschaft, die sich bereichert fühlt, wenn Menschen, die unsere Werte teilen, bei uns ihr Glück suchen wollen.
Aber er sandte, schon um die innere Machtbalance im Parteienspektrum zu halten, einen Gruß auch in Richtung der Union:
Ich setze Hoffnung in Friedrich Merz. Da wird sich entscheiden, welchen Weg die Union geht.
Fazit: Der FDP Chef hat bewusst unterhalb seiner rhetorischen Möglichkeiten gesprochen; er will jetzt nicht flott, sondern ernsthaft sein: Relevanz geht vor Reichweite.
Wenn Christian Lindner, der heute übrigens Geburtstag hat, nicht Politiker, sondern Schauspieler wäre, würde man vom Rollenwechsel sprechen: Der Serienheld vom Vorabend-Programm wechselt in die Primetime – und dort ins Charakterfach. Herzlichen Glückwunsch.
Ärger droht dem Chefliberalen im Amt des Bundesfinanzministers allerdings am Montag vom Bundesrechnungshof.
Dann wollen die Prüfer ihr Urteil über Christian Lindners Nachtragshaushalt gegenüber dem Bundestag abgeben. Das Gutachten liegt meinem Kollegen Michael Bröcker bereits vor und die Prüfer urteilen scharf. Die Zuweisung von 60 Milliarden Euro aus dem Haushalt in den Sonderfonds für Klimaschutzmaßnahmen wird als „verfassungsrechtlich zweifelhaft" bewertet.
Begründung: Der Klimawandel stelle keine akute, plötzlich auftretende Krise im Sinne des Grundgesetzes dar, sondern eine dauerhafte politische Herausforderung. Dann allerdings dürfe der Minister nicht mit einem Sondervermögen am Bundeshaushalt und an der Schuldenregel vorbei operieren.
Die Argumente aus dem Gutachten und was die Opposition Lindner androht, können Sie und der Finanzminister gleich hier nachlesen.
Die deutsche Inflationsrate hält sich nicht an die Vorgaben der EZB: sie steigt und steigt. Im Jahresschnitt 2021 kletterte die Inflation auf 3,1 Prozent und stieg damit so stark wie seit 1993 nicht mehr. Laut einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes hat sie sich, entgegen den Erwartungen der EZB-Expertin Prof. Isabel Schnabel, zum Jahreswechsel noch einmal beschleunigt und lag im Dezember mit 5,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Damit stieg die Teuerungsrate zum sechsten Mal in Folge an.
Mit sechs Prozent stiegen vor allem die Preise für Nahrungsmittel stärker als im Vormonat. Im November hatten sie um 4,5 Prozent zugelegt.
Dienstleistungen verteuerten sich um 3,1 Prozent.
Die Energiepreise waren, wie in den vergangenen Monaten auch, mit 18,3 Prozent der stärkste Preistreiber.
Der Wirtschaftsweise Volker Wieland, Professor für Monetäre Ökonomie an der Universität Frankfurt, kritisiert gegenüber der Wirtschaftswoche die Tatenlosigkeit der EZB:
Der Ausschluss einer möglichen Zinserhöhung 2022 ist schwer zu begründen und unnötig.
Er rät: Die EZB sollte dem Beispiel der amerikanischen Fed folgen und bereits 2022 die Zinswende einleiten – anstatt erst 2023 oder gar erst 2024.
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Dem Narrativ der EZB, wonach die Preissprünge nur ein kurzfristiges Phänomen seien, widersprechen immer mehr Experten. Der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) Dirk Jandura wird deutlich:
Die EZB tut nicht zu wenig, sie tut das Falsche.
Das Protokoll der letzten FED-Sitzung am Mittwoch hat die Märkte in Aufruhr versetzt und viele Indizes und vor allem die beliebten Technologie- und Wachstumswerte auf Talfahrt geschickt.
Denn das Protokoll spricht eine klare Sprache: Das Ende der Nullzinsära rückt näher. Die massiven Aufkäufe von Anleihen durch die FED werden enden. Der Fahrplan zur Normalität steht.
Die Analysten von Goldman Sachs erwarten ein Auslaufen der Aufkäufe durch die FED im März und prophezeien drei Zinserhöhungen im Jahr 2022 und im darauffolgenden Jahr ebenfalls drei weitere Zinserhöhungen. Die Experten von Goldman Sachs erwarten zum Jahresende, dass der amerikanische Staat 1,3 Prozent für Anleihen über zwei Jahre zahlt und fast zwei Prozent über fünf Jahre.
Während dies die Sparer im Dollarraum erfreut, hat es die Talfahrt von Technologie- und Wachstumsunternehmen beschleunigt. Höhere Zinsen belasten künftige Gewinne. Der entscheidende Satz im Protokoll lautet:
Einige Entscheidungsträger haben darauf hingewiesen, dass es angebracht wäre, zeitnah nach Anhebung des Leitzinses mit der Reduzierung der Bilanz der Federal Reserve [durch Beendigung von Anleihekäufen] zu beginnen.
Kurzerhand hat Wladimir Putin seine Aufmerksamkeit von der Ukraine nach Kasachstan verlagert: Im Rahmen einer offiziellen „Friedensmission“ wurden russische Fallschirmjäger in das Nachbarland verlegt, um die dortige Sicherheit zu gewährleisten, wie es hieß.
Der Hintergrund des russischen Eingreifens sind soziale Unruhen: Seit Sonntag waren Tausende Kasachen gegen Armut und Ungleichheit auf die Straßen gegangen. Eine Verdoppelung der Gaspreise zum Jahresbeginn entfachte den Aufstand, in dem über Tote auf Seiten der Sicherheitskräfte wie der Aufständischen berichtet wird.
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Nun will die Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (ODKB) mit rund 3600 Soldaten aus Russland, Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgistan die Lage in Kasachstan unter Kontrolle bringen. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte sich an das Bündnis gewandt, und „Hilfe bei der Überwindung dieser terroristischen Gefahr“ angefordert.
Das Erklärmuster ist aus Zeiten des Kalten Krieges bestens bekannt. Vasallenstaaten rufen den großen Bruder um Hilfe an. Die russische und kasachische Argumentation – auch das hat Methode – sprechen von einer Bedrohung aus dem Ausland, die es abzuwenden gelte. Die „terroristischen Banden“ seien „international“, wie Präsident Tokajew äußerte. Das russische Außenministerium sekundiert:
Wir sehen die jüngsten Ereignisse in einem mit uns befreundeten Land als von außen inszenierten Versuch, auf gewaltsame Weise, mit der Benutzung vorbereiteter, organisierter und bewaffneter Formationen die Sicherheit und Integrität eines Staates zu untergraben.
Gelernt ist gelernt: Mit demselben Argumentations- und Reaktionsmuster ist die Rote Armee bereits 1956 in Ungarn und 1968 in Prag einmarschiert.
Im Morning Briefing Podcast spricht meine Kollegin Chelsea Spieker mit der Zentralasien-Expertin Edda Schlager. Sie lebt seit Jahren in Kasachstan und arbeitet von dort aus als Journalistin und Auslandskorrespondentin.
Die Verdoppelung der Gaspreise sieht sie nicht als Grund für die gewalttätigen Aufstände:
Es hätte die Stromkosten betreffen können oder stark steigende Lebensmittel. Ich denke, das war jetzt der Funke, der das ausgelöst hat.
Die Frage des Ursprungs der Gewalt bliebe aber ungeklärt:
Jetzt stellt sich die Frage, wodurch wurde diese Gewalt wirklich ausgelöst? Waren das normale Leute, die bessere Lebensbedingungen gefordert haben oder wurde das möglicherweise tatsächlich angefeuert durch Menschen, die von außerhalb zum Beispiel nach Almaty gebracht wurden oder gefahren sind.
Zu den wichtigen Fragen gehöre auch, warum der kasachische Präsident bereits kurz nach Ausbruch der Proteste Russland um Hilfe gebeten hatte. Schlager:
Eine Variante ist, dass er kein Vertrauen in die kasachischen Sicherheitsbehörden hat und meint, dass sie ihm nicht gehorchen, weil sie jemand anders gegenüber loyal sind.
Heute vor 45 Jahren wurde die Charta 77 in führenden europäischen Zeitungen, wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, The Times und Le Monde, veröffentlicht. Das Dokument war die bedeutendste Protestpetition in der damals kommunistischen Tschechoslowakei und wies auf die alltäglichen Menschenrechtsverletzungen hin. Sie forderte die kommunistische Regierung auf, ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Menschenrechte nachzukommen, die sie in der Helsinki-Schlussakte eingegangen war.
So bezeichnet die Charta das Recht auf freie Meinungsäußerung als in der Tschechoslowakei „völlig illusorisch”, da es von „machthaberischer Willkür systematisch eingeschränkt” werde. Im Land würden die bürgerlichen Rechte durch ein System der Unterordnung unter die politischen Direktiven der KP de facto suspendiert.
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Ein Initiator und Mitverfasser der Charta 77 war Václav Havel. Der Dramatiker gehörte zu den führenden Regimekritikern des Landes und organisierte Jahrzehnte später im November und Dezember 1989 die sogenannte Samtene Revolution, die schließlich zum Systemwechsel führte und ihn zum ersten Präsident der Tschechischen Republik machte.
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Obwohl die Charta 77 nie in tschechoslowakischen Medien veröffentlicht wurde, war ihr Inhalt innerhalb weniger Tage im ganzen Land bekannt – auch ohne Twitter und Facebook. Bis heute dient sie als Vorbild im Kampf für die Menschenrechte. So rekurriert beispielsweise die Charta 08, die zu Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung und freien Wahlen in der Volksrepublik China aufruft, auf exakt dieses Dokument. Der Künstler Ai Weiwei und spätere Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo haben sie mitverfasst.
Ihre Ambition ist – wie im Falle der Charter 77 - der friedliche Regimewechsel. Ihre Erfolgsaussichten sind ungewiss. Die chinesische KP ist genauso schwerhörig, nur viel erfolgreicher und dadurch mächtiger.
Ich wünsche Ihnen ein Wochenende der Gelassenheit. Es grüßt Sie auf das Herzlichste,
Ihr