der größte Konflikt der Gegenwart ist nicht der zwischen Amerika und China und auch nicht das Drama, das sich hierzulande zwischen Impfgegnern und Impfbefürwortern abspielt. Der Jahrhundertkonflikt, dessen teilnehmender Beobachter wir sind, ist der zwischen der natürlichen Umwelt und dem industrialisierten Menschen.
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Die große Wohlstandsmaschinerie des 20. Jahrhunderts hat verarmte Bauern und rechtlose Proleten aus ihrer Unmündigkeit befreit und zu Arbeitern und Bürgern befördert. Das Zusammentreffen von beschleunigter Industrialisierung und einer demokratisch organisierten Teilhabe an deren Erträgen, das war der große Glücksmoment in diesem an Unglücken so reichen 20. Jahrhundert.
Eine Infografik mit dem Titel: Der Temperaturrekord
Abweichung der globalen Mitteltemperatur im Vergleich zum Bezugszeitraum 1986-2005 und Prognose bis 2100, in Grad Celsius
Zugleich aber hat dieser bis heute andauernde Glücksmoment die natürlichen Lebensgrundlagen derer, die sind und derer, die da noch kommen, benutzt, verbraucht und auch geschändet. Der Klimawandel als Folge einer von Kohle, Gas und Benzin befeuerten Wohlstandsgesellschaft ist die Herzrhythmusstörung einer überforderten Umwelt. Heute wissen wir: Wenn der Planet so weiterlebt, werden nicht alle, aber viele seiner lebenswichtigen Ökosysteme kollabieren.
Womit wir bei Robert Habeck wären. Der neue Superminister für Wirtschaft und Klimaschutz muss diesen Jahrhundertkonflikt zwischen Ökonomie und Ökologie in einem Ministerium und in seinem Kopf aushalten. Er kann sich nicht, wie das bislang zwischen Umweltministern und Wirtschaftsministern auf der ganzen Welt üblich war, auf eine Seite schlagen.
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Er ist jetzt der Lobbyist der Bäume und der Familienunternehmer.
Er muss – das ist die neue, die wilde Jobbeschreibung – Wald und Wall Street gemeinsam denken.
Er muss Gier und Genügsamkeit austarieren, das Fortschrittsdenken der Wirtschaft und die Sehnsucht der Natur nach Ruhe und Balance zu einer Synthese vereinen.
Eine Infografik mit dem Titel: Was muss passieren?
CO2-Emissionen nach Brennstoff und notwendige Reduktion, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, in Gigatonnen CO2
Die schicksalsmächtigen Fragen sind aufgeworfen, die in 16 Jahren konservativer Vorherrschaft – wobei hier auch die Sozialkonservativen der SPD gemeint sind – gestellt, aber nie beantwortet wurden:
Eine Infografik mit dem Titel: Der globale Energiemix
Globaler Energieverbrauch nach Energieträger seit 2000 und Prognose ab 2018, in Exajoule
Wenn Deutschland aus Kernenergie und Kohle gleichzeitig aussteigt und Wind und Sonne keinen grundlastfähigen Strom liefern, wie kann dann eine Stromversorgung aussehen, die nicht im Blackout endet?
Wie treiben wir die Dekarbonisierung der Volkswirtschaft voran, ohne dass daraus eine Liquidierung lokaler Produktion wird, der eine groß angelegte Verlagerung in die Entwicklungsländer folgt?
Wie verhindern wir, dass die Klimapolitik – wie von der Wirtschaftsweisen Professor Veronika Grimm befürchtet – zur Umverteilung von unten nach oben führt, weil der einfache Mieter zwar die CO2-Steuer aufgebrummt bekommt, aber die Ölheizung nicht rausreißen kann und ihm auch das Geld für den Tesla fehlt?
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Und dann die Frage aller Fragen: Wie stellt Deutschland sicher, dass der Westen grün und nicht rot wird, wenn das Kohleland China uns nicht als fortschrittlich, sondern womöglich als naiv empfindet und unsere Transformation zur eigenen Expansion nutzt?
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Eine Infografik mit dem Titel: Hitparade der Klimasünder
Die acht größten CO2-emittierenden Länder nach Anteil an weltweiten CO2-Emissionen sowie der Rest der Welt 2020, in Prozent
Habeck darf jetzt nicht – wie es die Herkunft der Anti-Parteien-Partei vielleicht nahe legen möge – protestieren und polemisieren, er muss Lösungen liefern. Er muss es zumindest probieren. Sein neues Superministerium darf eben beides nicht sein: keine Tochtergesellschaft des Status quo und zugleich eben auch kein Abrissunternehmen. Vielleicht sollte sich der neue Vize-Kanzler als Vorstand für Forschung und Entwicklung der Deutschland AG betrachten.
Unter Live-Bedingungen führt er ein großes Menschenexperiment durch, von dessen Gelingen viel abhängt. Bangemachen gilt nicht: Der ambitionierte Politiker muss ins Gelingen verliebt sein. Möge sich Habeck mit Albert Camus trösten:
Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
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Spätstart bei den Grünen: Der ursprünglich für gestern geplante Start einer Urabstimmung über den Koalitionsvertrag unter den Grünen-Mitgliedern wurde auf heute verschoben. Nach einem Machtkampf zwischen den grünen Linken und dem Realo-Flügel über die Besetzung der Ministerposten – im Mittelpunkt des Gefechts standen der Realo Cem Özdemir und der Partei-Linke Anton Hofreiter – haben die Grünen am späten Abend ihre Personalien verkündet. Hofreiter hatte während der Verkündung des Koalitionsvertrages hektisch vor dem Tagungsraum im Berliner Westhafen telefoniert, unmittelbar vor der PioneerOne.
Auswärtiges Amt: Annalena Baerbock
Wirtschaft und Klimaschutz: Robert Habeck (Vizekanzler)
Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Anne Spiegel
Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Steffi Lemke
Ernährung und Landwirtschaft: Cem Özdemir
Staatsministerin für Kultur und Medien: Claudia Roth
Die FDP hatte bereits am Mittwoch ihre Minister für die ihr zustehenden Häuser nominiert – die Posten sind jedoch nicht paritätisch besetzt:
Finanzminister wird Christian Lindner.
Der bisherige erste parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann konnte sich das Justizministerium sichern.
Das Verkehrs/Digitalisierungsministerium übernimmt Volker Wissing.
Einzig eine Ministerin stellen die Liberalen: Bettina Stark-Watzinger wird verantwortlich für Bildung und Forschung.
Während in Deutschland die Inzidenz auf einen Rekordwert von 419,7 klettert, wurde in Südafrika bereits die nächste Variation des Coronavirus entdeckt: B.1.1529.
Die Variante würde eine ungewöhnlich große Anzahl von Mutationen aufweisen, sich von früheren Inkarnationen „deutlich unterscheiden“ und gebe „Anlass zur Sorge“, wie Tulio de Oliveira, Chef des südafrikanischen Genomforschungsinstituts KRISP, gestern erklärte. Bisher wurden fast 100 Fälle dieses neuen Virus festgestellt, einige auch schon im Nachbarland Botswana.
Ob B.1.1529 infektiöser oder gar tödlicher ist als die derzeit dominante Delta-Variante, kann noch nicht gesagt werden. Auch die Wirksamkeit der Impfungen ist noch unklar. Jedoch macht der südafrikanische Gesundheitsminister Joe Phaahla B.1.1529 für einen rasanten Anstieg der Infektionen in Südafrika verantwortlich – nach mehreren Monaten mit nur wenigen positiven Tests. Die Situation sei „ernsthaft besorgniserregend“.
Die britische Regierung setzte gestern Abend sechs afrikanische Länder auf die rote Liste der Risiko-Staaten: Südafrika, Botswana, Namibia, Zimbabwe, Lesotho und Eswatini. Einreisende werden pauschal mit zehn Tagen Quarantäne bedacht.
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Am 8. November gab das Welternährungsprogramm der UN bekannt, dass die Zahl jener Menschen, die weltweit am Rande einer Hungersnot stehen, von 42 Millionen in 2020 in 2021 auf 45 Millionen gestiegen ist. Bemerkenswert ist, dass diese Millionen zusätzlichen Menschen auf ein einziges Land zurückzuführen sind: Afghanistan.
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Die Taliban haben es binnen kürzester Zeit geschafft, die Volkswirtschaft zu ruinieren. Vor allem Frauen werden massiv unterdrückt und aus dem Produktionsprozess zurück gedrängt. Millionen Frauen leiden derzeit unter Arbeits- und Ausbildungsverboten; sie dürfen das Haus ohne Begleitung eines männlichen Verwandten nicht verlassen.
Der Verein HÁWAR.help setzt sich für die selbstbestimmte Entfaltung eines Menschen, unabhängig von Herkunft, Glaube, Geschlecht oder Lebensweise ein. Sein Ziel in diesen Tagen: Afghanischen Frauen mit politischen Entscheidern auf und neben der Bühne zusammenbringen. Am gestrigen Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen veranstaltete der Verein im Rahmen der Initiative #AfghanistanWeSeeYou die „Women’s Conference for Afghanistan“.
© Richard Pflaume
Gründerin und Vorsitzende von HÁWAR.help ist die Autorin und Aktivistin Düzen Tekkal. Im Gespräch mit Chelsea Spieker für den Morning Briefing Podcast erzählt sie von ihren Erfahrungen mit den unterdrückten Frauen Afghanistans:
Vor wenigen Tagen schrieb mir eine junge Frau, dass ihr Vater von der Taliban entführt wurde. Ihre Familie zahlte daraufhin 350.000 Dollar Lösegeld. Als Antwort schickten die Taliban die enthauptete Leiche ihres Vaters. Sie schrieb mir: This is the true face of the Taliban.
Dehalb hat es sich der Verein HÁWAR.help der Aufgabe verschrieben, die Geschichten hinter den Menschenrechtsverbrechen aufzudecken:
Unsere Aufgabe ist, dass wir diesen mutigen Frauen weiterhin die Möglichkeiten geben, über das, was dort passiert, zu sprechen.
Düzen Tekkal sagt:
Wenn wir Menschen im Stich lassen, die unsere Werte teilen, dann verraten wir uns selber.
Nachdem die Freien Demokraten bei der Bundestagswahl 2013 erstmals an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, verlor auch Volker Wissing sein Bundestagsmandat. Was für viele Fraktionskollegen das Ende der politischen Laufbahn bedeutete, war für den Richter und späteren Inhaber einer eigenen Anwaltskanzlei der Beginn eines rasanten Aufstiegs:
Bei der Landtagswahl 2016 in Rheinland-Pfalz trat Volker Wissing als Spitzenkandidat seiner Partei an und führte sie mit 6,2 Prozent der Zweitstimmen zurück ins Parlament. Wenig später war er Verkehrsminister unter der SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Nach einer Zwischenstation als Generalsekretär der Bundespartei wird Wissing in Kürze als neuer Verkehrs- und Digitalisierungsminister im Kabinett Olaf Scholz vereidigt.
© Klick aufs Bild führt zur Podcast-PageIm Gespräch mit ThePioneer-Chefredakteur Michael Bröcker im heutigen Morning Briefing Podcast sagt er:
© dpaMobilitätsfragen sind Zukunftsfragen.
Das Mautdebakel unter seinem Vorgänger Andreas Scheuer möchte er aufarbeiten und zugleich wünscht er sich eine europäische Lösung, denn der Weg zur Elektromobilität verändert auch die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur:
Wenn wir alle einmal elektrisch fahren, dann wird der Staat null Einnahmen über die Mineralölsteuer haben.
Misstrauensantrag gegen Christine Lagarde und Isabel Schnabel: Die Gewerkschaft der EZB-Mitarbeiter IPSO traut der Führung der Notenbank nicht zu, die eigenen Mitarbeiter vor der Inflation zu schützen.
Während die EZB mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent erwartet, werden die Mitarbeiter in Anbetracht sinkender Reallöhne ungeduldig. In einer Mail an ihre Mitglieder schrieb die IPSO, dass die angebotene Lohnaufstockung der EZB von 1,3 Prozent die „Gehälter nicht vor der Inflation“ schützen würde:
Selbst wenn der Anstieg der Inflation nur vorübergehend sein sollte – was wir natürlich alle hoffen – haben wir keine Garantie, unsere Verluste wieder auszugleichen
Weiter heißt es:
Die EZB ist nicht fähig oder nicht willens ihre eigenen Mitarbeiter vor den Auswirkungen der Inflation zu schützen.
Die IPSO plädiert dafür, die Löhne an die Inflation im Euroraum oder in Deutschland zu koppeln. Also eine Scala Mobile einzuführen, wie sie früher in Italien galt. So wäre man vor den durch die Inflation entstehenden Kaufkraftverlusten geschützt.
Christine Lagarde hingegen hält von solchen Indexierungsmethoden – zu Recht – nicht viel. Denn: Bei der Scala Mobile wird die Inflation dadurch bekämpft, dass man sie weiter anheizt. Oder um es mit dem Zauberlehrling von Johann Wolfgang von Goethe zu sagen:
© imagoHerr, die Not ist groß. Die ich rief, die Geister, werde ich nun nicht los.
Die erfolgreichste Band der Musikgeschichte wurde offenbar Opfer einer Bespitzelungsaktion. Zu Beginn des Jahres 1969 hatten sich die Beatles für einen Workshop eingeschlossen, in dem sie über drei Wochen die Songs für ein neues Konzert schreiben wollten.
Eine Kurzdoku sollte die Arbeiten dokumentieren, weshalb ein Filmteam dabei war. So entstanden rund 60 Stunden Videomaterial, die allerdings nie einem Publikum vorgeführt wurden. Denn die Tournee kam nie zustande. Die Songs gefielen der Truppe nicht. Der Dokumentarfilm wurde gestoppt. Eine Armada von Beatles-Anwälten hat das Filmmaterial für mehr als fünfzig Jahre unter Verschluss gehalten – bis jetzt:
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Nun durfte der „Herr der Ringe“-Macher Peter Jackson den exklusiven Stoff sichten und zu einer Doku-Serie verdichten: „Get Back“ enthüllt, dass die Filmemacher Mikrofone in Pflanzen versteckt hatten, um Dialoge authentisch zu dokumentieren.
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Zu hören ist ein Streit zwischen George Harrison und John Lennon. Als Harrison wütend den Raum verlässt, erklärt sein Bandkollege:
Wenn er bis Donnerstag nicht zurück ist, dann holen wir einfach den Clapton.
Nach dem Ende der Dreharbeiten spielten die Beatles noch ein Konzert auf dem Dach ihrer Londoner Plattenfirma. Die Gemeinsamkeiten waren aufgebraucht. Danach war Schluss. Der Film liefert jetzt nach, was noch fehlte: Das Requiem einer Ära. Als Schlussong drängt sich „Yesterday“ förmlich auf:
All my troubles seemed so far away,
Now it looks as though they're here to stay,
Oh, I believe in yesterday.
Suddenly
I'm not half the man I used to be
There's a shadow hanging over me
Oh, yesterday came suddenly
Ich wünsche Ihnen einen entspannten Start in das Wochenende. Bleiben Sie mir gewogen.
Es grüßt Sie auf das Herzlichste,
Ihr