Medien & Wahlkampf

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Guten Morgen,

autoritäre Staaten sind klar im Vorteil – zumindest, wenn es um die mediale Wahrnehmung ihrer Führer geht. Trifft Wladimir Putin in Genf auf Joe Biden, dann kann er sich auf die heimische Medienpräsenz blind verlassen: Putin First.

Eine Infografik mit dem Titel: Russland: Putin First

Mediensichtbarkeit von Putin und Biden in den russischen Medien seit dem 1. Juni 2021

Eine Infografik mit dem Titel: Europa: Biden vor Putin

Mediensichtbarkeit von Putin und Biden in europäischen News-Medien seit dem 1. Juni 2021

Noch wichtiger als die Quantität der Berichterstattung ist deren Tonalität. Auch hier sind die gelenkten den freien Medien überlegen, zumindest aus Sicht des Herrschers. So wurde Putin nach dem Treffen mit dem US-Präsidenten in Russland und beim Bündnispartner China in das wärmende Bad medialer Zustimmung getaucht, wie die Analyse von ThePioneer und der Media-Monitoring Firma Unicepta ergab. Alles gibt es heute schließlich „on demand“, warum nicht auch Applaus für die Figur an der Spitze.

Eine Infografik mit dem Titel: China: Sieger Putin

Putin wird nach dem Treffen der G7 in den chinesischen Leitmedien als Sieger wahrgenommen

Eine Infografik mit dem Titel: Russland: Sieger Putin

Putin wird nach dem Treffen der G7 in den russischen Leitmedien als Sieger wahrgenommen

Eine Infografik mit dem Titel: Europa: Sieger Biden

Biden wird nach dem Treffen der G7 in den europäischen Leitmedien als Sieger wahrgenommen

Womit wir bei Annalena Baerbock wären. Sie hat das Pech, in einem Land zu leben, wo die Medien frei und damit unberechenbar sind. Sie wollen berichten und nicht gefallen. Sie lassen sich kritisieren, aber eben nicht steuern. Man kann sie hassen oder lieben, aber ignorieren sollte man sie nicht.

Diese Medien – und damit wird das Leiden der Annalena Baerbock womöglich chronisch – dürften den heraufziehenden Bundestagswahlkampf maßgeblich beeinflussen, ihn wahrscheinlich prägen und vielleicht sogar entscheiden. Das sollten Baerbock, Friedrich Merz und alle anderen wissen, die mit der Berichterstattung über ihre Person hadern und den Medienanwalt als wichtigsten Mitstreiter begreifen.

Der Versuch, einen Plagiatsjäger zu diskreditieren und der Tagesschau eine Schmutzkampagne gegen die Grünen vorzuwerfen, zeugt vom tiefen Unverständnis der neuen Medienwelt. Denn noch nie besaßen die freien Medien – hier sind die klassischen Blätter, die angestammten TV-Sender und die neuen sozialen Plattformen gemeint – einen derartigen Einfluss auf die Meinungsbildung. Im Politikermarkt besitzen sie sogar das, was das Kartellamt „einen marktbeherrschenden Einfluss“ nennen würde.

Aus fünf Gründen wird dieser Einfluss bei der Bundestagswahl 2021 größer sein denn je:

1. Durch die weltweite Pandemie ist der direkte Kontakt zwischen Spitzenpolitikern und Volk stark eingeschränkt. Die üblichen Auftritte verschwitzter und vor Ambition dampfender Kandidaten in großen Hallen entfallen. Die politische Klasse erlebt gezwungenermaßen ihren ersten wirklichen Medien-Wahlkampf.

2. Die Zahl der Unentschlossenen und die nur noch lockeren Bindungen der verschiedenen Wählerschichten an Parteien verleihen den Medien eine hohe Hebelkraft. Der Wähler kauft partout nicht mehr die Katze im Sack. Er will die Personen medial durchleuchtet sehen. Denn womöglich ist ja das Kätzchen nur ein Goldhamster, der sich auf die Kunst der Hochstapelei versteht.

Eine Infografik mit dem Titel: Grüne: Pannen statt Politik

Umfragewerte der Grünen seit dem 16. Januar 2021, in Prozent

3. Dieses flüchtige Publikum ist zugleich ein konzentriertes Publikum. Es registriert und reagiert unverzüglich, wenn Führungsfragen diffus beantwortet werden. Und andersherum honoriert es politische Geschlossenheit als Voraussetzung von Führung.

Eine Infografik mit dem Titel: Union: Vorteil durch Geschlossenheit

Umfragewerte der Union seit dem 22. Februar 2020, in Prozent

4. Im Zeitalter der Überforderung suchen Menschen neue Erkenntnisse, aber nicht letzte Wahrheiten. Das Alphabet der Apokalypse – Waldsterben, Atomtod, Klimakatastrophe – mögen die meisten nicht mehr buchstabieren. Oder, um es mit Kurt Tucholsky zu sagen:

Ich glaube jedem, der die Wahrheit sucht. Ich glaube keinem, der sie gefunden hat.

5. Die Erosion der Printmedien und die weitgehende ARD/ZDF-Abstinenz jüngerer Wähler schaffen Aufmerksamkeitsräume für die sozialen Netzwerke, in denen die Wähler nun selbst Hand anlegen. Sie posten, plappern und poltern vor sich. So wild und anstrengend hatten jene, auf deren Visitenkarte das Wort „Volksvertreter“ steht, sich das mit der Bürgerbeteiligung nicht vorgestellt.

Fazit: Die freien Medien, erst recht seit sie sich de facto im Volkseigentum befinden, sind die Verbündeten der Bürger, nicht der Politiker. Sie berichten. Sie enthüllen. Sie übertreiben. Und gelegentlich irren sie auch. Wer nach der Alternative sucht, muss in Moskau nachfragen.

Joachim Gauck  © Anne Hufnagl

Das Amt hat er aufgegeben. Der Respekt blieb. Joachim Gauck, der von 2012 bis 2017 in Schloss Bellevue die deutsche Gesellschaft repräsentierte und ihrem Freiheitsdrang leidenschaftlich Ausdruck verlieh, besuchte gestern Abend die PioneerOne. Im Gespräch mit ThePioneer-Chefredakteur Michael Bröcker und einem engagierten Publikum erzählte der 81-Jährige von seinem Verständnis von Toleranz und den Mühen, den Andersdenkenden, den Andersfühlenden und Andersgläubigen zu tolerieren.

So berichtet er von seiner Zeit als praktizierender evangelischer Pastor:

Ich kann gar nicht katholisch sein. Aber ich habe gelernt, sie (die Katholiken) zu mögen. Und so geht es mir auch mit Menschen anderer Kulturen.

Das bedeutet für ihn, den politischen Streit nicht nur zu erdulden, sondern ihn willkommen zu heißen:

Dass die Regierung so kritisch befragt wird, ist auch ein Zeichen von politischer Reife. Wir brauchen in der Demokratie eben auch Streit.

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Er weiß um die Probleme, eine polarisierte Gegenwartsgesellschaft mit Toleranz-Appellen und Freiheitsschwüren zu erreichen:

Früher dachte ich: Hab nur die richtigen Worte, dann kannst du die Leute von deiner liberalen Weltsicht überzeugen. Jetzt weiß ich: Das war ein Irrtum.

Gauck kritisiert die sogenannte Identitätspolitik, die im Bestreben, Minderheiten zu schützen, zuweilen vorsätzlich andere Menschen ausgrenzt. Oder um es in seinen Worten zu sagen:

Ein Land braucht politische Korrektheit, aber nicht als Knüppel.

Im heutigen Morning Briefing-Podcast hören Sie einen Ausschnitt dieses Gesprächs. Die gesamte Unterhaltung mit dem ehemaligen Bundespräsidenten präsentieren wir Ihnen am Samstag als Sonderpodcast aus unserer Reihe „Hauptstadt – Das Briefing“. Freuen Sie sich darauf. Joachim Gauck wird Ihr Wochenende bereichern.

Joachim Gauck und Michael Bröcker mit Publikum auf der PioneerOne © Anne Hufnagl
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Joe Kaeser, der ehemalige Chef des Siemens-Konzerns und heutige Aufsichtsratschef von Siemens Energy und Aufsichtsrat der Daimler AG, springt im Gespräch mit ThePioneer Vize-Chefredakteur Gordon Repinski der angeschlagenen Spitzenkandidatin der Grünen bei.

Joe Kaeser © Anne Hufnagl

Die strittigen Passagen in ihrem Buch seien „Formulierungen, die allgemein da sind an Wissen", sagt Kaeser. Und weiter:

Was mich umtreibt bei der Frage ist: Hätte man das mit Robert Habeck auch gemacht oder macht man das, weil hier eine Frau versucht, eine Veränderung herbeizuführen?

Kaeser unterstrich seine Unterstützung für Baerbock bei der Frage, wer denn Angela Merkel im Kanzleramt beerben solle.

Frau Baerbock als Person hat aus meiner Sicht das größte Potenzial von allen dreien. Sie ist jung, sie steht für Ökologie und für ökologische Erneuerung. Und wenn es ihr gelingt, die Marktwirtschaft als Innovationsmaschine zu begreifen, dann verdient sie eine Chance.

Das gesamte Interview mit Joe Kaeser hören sie am Samstag auf: ThePioneer.de oder in der neuen Pioneer Podcast App, die Sie im Apple-Store oder im Google-Store herunterladen können.

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Veröffentlicht in Tech Briefing Business Class Edition von Christoph Keese.

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Amy Gutmann © Stuart Watson

Seit mehr als einem Jahr ist der Posten des US-Botschafters in Deutschland verwaist. Das soll sich nun ändern. Präsident Joe Biden hat sich laut Informationen des „Spiegels“ für Amy Gutmann entschieden. Die 71-Jährige ist seit 17 Jahren Präsidentin der Elite-Hochschule University of Pennsylvania und offenbar abenteuerlustig.

Vor ihrem Umzug nach Berlin muss sie – wie alle US-Diplomaten – vom amerikanischen Senat bestätigt werden. Sie wäre die erste Frau, die von den US-Amerikanern als Botschafterin nach Deutschland entsandt würde. Als Chefin von knapp 18.000 Mitarbeitern an der University of Pennsylvania dürfte sie das Management der US-Botschaft in Berlin, die seit einem Jahr ohne Botschafter und das heißt in Selbstverwaltung arbeitet, nicht überfordern.

Ihr jüdischer Vater floh 1934 aus Nazi-Deutschland nach Indien und zog 1948 nach New York. Seitdem Barack Obama Amy Gutmann im Jahr 2009 zur Vorsitzenden der Regierungskommission für Fragen der Bioethik ernannte, stand sie der Regierung Obama/Biden als Beraterin zur Verfügung.

Nicht nur Bidens verstorbener Sohn Beau, sondern auch seine Tochter Ashley und seine Enkelin Naomi besitzen einen Abschluss von der University of Pennsylvania. 2013 verlieh Gutmann Biden die Ehrendoktorwürde.

Diese Nähe zur Biden-Familie ist Gutmanns Kapital. In Berlin hofft man, dass es nun auch für Deutschland Zinsen abwirft.

Amy Gutmann und Joe Biden © imago
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Homeoffice © dpa

Die Homeoffice-Pflicht ist mit dem heutigen Tag Geschichte. Die sogenannte „Bundesnotbremse“ lief gestern aus. Das bedeutet, die Unternehmen sind ab heute nicht mehr verpflichtet, das Arbeiten am Küchentisch (oder auf dem Sofa) als Option anzubieten. Der Jogginganzug, der in Zeiten der Pandemie seinen großen Auftritt hatte, verschwindet wieder in den Untiefen der Kleiderschränke.

46 Prozent der Homeoffice-Beschäftigten könnten sich vorstellen, die Hälfte der Zeit weiterhin von Zuhause aus zu arbeiten. Das fand eine repräsentative Erhebung der Versicherung DAK heraus. Zehn Prozent der Befragten wollten gar nicht zurück ins Büro. Nicht wenige dürften das Homeoffice als Vorstufe für ein bedingungsloses Grundeinkommen betrachtet haben.

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  • Laut Robert Koch-Institut bestreitet die Delta-Variante mittlerweile 37 Prozent der Fälle. Vergangene Woche waren es noch 15 Prozent.

  • Erstimpfungen: Deutschland überholt die USA. In Deutschland sind mittlerweile 54,08 Prozent der Bevölkerung erstgeimpft, in den USA sind es 53,80 Prozent.

  • FDP und Grüne schlagen Belohnsysteme und mobile Impf-Teams vor, um gegen die steigende Impfmüdigkeit in Deutschland vorzugehen. Zunehmend wurden in letzter Zeit Impftermine abgesagt, verschoben oder einfach nicht wahrgenommen.

  • Viele Deutsche leiden unter Long-Covid-Symptomen. Deutschlands zweitgrößte Krankenversicherung, Barmer, registrierte zwischen November 2020 und März 2021 mehr als 2900 von Long-Covid betroffene Versicherte.

  • In Portugal steigen die Corona-Zahlen und die Regierung gerät zunehmend dafür unter Druck, 16.500 britische Fußballfans für das Champions-League Finale ins Land gelassen zu haben.

Kasper Rorsted © dpa

Einerseits: Im April 2020 schickte Adidas fast 20 Prozent seiner Mitarbeiter in Deutschland in Kurzarbeit und sicherte sich Kredite in Höhe von drei Milliarden bei der staatlichen Förderbank KfW.

Andererseits: Seit 2018 kauft Adidas eigene Aktien zu teilweise sehr hohen Preisen zurück und gab dafür laut „Handelsblatt“-Berechnungen 2,07 Milliarden Euro aus. Nun kündigte die Firma für 2021 neue Aktienrückkäufe in Höhe von 550 Millionen Euro an.

Der Unternehmensanalyst des „Handelsblatts“, Ulf Sommer, geht hart mit dieser Kurspflege der von Kasper Rorsted geführten Firma ins Gericht. Er schreibt:

Adidas kauft jetzt zu Höchstkursen zurück. Das ist nicht nur ungeschickt, das Programm ist auch gesellschaftspolitisch und moralisch verwerflich.

Er fordert eine andere, eine aufrichtige Kommunikation seitens des Unternehmens:

Adidas sollte Begriffe wie ‚Nachhaltigkeit‛ und ‚gesellschaftliche Verantwortung‛ besser nicht in den Mund nehmen. Stattdessen sollten sie ehrlich sagen: Das Unternehmen gehört allein den Aktionären – und nur ihnen sind wir verpflichtet.

Eine Infografik mit dem Titel: Erfolgreiche Rückkäufe

Kursentwicklung der Adidas-Aktie seit dem 1. April, in Euro

Prinzessin Diana (1997) © dpa

1997 liefen die Brüder William und Harry mit versteinerter Miene hinter dem Sarg von Lady Di. Damals 15 und zwölf Jahre alt, vereinte sie die Trauer um ihre Mutter, die bei einem Autounfall in Paris ums Leben gekommen war. Gemäß den protokollarischen Erwartungen flossen bei den Jungs keine Tränen. William bezeichnete seine demonstrative Emotionslosigkeit später als „Selbstschutz”.

William und Harry bei der Beisetzung ihres Großvaters Prinz Philip im April © dpa

Die Erinnerung an die Mutter verblasste. Mittlerweile gilt das Verhältnis zwischen William und Harry als angespannt. Der jüngere Harry, inzwischen 36 Jahre alt, hat den Einflussbereich der britischen Monarchie in Richtung Amerika verlassen. Das britische Boulevardblatt „Sun“ spricht von den „sich bekriegenden Brüdern“.

Heute wartet die Welt auf ein Zeichen der Aussöhnung, zumindest böte sich eine gute Gelegenheit dazu. Prinzessin Diana würde heute ihren 60. Geburtstag feiern. Ihr zu Ehren wird nachher in London eine Statue enthüllt.

Vielleicht erinnern sich die Brüder dann ihrer so außergewöhnlichen Mutter.

Sie war bescheiden:

Nennt mich Diana, nicht Prinzessin. Nennt mich nicht eine Ikone. Ich versuche nur eine Mutter zu sein, die hilft.

Sie war unkonventionell:

Ich spiele nicht nach den Regeln. Ich führe vom Herzen aus, nicht mit dem Kopf.

Sie besaß einen wachen politischen Verstand:

Das größte Problem in der Welt von heute ist Intoleranz.

Und sie konnte humorvoll sein:

Ich kann nur drei Worte französisch: Yves. Saint. Laurent.

Ich wünsche Ihnen einen beherzten Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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