Merz 3.0

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Friedrich Merz © The Pioneer

Guten Morgen,

Friedrich Merz will nicht mehr der Alte sein. Nach der zweiten Niederlage im Kampf um den CDU-Vorsitz hat er sich zur Neupositionierung seiner selbst entschlossen. Das Ergebnis dessen, was die Amerikaner political profiling nennen, war gestern im Neuköllner Estrel Hotel zu besichtigen:

Korrektur Nr. 1: Der neue Friedrich Merz tritt nicht mehr als Solist, sondern als Dirigent eines Orchesters auf. Die Spielvereinigung heißt in seinem Fall „#TEAMCDU“.

Friedrich Merz © dpa

Korrektur Nr. 2: Der neue Friedrich Merz will nicht mehr als erzkonservativ, sondern als Mann der Mitte wahrgenommen werden:

Es wird mit mir hier keinen Rechtsruck in der Union geben. Es wird auch keine Achsenverschiebung geben.

Korrektur Nr. 3: Der neue Friedrich Merz steht für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – und das gern auch demonstrativ:

Wir müssen uns so organisieren, dass es mit jungen Familien und Kindern auch möglich ist, Spitzenämter in der Politik auszuüben.

Korrektur Nr. 4: Er will jetzt nicht mehr „mehr Kapitalismus wagen“, wie er noch 2008 sein Buch überschrieb; sondern jetzt möchte er mehr Klimaschutz wagen:

Wir werden uns natürlich in den Themen des Klimawandels und der Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie weiterentwickeln müssen.

Angela Merkel © dpa

Korrektur Nr. 5: Der neue Friedrich Merz will nicht mehr schlecht über Angela Merkel sprechen – auch nicht im Halbdunkel der Berliner Hintergrundkreise. Er hat erkannt: Jetzt, wo die ganze Nation sich anschickt, die Noch-Kanzlerin aufs Podest zu heben und sie in das milde Licht einer historischen Verklärung zu setzen, sind Demut und Respekt gefragt.

Korrektur Nr. 6: Der neue Friedrich Merz ist nicht mehr qua definitionem der Größte, sondern kann auch Fehler einräumen. Nach seinen beiden erfolglosen Kandidaturen hat er es abgelehnt, im Präsidium der CDU Platz zu nehmen, weil er in die Exekutive strebte. Jetzt sagt er:

Das war ein Fehler, das hätte ich machen sollen, das bedauere ich bis heute.

Armin Laschet © dpa

Fazit: Friedrich Merz sollte nicht nur aus den eigenen, sondern auch aus den Fehlern der gescheiterten Kurz-Zeit-Vorgänger AKK und Armin Laschet lernen. Oder um es mit dem US-Komiker Groucho Marx zu sagen:

Wir müssen auch aus den Fehlern anderer lernen. Wir leben nicht lange genug, um sie alle selber zu machen.

Friedrich Merz © dpa

Die neue Bewerbung von Friedrich Merz erwies sich als ein Beschäftigungsprogramm für Komödianten. Die „taz“ fühlte sich an das Comeback von Thomas Gottschalk erinnert:

Friedrich Merz © taz

Auch Fabian Köster, Komiker der heute-show, wurde von Friedrich Merz offenbar inspiriert. Auf Twitter schrieb er:

November 2046: Friedrich Merz will zum 17. Mal CDU-Chef werden. Nach der verheerenden Niederlage bei der Bundestagswahl und dem anschließenden Rückzug von Kanzlerkandidat Amthor kündigte Merz nun seine Bewerbung an. ‚Unsere Partei braucht jetzt Erneuerung‘, so der 91-Jährige.

Friedrich Merz in alt © Twitter @koesterfabian

Frank Ulrich Montgomery © dpa

Prof. Frank Ulrich Montgomery war langjähriger Präsident der Bundesärztekammer, bevor er im April 2019 in Santiago de Chile einstimmig zum neuen Vorstandsvorsitzenden des Weltärztebundes gewählt wurde. Ziel des Verbandes ist es, einen hohen ethischen Standard im Gesundheitswesen zu fördern.

Frank Ulrich Montgomery hat Medizin in Hamburg und Sydney studiert und ist seit 1986 Facharzt für Radiologie. Nicht zuletzt durch seinen Auftritt bei Anne Will vor rund einer Woche - in der er von einer “Tyrannei der Ungeimpften" sprach - hat Montgomery in der Debatte um wirksame Coronamaßnahmen hohe Sichtbarkeit erreicht.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page

Im heutigen Morning Briefing Podcast suchen wir nach Klarheit: Wo steht das Land? Was ist jetzt - jenseits aller politischen Korrektheit - zu tun, um diese Pandemie zu stoppen? Er sagt:

Diese apodiktischen Aussagen wie ‚Es wird keine Impfpflicht geben’ oder ‚Es wird keinen Lockdown geben’, halte ich für völlig falsch. Das sind die Kernfehler der Politik.

Aber was meint er damit? Er erläutert:

Wir werden mit Sicherheit lokale, vielleicht regionale oder personenbezogene Lockdowns bekommen.

Um Ungeimpfte von einer Impfung zu überzeugen, bedürfe es keiner generellen Impfpflicht. Dennoch sollten Impfunwillige die Folgen ihres Handelns zu spüren bekommen:

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man jemanden zur Impfung der Polizei vorführt. Aber die Menschen müssen die Folgen ihres verantwortungslosen Handelns spüren. Das heißt für mich, dass wir konsequent 2G und - wie es ihn in Österreich gibt - einen konsequenten Lockdown für Ungeimpfte durchsetzen müssen.

Diese Maßnahmen müssten so weit gehen, dass ungeimpfte Menschen weder am kulturellen noch am ökonomischen Leben teilnehmen. Meine Frage an ihn: „Das heisst, das zivile Leben und das Berufsleben wären damit für Ungeimpfte beendet?” Seine Antwort:

Das ist dann so. Das hat der Betroffene ja selbst in der Hand.

Wer direkten Kontakt mit Menschen hat, wird vor die Alternative gestellt werden, ob er arbeiten will oder nicht.

Karnevalssession auf dem Heumarkt in Köln © dpa

Große Versammlungen wie zum Beispiel beim Kölner Karneval würde der Mediziner auch für Geimpfte nicht empfehlen. Er kritisiert die Entscheidung der neuen NRW-Landesregierung:

Man glaubt dort, bloß weil man geimpft ist, könnte man auf alle Schutzmaßnahmen verzichten. Das ist eine grandiose Fehleinschätzung, die eventuell mit dem Tod vieler Menschen enden wird.

Der Weltärzte-Chef fordert von der Politik Leadership und das Aussprechen unbequemer Wahrheiten:

Ich finde Politiker schlimm, die den Leuten mit einem Freiheitsgesäusel erklären, dass sie ihnen Freiheit zurückgeben. Das ist keine Freiheit zum Leben. Das ist Freiheit zu Krankheit und Tod.

Dieses Klartext-Interview kommt einer Mutprobe gleich: Tapfere schalten heute Morgen den Podcast ein.

Robert Habeck, Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Christian Lindner © dpa

Die Chefs von SPD, Grünen und FDP kommen aus dem Konfliktelösen kaum mehr raus. Schon nächste Woche soll ein Entwurf für den Koalitionsvertrag vorgelegt werden.

Unser Hauptstadt-Team hat nun das Abschlusspapier einer Arbeitsgruppe zugespielt bekommen, das einen fundamentalen Konflikt offenlegt. Den, ob die CO2-freie Kernenergie als grünes Investment staatlich gefördert werden soll oder nicht. Die FDP ist dafür. Die Grünen strikt dagegen.

Die Details lesen Sie im Newsletter „Hauptstadt. Das Briefing“, für den Sie sich hier anmelden können.

Streit um die Atomkraft

Ein neuer Konflikt für die Ampel. Ist Atomkraft ein grünes Investment? Wir kennen Details.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Herbert Diess © Anne Hufnagl

Bei Volkswagen sind die Meinungen, ob Konzernchef Herbert Diess als CEO weiter machen darf, geteilt. Der Vermittlungsausschuss im Aufsichtsrat, der eine Einigung über die Zukunft von Diess finden sollte, konnte am vergangenen Freitag zu keiner Entscheidung kommen. Wichtige Verhandlungen zu weiteren Vorstandspersonalien und Investitionen – angesetzt für den 9. Dezember – müssen womöglich verschoben werden.

 © dpa

Das Lager der Arbeitnehmer und des Landes Niedersachsen würde Diess am liebsten von seinem Thron stoßen. Sein provokanter Führungsstil verärgert, seine schnellen Entscheidungen überfordern, seine Rethorik polarisiert. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), IG Metall-Chef Jörg Hofmann und die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo hatten sich mehr Entgegenkommen erhofft - in der Sache und in der Tonalität. Laut Handelsblatt stehen derzeit 12 der 20 Stimmen im Aufsichtsrat gegen den Vorstandschef.

Rückendeckung erhält Diess allerdings vom größten Aktionär des Konzerns, der Familie Porsche/Piëch. Sie hält seine Konzernstrategie inklusive einem möglichen Stellenabbau für richtig. Um nicht zu sagen für alternativlos. Sie ermuntern Diess in der Sache hart zu bleiben.

Fazit: Der Konflikt um den Führungsstil von Diess ist der Grund für den Streit, aber nicht dessen Ursache. Der Aufsichtsrat und damit der Eigentümerkreis von Europas größter Automobilfirma ist gespalten. Die Chefs von Porsche und SEAT, die als Nachfolge-Kandidaten in den Startlöchern stehen, müssen sich noch gedulden.

Russisches Rohr-Verlegeschiff „Akademik Tscherski“ © dpa

Die Hoffnung auf sinkende Gaspreise durch eine Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 wird sich vorerst nicht erfüllen. Die Bundesnetzagentur hat ein Zertifizierungsverfahren der Schweizer Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG vorläufig gestoppt. Ohne eine Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur bleibt der Gastransport in den europäischen Binnenmarkt über die bereits fertiggestellte Röhre unzulässig.

Als Grund für den Stop gab die deutsche Behörde an, dass die Nord Stream 2 AG – die sich zu 100 Prozent im Besitz des russischen Gaslieferanten Gazprom befindet – nicht nach deutschem Recht organisiert ist. Außerdem sehen EU-Regularien vor, dass der Betrieb der Leitung und der Vertrieb des Gases stärker getrennt sein müssen.

Daraufhin hat die Nord Stream 2 AG angekündigt, hierzulande eine Tochtergesellschaft für den deutschen Teil der Leitung gründen zu wollen.

Das Verfahren bleibt nun so lange ausgesetzt, bis die Übertragung von Vermögenswerten auf die Tochtergesellschaft vollständig abgeschlossen ist. Erst dann kann die Bundesnetzagentur eine Zertifizierung der neuen Betreibergesellschaft prüfen.

Die Märkte reagierten auf die Nachricht nervös und setzten den Gaspreis weiter unter Druck. Gestern Nachmittag stieg er um fast elf Prozent. Mehr über die Hintergründe des Anstiegs sowie weitere Faktoren, die zurzeit auf den Gaspreis einwirken, erfahren Sie im heutigen Investment-Briefing mit Annette Weisbach und Anne Schwedt.

Justus Haucap © Uni Düsseldorf

Eine Regulierung des Cannabis-Marktes könnte für einen Geldsegen in Höhe von 4,71 Milliarden Euro pro Jahr für den Staat sorgen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Professor Justus Haucap und seinem Forschungsteam der Universität Düsseldorf mit dem Deutschen Hanfverband. Die Summe setzt sich aus drei Faktoren zusammen:

1. Allein der freie Verkauf der Droge mit einer „Cannabissteuer“ – eine Mengensteuer, bei der pro Gramm ein einheitlicher Betrag erhoben würde – könnte dem Staat 1,8 Milliarden Euro zusätzlich einbringen. Haucap rechnet dafür mit einem Preis von 10 Euro für ein Gramm Cannabis, was dem üblichen Preis im Berliner Görlitzer Park entspricht.

2. Die Kriminalstatistik registrierte für das Jahr 2020 knapp 228.000 Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis. Eine Legalisierung würde dem Staat Polizeikosten (1,05 Milliarden Euro) und Justizkosten (313 Millionen Euro) ersparen.

Eine Infografik mit dem Titel: Das Cannabis-Geschäft

Errechnete Einsparungen und zusätzliche Einnahmen des Staates pro Jahr durch die Legalisierung von Cannabis, in Millionen Euro (Neu einzuführende Cannabissteuer auf Basis von Berechnungen des Forschungsteams)

3. Der restliche Betrag (circa 1,55 Milliarden Euro) ergibt sich durch den neu entstehenden Wirtschaftszweig der Cannabiswirtschaft, der laut Berechnungen des Forschungsteams für rund 27.000 Arbeitsplätze sorgen könnte.

Fazit: Der Staat kann sich freuen. Die Drogenfreigabe bringt ihm den Geldrausch.

Wie Atomkraft die Europäische Union spalten kann

Alev Doğan spricht mit Journalist Ralph Sina

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Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Podcast mit der Laufzeit von

Wolfgang Herrmann spricht an der Technischen Universität München © dpa

Die Technische Universität München (TUM) ist eine der ältesten technischen Hochschulen Deutschlands. Im Jahre 1868 wurde sie durch König Ludwig II. von Bayern gegründet, wenig später avancierte sie zu einem Zentrum für technologische Innovationskraft Made in Germany. So eröffnete Carl von Linde im Jahr 1875 das erste deutsche Maschinenlabor an der Universität, an dem später auch Rudolf Diesel lernte.

Thomas F. Hofmann © TU München

Doch das ist der Lorbeer einer vergangenen Zeit. In den letzten 30 Jahren sei Deutschland zu wenig ambitioniert gewesen, sagt der heutige Universitätspräsident, Professor Dr. Thomas F. Hofmann. Um im internationalen Technologiewettbewerb Schritt halten zu können, verfüge Deutschland zwar über das technologische Know-how, es hake anderswo:

Rückblickend kann man feststellen, dass eine Technologie, die in Europa zu einem Start-up geführt hat, oftmals besser war als eine amerikanische Technologie.

Wie deutsche Universitäten wieder zum Startpunkt einer Start-Up-Kultur werden können, erklärt Professor Thomas F. Hofmann im Gespräch mit ThePioneer-Editor Philip Dederichs auf ThePioneer.de.

„Wir müssen die Universitäten neu denken“

TUM-Präsident über Deutschlands Position im Technologiewettbewerb und die Universität der Zukunft.

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Veröffentlicht von Philip Dederichs.

Artikel

Gemälde „Untitled“ aus der Macklowe-Sammlung © dpa

In Amerika ist alles spektakulärer, auch die Scheidung. Nach 59 Jahren Ehe haben sich Harry Macklowe und seine Linda getrennt. Im Bösen. Spätestens als er seine neue Partnerin auf einem Billboard, gut sichtbar für die ganze Stadt, herzeigte wie eine Trophäe, war es mit ihrer Gelassenheit vorbei.

Eine Einigung über die Aufteilung der gemeinsamen Kunstschätze war nicht mehr möglich. Die Werke von Mark Rothko, Gerhard Richter und Andy Warhol wurden stumme Zeugen eines Rosenkrieges, der sich als Drehbuch für ein Hollywood-Drama bestens eignen würde.

Ein Gericht ordnete nun die Versteigerung der modernen und zeitgenössischen Kunst des Immobilienunternehmers an. Das Auktionshaus Sotheby's darf die Kunstsammlung mit insgesamt 65 Werken versteigern. In einer ersten Auktion erzielten 35 Werke einen Erlös von 676 Millionen Dollar.

Ein unbekannter Käufer aus Asien schlug bei Mark Rothkos Gemälde „Nr. 7“ zu und zahlte mit 82,5 Millionen Dollar die höchste Summe am Abend für ein Bild bestehend aus drei Farben.

No. 7 von Mark Rothko © imago

Mit 78 Millionen Dollar wurde nicht viel weniger für die Skulptur von Alberto Giacomettis „Le Nez“ – deutsch: „Die Nase“ – aufgebracht.

Le Nez von Alberto Giacometti © imago

Ein Highlight war die Auktion von „Nine Marilyns“ von Andy Warhol. Das kurz vor dem Tod von Marilyn Monroe entstandene Bild wechselte für 50 Millionen Dollar den Besitzer.

Nine Marilyns von Andy Warhol © Sotheby's

Nur ein Bild ist noch nicht für die Auktion vorgemerkt: Dabei würde das zwölf mal sieben Meter große Porträt von Harry und seiner neuen Partnerin, Patricia Landeau ihr Name, sicherlich auch seinen Liebhaber finden. Es symbolisiert das nahende Ende einer Institution: der Ehe. Der Stadtneurotiker Woody Allen hat es geahnt:

Einige Ehen enden gut. Andere dauern ein Leben lang.

Zwölf mal sieben Meter großes Porträt von Harry Macklowe und Ehefrau Patricia Landeau © dpa

Ich wünsche Ihnen einen harmonischen Start in den neuen Tag.

Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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