Oscar für Timotheus Höttges

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Guten Morgen,

würden nicht nur in Hollywood, sondern auch in der deutschen Wirtschaft die Oscars verliehen, hätte Timotheus Höttges einen für das beste Drehbuch verdient. Mit seiner Telekom-Trilogie hat er in der gerade angelaufenen Spielzeit überzeugt.

Teil eins: Trotz schwierigster Voraussetzungen – Rückblende: Das unglückliche Erbe eines Staatskonzerns und der Fehlstart von Ron Sommer in die Volksaktie – nimmt das Unternehmen endlich Fahrt auf. Die gestrigen Zahlen zeugen von innerer Stärke:

► Im Vergleich zum Vorjahr kletterte der Konzernumsatz um 6,4 Prozent auf 80,5 Milliarden Euro, das operative Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) stieg um 16 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro. Aufgrund geringerer Sondereffekte bleiben unterm Strich annähernd 80 Prozent mehr als im Vorjahr: 3,9 Milliarden Euro beträgt der Überschuss.

► Am stärksten wuchsen die Geschäfte (Ebit) in Europa (+59 Prozent) und den USA (+18,4 Prozent), wo die Telekom bereits die Hälfte ihres Umsatzes erwirtschaftet. Der Konzern ist mittlerweile ein echter Global Player.

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Teil zwei: Der lange vor Gerichten verhandelte und von Donald Trump bekämpfte Zusammenschluss der US-Tochter T-Mobile mit dem amerikanischen Rivalen Sprint befindet sich auf der Zielgeraden. Wenn die Fusion von Nummer drei mit Nummer vier im Markt gelingt, entsteht nach Telekom-Angaben ein Konzern mit 140 Millionen US-Kunden.

Teil drei: Diesen Branchenerfolg krönt Höttges mit einem Ausflug ins Automobilgeschäft. Der Vorstandschef soll als Nachfolger von Paul Achleitner in den Aufsichtsrat von Daimler einziehen und dort als Experte für Digitalisierung die Transformation eines klassischen Automobilherstellers begleiten.

Er und Daimler-CEO Ola Källenius sind einander seit Längerem schon in professioneller Partnerschaft zugetan. Erst kürzlich tauschten sie sich vor Führungskräften, festgehalten in einem Daimler-Podcast, über die Zukunft der Mobilität aus. Höttges sparte nicht mit Kritik:

Ich bin kürzlich Tesla gefahren und muss ehrlich sagen: Die Software dieses Autos ist außergewöhnlich. Verglichen mit meinem Mercedes ist das eine Revolution.

Trotz raunenden Publikums setzte der Kritiker nach:

Die Innovationen, die durch die Software gekommen sind, sind so viel besser als das, was ich bislang von den deutschen Superautos gesehen habe, dass ich besorgt darüber bin, wie ihr das aufholen wollt.

Fazit: Immer wieder haben in den vergangenen Jahrzehnten selbstbewusste Vorstandschefs über ihre Firmen hinaus gewirkt. Deutsche-Bank-Chef Hermann Josef Abs hatte das Ohr Adenauers, so wie Siemens-Chef Heinrich von Pierer das von Helmut Kohl; auch Daimler-CEO Jürgen Schrempp und Gerhard Schröder bildeten eine Achse. Martin Winterkorn und Josef Ackermann begleiteten lange Jahre die amtierende Bundeskanzlerin.

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In diese Königsdisziplin der Corporate Influencer ist Tim Höttges nun aufgestiegen. Nichts nur für die Politik, vor allem für die Kollegen der anderen Konzerne bildet er ein Kraftzentrum eigener Art. Für den Aufbruch der deutschen Volkswirtschaft in das digitale Neuland ist er im Wortsinne ein VIP, eine Very Important Person: Der Oscar verpflichtet.

Durch Schüsse sind im hessischen Hanau mehrere Menschen getötet worden. Nach Informationen der Polizei starben elf Menschen, fünf weitere wurden schwer verletzt.

Nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks wurde zunächst eine Sisha-Bar am Heumarkt in der Hanauer Innenstadt angegriffen. Augenzeugen berichten von mehreren Schüssen. Danach seien die Täter in die Karlsbader Straße im Stadtteil Kesselstadt gefahren. Dort soll dann erneut in einer Shisha-Bar geschossen worden sein.

In Hanau haben Polizisten am frühen Donnerstagmorgen den mutmaßlichen Schützen, offenbar ein deutscher Staatsbürger, tot in seiner Wohnung aufgefunden. Spezialkräfte hätten dort außerdem eine weitere Leiche entdeckt, sagte ein Polizeisprecher. Soweit die Fakten. Das Motiv dieser grausamen Raserei ist noch unklar. Deutschland braucht offenbar kein Coronavirus. Wir haben ja unsere Irren.

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Die Union schippert derzeit auf stürmischer See. Man weiß nicht, wer als nächster von Bord kippt. Annegret Kramp-Karrenbauer ist bereits aus dem Mastkorb gefallen. Mit verkleideter Ambition und verstellter Stimme bewegen sich Friedrich Merz, Jens Spahn und Armin Laschet über die rutschigen Planken. Norbert Röttgen hat sich vor der Kapitänskajüte aufgebaut.

Wie es nun weitergeht, das bespreche ich im Morning Briefing Podcast mit Wolfgang Bosbach, der 23 Jahre lang für die CDU im Deutschen Bundestag saß, neun Jahre davon als Fraktions-Vize. Er sagt:

Ich möchte zunächst einmal wissen, wer überhaupt kandidiert.

Er fragt:

Ist die CDU schon reif für einen männlichen Vorsitzenden?

Das bisherige Prozedere könnte der Vorbote einer Wahlniederlage sein:

Wenn die Union wirklich die nächste Bundestagswahl gewinnen will, dann geht das nicht, wenn wir in verschiedene Richtungen marschieren.

Aber was sagt der Nachwuchs an der Parteibasis zu den NRW-Festspielen der CDU-Männer? Nora Zabel ist 23 Jahre alt, studiert Politik- und Philosophie in Rostock und gilt als CDU-Nachwuchstalent. Von ihr wollte ich wissen, was sie von Friedrich Merz, dem an der Parteibasis favorisierten Kandidaten, hält. Ihre Antwort:

Ich kenne ihn kaum. Er ist für mich nicht jemand, der alle Kräfte miteinander vereinen kann. Ich kann mich mit ihm nicht identifizieren. Er spricht nicht die Themen an, die mich interessieren.

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Nora Zabel verrät, dass ihr Favorit für den Posten des Parteivorsitz Jens Spahn ist. Der Grund:

Er hat zum Fall in Thüringen klare Worte gefunden, schnell gedacht und in den vergangenen zwei Jahren als Bundesgesundheitsminister die richtigen Diskurse vorangebracht.

Und sie bringt eine Frau für den Kampf um den CDU-Vorsitz ins Spiel:

Ich glaube, dass Julia Klöckner eine super Vorsitzende wäre und vielleicht auch eine tolle Bundeskanzlerin. Aber sie müsste erst signalisieren, dass sie auch wollen würde.

Der Schwanz wedelt mit dem Hund. Die in der politischen Relevanz der Wähler bis zur Unkenntlichkeit geschrumpfte SPD setzt sich in der Großen Koalition mit einer steuerfinanzierten Grundrente durch:

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► Ab dem 1. Januar 2021 soll rund 1,3 Millionen Menschen zusätzlich zu den bisherigen Hilfsangeboten finanziell unter die Arme gegriffen werden. Grundsätzlich Anspruch hat, wer 35 Jahre Rentenbeiträge nachweisen kann. Wer 33 Jahre eingezahlt hat, bekommt immerhin eine teilweise Unterstützung. Zudem ist der Anspruch an bestimmte Einkommensgrenzen gekoppelt.

Eine vollumfängliche Bedürftigkeitsprüfung – hierüber wurde heftig gestritten – gibt es ganz im Sinne der SPD nicht. Ausgangslage für die Grundrente ist das zu versteuernde Einkommen.

► Die Kosten für das Einführungsjahr werden auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt und sollen bis 2025 auf 1,61 Milliarden Euro steigen. Einführungs- und Verwaltungskosten nicht eingerechnet. Das Geld kommt aus dem Steuertopf, denn mit dem Versicherungsprinzip wird erneut gebrochen.

► Nach den jüngsten zugrunde liegenden Zahlen wurden 2018 rund 70 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenversicherung überwiesen, für das Bildungsressort bleiben in 2020 rund 18 Milliarden. Deutschland finanziert seine Vergangenheit, nicht seine Zukunft.

Fazit: Diese Reform ist keine Reform, sondern ein Beschluss zur Vermeidung von Reformen. Die Altersarmut wird nicht bekämpft, nur kaschiert. Die Bildungsrepublik wird sonntags ausgerufen und montags vergessen.

Der Medizintourismus boomt. Schätzungen zufolge reisen jährlich 30-50 Millionen Menschen zu medizinischen Behandlungen in andere Länder. Das Marktvolumen für solche Angebote: bis zu 92 Milliarden US-Dollar.

Die Patienten hoffen, für Routine-Eingriffe im Ausland nur einen Bruchteil zu zahlen. Möglich wird der Medizintourismus durch neue digitale Plattformen wie Qunomedical. Genauso wie Airbnb Ferienwohnungen vermittelt, bringt dieses Start-up Patienten und Ärzte aus mehr als 35 Ländern zusammen. Qunomedical-Gründerin Dr. Sophie Chung glaubt, dass digitale Plattformen Patienten helfen können, sich verlässlich über Operationen zu informieren:

Das Thema Globalisierung hat in der Medizin einen Platz. Lokale Gesundheitssysteme können das Problem nicht mehr lösen. Die Welt muss auch in der Medizin zusammenrücken.

Das ganze Interview - das Daniel Fiene geführt hat - hören Sie in unserem neuen Tech Briefing Podcast – der auch von den Schattenseiten des Medizintourismus berichtet. Der Tech Briefing Newsletter, der am Vormittag erscheint, erzählt die Details.

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Deutschland bekommt bald einen neuen US-Botschafter: Der bisherige, Richard Grenell, wird von Donald Trump ins Weiße Haus befördert. Wie der US-Präsident in der Nacht twitterte, soll Grenell geschäftsführender Geheimdienstkoordinator werden:

I am pleased to announce that our highly respected Ambassador to Germany, Richard Grenell will become the Acting Director of National Intelligence. Rick has represented our Country exceedingly well and I look forward to working with him.

Grenell ist ein ehemaliger Fox-News-Kommentator, der in enger Seelenverwandtschaft mit seinem Präsident lebt. Deutschland verliert den wahrscheinlich deutlichsten, weil schnörkellosesten Botschafter seiner Nachkriegsgeschichte. Grenell war umstritten - und gerade deshalb wertvoll. Die transatlantischen Beziehungen hat er nicht nur pflichtschuldigst gepflegt, sondern er hat sie vibrieren lassen.

Ich wünsche Ihnen einen beherzten Start in diesen neuen Tag. Es grüßt Sie herzlichst Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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