Parteipolitik: Killing Fields

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Guten Morgen,

der Unterschied zwischen einem Computerspiel und der Parteipolitik ist, dass es keine Avatare gibt. Hier stolpert und stirbt immer das Original. Ein Extraleben kann nicht dazugekauft werden. Die Erkennungsmelodie hat Ennio Morricone komponiert: Spiel mir das Lied vom Tod.

Die Geschichte der Parteipolitik ist das nicht enden wollende Roadmovie vom Sterben und vom Sterben lassen. Angela Merkel weiß, was hier gemeint ist.

Im Zuge der Spendenaffäre publizierte die damalige CDU-Generalsekretärin kurz vor Heiligabend des Jahres 1999 einen Artikel in der „F.A.Z.“, der den Sargnagel für den damaligen Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl bedeutete:

Die Partei muss laufen lernen, sie muss sich zutrauen, in Zukunft ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen.

Helmut Kohl © dpa

Damit hatte sie das Wort Schlachtross seiner archaischen Bedeutung rücküberführt. Kohl war moralisch erledigt. Auf das Amt des Ehrenvorsitzenden musste er fortan verzichten.

Auch die SPD, gegründet um den Zentralwert des „Sozialen“, zeigte in der Stunde der Krise immer wieder ihr diabolisches Gesicht. Brave Parteisoldaten verwandelten sich plötzlich in eine Todesschwadron. Parteichef Kurt Beck, den sie alle nur „König Kurt“ nannten, fiel ihr zum Opfer.

Kurt Beck © imago

Im sogenannten „Drama am Schwielowsee“ zwangen der heutige Bundespräsident Steinmeier und der vorherige Parteichef Franz Müntefering den Rheinland-Pfälzer in die Knie. Von der Klausurtagung an der malerischen Brandenburger Seenplatte kehrte Beck als politischer Eunuch zurück. Er war der fünfte Parteivorsitzende, der in neun Jahren das Amt niederlegte.

Die Union ist erkennbar bestrebt, es der SPD gleichzutun. Im Parteivorsitz folgte auf Merkel die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die wenig später Platz für den Nordrhein-Westfalen Armin Laschet machen musste, der nun seinerseits gefährlich kippelt. Nach dem Rekordminus vom Wahlsonntag überbieten sich die Parteigranden mit Rücktrittswünschen. Wobei die meisten dieser Depeschen aus Gründen der Pietät nicht von Rücktritt, sondern von Neuanfang sprechen.

Armin Laschet © dpa

Fazit: Der politische Friedhof ist mit ehemaligen Kanzlerkandidaten gut befüllt: Peer Steinbrück liegt hier, dicht neben Martin Schulz und Rudolf Scharping. Neuerliche Ausgrabungsarbeiten im Regierungsbezirk haben begonnen. Wenn nicht alles täuscht, wird hier in diesen Tagen das Grab des Kanzlerkandidaten Armin Laschet ausgehoben.

Eine Infografik mit dem Titel: CDU: Die Kanzlergeschichte

Zweitstimmenergebnisse der CDU/CSU bei Bundestagswahlen, nach denen die Union den Kanzler stellte, in Prozent

Wer werden die SPD-Ministerinnen?

Die SPD sucht hinter den Kulissen nach ministrablen Genossinnen - zwei Comebacks sind möglich.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Diana Kinnert © Anne Hufnagl

Die CDU-Frau, Publizistin und Unternehmerin Diana Kinnert stört sich an der empathiefreien Cancel Culture der Parteien. Sie wirbt im heutigen Morning Briefing-Podcast für eine neue Kultur des Scheiterns, die Mitgefühl und Nachdenklichkeit zulässt. Heute tobt nach Wahlniederlagen vor allem die Lust auf Tabula Rasa.

Nach 16-jähriger Regierungszeit Angela Merkels sei in der CDU ein konzeptionelles und personelles Vakuum entstanden:

Mir war seit Jahren klar, dass nach Angela Merkel eine ganz neue Phase der Sondierung und der Selbstvergewisserung beginnen muss.

Nun stelle sich die Frage, ob der Prozess der Neugestaltung wirklich gewollt und entsprechend gründlich organisiert sei. Kinnert bezweifelt das:

Ich glaube, dass dieser konstruktive Verantwortungsprozess in der CDU geschmäht wird, wenn es nur darum geht, wieder die nächste Figur aus dem Hut zu zaubern, die wieder an übersteigerten Erwartungen scheitern muss.

Und weiter:

Wir haben so viele Personen innerhalb unserer Volkspartei beschädigt. Wenn Armin Laschet sich jetzt auch zurückzieht, dann bleibt am Ende vielleicht nicht der Beste und Fähigste übrig, sondern einfach nur der, der immer unterlegen war.

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Sie hadert mit dem Ruf nach Neuanfang, der oft genug nur die Entlassung des Spitzenmannes oder der Spitzenfrau bedeutet:

Die Frage ist, ob ein Sound von Neuanfang genügt oder ob es wirklich darum geht, auszuloten, welches Lager besitzt welche Köpfe.

Kinnert hat eine Idee davon, wo dieser Prozess enden könnte:

Ich vermute, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass wir uns in der Opposition erholen.

Über Armin Laschet und sein Scheitern:

Er tut mir ein Stück weit leid, weil ich finde, dass die Erwartungen an ihn als Kanzlerkandidaten übersteigert waren. Gleichzeitig tut er mir nicht leid, weil ich von einer Führungsfigur erwarte, dass sie genau diese Erwartungshaltung kennt und managen kann.

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Meme-Wahl: Wieso die junge Generation der FDP ihre Stimme gab

Wie die Wahlentscheidung der jungen Generation durch politische Spaßbilder beeinflusst wurde.

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Veröffentlicht von Philip Dederichs.

Artikel

Selfie: Volker Wissing (FDP), Annalena Baerbock (Grüne), Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Grüne) © Instagram/robert.habeck

Liberale und Grüne haben mit ihren Vorsondierungen bereits begonnen. Werbewirksam posteten die vier Beteiligten auf Instagram ein Bild ihrer Zusammenkunft. Hier ein Überblick über das, was sie eint und was sie trennt.

Die Schnittmengen sind in der Außenpolitik am größten:

  • Die Parteivorsitzenden sind sich einig, dass Deutschland künftig einen härteren Kurs gegenüber China und Russland einschlagen muss.

  • Beide Seiten betonten im Wahlkampf immer wieder, die angespannte Menschenrechtslage in China stärker ansprechen zu wollen und äußerten sich kritisch zum EU-Investitionsabkommen mit Peking.

Annalena Baerbock © dpa

Bildung:

Auch beim Thema BAföG liegen die Positionen von FDP und Grüne nahe beieinander. Beide sprechen sich dafür aus, BAföG-Leistungen vom Einkommen der Eltern zu entkoppeln.

  • Die Liberalen stellen sich einen Grundbetrag von 200 Euro vor. Zusätzliche 200 Euro erhält, wer sich ehrenamtlich engagiert oder neben dem Studium jobbt.

  • Außerdem will die FDP zinsfreie Darlehen ermöglichen, die bei gutem Einkommen nach dem Studium zurückgezahlt werden.

  • Auch die Grünen wollen das BAföG zu einer Grundsicherung für alle Studierenden ausbauen. Diese besteht aus Garantiebetrag und dem Bedarfszuschuss. Nach dem Willen der Grünen sollen alle Studierenden bis zum 25. Geburtstag einen Garantiebetrag von monatlich 290 Euro erhalten.

Christian Lindner © dpa

Die Digitalisierung gehört für beide Parteien zu den Prioritäten:

  • Grüne und FDP fordern ein deutlich höheres Tempo, insbesondere beim Netzausbau und in den Schulen.

  • Zudem sehen beide Seiten, dass Digitalisierung auch einen Angriff auf die Bürgerrechte bedeuten kann und dass es hier Mechanismen zum Schutz der Bürgerrechte geben muss.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Ampel-Koalition

Sitzverteilung einer Koalition aus SPD, Grüne und FDP

Große Einigkeit auch in der Gesellschaftspolitik, wo FDP und Grüne beide als progressiv wahrgenommen werden wollen:

  • Beide fordern ausdrücklich den Respekt vor individuellen Lebensformen, wie beispielsweise vor gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und Ehen sowie der geschlechtlichen Identität.

  • Auch beim Thema Abtreibung sind sie sich einig: Beide wollen die Abschaffung des Paragrafen 219a, der das Verbreiten von Informationen über Schwangerschaftsabbrüche stark einschränkt.

Integration:

Bei der Zuwanderung fordern beide Parteien erleichterte Einbürgerungen: Die FDP sieht Vorteile für den Arbeitsmarkt und will deshalb Leistungskriterien. Die Grünen wünschen sich die doppelte Staatsbürgerschaft und ein kommunales Wahlrecht für Zugewanderte.

Eine Infografik mit dem Titel: Die Jamaika-Koalition

Sitzverteilung einer Koalition aus CDU/CSU, Grüne und FDP

Doch es gibt durchaus auch große Differenzen.

Steuerpolitik:

Die FDP schließt Steuererhöhungen konsequent aus und möchte eher das Gegenteil: Insbesondere für Unternehmen, aber auch für Gutverdienende sollen die Steuern gesenkt werden. Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer ist für sie indiskutabel, ebenso eine Verschärfung der Einkommensteuer. Der Ansatz der Grünen ist hier ein völlig anderer: Sie wollen den Spitzensteuersatz erhöhen, die Vermögensteuer wieder einführen und auch mehr Erbschaftsteuer für den Staat einnehmen.

Schuldenbremse:

Während die FDP auf jeden Fall an der Schuldenbremse festhalten möchte, wollen die Grünen sie für klimaförderliche Investitionen lockern.

Soziale Gerechtigkeit:

Die Grünen sprechen sich für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro aus, höhere Hartz IV-Sätze und eine staatliche Kindergrundsicherung sollen kommen. All diese Vorschläge wird die FDP so nicht mittragen können – ganz im Gegenteil: Sie will den Kündigungsschutz sogar lockern.

Christian Lindner, Annalena Baerbock, Olaf Scholz © dpa

Migration:

Die wichtigste Differenz liegt im Umgang mit straffällig gewordenen Asylbewerbern. Die FDP will stringent abschieben, auch nach Afghanistan. Die Grünen lehnen das als inhuman ab.

Tempolimit auf Autobahnen:

Die Grünen fordern ein Sicherheitstempo von 130 km/h auf allen Autobahnen, um die Verkehrswende voranzutreiben. Die Freien Demokraten lehnen eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung entschieden ab.

Fazit: Die Differenzen in Fragen der Staatsfinanzen und des Sozialstaates sind riesengroß, aber nicht unüberbrückbar. Die Parteien einer Koalitionsregierung sollen kooperieren, nicht verschmelzen. Oder wie Claudia Cardinale einst sagte: „Die Ehe funktioniert am besten, wenn beide Partner ein bisschen unverheiratet bleiben.“

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Veröffentlicht in Tech Briefing Business Class Edition von Christoph KeeseLena Waltle.

Podcast mit der Laufzeit von

Tankstelle in Großbritannien © dpa

Schlägereien, Hamsterkäufe, kilometerlange Schlangen: An Großbritanniens Tankstellen herrscht Chaos. Benzin und Diesel sind seit einigen Tagen so knapp, dass am vergangenen Sonntag mehr als die Hälfte der britischen Tankstellen schließen musste. Noch immer haben 27 Prozent der Tankstellen keinen Treibstoff im Angebot.

Tankstelle in Großbritannien © dpa

Der Grund: Es fehlt auf der ganzen Insel an Brummifahrern. Großbritannien profitiert seit dem Abschied aus der EU am 1. Februar 2020 nicht mehr vom einheitlichen EU-Arbeitsmarkt. Offene Stellen – vor allem im Logistikbereich – lassen sich deshalb nur schwer füllen. Polen gehört bisher nicht zum Vereinigten Königreich.

Für Abhilfe sollen nun 150 Soldaten sorgen, die die staatseigene Tanklaster-Flotte noch in dieser Woche aus der Garage holen. Das hatte sich Boris Johnson wahrscheinlich anders vorgestellt, als er ständig forderte: We have to take back control.

Die neue 50-Pfund-Banknote mit dem Bild des Wissenschaftlers Alan Turing © dpa

Gleiches Land, anderer Wahnsinn: Innerhalb eines Jahres müssen die Bürger Großbritanniens noch 24 Milliarden Pfund (28 Milliarden Euro) an Papiergeld ausgeben. Danach bleibt nur noch der Weg zur Bank.

Die bisherigen 50- und 20-Pfund-Scheine plant die Bank of England pünktlich am 30. September 2022 aus dem Verkehr zu ziehen. Ersetzt werden sie durch Plastikgeld, das mehr Sicherheit und eine längere Lebensdauer verspricht. Die Noten bestehen mehrheitlich aus Kunststoff und sind geschmückt mit Kunstwerken des britischen Malers William Turner.

Ab dem 1. Oktober 2022 darf dann kein Geschäft die alten Scheine mehr annehmen. Zum Vergleich: In der EU lässt sich heute auch noch mit den alten Euro-Scheinen bezahlen, obwohl diese bereits 2013 neu designt wurden.

Wer also den Umtausch bei der Bank meiden will, möge das nächste Kaufhaus aufsuchen. Vielleicht ist das ja der tiefere Sinn der staatlichen Eile: Die Konjunktur wird durch Spontankonsum angekurbelt.

Daniel Craig bei der Weltpremiere zum neuen James-Bond-Film © dpa

Corona kann James Bond nicht stoppen, aber verzögern: Der Mann mit der Lizenz zum Töten ist nach über einem Jahr Verspätung zurück auf der Leinwand. Heute erscheint der neueste Film des britischen Geheimagenten James Bond „Keine Zeit zu Sterben“ in den deutschen Kinos.

Es ist der fünfte und letzte Bond-Streifen für Hauptdarsteller Daniel Craig. Der stilsichere Brite schlüpfte in „Casino Royale“ 2006 erstmals in die Rolle des 007 und schob als siebter Bond den Filmklassiker in ein moderneres Zeitalter. Weg waren die explodierenden Kugelschreiber und der Aston Martin mit Schleudersitz, dafür bekam der Held der Königin ein Arsenal von Hightech-Waffen ausgehändigt: Ein Mikrochip im Arm half bei der Ortung des Agenten; eine 9mm-Pistole mit eingebautem Scanner war gegen Missbrauch geschützt, denn sie ließ sich nur aus der Hand von 007 abfeuern.

Daniel Craig als James Bond in „Keine Zeit zu Sterben“ © dpaSzene aus „Keine Zeit zu Sterben“ © dpa

Auch aus einer Welt der Playmates ist Daniel Craig herausgewachsen. Über 50 Bond-Girls gab es bisher, beinahe mit allen hatte der Agent ein Verhältnis. In „Keine Zeit zu Sterben“ ist der neue, der geläuterte James Bond umgeben von kompetenten und hochqualifizierten Frauen, die sich – das stellen sie unverzüglich klar – von dem Charme des Briten nicht ins Bett bewegen lassen.

Daniel Craig als James Bond und Ana de Armas als Paloma © dpa

Damit ist die Zeit des königlichen Chef-Chauvis abgelaufen. Sprüche wie die von Sean Connery in „Diamantenfieber“ klingen wie aus einer anderen Galaxie:

Ein bezaubernder Hauch von Nichts, den Sie fast anhaben.

Sean Connery und Tiffany Case in „Diamantenfieber“ © imago

Oder Roger Moore in „Der Mann mit dem Goldenen Colt“:

Ich habe Sie gar nicht erkannt – in Ihren Kleidern!

Roger Moore und Britt Ekland in „Der Mann mit dem Goldenen Colt“ © imago

Fazit: Die Frauenbewegung hat auch James Bond verändert. Wir können Jane Bond bereits im Embryonalzustand erkennen.

Ich wünsche Ihnen einen humorvollen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Gründer & Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründer & Herausgeber The Pioneer

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