Selbstbewusste verwandeln Probleme in Gelegenheiten. Unsichere machen es umgekehrt.
Wenn diese Volksweisheit stimmen sollte, hat US-Präsident Donald Trump vieles richtig und Oppositionschefin Nancy Pelosi alles falsch gemacht. Denn Fakt ist: Das Trump-Amerika ist empört angesichts des Versuchs, einen demokratisch gewählten Präsidenten durch juristische Winkelzüge aus dem Amt zu jagen – und Trump heizt die Stimmung weiter an. Er weiß, wie man Probleme in Gelegenheiten verwandelt.
Pelosi hatte darauf spekuliert, dass Trump im Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu weit gegangen sei. Ist er aber nicht, wie die nun veröffentlichte Mitschrift des Telefonats belegt. Sie bestätigt eben nicht die böswilligen Vermutungen der Demokraten, Trump habe der ukrainischen Seite Geldflüsse in Aussicht gestellt, damit der Präsident in Kiew Ermittlungen gegen den Sohn des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Joe Biden anschiebt. Was Trump allerdings tat: Er wies darauf hin, wie „schrecklich“ er es fände, sollte Ex-Vizepräsident Joe Biden seine damalige Machtposition missbraucht haben, um seinen Sohn Hunter zu schützen. Der betrieb in der Ukraine Gasgeschäfte. Wegen des Verdachts der Korruption wurde gegen ihn ermittelt. Diese Untersuchungen hat man in der Amtszeit des Duos Obama/Biden eingestellt. Er, Trump, würde die Behörden der Ukraine gern unterstützen, falls das Verfahren jetzt noch einmal neu eröffnet werden sollte.
© dpaEs war natürlich eine schlitzohrige Anregung, aber eben keine Erpressung. Es handelt sich um ein Wahlkampfmanöver, das den Scheinwerfer auf seinen bislang aussichtsreichsten Gegenkandidaten lenken soll. Zumal unklar ist, warum das ukrainische Verfahren gegen Biden Junior damals eingestellt wurde. Womöglich hat nicht Trump mit pekuniären Incentives gearbeitet, sondern die demokratische Vorgängerregierung.
Nancy Pelosi jedenfalls, die sich bis gestern den innerparteilichen Rufen nach einem Amtsenthebungsverfahren aus guten Gründen entzogen hatte, steht als Verliererin da. Sie wird die Geister, die sie rief, nicht mehr los.
© dpaSie weiß genau: Es gibt viele Möglichkeiten, ein Amtsenthebungsverfahren in Gang zu setzen. Aber es gibt keine einzige Möglichkeit für die Demokraten, dieses erfolgreich zu Ende zu bringen. Dafür benötigten sie die republikanische Mehrheit im Senat. Die genau fehlt.
Aber was tun die konservativen Senatoren in der Stunde des Sturms? Sie versammeln sich hinter Trump. Wenn die Demokraten bei der nächsten Präsidentschaftswahl eine Chance haben wollen, müssen sie die Heißsporne in den eigenen Reihen domestizieren. Der latente Rechtspopulismus in den USA wurde historisch immer nur durch gemäßigte Demokraten wie Carter, Clinton und Obama eingehegt, aber nicht durch Linkspopulisten. Oder um es mit Bertolt Brecht zu sagen: „Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.“
Womit wir bei der SPD wären. Deutschlands älteste Partei muss nicht nur einen Vorsitzenden finden, sondern benötigt nun auch einen neuen Beauftragten für den Mittelstand. Noch vor der Wahl einer neuen SPD-Führung gab der Unternehmer Harald Christ, der im Jahr 2009 noch Mitglied im Schattenkabinett von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier war, am gestrigen Tag seinen Rücktritt bekannt.
Die Personalie ist eine Bestätigung für den Linksruck der SPD, denn damit begründet Christ seine Entscheidung. Im Morning Briefing Podcast sagt der bekennende Fan von Helmut Schmidt:
Ich schaue mir sehr genau an, was da bei den Kandidatenvorstellungen für linke Positionen, die ja dann auch Teil der Parteiprogrammatik sein sollen, diskutiert werden. Das ist nicht mehr meine Politik.
Sabine Lautenschläger verlässt auf eigenen Wunsch das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB). Damit geht eine der letzten Kritikerinnen der Geldflutungspolitik von Präsident Mario Draghi.
Den ultralockeren geldpolitischen Kurs und vor allem die milliardenschweren Aufkaufprogramme lehnte sie ab. In der Sitzung vor knapp zwei Wochen stimmte sie gegen die Wiederaufnahme der Anleihenkäufe. 20 Milliarden Euro pro Monat genehmigten ihre Kollegen. Lautenschläger war entsetzt.
Damit richten sich innerhalb der EZB alle Augen auf Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der ebenfalls ein Ordnungspolitiker alten Schlages und damit ein Gegner der Draghi-Politik ist. Stünde der EZB-Tower nicht im Frankfurter Ostend, sondern im Wilden Westen, müsste man Weidmann als letzten Mohikaner bezeichnen. Er kämpft einen Kampf, den er unmöglich gewinnen kann.
Eine Infografik mit dem Titel: Continental: Die Vollbremsung
Aktienkurse von Magna und Continental, indexiert in Prozent
Der Knall bei Continental war erwartet worden, leiser war er deshalb nicht:
► Bei dem Autozulieferer sollen bis zum Jahr 2029 von den derzeit 243.000 Arbeitsplätzen 20.000 abgebaut werden.
► Jährlich 500 Millionen Euro will der Vorstandsvorsitzende Elmar Degenhart einsparen – betriebsbedingte Kündigungen sind bislang nicht vorgesehen, ausgeschlossen sind sie aber nicht.
Die Konkurrenz – diesen Hinweis kann man dem Vorstandsvorsitzenden nicht ersparen – steht deutlich besser da: Die Aktie des kanadisch-österreichischen Zulieferers Magna, der rund 170.000 Menschen beschäftigt, erholte sich, sie steht seit dem Jahresbeginn mit 19 Prozent im Plus.
Die Conti-Krise ist nicht nur, aber auch eine hausgemachte, das wissen die Betriebsräte. Die Arbeitnehmer, deren Vertreter sich im Aufsichtsrat gegen den Stellenabbau ausgesprochen haben, „verurteilen die Planungen des Vorstands auf das Schärfste“. Allein die Beschäftigten müssten für Managementfehler zahlen, so die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Christiane Benner von der IG Metall. Es muss nicht alles falsch sein, nur weil es von der IG Metall kommt.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier kann nicht nur gemütlich, er kann auch zupacken. Zum Beispiel, wenn es um den Verlust von Arbeitsplätzen geht. Mit der Pleite des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook befindet sich das deutsche Tochterunternehmen Condor auf Sinkflug: Die Politik will diesen jetzt stoppen und gewährt einen Überbrückungskredit von 380 Millionen Euro. Dafür muss Condor-Chef Ralf Teckentrup nun einen Käufer für den Konzern finden.
Was ist da los im internationalen Reisemarkt? Und was bedeutet das für die Arbeitsplätze in dieser Branche? Mein neuer Kollege Michael Bröcker hat für den Morning Briefing Podcast mit TUI-Chef Friedrich Joussen gesprochen. TUI ist mit knapp 20 Milliarden Euro Umsatz und 70.000 Mitarbeitern der größte Tourismuskonzern Europas.
Joussen macht vor allem Managementfehler für den Niedergang von Thomas Cook verantwortlich. Seine Kernaussagen:
Es hat einen Grund, dass Thomas Cook aus dem Markt ausgeschieden ist: Und der liegt im Geschäftsmodell.
Für den Willen des Staates, Mitarbeiter und Kunden nicht fallen zu lassen, zeigt Joussen einerseits Verständnis. Andererseits werde die fällige Marktbereinigung damit nur verschoben:
Bei Air Berlin hat es auch einen Überbrückungskredit gegeben mit der Folge, dass die Marktbereinigung eben nicht stattgefunden hat. Heute ist es so, dass die Kapazität von Air Berlin bei Ryanair, Easyjet und bei Eurowings nach wie vor geflogen wird. Und die drei Firmen zusammen machen etwa 500 Millionen Verlust in Deutschland.
Da sich die Preise am Markt orientieren und nicht an den Kosten, werde auch das Klimaschutzpaket die Flugpreise nicht verteuern, sagt er:
Solange es Überkapazitäten gibt, wird das nicht so sein.
Fazit: Grausamer als die Marktwirtschaft ist nur ein staatlich herbeigeführtes Marktversagen. Niemand stirbt, aber alle leiden.
BMW-Chef Oliver Zipse präsentiert dem Aufsichtsrat derzeit seine Ideen, wie er den Konzern wieder auf Spur bringen will. Es gilt, die zuletzt gefallenen Margen (siehe Grafik) in Richtung der Zielmarke von acht Prozent zu lenken. Zipse will mit seinem Kurs wider den Zeitgeist steuern.
Eine Infografik mit dem Titel: Schrumpfende Margen bei BMW und Mercedes
Operative Margen der deutschen Autobauer, in Prozent
Der neue Vorstandschef sieht BMW nicht als Mobilitätsdienstleister, sondern als klassischen Autobauer. Die Begründung: Die Eintrittshürden für neue Konkurrenten beim Autobau seien derart hoch, dass sich die Verteidigung des Stammgeschäfts auch künftig lohne.
Der Beleg: Die amerikanischen Tech-Riesen Google und Apple haben den Plan aufgegeben, die „Hardware“ Auto herzustellen. Tesla kommt mit der Massenproduktion nicht hinterher. Das bedeutet: Für Share Now, das gemeinsame Carsharing-Unternehmen mit Daimler, will der BMW-Vorstandschef einen Investor suchen.
Zipses Vorgänger Harald Krüger hatte man im Aufsichtsrat seine Unentschlossenheit vorgeworfen. Das kann man dem neuen nicht nachsagen: Der Mann hat sich entschieden. Hoffentlich richtig. Scheitert seine Strategie, scheitert BMW.
Russland ist der neue alte Gegenspieler der USA. Amerika setzt auf Konfrontation mit der Islamischen Republik Iran. Kremlchef Wladimir Putin bietet sich den Mullahs als Freund und Partner an. Amerika bietet Syriens Machthaber Baschar al-Assad die Stirn. Putin ist sein Waffenbruder. Die USA versuchen, die innenpolitische Situation in Venezuela zu kippen und den dortigen Präsidenten Nicolás Maduro aus dem Amt zu jagen. Und wer war gestern zu einem Blitz-Besuch in Moskau bei Putin? Maduro.
Einer der schärfsten und vielleicht auch intelligentesten Kritiker Putins ist der mehrmalige Schachweltmeister Garri Kasparow, der heute in New York lebt. Das tut er auch deshalb, weil er glaubt, das ihm, dem Dissidenten, dort ein längeres Leben beschieden ist als in Moskau. Meine Kollegin Chelsea Spieker hat den Mann in Berlin getroffen, um mit ihm für den Morning Briefing Podcast über das Land zu sprechen, aus dem er stammt.
Seine Kernaussage:
Russland ist eine Ein-Mann-Diktatur. Es gibt dort keine Opposition – außer sie wird vom Kreml erlaubt.
Putins Machtbewusstsein reicht über die Grenzen seines Landes hinaus. „Die Krise anderer stärkt seine Position“, so Kasparow. Russlands Präsident werde sich auch weiter in die inneren Angelegenheiten der USA einmischen:
Diktatoren fragen nie, warum. Sie fragen, warum nicht.
Natürlich wird Putin alles tun, um seine Interessen zu verteidigen. Er hat in Trump investiert, und offensichtlich ist Trump für Putin ein großes Kapital, weil er Chaos stiftet.
Fazit: Diesen streitbaren Mann hätte man gern als Freund, aber nicht als Gegner. Für Kasparow gilt das Motto: Hast du keine Feinde, dann hast du keinen Charakter.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr