da haben sich zwei gefunden: Wladimir Putin und Xi Jinping umschmusen einander wie zwei rollige Wildkatzen. Jeder will dem anderen nahe sein – und alle anderen sollen es sehen. China feiert 2022 ohnehin gerade das „Jahr des Tigers“.
Gemeinsam werden die beiden heute die Ehrentribüne der Olympischen Winterspiele in Peking besuchen, um ihre innige Partnerschaft vor aller Welt zu zelebrieren. Schaut auf diese zwei, soll die Botschaft lauten:
© dpaZwei Männer. Zwei Militärmächte. Vereint in der Ambition, den Status quo der Nachkriegsordnung zu überwinden und die alte Weltmacht USA in ihre Schranken zu weisen.
Aus Rivalen sind strategische Partner geworden, sagt der Historiker Dr. Sören Urbansky. Und der Westen war ihr Kuppler. Jede westliche Strafexpedition – ob gegen den Iran, China, Syrien oder Russland – hat die beiden einander näher gebracht:
Nach dem Tian’anmen-Massaker – als die KP Chinas mit Panzern gegen protestierende Studenten vorging - wurde von den westlichen Industriestaaten ein Waffenembargo gegen China verhängt. Russland ist seitdem der Hauptwaffenlieferant für China.
Eine Infografik mit dem Titel: China vs. Russland
Der Vergleich
Russland wurde 2014 nach der Annexion der Krim mit westlichen Wirtschaftssanktionen belegt. Noch im selben Jahr verabredeten China und Russland den Bau einer Gas-Pipeline und die Lieferung von Gas für 400 Milliarden Dollar über 30 Jahre. Heute ist Russland auch Chinas wichtigster Öllieferant.
Kaum flog Wladimir Putin aus dem Kreise der G8-Staaten, flatterte ihm eine Einladung aus Peking ins Hause. Xi Jinping lud ihn als besonderen Gast zu einem Wirtschaftsgipfel der asiatischen Länder ein.
Eine Infografik mit dem Titel: Zwei Giganten
Weltkarte mit Fläche und Lage von China und Russland
In den vier Jahren Donald Trump begann die US-Politik des technologischen Decoupling – des Versuchs also, China als globalen Technologieführer zu verhindern. Unverzüglich begannen Moskau und Peking einen Nachbarschaftsvertrag zu verhandeln, der den Titel „Umfassende strategische Partnerschaft der Koordination für eine neue Ära“ trägt. Im Sommer 2021 wurde er unterzeichnet.
Auch die westlichen Sanktionen gegen Russland im Zuge des beginnenden Ukraine-Konflikts 2014 führten unverzüglich zur Vertiefung der ökonomischen Beziehungen beider Länder. Russland senkte die Hürden für chinesische Investitionen. Seither sind Unternehmen aus dem Reich der Mitte auch in strategisch brisanten russischen Industrien engagiert wie im russischen Eisenbahn- und Telekommunikationssektor.
Die NATO-Osterweiterung in Europa führte unverzüglich zu einer engeren Kooperation der russischen mit der chinesischen Militärmacht. Mehrmals pro Jahr finden seither strategische Manöver statt, auch solche der beiden Kriegsflotten in der Ostsee.
Fazit: Jede seriöse Realpolitik beginnt damit, die Welt so zu sehen, wie sie ist: dialektisch. Der Feind des einen wird schnell zum Freund des anderen.
Alle Rufe nach Härte, Vergeltung und Krieg sind daher mit Vorsicht zu genießen, auch wenn viele Senatoren und Kongressabgeordnete der USA sich derzeit in der Pose des Feldherren gefallen. Das erste Opfer ist in solchen außenpolitischen Gewitterlagen immer die Nachdenklichkeit. Womöglich werden die Feinde Amerikas durch eine Politik der Vergeltung nicht bekämpft, sondern gemästet. Oder um es mit dem französischen Aufklärer Nicolas Chamfort zu sagen:
Die Dummheit ist die sonderbarste aller Krankheiten. Der Kranke leidet niemals unter ihr.
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Vor wenigen Tagen wurde des 20. Todestages von Astrid Lindgren gedacht. Ihre Kinderbücher schafften es, in über 100 Sprachen übersetzt zu werden. Mit geschätzten 165 Millionen verkauften Büchern hat sie weltweit die meisten Kinderbücher abgesetzt.
Die wirtschaftlichen Erfolge der Frau sind bemerkenswert, aber nicht der Grund für das weltweite Erinnern. Sie war zugleich eine wirkungsmächtige Kämpferin für die Rechte der Kinder, wie ihre Rede am 22. Oktober 1978 anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels zeigte:
„‚Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben’“, hieß es schon im Alten Testament, und daran haben durch die Jahrhunderte viele Väter und Mütter geglaubt. Sie haben fleißig die Rute geschwungen und das Liebe genannt.
Ich bin überzeugt davon, dass wir bei den meisten Diktatoren und Unterdrückern auf einen tyrannischen Erzieher stoßen würden, der mit einer Rute hinter ihnen stand, ob sie nun aus Holz war oder im Demütigen, Kränken, Bloßstellen, Angstmachen bestand.”
Sodann erläutert sie ihr Ideal einer gewaltfreien und liebevollen Kindererziehung:
„Freie und unautoritäre Erziehung bedeutet nicht, dass man die Kinder sich selber überlässt, dass sie tun und lassen dürfen, was sie wollen. Es bedeutet nicht, dass sie ohne Normen aufwachsen sollen, was sie selber übrigens gar nicht wünschen.
Ganz gewiss sollen Kinder Achtung vor ihren Eltern haben, aber ganz gewiss sollen auch Eltern Achtung vor ihren Kindern haben, und niemals dürfen sie ihre natürliche Überlegenheit missbrauchen.
Jenen aber, die jetzt so vernehmlich nach härterer Zucht und strafferen Zügeln rufen, möchte ich das erzählen, was mir einmal eine alte Dame berichtet hat.
Sie war eine junge Mutter zu der Zeit, als man noch an diesen Bibelspruch glaubte, dieses „Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben".
Im Grunde ihres Herzens glaubte sie wohl gar nicht daran, aber eines Tages hatte ihr kleiner Sohn etwas getan, wofür er ihrer Meinung nach eine Tracht Prügel verdient hatte, die erste in seinem Leben.
Sie trug ihm auf, in den Garten zu gehen und selber nach einem Stock zu suchen, den er ihr dann bringen sollte. Der kleine Junge ging und blieb lange fort. Schließlich kam er weinend zurück und sagte:
Ich habe keinen Stock finden können, aber hier hast du einen Stein, den kannst du ja nach mir werfen.
Da aber fing auch die Mutter an zu weinen, denn plötzlich sah sie alles mit den Augen des Kindes. Das Kind musste gedacht haben:
Meine Mutter will mir wirklich weh tun, und das kann sie ja auch mit einem Stein.
Sie nahm ihren kleinen Sohn in die Arme, und beide weinten eine Weile gemeinsam. Dann legte sie den Stein auf ein Bord in der Küche, und dort blieb er liegen als ständige Mahnung an das Versprechen, dass sie sich in dieser Stunde selber gegeben hatte:
NIEMALS GEWALT!
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Über das Vermächtnis von Astrid Lindgren spreche ich im Morning Briefing Podcast mit Susanne Müller. Sie ist einer der wenigen noch lebenden Menschen, die die Autorin persönlich getroffen haben.
© dpaAuf die Frage, ob Astrid Lindgren, ihrer berühmten Figur Pippi entsprechend, selbst eine emanzipierte Frau war, sagt sie:
Sie war eine total emanzipierte Frau. Ich glaube, dass sie selber ein bisschen die Vorlage für Pippi gewesen ist. Sie hat ja mit 18 ein Kind von ihrem Chef bekommen. Und das hat sie dann alleine großgezogen. Sie hat immer ein sehr selbstständiges, ein eigenständiges Leben geführt.
Fazit: Wer sich für diese historische Figur interessiert, ist im heutigen Morning Briefing Podcast richtig. Astrid Lindgren war nicht nur Kinderbuchautorin, sondern Aktivistin. Die heutigen Kinder verdanken ihr mehr als nur Pippi Langstrumpf.
Die Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht gegen Corona hat im Deutschen Bundestag bislang die meisten sich bekennenden Unterstützer. Allerdings ist damit keinesfalls sicher, dass am Ende auch eine Mehrheit für die Position von Olaf Scholz und Karl Lauterbach steht.
Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner in dieser Woche zusammen mit unseren Kolleginnen Adriana Gießler und Julia Rottmann durchgeführt hat. Für die Umfrage wurden alle 736 Parlamentarier angeschrieben – geantwortet haben rund 43 Prozent. Von den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen nahmen sogar 57 Prozent teil.
Laut Umfrage sprechen sich bislang mindestens 113 Abgeordnete für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren aus. Hier geht es zu den Ergebnissen.
Die EZB lässt sich weiterhin von der Inflation nicht beirren: Trotz einer Preissteigerung von 5,1 Prozent im vergangenen Monat hält die Zentralbank an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Offenbar klemmt in der Geldflutungsanlage die Schleuse.
Gestern bestätigte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde lediglich die Gültigkeit der Beschlüsse des vergangenen Dezembers:
Ab April ruht das Corona-Notfallkaufprogramm PEPP, wird jedoch durch eine vorübergehende Verdopplung des regulären Kaufprogramms APP auf 40 Milliarden Euro aufgefangen. Im dritten Quartal soll das Kauftempo dann auf monatlich 30 Milliarden Euro sinken und ab Oktober mit den regulären 20 Milliarden Euro weiterlaufen.
Der EZB-Rat bekräftigte, dass die Ankäufe beendet werden müssen, bevor eine Zinserhöhung eingeleitet werden kann.
Damit ist eine Zinserhöhung in diesem Jahr weiterhin nicht in Sicht, wobei Lagarde sie in der gestrigen Pressekonferenz auch nicht ausschließen wollte.
Erstmals ging Christine Lagarde von der Verteidigung in den Angriff über. Die Hälfte der Rekord-Inflationsrate sei auf die stark steigenden Energiepreise zurückzuführen. Die Vorstellung, dass die Geldpolitik der EZB diesen Preisanstieg beeinflussen könne, sei daher grundlegend falsch:
Es ist nicht Aufgabe der Geldpolitik, den Preis für Ölbarrel zu bestimmen, die überwiegend außerhalb Europas gehandelt werden.
Fazit: Erst war es nur ein Irrtum, jetzt kommt noch Sturheit dazu. Das Leugnen des Zusammenhangs zwischen Geldflutung und Inflation ist – erst recht nach den anderslautenden Beschlüssen in London und Washington – eine durchschaubare Fluchtreaktion. Oder wie der Kabarettist Oliver Hassencamp einst sagte:
Wer lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht.
Eine Infografik mit dem Titel: Shell: Corona überstanden
Shell Aktienkurs seit 23.03.2020 (erster Lockdown), in Euro
Bei Shell wirken sich die hohen Ölpreise positiv auf die Bilanz aus: Das bereinigte Ergebnis des Unternehmens für das vierte Quartal 2021 lag bei 6,39 Milliarden Dollar und übertraf damit sogar die höchste Analystenschätzung.
Der Ölkonzern kündigte für das laufende Halbjahr ein gewaltiges Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 8,5 Milliarden Dollar an. Außerdem gibt es eine Erhöhung der Dividende um vier Prozent auf dann 25 US-Cent je Aktie.
Eine Infografik mit dem Titel: Rückkehr der Profitabilität
Nettoergebnis von Shell seit 2014, in Milliarden USD
Die positiven Ergebnisse des vierten Quartals bilden den Abschluss eines turbulenten Jahres, in dem Shell von dem aktivistischen Investor Dan Loeb ins Visier genommen wurde, seinen Hauptsitz nach London verlegte und „Royal Dutch“ aus seinem Namen strich. Das Unternehmen profitierte jedoch auch von den steigenden Öl- und Gaspreisen, die dem Unternehmen den größten jährlichen Kursanstieg seit fünf Jahren bescherten.
© dpaAußerdem sicherte Konzernchef Ben van Beurden zu, bei weiteren Störungen der europäischen Gaslieferungen durch die Spannungen zwischen Russland und der westlichen Welt auszuhelfen:
Wenn es wirklich zu Unterbrechungen käme, möglicherweise durch Sanktionen oder aus anderen Gründen, werden wir natürlich einspringen und tun, was wir können, um Europa zu versorgen.
Die Petrochemie, dein Freund und Helfer.
Der nach Alphabet wertvollste Internetkonzern der USA konnte heute Nacht mit dem größten Gewinn der Unternehmenshistorie seine Kritiker überzeugen. Die Amazon-Aktie steigt nachbörslich um 15 Prozent.
Nachdem zuvor Apple, Microsoft und Alphabet beeindruckt hatten, Facebook, Tesla, Netflix und Paypal hingegen viele Anleger enttäuscht zurückließen, trug sich der Internetpionier nach Handelsschluss mit einer Gold geränderten Bilanz in das Auftragsbuch der Börsianer ein.
Der Umsatz zog wie erwartet um 9 Prozent auf nunmehr bereits 137,4 Milliarden Dollar an. Unter dem Strich hat der E-Commerce-Gigant in den 91 Tagen von Anfang Oktober bis Ende Dezember netto 14,3 Milliarden Dollar verdient – und damit das Konzernergebnis - auch dank nicht wiederholbarer Sondereffekte – gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast verdoppelt.
Fazit: Amazon ist kein Online-Kaufhaus, sondern eine Cash-Maschine. So sehen moderne Monopole aus. Der neue Rockefeller heißt Jeff Bezos.
Eine Infografik mit dem Titel: Amazon: Die Erfolgsgeschichte
Amazon Aktienkurs seit 22.03.2020 (erster Lockdown), in US-Dollar
Es gibt auch für Kinder eine Alternative zum gesteigerten Konsum von TikTok und Instagram, zum Beispiel das Selber-Schreiben von Büchern. Der achtjährige Dillon Helbig aus Boise in Idaho hat vorgemacht, wie das geht.
Als man ihm zu Weihnachten ein leeres Notizbuch schenkte, fing er zu dichten an. Binnen zwei Tagen verfasste er die Weihnachtsgeschichte „The Adventures of Dillon Helbig’s Crismis“, die schnell auf 81 Seiten anwuchs. „ONE Day in wintertr it wus Crismis!", beginnt das Werk, das sich damit auch den grammatischen Regeln widersetzt. Heimlich transportierte er die Story – zusammen mit der Oma – beim nächsten Besuch der Bibliothek in eines der Buchregale, wo es zwischen den Werken der Weltliteratur stand – und seinen ersten Leser fand.
© derbund.chDie Mutter von Dillon allerdings war entsetzt, rief in der Bibliothek an und wollte das Werk zurückrufen. Doch der Bibliothekar entschied anders:
Dillons Book erfüllt definitiv alle Kriterien, die erfüllt sein müssen, um das Buch in unsere Sammlung aufzunehmen.
Mittlerweile hatten sich 55 Bürger des Örtchens in die Ausleihliste eingetragen, sodass der letzte Leser – bei einer Ausleihzeit von vier Wochen – erst im Jahr 2026 an der Reihe wäre.
Ein Verlag ist nun im Spiel, der das nächste Werk von Dillon verlegen möchte. Der junge Autor hat bereits öffentlichkeitswirksam mit der Promotion begonnen:
Mein nächstes Buch wird ‚The Jacket-Eating Closet‘ heißen und auf tatsächlichen Ereignissen beruhen.
Ich wünsche Ihnen einen beschwingten Start in den Freitag. Wir hören uns morgen früh wieder, wenn Sie mögen. Dann stelle ich Ihnen meine Podcast-Empfehlungen für das Wochenende vor.
Es grüßt Sie auf das Herzlichste,
Ihr