ich denke, wir sollten anfangen, das seltsame Virus aus China ernst zu nehmen. Es hat die Artengrenze von Tier zu Mensch übersprungen. Und die chinesische Landesgrenze hat es auch verlassen. Hier sind zum Wochenstart die Fakten dessen, was bisher geschah: ► Der Coronavirus gilt nach wissenschaftlichen Untersuchungen zwar als weniger aggressiv als der Sars-Erreger, trotzdem wirkt er tödlich. 80 Menschen sind bislang gestorben. Spätestens elf Tage nach der Ansteckung spürt man die Symptome wie Atemnot und Nierenversagen.
► Weltweit wurden – Stand heute Morgen – 2104 Infektionen gemeldet, die meisten in China (2051) und davon die Mehrzahl in der Stadt Wuhan mit ihren elf Millionen Einwohnern. Außerhalb Asiens wurde der Virus bislang in den USA, Kanada, Australien und Frankreich entdeckt (siehe Grafik). Ein Verdachtsfall in Berlin stellte sich gestern als nicht begründet heraus.
► Der Bürgermeister der Stadt Wuhan meldet, dass zusätzlich zu den amtlich bestätigten Infizierten noch weitere 2200 Verdachtsfälle existieren, die derzeit medizinisch überprüft werden.
Eine Infografik mit dem Titel: Wuhan: Doppelt so groß wie Singapur
Einwohnerzahl ausgewählter Städte, in Millionen
► Die Quarantäne in Wuhan und anderen Städten bedeutet: Die Schulen sind geschlossen, die Restaurants auch, der Personenverkehr wurde weitgehend eingestellt. Die Ausreise aus dem Stadtgebiet ist nicht möglich. Die Polizei bewacht Flughäfen und Ausfallstraßen.
Über die Lage in der abgeriegelten Stadt, die rund 1100 Kilometer von Peking entfernt in Zentralchina liegt, spreche ich im Morning Briefing Podcast mit Kelvin Zhang, der im mittleren Management einer Internetfirma in Peking arbeitet. Einen Tag vor der Quarantäne war er mit dem Auto in seine Geburtsstadt gereist, um mit der Familie das chinesische Neujahrsfest zu feiern. Er berichtet:
Einige Menschen reagierten zunächst panisch, weil sie nicht wussten, welche Informationen richtig oder falsch waren. Mittlerweile ist die Faktenlage sehr transparent.
Die Stadt wurde abgeriegelt, das betrifft den öffentlichen Nahverkehr, auch die Nutzung des eigenen Autos wurde eingeschränkt.
Ich habe die Wohnung seit dem 22. Januar praktisch nicht mehr verlassen. Ich bin ein einziges Mal das Treppenhaus hinunter, um eine Lieferung Lebensmittel und Mundschutze anzunehmen.
© dpaJeder weiß um die Ernsthaftigkeit der Lage. Die meisten Menschen versuchen, ihre Zeit draußen zu reduzieren und bleiben zuhause. Wenn sie das Haus verlassen müssen, um beispielsweise zum Supermarkt zu gehen, tragen sie ihre Masken.
Der Verkauf von Schutzmasken und anderer Kleidung, mit der man sich vor Ansteckung schützen will, werde kontrolliert, sagt Zhang:
Jede Person kann höchstens zehn Masken kaufen. Ich denke, alle Einrichtungen, inklusive der Krankenhäuser, haben nur noch geringe Bestände.
Fazit: In Gedanken sind wir heute Morgen in der abgeriegelten Stadt und bei ihren Menschen. Möge dem chinesischen Staat die Kontrolle des nur schwer Kontrollierbaren gelingen.
Der Journalismus ist weltweit unter Feuer, auch und insbesondere in Deutschland. Alle Studien zum Vertrauen in die Medien sprechen eine deutliche Sprache: ► Der Edelman Vertrauensindex sieht die deutschen Medien auf einer Ebene mit den italienischen und nur knapp vor den US-Medien mit CNN und Fox News. ► Laut infratest dimap hält jeder Dritte die über Medien verbreiteten Informationen für unglaubwürdig. ► Das einstige Flaggschiff des Journalismus verliert Reputation, Relevanz und Leser. Verkaufte der „Spiegel“ Ende 2001 noch 1,1 Millionen Hefte pro Woche, waren es Ende 2015 weniger als 800.000. Mittlerweile liegt die verkaufte Auflage bei unter 700.000 Heften. Gegenüber dem All-Time High – das war 1991 – bedeutet das nahezu eine Halbierung der verkauften Auflage: der Abstieg eines Superstars. ► Auch die „FAZ“, einst eine Institution unter den Tageszeitungen, verliert an Bedeutung und an Leserschaft. Die verkaufte Auflage (montags bis samstags) liegt bei noch etwa 230.000 Exemplaren – im vierten Quartal 2010 waren es noch etwa 364.000 Exemplare. ► ARD und ZDF, früher Fixsterne im demokratischen Leben der Bundesrepublik, erreichen die Senioren, aber die Jugend kaum noch. Von den unter 25-Jährigen erreichen die Öffentlich-Rechtlichen mit ihren Nachrichtenangeboten dem Reuters Institute zufolge nicht einmal jeden zweiten regelmäßig – die Online-Angebote erreichen nicht einmal 20 Prozent.
© imagoDer Berliner Medien-Professor Norbert Bolz sagt: Schuld sei ein Meinungsjournalismus, der vor allem Haltung transportiere und weniger die Fakten. Das werde vom Publikum nicht goutiert:
In Deutschland gibt es ein grundsätzliches Selbstmissverständnis vieler Journalisten – nämlich, dass sie die klassische angelsächsische Trennung zwischen Information und Meinung nicht mehr mitmachen wollen und stattdessen Gesinnungsjournalismus produzieren.
Ein Selbstversuch der „NZZ“ – die Redaktion hörte zwei Tage lang Deutschlandfunk – endete mit einem für den Sender trostlosen Fazit:
© imagoDiskussionen auf Portalen wie Twitter mögen oft wirken, als fänden sie in einer Parallelwelt statt. Doch für das Programm des Deutschlandfunks gilt dasselbe. Und im Gegensatz zu vielen Zeitungen macht sich der Sender erst gar nicht die Mühe, Themen aufzugreifen, die weite Teile der Bevölkerung ganz offensichtlich bewegen.
Die Online-Journalistin Eva Schulz, die mit Deutschland3000 überwiegend junge Menschen bei Instagram und YouTube erreicht, ist die Stimme einer neuen Generation. Auch sie stellt unbequeme Fragen:
Was wollen denn die Menschen, für die wir Journalismus machen; was ist für sie relevant; was sind die Fragen, die sie sich stellen?
Stoff genug für ein Gespräch mit dem leidenschaftlichen Journalisten Tom Buhrow, einst Korrespondent in Washington und Paris und derzeit neben seiner Position als WDR-Intendant auch Vorsitzender der ARD. Im Morning Briefing Podcast sagt er:
Der Journalismus insgesamt ist nicht in der Krise, aber befindet sich unter Rechtfertigungsdruck.
Wir müssen uns selbstkritisch fragen: Haben wir die vielen Jahrzehnte, in denen wir alle quasi die Schleusenwärter der Information waren, so genutzt, dass es im Sinne des Publikums und im Sinne unserer Leserinnen und Leser immer war?
Wir kommen nicht mit einem ausgeglichenen Konto, sondern wir kommen mit einem Minus auf die Leute zu. Wir haben aber immer so getan, als hätten wir ein ausgeglichenes Konto.
Tom Buhrow fordert mehr Demut gegenüber dem Leser, Hörer und Zuschauer:
Wir sagen so gerne: Wir sind die vierte Gewalt – und stellen uns selbst auf ein hohes Podest. Aber gleichzeitig will man keine Verantwortung übernehmen und ist dann sehr mimosenhaft, wenn man mal irgendwie selber kritisiert wird. Wie ein klein bisschen demütiger auftreten würden, im Sinne von ‚wir dienen euch’. Das ist das, was die Leute einfach spüren wollen.
Die medial überzeichneten Erregungswellen erlebt er als Problem, das verstört:
Wir konzentrieren uns immer auf ein Thema – und wenn es eine Satire ist. Das wird dann mal wochenlang thematisiert und nichts anderes. Und dann? Kommt ein neues Thema, und das andere tritt total in den Hintergrund. Diese Aufgeregtheit, das spürt man in der Bevölkerung, sie ödet die Leute allmählich an.
Die Tabuisierung von Konfliktthemen macht aus Sicht von Tom Buhrow keinen Sinn:
Je mehr Themen nicht im Diskurs vorkommen oder vorkommt dürfen, desto mehr werden sie sich unterm Teppich schimmelnd in hässlicher Form weiter verbreiten.
Fazit: Eine pluralistische Gesellschaft findet in der Gleichförmigkeit der Medien zunehmend weniger ihre Entsprechung. Wenn wir Medien mit uns selbst nur halb so kritisch ins Gericht gingen wie mit Trump, Merkel und Co., dann wäre das Publikum vermutlich versöhnlicher gestimmt. Und anstelle der täglichen Apokalypse könnte ein Schuss Humor uns Journalisten nicht schaden. Oder um es mit dem kolumbianischen Essayisten Nicolas Gomez Davila zu sagen: „Misstrauen wie der Prosa, die nicht lächelt.“
In genau einer Woche beginnen die US-Demokraten in Iowa damit, ihren Präsidentschaftskandidaten zu küren. Lange Zeit galt Ex-Vizepräsident Joe Biden als Favorit der Basis. Nun zeigt eine neue Umfrage der „New York Times“, dass Biden in dem Bundesstaat im Mittleren Westen der USA nur auf dem dritten Platz liegt. Lediglich 17 Prozent der Befragten stimmten für ihn.
© imagoAn der Spitze steht Bernie Sanders. Zwischen die beiden Partei-VIPs hat sich überraschend Pete Buttigieg geschoben, der junge Ex-Bürgermeister der Stadt South Bend. Das breite Publikum allerdings reagiert zunehmend gelangweilt auf den demokratischen Bruder-Streit. Der heimliche Profiteur wohnt auf der anderen Seite der Straße und heißt Donald Trump.
Seit Monaten wird diskutiert, ob Huawei vom 5G-Ausbau in Deutschland ausgeschlossen werden sollte. Kritiker befürchten, dass der chinesische Konzern den Geheimdiensten in Peking Zugang zum Innersten der Deutschland AG ermöglicht. Die Kanzlerin hat klar gemacht, dass sie keinen formellen Ausschluss eines Unternehmens oder eines Staates möchte. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wünschen sich viele eine andere, sprich eine härtere Gangart. Nun bekommen sie Unterstützung von prominenter Seite. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, sagte dem „Handelsblatt“:
Es darf keine Einflussnahme durch ausländische Staaten geben. Die Sicherheit von Daten und Netzen hat oberste Priorität.
Kempf macht klar:
Wenn ein Hersteller die technischen, politischen und rechtlichen Kriterien der EU und der Bundesregierung nicht erfüllt, muss er von der Beteiligung am Aufbau des deutschen Netzes ausgeschlossen werden.
Fazit: Die deutsche Industrie hat nach langer interner Debatte ihre Entscheidung getroffen. Dieses Interview ist für Merkel gedacht, als ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl.
An der amerikanisch-kanadischen Grenze finden offenbar Identitätsgeschäfte statt. Neil Young („Heart of Gold“, „Old Man“), 74 Jahre alt, besitzt zusätzlich zur kanadischen nun auch eine US-Staatsbürgerschaft. Der Grund: Der Musiker will bei der Abwahl von Trump behilflich sein.
© dpaHerzogin Meghan beschreitet denselben Weg, nur in die andere Richtung. Die ehemalige amerikanische Schauspielerin stoppte ihr Einbürgerungsverfahren in Großbritannien und will nun kanadische Bürgerin werden. Trump dürfte beruhigt sein. Die amerikanisch-kanadische Visa-Bilanz ist damit ausgeglichen.
Kobe Bryant war einer der größten Basketballer aller Zeiten. 20 Jahre lang spielte er in der US-Liga NBA für die Los Angeles Lakers und gewann fünf Meisterschaftstitel. Am Sonntag starb der vierfache Vater mit nur 41 Jahren bei einem Hubschrauberabsturz. Die Welt hat einen Supersportler verloren. Als Vorbild bleibt Kobe Bryant unsterblich. Ich wünsche Ihnen einen nachdenklichen Start in diese neue Woche. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr