auf einen ist in diesen krisenhaften Zeiten wirklich Verlass: auf den Konsumenten. Er ist besorgt, aber nicht verängstigt. Er will nicht nur nicht krank werden, er will auch leben. Er glaubt an die Welt von morgen. Und er glaubt, dass es sich dabei um eine Welt handelt, die für seine Kinder Chancen und für ihn Wohlstand bereithält.
Auch wenn ihn in den Medien vor allem Ängste anspringen, die Angst vor Viren und Mutanten, die Angst vor Dürre, Regen und Inflation, so weiß er doch aus Erfahrung, dass in den Redaktionsstuben heißer gekocht als bei ihm zu Hause gegessen wird. In der Welt der Fakten sieht es so aus:
Die deutschen Einzelhändler melden ein unerwartet großes Umsatzplus: Im Juni stiegen ihre Einnahmen um 4,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wobei vor allem der Bekleidungshandel Zuwächse erwirtschaftete.
Der Konsument in den USA trieb das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal um 6,5 Prozent, wie die Financial Times berichtet. Die persönliche Sparquote, die im März noch bei 26,9 Prozent lag, ist auf 9,4 Prozent gesunken.
Noch immer schlummert auf den Sparkonten der deutschen Verbraucher ein riesiges Geldvermögen: Mit 7,1 Billionen Euro besitzen die Privathaushalte laut Angaben der Bundesbank zum Ende des ersten Quartals so viel Vermögen wie noch nie. Dieses Geld wartet nun auf seine Entladung im Supermarkt, Autohaus oder am Aktienmarkt.
Dabei haben die globalen Einzelhandelskonzerne bereits das großartigste Halbjahr ihrer Firmengeschichte hinter sich, wie die aktuellen Quartalsergebnisse zeigen: Amazon konnte bis Ende Juni seinen Nettogewinn um 50 Prozent auf 7,8 Milliarden US-Dollar steigern.
Der Umsatz von Walmart stieg im zweiten Quartal des Coronajahrs 2020 um 9,3 Prozent, angetrieben durch den Kauf von Lebensmitteln und allgemeinen Handelswaren. Allein der Umsatz im E-Commerce stieg um 97 Prozent.
Procter & Gamble konnte seit Jahresbeginn seinen Nettoumsatz auf 76,1 Milliarden US-Dollar steigern, was einen Zuwachs von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
Eine Infografik mit dem Titel: Kurs in Konsumlaune
Kursentwicklung der Procter & Gamble-Aktie seit Februar, in US-Dollar
Fazit: Es wäre nicht schlecht, wenn auch Politiker und Journalisten in diesen Zahlen zu lesen lernen. Denn die Konsumentendaten erzählen die Geschichte der Erwartungen. Die Verbraucher sind zukunftsversessen. Sie wissen, was viele Politiker und Medienleute zu vergessen scheinen: Zukunft ist nur ein anderes Wort für Zuversicht.
Die Führungsstärke des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder wird derzeit getestet. Denn sein Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der zu den Freien Wählern gehört, macht sich einen Namen dadurch, dass er seinen Chef täglich dementiert. Und damit natürlich auch ein Stück weit demontiert.
Partout will der Mann sich nicht impfen lassen. Jeden Tag findet er neue Gründe, warum das, was sein Ministerpräsident den Deutschen so dringlich empfiehlt, für ihn nicht infrage kommt:
Ich gehe davon aus, dass neue Impfstoffe, vielleicht sogar bessere, kommen, und die jetzigen in einiger Zeit noch anders bewertet werden, auch die Kombination verschiedener Impfstoffe.
© dpaVielleicht ist am Ende irgendwann ein Geimpfter, der meint, er ist auf der sicheren Seite und er testet sich nicht, das größere Risiko, weil er jemand infiziert, während der andere getestet rausgefischt wird.
Markus Söder muss jetzt beweisen, wer Herr im Hause ist. Will er sich in den politischen Schlafwagen legen, wo jeder sagen darf, was er denkt? Oder gilt in Bayern seine Richtlinienkompetenz? Oder zugespitzter gefragt: Wie viel Strauß steckt in Söder?
Es gibt eine Partei in Deutschland, die das europäische Projekt offensiv und geradezu euphorisch vertritt. Sie heißt Volt, hat 3000 Mitglieder und Filialen in allen EU-Staaten. Volt erreichte bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2020 insgesamt 16 Mandate in den dortigen Stadträten, vier in Köln, drei in Bonn, je zwei in Aachen, Düsseldorf, Münster und Siegen und eines in Paderborn. Auch bei den Kommunalwahlen in Hessen konnte Volt in mehrere Stadtparlamente einziehen.
Das beste Ergebnis holte die Partei in Darmstadt mit 6,88 Prozent, wo Volt eine Koalition mit der CDU und den Grünen bildete. Volt zog auch in die Stadtverordnetenversammlungen von Frankfurt, Wiesbaden, Gießen und Fulda ein. In Frankfurt bildete Volt zusammen mit Grünen, SPD und FDP eine Koalition.
Nun hat sich die Partei vorgenommen, die Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl zu überspringen: „Wir wollen die europäische Republik“, sagt Rebekka Müller, die Spitzenkandidatin von Volt.
Sie und ihre Mitstreiter wollen auf dem Weg dorthin den medialen Diskurs im Vorfeld der Bundestagswahl verändern, von biografisch auf politisch, von kleinkariert auf relevant.
Deshalb habe ich Rebekka Müller auf die PioneerOne zum Gespräch eingeladen und sie gebeten, ihre „europäische Republik“ zu konkretisieren:
Wir wollen eine Regierung, die vom Europäischen Parlament gewählt ist, mit einem Premierminister oder einer Premierministerin an der Spitze. Wir wollen eine europäische Verfassung durchsetzen und fordern eine gemeinsame Außen- und Finanzpolitik mit einer europäischen Armee.
Die Spitzenkandidatin ordnet ihre Partei rechts von den Grünen und links der Union ein, legt aber auch Wert auf „Elemente aus dem liberalen Spektrum“. So will Volt beispielsweise die Unternehmenssteuern senken, um die Investitionstätigkeit zu stimulieren.
In Europa drängt Volt darauf, die Führungsfähigkeit der Union zu erhöhen:
Wir müssen das Einstimmigkeitsprinzip in der EU unbedingt abschaffen.
Und wie charakterisiert sich Rebekka Müller selbst?
Ich bin eine Realpolitikerin, die Träume hat.
Fazit: Hier meldet sich eine noch unverbrauchte pro-europäische Stimme zu Wort. Prädikat: hörenswert.
Die Allianz gilt eigentlich als zuverlässiger Lieferant guter Nachrichten – doch nun gerät der Versicherungskonzern in den USA unter Druck. Das US-Justizministerium hat am Sonntag Untersuchungen gegen das Unternehmen eingeleitet.
Anlass der Turbulenzen sind Finanzprodukte, sogenannte Structured Alpha Fonds, die die Allianz-Tochter Allianz Global Investors (AGI) den Anlegern in den USA verkauft hat. Das Versprechen der Hedgefonds-Manager: Die Fonds sollten die Volatilität des Marktes ausgleichen und gerade in Zeiten massiver Schwankungen für Stabilität sorgen. Im Prospekt wurde das Produkt mit folgenden Worten beworben:
Wir sind der Meinung, dass eine Kombination aus passivem Engagement und einem optionsbasierten Alpha Overlay einen überzeugenden ‚dritten Weg‘ für Anleger bieten kann, um nachhaltiges Alpha-Potenzial in einer Kategorie zu nutzen, in der sich viele bereits damit abgefunden haben, indexähnliche Ergebnisse zu erzielen.
Übertreffen Sie Ihre passiven US-Aktienanlagen mit unserem bewährten strukturierten Alpha Overlay.
Aber genau dieser Risikoausgleich funktionierte nicht: Die starken Turbulenzen zu Beginn der Coronakrise Anfang 2020 brachten die Alpha Fonds der Allianz-Tochter mächtig ins Straucheln. Ende März musste sie zwei der Hedgefonds sogar schließen. Andere wiesen Verluste in Höhe von 97 Prozent aus.
Die Leidtragenden sind neben Privatinvestoren vor allem große amerikanische Pensionsfonds, allen voran der Arkansas Teacher Retirement Fund (ATRS). Die Lehrer-Pensionskasse aus dem US-Bundesstaat will sich mit dem Verlust ihrer Gelder nicht abfinden und klagt.
Die Schadensersatzforderungen belaufen sich mittlerweile auf fast sechs Milliarden Dollar.
Eine Infografik mit dem Titel: Allianz: Der Absturz
Kursentwicklung der Allianz-Aktie seit dem 30.7.2021, in Euro
Dementsprechend negativ reagierte der Kurs zu Beginn der Woche: Mit einem Minus von fast acht Prozent war das Papier der mit Abstand größte Verlierer im Dax und rutschte unter die Marke von 200 Euro. Die Allianz hat damit zwischenzeitlich einen Börsenwert von rund vier Milliarden Euro verloren.
Fazit: Der Allianz-Vorstand ist begründungspflichtig. Wenn am Freitag die Quartalszahlen vorgestellt werden, wüsste man gern, was Vorstandschef Oliver Bäte den Geschädigten zu sagen hat. Die US-Behörden, siehe VW und der Dieselskandal, siehe Bayer und Monsanto, werden ohnehin keine Ruhe geben.
Der Vorschlag des Drogerie-Geschäftsführers Raoul Roßmann, den Onlinehandel in Deutschland mit einer Sondersteuer zu belegen, um die Innenstädte zu retten, ist schon nach 24 Stunden töter als tot. Der Handelsverband HDE zeigte seinem Mitgliedsunternehmen die rote Karte:
„Es wäre falsch und rechtlich sicher auch fragwürdig, den Einzelhandel je nach Vertriebsweg unterschiedlich zu besteuern“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Wir brauchen keine Strafsteuer für den Onlinehandel.
Auch Deutschlands oberster Verbraucherschützer schüttelt den Kopf. „Herr Roßmanns Analyse der sterbenden Innenstädte ist richtig, seine Lösung aber falsch“, so Klaus Müller, Chef vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
Fazit: „Politik ist das lange und langsame Bohren dicker Bretter“, hatte Max Weber einst geschrieben. Das gilt auch für die Steuerpolitik. Raoul Roßmann hat sich mit seinem Vorstoß als Dünnbrettbohrer versucht.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat einen neuen Chef: Der gebürtige Brite Mark Branson soll die Modernisierung der deutschen Finanzaufsicht voranbringen. Branson startet mit einem ambitionierten Ziel:
Die BaFin soll eine Aufsichtsbehörde von Weltklasse werden.
Zur Erinnerung: Die Behörde war im Wirecard-Skandal vor allem durch ihre Schläfrigkeit aufgefallen. Der damals tätige – oder besser gesagt untätige – BaFin-Chef hieß Felix Hufeld und musste zusammen mit seiner ebenfalls schläfrigen Vize-Präsidentin Elisabeth Roegele abtreten. Immerhin: Das Versagen war geschlechtspolitisch korrekt.
Goldenes Karriere-Ende für Aline Rotter-Focken. Die frühere Weltmeisterin im Ringen ist die erste deutsche Olympiasiegerin im Frauen-Ringen überhaupt. Die Krefelderin gewann am Montag den letzten Kampf ihrer professionellen Laufbahn mit 7:3 gegen die Amerikanerin Adeline Gray.
Kristin Pudenz hat im Diskuswerfen Silber gewonnen. Das ist die erste deutsche Medaille in dieser Disziplin seit 25 Jahren. Pudenz weinte Tränen des Glücks. Sie bekam die erste Medaille für die deutschen Leichtathleten in Tokio.
Ebenfalls Silber holten Lea Sophie Friedrich und Emma Hinze beim Bahnrad-Teamsprint. Zu dem knappen Ergebnis, es fehlten nur Bruchteile von Sekunden zum Sieg, sagte Friedrich: „Wenn das Gold so zum Greifen nah ist, ist es im ersten Moment natürlich enttäuschend“.
Julia Krajewski holte am Montag mit ihrer Stute Amande eine Gold-Medaille im Vielseitigkeitsreiten. Die deutschen Reiter hatten davor im Team-Wettbewerb nur den vierten Platz erreicht. Julia Krajewski reitet seit ihrem sechsten Lebensjahr und gewann in dieser Disziplin als erste Frau überhaupt.
Sport-Krimi: Nachdem die belarussische Athletin Kristina Timanowskaja Verbandsfunktionäre des eigenen Landes kritisierte, drohte ihr die Zwangsrückreise in die Heimat. Sie hatte sich am Flughafen an die Polizei gewendet und dann am Montag ein humanitäres Visum von Polen erhalten.
US-Turnstar Simone Biles will heute doch am Schwebebalken-Finale teilnehmen. Das kündigte die 24-Jährige am Montag an. Zuvor hatte sie wegen mentaler Probleme die meisten Olympia-Wettkämpfe abgesagt.
Aus Vietnam erreichen uns heute Morgen dramatische Nachrichten. Horst Geicke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Hauses in Ho-Chi-Minh-Stadt und einer der Mitgesellschafter von MediaPioneer, schrieb mir Folgendes:
In Deutschland gibt es derzeit Impfstoff im Überfluss und man kann sich den Impfstoff quasi vom Impfstoff-Menü wählen. Hier ist Impfstoff akute Mangelware und jede Ankunft einer Charge Impfstoff aus dem Ausland per Flugzeug wird in den Medien gefeiert.
Der Mangel trifft auch die vielen hunderttausend Entsandte der deutschen Wirtschaft, die mit ihren Produktionen und Dienstleistungen die Lieferketten deutscher Unternehmen und deren Arbeitsplätze sichern.
© dpaDie Lage ist so prekär, dass man seine Fabrikation nur dann aufrechterhalten kann, wenn man zusichert, dass die Mitarbeiter in der Fabrik schlafen, essen und hygienisch versorgt werden können, was viele Unternehmen vor schier unlösbare Probleme stellt.
Appelle an die Bundesregierung, den Entsandten – die deutsche Staatsbürger sind – zu helfen, stießen bisher auf taube Ohren! Es ist schier unmöglich, in Südostasien für die deutsche Wirtschaft Impfstoff zu besorgen und zu kaufen. Denn aufgrund der Rahmenabkommen mit den Impfstoffherstellern können nur Regierungen Impfstoffe erhalten.
Das Auswärtige Amt (welche alle ihre diplomatischen Vertreter und lokalen Ortskräfte im Ausland mit Familien bereits vor Monaten durchgeimpft hat), weisen die Auslandsdeutschen (so werden wir hier bezeichnet) auf das Konsulargesetz hin, dass die diplomatischen Vertretungen und das Auswärtige Amt nicht zuständig sind.
Sein Urteil über die Passivität der Bundesregierung fällt hart aus:
Dem politischen Berlin scheint es aufgrund des Wahlkampfs im Moment egal zu sein, ob es zu gravierenden Lieferengpässen durch hunderte von Werksschließungen kommt.
Fazit: Der Hilferuf aus Vietnam sei hiermit übermittelt. Die Bundesregierung sollte nicht nur hören, sondern helfen.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben – trotz fehlender Stiko-Empfehlung – das Impfangebot für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren beschlossen. Zukünftig sollen sie sich mit Moderna und BioNTech impfen lassen können.
Ebenfalls bei der gestrigen Ministerrunde beschlossen wurde das Angebot einer Drittimpfung für Risikogruppen. Die dritte Dosis soll gefährdeten Personen frühestens sechs Monate nach der ersten Impfserie angeboten werden.
„52,3% (43,5 Mio) in Deutschland haben den vollen Impfschutz, 61,7% (51,3 Mio) sind mind. einmal geimpft. Allerdings ist Zahl der Erstimpfungen so niedrig wie zuletzt im Februar“, gab Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf Twitter bekannt. Anders als im Februar steht mittlerweile allerdings genügend Impfstoff zur Verfügung. Mangel kann das niedrige Impftempo also nicht erklären. Deshalb Spahns Forderung: „bitte impfen lassen!“
Eine Infografik mit dem Titel: Impfen: Die Verlangsamung
Tägliche Covid-Impfungen pro 100 Personen in Deutschland
Geteilte Freude bedeutet doppeltes Gold: Die konkurrierenden Hochspringer Gianmarco Tamberi aus Italien und Mutaz Essa Barshim aus Katar übersprangen am Sonntag beide die Höhe von 2,37 Metern und scheiterten dann an der nächsthöheren Marke. Daraufhin machte Mutaz Essa Barshim im Gespräch mit dem Kampfrichter einen besonderen Vorschlag, mit historischem Ergebnis: Erstmals in der Geschichte gibt es zweimal Gold beim olympischen Hochsprung.
© dpaIn einem auf Twitter geteiltem Video ist zu sehen, wie der Kampfrichter ansetzt, um seine Entscheidung zu erläutern. Doch der Hochspringer aus Katar sagt nur: „Das ist Geschichte“ und klatscht sich mit dem Italiener ab. Kurz danach liegen sich beide in den Armen.
Der irische Journalist Gavan Reilly, der das Video geteilt hatte, nannte den Moment „the true essence of sportsmanship“, die wahre Essenz des Sportsgeistes.
© dpaIch wünsche Ihnen einen fulminanten Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr