wenn Donald Trump und Joe Biden in wenigen Stunden aufwachen, wird die beiden so unterschiedlichen Männer derselbe Gedanke durchzucken: Was wird aus Virginia? Was wird aus mir?
Nur das Vorzeichen des Adrenalinschubs fällt unterschiedlich aus: Der eine fürchtet in dem kleinen, nahe Washington gelegenen Bundesstaat den Anfang vom Ende seiner Präsidentschaft. Der andere hofft auf die politische Wiederauferstehung nach der Nahtoderfahrung vom November 2020.
Eine Infografik mit dem Titel: 2020: Trump vs. Biden
Wahlergebnis der US-Wahl 2020
In Virginia mit seinen nur knapp zehn Millionen Einwohnern findet die im Grunde genommen unspektakuläre Neuwahl eines Gouverneurs statt. Das Besondere: Biden erhält das erste nicht von den Medien, sondern vom Wähler ausgestellte Zwischenzeugnis. Und für Trump ist es der erste Stimmungstest für die eigenen Comeback-Ambitionen. Die Ausgangslage in Kürze:
Die Grundstimmung im Lager des Demokraten ist von Pessimismus gekennzeichnet. Ihr Mann in Virginia performt nicht.
Eine Infografik mit dem Titel: Führungswechsel in Virginia?
Durchschnittliche Zustimmungswerte von Glenn Youngkin (Republikaner) und Terry McAuliffe (Demokraten) im Wahlkampf zum Gouverneur des US-Bundesstaates Virginia, in Prozent
Eine 49,8-prozentige Zustimmung erreichte Terry McAuliffe zu seinen besten Zeiten – sein Gegenüber begann das Rennen bei 37,5 Prozent. Inzwischen konnte der republikanische Herausforderer Glenn Youngkin den Rückstand in eine knappe Führung verwandeln.
Die Grundstimmung im Camp der Trumpisten lässt sich mit den Worten „in freudiger Erwartung“ beschreiben. Ihr Sieg ist nicht gesichert, aber in Reichweite.
Plus: Der republikanische Gouverneurs Kandidat ist ein Trump-Fan, was ihm im Wahlkampf - anders als von den Demokraten zunächst vermutet - eher genutzt hat. Deshalb wittert der Wahlverlierer Trump schon wieder Morgenluft:
© ThePioneerChanting, ‘We love Trump!’ in Arlington, Va. Thank you, Arlington, see you soon!
So befeuert denn diese Regionalwahl einen Machtkampf, der mit der Präsidentschaftswahl im November 2020 erst so richtig begann: Trump ist die Katze mit den sieben Leben. Er lässt nicht locker. Er investiert Geld und Zeit und Kraft um den Auszug aus dem Weißen Haus rückgängig zu machen. Die Niederlage war für ihn keine Niederlage, sondern ein Aufputschmittel. Seine Gefühlswelt ist leicht zu dechiffrieren:
Ihn haben bei seiner Niederlage im November 2020 74,2 Millionen Menschen gewählt – und damit knapp 5 Millionen mehr als Obama bei seinem Sieg 2008. Trump glaubt, er sei die Ausnahmepersönlichkeit des 21. Jahrhunderts. Er will Revanche.
Eine Infografik mit dem Titel: Wählermagnet Trump?
Die zehn Sieger bei US-Präsidentschaftswahlen und Donald Trump mit dem höchsten "popular vote"*, in Millionen
Und: Er registriert, dass die aufgeheizte Stimmung, die ihn, den politischen Unternehmer, zu einer konservativen Großmacht hat aufsteigen lassen, keineswegs verschwunden ist. Der für ihn glückliche Befund: Bidens Versöhnungsrhetorik funktioniert nicht. Große Teile Amerika wollen nicht beruhigt, sondern weiter aufgepeitscht werden.
Der Nachfolger hat mit dem Rückzug aus Afghanistan, der von der Weltöffentlichkeit als bedingungslose Kapitulation der westlichen Führungsmacht empfunden wurde, den Verdacht genährt, er sei der Notar des amerikanischen Niedergangs. Dass Trump diesen Rückzug einst mit den Taliban in Doha ausgehandelt hat, erreichte zwar die Medien, aber nicht das gemeine Volk.
Eine Infografik mit dem Titel: Biden verliert Zustimmung
Durchschnittliche Zustimmungswerte der Arbeit von US-Präsident Joe Biden, in Prozent
Dass auch Biden die Pandemie nicht in den Griff bekommt, zahlt bei Trump positiv ein. Die erneut verschärften Corona Regeln und die anhaltende Debatte über eine Impfpflicht bringen das Blut seiner Anhänger zum Kochen. Trump muss nur noch seinen Topf darauf stellen.
Und last but not least: Vizepräsidentin Kamela Harris kann das emotionale Vakuum im demokratischen Lager nicht füllen. Die ehemalige Generalstaatsanwältin bleibt auf der großen politischen Bühne blass bis unsichtbar; die linke Basis hat die Law and Order Frau noch nie gemocht. Für sie ist Harris eine Frau, aber die falsche.
Fazit: Die Welt der internationalen Politik schaut in den kommenden 48 Stunden auf Virginia. Wenn der Nebel dieses Wahlergebnisses sich verzogen hat, werden wir klarer sehen und vielleicht sogar eine Antwort finden auf die auch für Europa so wichtige Frage: Wohin treibt Amerika?
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Friedrich Merz könnte am 17. Dezember der neue und damit zehnte Bundesvorsitzende der CDU werden. Zumindest soll dann das Votum der Basis feststehen, das für den Bundesparteitag kurz darauf bindend sein wird.
Der Umweg über die Basis ist nach zwei Niederlagen für Merz die einzige Chance. Er will sie nutzen. Bei den Mitgliedern ist der Wirtschaftspolitiker der Favorit.
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Carsten Linnemann, der junge Chef der Mittelstandsunion, ist offenbar bereit, ihm den Vortritt zu lassen und sich dafür mit einem wichtigen Posten in der Fraktion oder dem Generalsekretärsjob zufrieden zu geben.
Aufhalten kann Merz - Stand jetzt - nur noch Norbert Röttgen, der sich gezielt als Mann der liberalen Mitte inszeniert und damit gegen den Konservativen Merz seine Truppen sammeln will.
© dpaUnser Hauptstadt-Team hat die Hintergründe des Machtkampfes recherchiert. Alle Details lesen Sie im aktuellen Newsletter, für den Sie sich auch hier anmelden können.
Die politische Redaktion der FAZ hat aufgepasst und hört in der Kulisse die Nachtigallen trapsen. Zwei dieser Nachtigallen sehen aus wie Ricarda Lang und Omid Nouripour, die bald schon Annalena Baerbock und Robert Habeck als Parteivorsitzende beerben könnten. Denn bei den Grünen ist Ämterhäufung unerwünscht. Minister und Parteichef geht also nicht zusammen.
Die FAZ schreibt heute morgen:
Aus grüner Sicht hat dieses Duo eine bestechende Logik. Die Parteilinke Lang, 27 Jahre alt, ist nach wie vor in der Grünen Jugend bestens vernetzt, deren Sprecherin sie bis 2019 war. Als Tochter einer alleinerziehenden Sozialarbeiterin hat sie eine Geschichte zu erzählen.
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Omid Nouripour allerdings auch. Der Realo zog als Nachrücker von Joschka Fischer in den Bundestag ein. Außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist er bis heute. Bei der Bundestagswahl gewann er seinen Wahlkreis in Frankfurt direkt - das schaffen nur die charismatischen und volksnahen Charaktere. Die FAZ kennt und empfiehlt ihn:
Mit dem in Teheran geborenen Muslim würden die Grünen auch den Vorwurf entkräften, zwar andauernd über Diversität zu sprechen, sie aber selbst nicht zu praktizieren.
Die Ergebnisse der Klimaforscher stehen im scharfen Kontrast zu den Ergebnissen der Klimapolitiker: Die Forschungsergebnisse nämlich werden immer dramatischer:
Im Jahr 2020 haben 30,7 Millionen Menschen ihre Heimat durch Naturkatastrophen verloren. Bis 2040 könnten 200 Millionen Menschen durch von dem Klimawandel bedingte Naturkatastrophen zu Flüchtlingen werden, sagt Greenpeace.
Bis 2100 dürfte der globale Meeresspiegel um einen Meter steigen und damit den Lebensraum von heute 200 Millionen Menschen vernichten, 30 der 50 größten Städte der Welt liegen am Meer.
Eine Infografik mit dem Titel: Was muss passieren?
CO2-Emissionen nach Brennstoff und notwendige Reduktion, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, in Gigatonnen CO2
Dem gegenüber stehen die mageren Ergebnisse des G20 Gipfels zur Bekämpfung des Klimawandels. Anstatt sich auf konkrete Maßnahmen zu einigen, wurden schon geplante Ziele aufgelockert. Statt von den geplanten „Netto-Null-Emissionen“ bis 2050, ist im Abschlusspapier des Gipfels nun nur noch von ungefähr bis „Mitte des Jahrhunderts“ die Rede.
Und auch bei der Weltklimakonferenz in Glasgow - eine Großveranstaltung mit rund 25.000 Teilnehmern - sollten die Erwartungen nicht zu hoch sein. So sagte zum Beispiel Boris Johnson zum Auftakt der Konferenz:
© paWir werden den Klimawandel nicht so bald stoppen. Und wir werden ihn sicherlich nicht bei der 26. Klimakonferenz in Glasgow stoppen.
Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres übt sich in einem Realismus, der an Fanatismus grenzt:
Wir laufen ernsthaft Gefahr, dass Glasgow nicht liefern kann.
Einer der großen Klimaforscher unseres Landes ist Prof. Dr. Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Über die mageren Ergebnisse und die Tatsache, dass Putin und Xi Jinping sowohl zu G20 als auch zur Glasgow-Konferenz nicht erschienen sind, sagt er im Morning Briefing Podcast:
Das zeigt einfach, welchen Stellenwert der internationale Klimaschutz in einigen Ländern besitzt – nämlich so gut wie gar keinen.
Was die Bedeutung der internationalen Klimakonferenzen angeht, fällt sein Urteil ähnlich schonungslos aus:
Jeder und jede hat eigene Interessen - das kann so nicht klappen. Deswegen glaube ich, dass diese riesigen Klimakonferenzen zum Scheitern verurteilt sind.
Seine Empfehlung an die künftigen Koalitionspartner:
Ich wäre knallhart. Ich würde tatsächlich Schutzzölle aufbauen.
Ich glaube, dass ein Herr Putin oder ein Herr Xi keine andere Sprache verstehen.
Fazit: Wer die Welt verändern will, muss sie verstehen. Prof. Latif hilft uns dabei. Seine Diagnose ist eine Art von Schmerztherapie.
Die Machenschaften eines internen Maulwurfs - der Systemadministratorin Efstathia M. - machen der Berliner Staatsanwaltschaft das Leben schwer. Die Justizmitarbeiterin soll unerlaubt Interna abgefragt und an den Verschwörungsideologen Attila Hildmann weitergegeben haben:
Attila Hildmann, ursprünglich bekannt als Autor von Vegan-Kochbüchern, heizte zu Hochzeiten der Corona-Pandemie als prominentes Mitglied der "Querdenken"-Szene seinem Publikum ein. In Gruppen des Messenger-Dienstes "Telegram" verbreitete er antisemitische, rechtsextreme und verschwörungsideologische Inhalte unter seinen mehr als 100.000 Abonnenten. Seit vergangenem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Attila Hildmann - unter anderem wegen Volksverhetzung. Derzeit – so wird vermutet – hält er sich in der Türkei auf.
Laut Recherchen der ARD sei die Ex-Mitarbeiterin mehrfach bei Polizeieinsätzen im Umfeld der “Querdenken”-Szene aufgefallen. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden Datenträger mit vertraulichen Informationen sichergestellt. Demnach habe Efstathia M. vertrauliche Informationen aus dem System abgefragt und somit Hildmann frühzeitig unter anderem über dessen Haftbefehl informieren können.
Fazit: Ein Staat, der solche Beschützer hat, braucht keine Gegner mehr.
Billigflieger sind schädlich für das Klima und trotzdem stark nachgefragt. Mehr als 100 Millionen Fluggäste erwartet der irische Billigflieger Ryanair in diesem Jahr. Im dritten Quartal dieses Jahres erwirtschaftete die Fluggesellschaft erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie einen Gewinn von 225 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum des vergangenen Jahres schrieb das Unternehmen mit einem Minus von 225,5 Millionen Euro tiefrote Zahlen.
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Anleger an der Londoner Börse dürften über die positive Entwicklung trotzdem nicht glücklich sein. Wie Ryanair-Chef Michael O'Leary am Montag ankündigte, denkt das Unternehmen über einen Rückzug von der Londoner Börse innerhalb der nächsten sechs Monate nach.
Der Grund: Britische Aktionäre dürfen seit Beginn des Jahres keine Stammaktien mehr halten, damit das Unternehmen seine vollen Lizenz- und Flugrechte in der EU behalten kann. Denn Airlines können innerhalb der EU nur abheben, wenn mehr als 50 Prozent der Aktionäre aus der EU stammen.
Der Aktienkurse von Ryanair stagnierte an der LSE am Montagabend bei mageren 16,85 Euro. Wir lernen: Die wahren Kosten des Brexit werden in Raten zugestellt.
Prof. Karl Lauterbach besitzt nicht nur höchste akademische Weihen. Der Mann hat an der Harvard School of Public Health gelernt und ist Professor an der Universität zu Köln. Er besitzt zusätzlich noch Humor, der mit Abstand seltenste Rohstoff im politischen Betrieb.
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Ausgerechnet jener Politiker, den die SPD nie an die Schalthebel der Macht ließ und der notgedrungen im Studio von Markus Lanz seinen Zweitwohnsitz fand, gab nun in der „heute show“ eine Kostprobe seines wahren Talents.
Den Neuankömmlingen im Bundestag erteilte er praxistaugliche Ratschläge der intelligenten Art:
© dpaHier schwimmt man mit dem Strom. In der Sache begründete Kritik nur ganz sparsam, wenn überhaupt.
Den künftigen Kanzler, ein Mann, dessen visionärer Gehalt sich in den von Helmut Schmidt gezogenen Grenzen bewegt, lobt Lauterbach so hoch in den Himmel, das keiner mehr dran kommt:
Ich kenne niemanden der mehr Ideale hat als Olaf Scholz. Das sind Ideale auf Beinen.
Und dann erklärt Lauterbach den jungen Parlamentariern die wahrscheinlich wichtigste Regel für die erfolgreiche Arbeit in der Fraktion:
© dpaIdeale kann man haben, das ist gar nicht das Problem. Man darf sie nur nicht zeigen.
Damit steigt Karl Lauterbach in die Fußstapfen von Karl Valentin, ein Bruder im Geiste:
© dpaMögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut!
Ich wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr