Die kalte Progression

Der doppelte Lindner

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Guten Morgen,

die Inflation produziert viele Verlierer und einen Gewinner: den Staat.

Denn der kassiert kräftig mit, sobald sich die Preise im Laden und die Summen auf den Gehaltskonten nach oben bewegen:

Eine Infografik mit dem Titel: Teurer Konsum

Steuereinnahmen aus der Umsatzsteuer in Deutschland von 2010 bis 2020, in Milliarden Euro

  • An der Ladentheke bringt ihm sein 19-prozentiger Mehrwertsteueraufschlag mit jedem Preisschub neue Zusatzeinnahmen. Des Bürgers Kaufkraft dagegen schrumpft bei einer Summe von 100.000 Euro durch die teuflische Doppelwirkung von Mehrwertsteuer und Inflation auf nur noch 76.000 Euro.

Eine Infografik mit dem Titel: Die nehmende Hand

Steuereinnahmen aus der Lohnsteuer in Deutschland von 2010 bis 2020, in Milliarden Euro

  • Bei der Einkommensteuer, wo Inflationsschübe in aller Regel zu Gehaltsschüben führen, rutschen Millionen Menschen in einen höheren Steuertarif, obwohl ihre Kaufkraft sich trotz Lohnerhöhung gar nicht verändert hat. Die Inflation macht viele zu Besserverdienern, obwohl ihre ökonomische Leistungsfähigkeit keineswegs zugenommen hat. Das Finanzministerium beziffert die Mehreinnahmen des Staates durch diesen Effekt auf rund zwei Milliarden Euro. Früher nannte man das Beutelschneiderei.

Womit wir bei Christian Lindner wären. Genauer gesagt bei Christian Lindner I.:

Es ist eine Frage der Fairness und Transparenz, dass die Menschen vor heimlichen Steuererhöhungen geschützt werden.

So sprach Christian Lindner vor seiner Ministerwerdung. Als Oppositionspolitiker wusste er – publiziert am 9. Dezember 2014 auf dem Portal Liberal – wie schnell und unbürokratisch für Abhilfe gesorgt werden könne:

Der Tarif der Einkommensteuer sollte automatisch an die Preisentwicklung angepasst werden.

Von diesem Automatismus ist jetzt, wo man ihn unverzüglich brauchen könnte, keine Rede mehr. Christian Lindner II. regiert und kann sich an seinen Zwillingsbruder, den Oppositionspolitiker gleichen Namens, offenbar nur noch schemenhaft erinnern.

Dabei gibt es seit 2016 die von Christian I. damals geforderte automatische Inflationsanpassung des Steuertarifs, zumindest auf dem Papier. Im sogenannten Progressionsbericht legt der Bundestag fest, um wie viel der progressive Einkommensteuertarif im Falle einer Geldentwertung nach rechts auf der Skala verschoben werden muss.

Eine Infografik mit dem Titel: Inflation: Höher als erwartet

Monatliche Inflationsrate, Prognose und tatsächliche Inflation in Deutschland, in Prozent

Aber diese Anpassung findet aufgrund einer für den Staat günstigen Prognose aus dem Jahr 2020 statt. Damals hat man die Inflation für das Jahr 2021 auf 1,2 Prozent geschätzt. Daraus wurden dann im wahren Leben 3,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 und im Dezember sogar 5,3 Prozent. Eine Anpassung des Einkommensteuertarifs an die tatsächliche Inflation ist bisher nicht erfolgt, was viele Menschen zu Recht empört:

Hören Sie auf, sich an der ‚kalten Progression‘ zu bereichern!

So schrieb ein wütender Christian Lindner im Mai 2015 an den damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Aber Vorsicht Verwechslungsgefahr: Der Briefschreiber war sein in der Opposition aufgewachsener Zwillingsbruder, Christian I.

Christian Lindner © Imago

Der Aufsteiger Christian II. findet eine Änderung des Steuertarifs im laufenden Jahr 2022 sei „mit enormem bürokratischen Aufwand verbunden“ und habe deshalb zu unterbleiben. Zumal ja der jetzige Tarif noch von der alten Regierung beschlossen worden sei. Frühestens für das Jahr 2023 also will er Anpassungen des Steuertarifs „vorschlagen“.

Albert Camus kannte nicht die Lindner-Zwillinge, aber er kannte den ewigen Widerspruch zwischen dem großen Versprechen und der kargen Tat. Er ermunterte uns - und die beiden - sich mit dieser widrigen Wirklichkeit nur ja nicht zu arrangieren.

Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als dass man sich nicht mit ihm abfindet.

Reiner Holznagel © BdSZ

Einer, der versucht, den Bürger vor den steuerlichen Folgen der Inflation zu bewahren, ist Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler. Mit ihm spreche ich heute Morgen im Morning Briefing Podcast über die Folgen der Inflation für den Steuerzahler. Das Phänomen der kalten Progression beschreibt er wie folgt:

Wenn die Preise steigen, aber die Einkommensteuer gleich bleibt, dann ist der Einzelne natürlich nicht leistungsfähiger, aber er muss trotzdem höhere Steuern zahlen.

Seine Forderung:

Die Einkommensteuer muss an die Inflation angepasst werden, damit wir eine faire und gleichmäßige Besteuerung haben.

Die falsche Inflationsprognose aus dem Jahr 2020, die dem derzeitigen Einkommensteuertarif zugrunde liegt, empört ihn:

Wir Steuerzahler sind doppelt gebeutelt. Der Staat dagegen ist ein Inflationsgewinner – und das sollte er nicht sein.

Klick aufs Bild führt zum Podcast

Eine Bereinigung anhand der realen Geldentwertung von durchschnittlich 3,1 Prozent in 2021 würden 2,5 Milliarden Euro für den arbeitenden und seine Steuer entrichtenden Bürger bedeuten. Holznagel erklärt:

Es geht hier nicht um Geschenke, es geht auch nicht um eine Steuerentlastung, es geht um Fairness.

Holznagel mit Angela Merkel © BdSZ

Holznagel appelliert an den Finanzminister, die falschen Vorgaben der Vorgänger-Regierung nicht länger zu akzeptieren:

Der Progressionsbericht ist falsch, deswegen muss er korrigiert werden und das auch rückwirkend.

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Bärbel Bas © Imago

Doppelmoral bei den Volksvertretern: Seit dem 14. Januar gelten Bürger, die eine Corona-Infektion hinter sich haben, nur noch drei statt bisher sechs Monate nach der Erkrankung als genesen. Doch im Bundestag bleibt der Zugang zum Plenum und zu den Ausschüssen für die genesenen Abgeordneten weiterhin sechs Monate lang gewährt.

Möglich wird dies durch die Allgemeinverfügung der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, welche am 10. Januar festlegte, dass die Teilnahme an Sitzungen für Genesene maximal sechs Monate möglich ist. Danach sei „eine Impfung erforderlich, um weiterhin als grundimmunisiert zu gelten“.

Wie der Bundestag bestätigt, bleibt diese großzügige Regelung zunächst bestehen, obwohl die Verfahrensweise für Otto Normalverbraucher verschärft wurde. George Orwell hat es nicht nur geahnt, er hat es gewusst:

Alle sind gleich, aber manche sind gleicher.

Max Otte © Imago

Max Otte, der Vorsitzende der CDU-nahen Werteunion, hat für sich offenbar den Platz rechts vor der Wand reserviert. Die AfD hat ihn als Kandidaten für das Bundespräsidentenamt nominiert und der CDU-Politiker nahm diese Nominierung an.

Das hat nun Konsequenzen: Die CDU-Spitze fordert ihn zum Parteiaustritt auf, wie der noch amtierende Generalsekretär Paul Ziemiak gemeinsam mit seinem Nachfolger Mario Czaja auf einer Pressekonferenz mitteilte. Der Bundesvorstand entschied am gestrigen Abend bereits, Otte mit sofortiger Wirkung aus der Partei auszuschließen. Das bedeutet: Ein Parteiausschlussverfahren wird eingeleitet.

Paul Ziemiak © Imago

Wer so etwas als Christdemokrat überhaupt erwäge, „der verletzt die Werte der CDU und hat in unserer Partei nichts verloren“, sagte Ziemiak.

Das sieht Otte anders: Nach seiner Nominierung durch die AfD sagte er der „Welt“, er habe sich bei der AfD „für die große Ehre“ bedankt. Die Kandidatur sei mit seiner CDU-Mitgliedschaft „völlig vereinbar“.

Fazit: Max Otte will die AfD nicht verkleinern, sondern mästen. Der CDU kann er so keinen Dienst mehr erweisen: Wer solche Parteimitglieder hat, braucht keine Feinde mehr.

Welche Rolle das Zuhause in Zukunft spielen wird

Alev Doğan spricht mit Wissenschaftler Prof. Sascha Schmidt

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Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Podcast mit der Laufzeit von

Robert Habeck © Anne Hufnagl

Heute stellt Robert Habeck den Jahreswirtschaftsbericht 2022 vor. In dem 138-seitigen Bericht beschreibt der Superminister für Wirtschaft und Klima, wie er Deutschland von der sozialen zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft umbauen möchte.

Außerdem enthält der Bericht die wichtigsten Eckdaten für die Jahresprojektion 2022. Diese lauten:

  • Der Anstieg des Verbraucherpreisniveaus soll jahresdurchschnittlich 3,3 Prozent betragen. Die um das wahre Leben bereinigte Kerninflationsrate, welche Preise für Lebensmittel und den Energiesektor ausschließt, wird nach den Berechnungen des Ministeriums bei 2,4 Prozent liegen.

  • Für das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt Deutschlands wird mit einem Zuwachs in Höhe von 3,6 Prozent gerechnet.

  • Die Arbeitslosenquote soll 2022 auf 5,1 Prozent sinken.

  • Für das Bruttoinlandsprodukt der Weltwirtschaft wird ein Wachstum von 4,5 Prozent projiziert.

Habeck, Scholz und Lindner © Imago

Die Ampel ahnt, dass die hohen Energiepreise die Deutschen noch stärker umtreiben als die Ukraine-Debatte oder das geplante Agrar-Paket der Koalition.

Deshalb planen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz nach Informationen meines Kollegen Michael Bröcker einen Entlastungsangriff.

Die EEG-Umlage soll schon zum 1. Juli abgeschafft werden und nicht wie bisher geplant zum 1. Januar 2023. Erwartete Entlastung beim Strompreis für einen Vier-Personen-Haushalt: 120 Euro pro Jahr.

Details lesen Sie in der neuen Ausgabe unseres Politikteils, genannt Hauptstadt Das Briefing.

Lauterbachs erste Pannen

Der Gesundheitsminister verliert Vertrauen bei den Ländern - und muss jetzt liefern.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Wladimir Putin © dpa

Russland lässt weiter die Muskeln spielen. Auf der Halbinsel Krim und im Süden Russlands veranstaltet Putin ein Manöver mit 6.000 Soldaten sowie mindestens 60 Kampfflugzeugen. Der Mann im Kreml will jetzt nicht friedlich, sondern deutlich sein. Nach russischen Angaben handelt es sich um einen alle Teilstreitkräfte umfassenden Einsatz zur Überprüfung der Kampfbereitschaft.

Boris Johnson © dpa

Für Boris Johnson wird es eng: Nach Berichten des britischen Fernsehsenders ITV über eine Geburtstagsparty des Premiers am 19. Juni 2020 in der Downing Street 10 mit bis zu 30 Mitarbeitern und mindestens einer externen Person hat nun auch Scotland Yard wegen möglicher Verstöße gegen die damaligen Coronavorschriften Ermittlungen aufgenommen.

Scotland-Yard-Chefin Cressida Dick sagte am Dienstag in einem Ausschuss des Londoner Stadtrats:

Ich kann bestätigen, dass die Metropolitan Police zu einer Reihe von Veranstaltungen im Zusammenhang mit potenziellen Verstößen gegen die Corona-Auflagen ermittelt.

Zum Zeitpunkt der Feier waren nur Zusammentreffen von maximal sechs Personen im Freien erlaubt. Hinzu kommt, dass in dieser Woche mit dem Ergebnis einer internen Untersuchung, durch die hochrangige Beamtin Sue Gray, gerechnet wird. Vom Ausgang dieser Untersuchung könnte Johnsons politisches Schicksal abhängen.

Mehrere Abgeordnete seiner eigenen Partei haben sich bereits von ihm abgewandt. Sollten 54 Mitglieder seiner Fraktion im Unterhaus schriftlich für einen Wechsel stimmen, käme es zum Misstrauensvotum. Die Sammlung der Stimmen läuft.

Wir lernen: Ein Boris Johnson hat wie eine Katze sieben Leben. Aber eben nicht acht.

Impfkampagnen DE & FR © smb

Frankreich und Deutschland wollen die Impfmüdigkeit ihrer jeweiligen Bevölkerung bekämpfen. Das Ziel ist identisch, die Impfkampagnen sind es nicht. Die deutsche Kampagne wirkt, als habe der Chef-Designer der DDR sie entwickelt. Die Franzosen dagegen arbeiten mit Erotik und Lebensfreude. Der deutsche Köder schmeckt dem Kanzler, der französische dem Fisch.

Ich wünsche Ihnen einen schwungvollen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste,

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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