in der Corona-Pandemie ist der Kredit der politische Wirkstoff der Stunde. Die Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes mit ihren roten Ziffern schlägt Alarm.
Zum ersten Mal in ihrer 25-jährigen Geschichte steigt die Gesamtschuldenlast von Bund, Ländern und Gemeinden um mehr als 10.000 Euro pro Sekunde. Genauer um 10.424 Euro pro Sekunde.
Bund und Länder werden dieses Jahr rund 330 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, alleine der Bund mutet sich davon knapp 218 Milliarden Euro zu. Für 2021 sind im Bundeshaushalt erneut 96 Milliarden Euro neue Schulden vorgesehen. Die Schuldenbremse wurde bereits ausgesetzt, der Schuldenstand schnellt 2021 planmäßig auf 80 Prozent der Wirtschaftsleistung hoch.
Eine Infografik mit dem Titel: Der Lauf der Schuldenuhr
Entwicklung des gesamtstaatlichen Schuldenzuwachses pro Sekunde seit 1995, in Euro
Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbundes, zeigt Verständnis für die akute Rettungspolitik der ersten Monate, aber nicht für das, was danach geplant ist, wie er im Morning Briefing Podcast berichtet.
Dass Bund und Länder die Not-Option der Schuldenbremse in der Krise gewählt haben, ist nachvollziehbar. Doch jetzt schießen sie mit ihrer Rekord-Neuverschuldung weit über das Ziel hinaus.
Mit den neuen Schulden im kommenden Jahr würden „zunehmend allgemeine Politik-Wünsche auf breiter Front finanziert, die in keinem direkten Zusammenhang mit der Bewältigung der Pandemie stehen.“
Mehr noch: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) habe keinen echten Plan für eine Rückführung der Schulden vorgelegt. Eigentlich müssen laut Koalitionsbeschluss ab dem Jahr 2023 über 20 Jahre die Corona-bedingten Schulden, also 119 Milliarden Euro, die über die Regel-Neuverschuldung hinaus aufgenommen wurden, getilgt werden. Doch Scholz besitzt keinen Tilgungsplan, sondern will die künftige Neuverschuldung so ausreizen, dass neue Schulden alte ablösen.
Holznagel äußert sich im Morning Briefing Podcast ernsthaft besorgt über das aggressive Tempo des Schuldenaufbaus:
So schnell lief die Schuldenuhr noch nie.
Gefährlich?
Absolut. Diese Schulden bedrohen die Stabilität in Deutschland.
Und Olaf Scholz?
Er hat sich völlig gewandelt. Was mich bedrückt, ist, dass er überhaupt gar keinen Sparwillen zeigt, dass er keine Prioritäten setzt.
Fazit: Corona entwickelt sich zum Sesam-Öffne-Dich für den enthemmten Staat. Staatsschulden in der jetzt geplanten Dimension – in Deutschland und noch stärker in Europa – sind kein gutes Omen für die Zeit nach der Pandemie. Die Staatsschuldenkrise, die Europa ins Haus steht, ist die best prognostizierbare der jüngeren Geschichte.
Der Friedensnobelpreis für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, das im deutschen Debattenalltag keine wichtige Rolle spielt: Weltweit ist der Hunger auf dem Vormarsch. Die Corona-Krise könnte sogar einen sprunghaften Anstieg der Unterernährung bewirken.
Die besorgniserregenden Fakten aus dem im Juli vorgestellten Welternährungsbericht der Vereinten Nationen:
Die Experten schätzen, dass im Jahr 2019 rund 690 Millionen Menschen unterernährt waren – also knapp neun Prozent der Weltbevölkerung.
Aufgrund der Corona-Krise könnten 83 bis 132 Millionen Menschen zusätzlich ernste Not leiden.
Eine Infografik mit dem Titel: Der Hunger kehrt zurück
Geschätzte Zahl der unterernährten Menschen, weltweit in Millionen
Die Welthungerhilfe befürchtet gar, dass die Zahl als Folge der Corona-Pandemie in diesem Jahr auf eine Milliarde ansteigen könnte.
Die Zahl der vom Hungertod bedrohten Menschen könnte sich bis Ende des Jahres auf 270 Millionen Menschen verdoppeln.
In einem Gastbeitrag für The Pioneer schreibt Pinelopi Koujianou Goldberg, ehemalige Chefökonomin der Weltbank-Gruppe:
Der diesjährige Rückzug aus der Globalisierung ist lediglich das jüngste Kapitel in einem Prozess. Die Entwicklungsländer schauen zunehmend pessimistisch auf das Modell eines exportgetriebenen Wachstums als Weg aus der Armut.
Rückt das Ziel der Staatengemeinschaft, den Hunger bis zum Jahr 2030 zu besiegen, damit in weite Ferne? Über diese Frage spreche ich im Morning Briefing Podcast mit Mathias Mogge, dem Generalsekretär der Welthungerhilfe:
Schauen Sie sich die Blumenhändler oder die Blumenproduzenten in Kenia an: alles weggebrochen. Die vielen Menschen, die da arbeiten: kein Job mehr, kein Einkommen. Selbst wenn es genügend Nahrungsmittel auf den Märkten gibt, haben die Menschen nicht genügend Geld, um sich diese Nahrungsmittel zu kaufen.
Das Problem sei mittlerweile ein globales:
Der Zugang zu Märkten ist kaputt, die Exportmöglichkeiten sind nicht mehr da, die Transportwege sind abgeschnitten. Es gibt kein Saatgut mehr auf dem Land, um ausreichend schnell das Saatgut in die Erde zu bekommen. Das ist eine Verkettung von Umständen, die dazu führt, dass Menschen verarmen und der Hunger wieder steigt.
Fazit: Dieses Podcast-Gespräch erzählt von einer Welt des Hungers, die nicht unsere deutsche Welt ist. Gerade deshalb betrifft und berührt es uns.
Die Achse München/Düsseldorf festigt sich. So signalisiert der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet Unterstützung für den Vorstoß von CSU-Chef Markus Söder. Der wirbt für bundesweit ähnliche Bußgelder bei Verstößen gegen Maskenpflicht und Abstandsgebot. Gestern Abend sagte Laschet, der im Dezember neuer CDU-Chef werden will, im ZDF-„heute journal“:
Dass wir die Bußgelder ähnlich handhaben, dass wir auch das Bestrafen vom Verletzen der Quarantäneregeln ähnlich handhaben, ich glaube, das ist ein guter Gedanke. Ich könnte mir vorstellen, dass wir da zu gemeinsamen Beschlüssen kommen.
Am Mittwoch wollen die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten erneut über Maßnahmen in der Corona-Pandemie beraten. Wenn Laschet und Söder auch dort gemeinsam spielen, sind die Weichen für mehr Einheitlichkeit gestellt.
Mit dem Abbau von „Non-Performing Loans“, also den vom Ausfall gefährdeten Darlehen, kamen die von der Europäischen Zentralbank (EZB) begutachteten Institute nach der globalen Finanzkrise gut voran: Als die EZB vor gut fünf Jahren die Bankenaufsicht übernahm, belief sich das Volumen der faulen Kredite auf rund eine Billion Euro. Ende September 2019 waren es noch 543 Milliarden Euro.
Doch im Zuge der Corona-Krise wächst in der Europäischen Union die Befürchtung, dass bei den Banken die „faulen Kredite“ wieder ansteigen. Vor allem um sich dagegen zu wappnen – und einen europaweiten Crash zu verhindern – spielt die EU-Kommission mit der Idee, ein Netzwerk der nationalen Bad Banks aufzubauen.
Die gute Nachricht: Brüssel kümmert sich. Die schlechte: Kredite, die nicht bedient werden, verlieren auch im Netzwerk nichts von ihrer Gefährlichkeit.
Große Koalitionen sind seit ihrer Premiere 1966 bekannt für ihre große Leidenschaft bei der Produktion von neuen Gesetzen und großen Apparaten. Das aktuelle schwarz-rote Bündnis hat so viele parlamentarische Staatssekretäre wie noch nie und so viele Verordnungen in drei Jahren produziert wie keiner ihrer Vorgänger.
Nun soll alles anders werden. Eine prominent besetzte Arbeitsgruppe von Union und SPD will Ideen zum Abbau von Bürokratie umsetzen. In einer Tischvorlage für die Auftaktsitzung werden 39 Vorschläge aufgelistet.
Beispiele sind ein automatisch ausgezahltes Kindergeld, die Erhöhung der sozialversicherungsfreien Mini-Jobs auf 600 Euro pro Monat, der Wegfall von Beauftragten und Dokumentationspflichten in Kleinstunternehmen oder der Verzicht auf Umweltgutachten und Genehmigungen bei der Errichtung von Betriebsstätten, Solarparks und Mobilfunkmasten. Und: Die Koalition verspricht, weniger Gesetze zu erlassen.
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Immer mehr Unternehmen verkünden umfangreichen Stellenabbau. Schuld daran sei vor allem die Corona-Krise, heißt es in der Vorstandsetage. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie Michael Vassiliadis hinterfragt die Maßnahmen und sieht in ihnen einen Schnellschuss. Im PioneerLive-Talk mit Rasmus Buchsteiner äußert er Gegenvorschläge und fordert eine Reformierung des Mitbestimmungsrechts.
Über den geplanten Abbau von 13.000 Stellen bei Conti sagt er:
Die Antwort, 13.000 Arbeitsplätze zu streichen, überzeugt mich nicht. Ich würde erwarten, dass Conti uns mit einer neuen Zukunftsstrategie überzeugt. Auf die warten wir noch.
Die Fokussierung der deutschen Automobilindustrie auf die E-Mobilität sieht er kritisch:
Wir konzentrieren uns jetzt einzig und allein auf die Elektromobilität. Ich bin nicht sicher, ob das den deutschen Innovationsvorsprung in besonderem Maße ausbaut. Das können auch andere.
Märchenstunde beim „Spiegel“: Die am Wochenende über Media Pioneer veröffentlichte Geschichte ist schmissig geschrieben, nur leider sind alle zentralen Aussagen falsch. Fakten wurden weggelassen, verdreht oder durch Fantasy ersetzt. Hier die für den „Spiegel“ unbequemen Wahrheiten.
Dazu passt: Die liberale Friedrich-Naumann-Stiftung hat Friede Springer für ihren lebenslangen Einsatz für die Pressefreiheit geehrt. „Friede Springer ist eine Preisträgerin mit klarem Profil in einer Zeit der unklaren Verhältnisse“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Naumann-Stiftung, Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué. Die Entscheidung der Jury begründete er im Rahmen der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche so: „Es ist ein Glück für Deutschland, dass in den Medien Ihres Verlagshauses jene Vielfalt der Meinungen zu Wort kommt, die eine freie Gesellschaft auszeichnet. Das mag gelegentlich unbequem und ärgerlich sein, aber es bewahrt uns vor der Dominanz von Ideologien, die unsere Freiheit schleichend zerstören. Wir brauchen mehr offenen Streit der Meinungen – und nicht weniger.“
Wir gratulieren – und das nicht pflichtgemäß, sondern aus persönlicher Überzeugung. Friede Springer ist eine Ausnahmeverlegerin und zählt zu den frühen Unterstützerinnen des Pioneer-Projektes – und das mit der ihr eigenen Leidenschaft und ihrem eigenen, ihrem privaten Geld. Unsere persönliche Erfahrung mit ihr: Diese Frau sagt, was sie denkt, und tut, was sie sagt.
Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in die neue Woche. Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr