Stuttgart ist kein Vorort von Berlin

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Guten Morgen,

die am Sonntag bevorstehende Wahl in Baden-Württemberg ist keine Bundestagswahl en miniature. Drei Gründe sprechen dagegen, dass ein dritter Wahlsieg des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann schon den Schatten der Abendsonne auf CDU und CSU wirft.

1. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein Solitär, der sich markant von den Bundesgrünen unterscheidet. In der Migrations- und in der Steuerpolitik plädiert er für Positionen mit Augenmaß. Der Autoindustrie war er bereit, eine Abwrackprämie zu spendieren. Die 30,3 Prozent, die er im Jahr 2016 holte, und die 35 Prozent, die ihm von der Forschungsgruppe Wahlen nun prognostiziert werden, entspringen keiner Laune der Wähler in Baden-Württemberg, sondern sind das Ergebnis einer Strategie, die gezielt die Spielräume für die Konservativen im Südwesten der Republik verknappt.

Winfried Kretschmann © dpa

2. Die Probleme der baden-württembergischen CDU sind hausgemacht und reflektieren nicht die Situation der Bundes-CDU. Anders als Noch-Kanzlerin Angela Merkel, die das Treiben in ihrer Partei überstrahlt, hat der Stern der baden-württembergischen CDU zuletzt mit Günther Oettinger geleuchtet. Sein Nachfolger Stefan Mappus war eher eine Sternschnuppe, die im Kontrast zu den konservativen Fixsternen Lothar Späth, Erwin Teufel und Oettinger schon als Ministerpräsident nur ein mattes Licht warf. Den Qualitätsabfall in der Führung erkennt man schon daran, dass Oettinger anschließend zum EU-Kommissar aufstieg und Mappus sich als IT-Berater einer No-Name-Firma durchs Leben schlug.

Günther Oettinger © dpa

3. Landtagswahlen lassen sich mit charismatischen Persönlichkeiten gewinnen. Bei Bundestagswahlen wird die Linse weiter gestellt. Der Wähler betrachtet nun, das hat die SPD zuletzt mit Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück erfahren müssen, ob der Kandidat auch zur Partei passt. Die außenpolitische Anschlussfähigkeit, die Wirtschaftskompetenz und das Ensemble der Parteiführung rücken nun ins Blickfeld, weshalb seit den 1960er Jahren alle Großparteien mit einem Schattenkabinett aufwarten, das im Falle von Merkel Kompetenzteam hieß.

Aber: Das gesagt zu haben, bedeutet nicht, dass ein grüner Erdrutschsieg die CDU-Verhältnisse im Bund nicht zum Tanzen bringen könnte. Die internen Rangordnungskämpfe haben mit dem Sieg Laschets, der Niederlage von Merz und dem Beiseite-Stehen von Söder noch nicht ihr Ende gefunden.

Eine Infografik mit dem Titel: Grüne Erfolge

Landtagswahlergebnisse in Baden-Württemberg von 1976 bis 2016 sowie aktueller Umfragewert zur Landtagswahl 2021, in Prozent

Die Maskenkrise der Union

Die Union geht in der Maskenaffäre in die Offensive und fordert Abgeordnete zu Selbstauskunft auf.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Jens Spahn © dpa

Das Impfdebakel mit angeschlossener Maskenaffäre nimmt mit dem Parteiaustritt von Georg Nüßlein und dem Mandatsverzicht von Nikolas Löbel erst so richtig Fahrt auf. Nachdem die beiden Provisionspolitiker das Spielfeld verlassen haben, richten sich alle Augen nun auf den Bundesgesundheitsminister. Er hat nicht kassiert, aber sein Ministerium hat kassieren lassen.

Es flossen 600.000 Euro an den CSU-Abgeordneten Nüßlein und 250.000 Euro an den ehemaligen Junge-Union-Chef und späteren Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel. Nun wird in der Registratur des Ministeriums nach dem dazugehörigen Schriftverkehr und möglichen Überweisungsträgern gefahndet.

Diese Transparenzoffensive ist nichts anderes als ein Indizienprozess, mit dem SPD, Grüne, AfD, FDP und ein nicht kleiner Teil der Union, der in diesem Fall die Kanzlerin und die verblichene CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer einschließt, den ehrgeizigen Jens Spahn am liebsten zur Strecke bringen würden. Der muss nun zeigen, dass er nicht nur angreifen, sondern auch überleben kann.

Planet Jupiter und seine Monde Io und Europa © dpa

Die Klimaziele der nächsten Jahrzehnte sind bekanntermaßen ambitioniert. Politik und Wirtschaft überbieten einander in ihrem Streben, ein CO2-freies Leben zu organisieren. Vor allem im Wärmesektor, der rund die Hälfte des deutschen Energieverbrauchs ausmacht, ist das Einsparpotential gewaltig.

Der seit 104 Jahren bestehende Familienkonzern Viessmann im nordhessischen Allendorf hat sich in der Öffentlichkeit als Befürworter der Wasserstofftechnologie einen Namen gemacht. Viessmann erwirtschaftete 2019 einen Jahresumsatz von 2,65 Milliarden Euro und beschäftigt rund 12.000 Mitarbeiter in zwölf Ländern. Seit sechs Jahren kümmert sich Juniorchef Max Viessmann um die digitale Ausrichtung des Konzerns und um den Bereich Innovation. Der 31-Jährige setzt gezielt auf Wasserstoff.

Doch die Zweifel an der Richtigkeit einer nationalen Wasserstoff-Strategie sind massiv. Denn:

  • Wasserstoff ist überall im Universum vorhanden, auf dem Jupiter, der Sonne und dem Saturn. Nur auf der Erde rangiert Wasserstoff mit 0,03 Prozent unter ferner liefen. Und selbst diese Spurenelemente sind nur gebunden und selten als unvermischtes Gas anzutreffen.

 © dpa
  • Wasser muss erst in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten werden. Dafür benötigt man Strom, der 2019 noch zu 40 Prozent aus fossilen Energieträgern gewonnen wurde. Der saubere Wasserstoff entpuppt sich – Stand heute jedenfalls – als wahre CO2-Schleuder.

  • Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts ist das Erzeugnispotenzial für grünen Wasserstoff in Deutschland bescheiden; eine Strategie, die auf dieser Technologie aufbaut, also nicht zu empfehlen. Das Institut schreibt, dass für eine Versorgung der dezentralen Gebäudewärme der Einsatz von Wasserstoff nicht notwendig sei.

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Über diese und weitere Fragen einer nationalen Wasserstoff-Strategie spreche ich im Morning Briefing Podcast mit Max Viessmann, der seine Vision gegen die (noch) widrige Wirklichkeit verteidigt.

Ein Trabant auf dem 25. Internationalen Trabi-Treffen, 2019 © dpa

Tesla ist laut Börsenkapitalisierung das acht wertvollste Unternehmen der Welt. Doch gemessen an der Zahl der in Deutschland zugelassen Fahrzeuge liegt ausgerechnet der Trabant vorne. 34.389 Tesla-Fahrzeuge sind laut Kraftfahrt-Bundesamt hierzulande angemeldet, derweil 38.137 Trabbis sich auf unseren Straßen bewegen, Tendenz steigend. Seit 2020 wurden sogar 1.057 neue Trabanten zugelassen, die ihre Eigentümer zuvor aufwendig restauriert haben.

Eine Infografik mit dem Titel: Trabant beliebter als Tesla

Vergleich aktuell zugelassener Modelle in Deutschland, 2021

Der Umkehrschluss allerdings ist nicht zulässig: Sollte Egon Krenz mit der Trabant-Produktion vor den Toren Berlins starten wollen, würden die internationalen Investoren ihre Taschen nicht öffnen, sondern zunähen. Die Kistenform von einst, in den Trabbi-Werbebroschüren als „zweckvolle Linienführung“ beschrieben, und die Lobpreisungen der „korrosionsfreien Materialeigenschaften der verwendeten Duroplast-Pressteile“ überzeugen heute nur Komiker und Melancholiker. Elon Musk kann weiter ruhig schlafen.

Frank Appel © dpa

Die Deutsche Post DHL Group beglückt ihre Aktionäre mit einem über eine Milliarde schweren Aktienrückkaufprogramm sowie einer Dividendenerhöhung auf 1,35 Euro pro Anteilsschein. Damit steigt die Dividende des DAX-Konzerns um neun Cent pro Aktie.

Die Deutsche Post ist ein Corona-Gewinner. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte das Unternehmen einen freien Cashflow von 2,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Post-Chef Frank Appel hat erneut geliefert: Das Glück war mit dem Tüchtigen.

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 © dpa

Die Coronakrise macht TUI schwer zu schaffen. Im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres (Oktober bis Dezember 2020) erzielte der Reiseriese einen 468 Millionen Euro Umsatz – im Vergleich zu 3,85 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Ohne die tiefen Taschen des deutschen Staates würde es den Tourismus-Konzern wahrscheinlich nicht mehr geben.

Verstörend ist vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der TUI-Chef Friedrich Joussen davon ausgeht, dass nach der Krise wie vor der Krise aussieht. „Reisen in Europa wird im Sommer 2021 möglich sein“, behauptet er. Die Leute säßen auf gepackten Koffern. TUI plant mit 80 Prozent der Vorkrisen-Kapazität in den Monaten Juli bis September.

Friedrich Joussen © dpa

Einen ähnlichen Optimismus hatte Joussen bereits im vergangenen Sommer versprüht, als er den Neustart der Feriensaison auf Juni terminierte. Er sehe kein ernsthaftes Corona-Risiko bei Ferienflügen, sagte er damals der „Rheinischen Post“. Wenig später beschloss die Regierung die Hotspot-Strategie und verschärfte die Infektionsschutzmaßnahmen, im Oktober folgte ein „Lockdown light“, der am 25. November zum „Hammer-Lockdown“ ausgebaut wurde.

Fazit: Der TUI-Vorstand ist nicht für Corona verantwortlich, wohl aber für seine strategische Reaktion auf die Pandemie. Oder wie der deutsche Dramatiker Friedrich Hebbel einst formulierte: „Der Utopist sieht das Paradies, der Realist das Paradies plus Schlange.“

Börsensaal © dpa

Der deutsche Börsenindex DAX hat weiter zugelegt. Mit einem Tages- und Rekordhoch von 14.403 Zählern stieg der DAX gestern gegenüber dem Handelsschluss am Freitag um mehr als 470 Punkte und setzte damit den Aufschwung der vergangenen Monate fort. Bei Marktschluss stand der Index bei über 14.380 Punkten. Die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität ist der wichtigste Treiber. Die Börse glaubt zu wissen: Lange hält Merkel ihren Lockdown-Kurs nicht mehr durch.

Rückenwind gab es auch von der Wall Street – allein in den ersten 20 Minuten nach Markteröffnung in New York stieg der deutsche Index um 120 Punkte. Der amerikanische Handelsboom folgte der Bestätigung von Joe Bidens Konjunkturpaket im Senat. Die Wall Street freut sich über den gekauften Aufschwung.

Eine Infografik mit dem Titel: Auf Rekordkurs

Kursentwicklung des Dax seit dem 8. Dezember 2020, in Punkten

Apple-CEO Tim Cook © dpa

Apple ist nicht mehr der wertvollste Konzern der Welt. Der iPhone-Hersteller verlor seine Spitzenposition, um die das Unternehmen in den zurückliegenden Monaten mit Amazon konkurriert hatte, an den Ölkonzern Saudi-Aramco. Mit einer Marktkapitalisierung von 2,038 Billionen Dollar muss Apple nun Saudi-Aramco mit einem Börsenwert von 2,065 Billionen Dollar den Vortritt lassen.

Ausschlaggebend dafür ist der Umschwung an den Börsen: Angesichts der globalen Impfstoff-Kampagne steigt die Hoffnung, auf eine baldige wirtschaftliche Erholung. Das treibt den Ölpreis in die Höhe und führt zu einem Ausverkauf der Tech-Aktien, die während der Pandemie die großen Gewinner waren: Im vergangenen Monat verlor die Apple-Aktie 13,1 Prozent. Die Börsianer haben Spaß an der schnellen Folge von Auf- und Abstiegen: Sie nennen es Branchenrotation.

Ein E-Bike der Firma Kettler in der Montage © dpa

Am beliebtesten sind jene Sportarten, bei denen man nicht schwitzt: Schach, Dart und das Fahren mit dem E-Bike. Obwohl hochwertige Modelle erst ab 2000 Euro zu haben sind, besitzen die Deutschen bislang schon etwa sechs Millionen Stück. Bereits 2019 wurden in Deutschland mit 1,36 Millionen mehr E-Bikes verkauft als Dieselautos zugelassen.

Auch im Jahr 2020 bestätigte sich der Trend. Die Pandemie dürfte einen positiven Effekt auf die Kaufentscheidung gehabt haben. Der Sommerurlaub fiel aus, das Fahrrad musste also Pool, All-You-Can-Eat-Buffet und Strandbar ersetzen.

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Harry und Meghan, Herzog und Herzogin von Sussex © dpa

Die britischen Königskinder Harry und Meghan, offiziell Herzog und Herzogin von Sussex, haben die Soap Opera von Regisseurin Königin Elizabeth II. verlassen, um im Reality-TV von Oprah Winfrey zu landen. Die wiederum ist eine Expertin für vom Wohlstand traumatisierte Prominente, wie sie bereits in ihren weltberühmten Interviews mit Michael Jackson oder Whitney Houston bewiesen hat.

In einem sonnigen kalifornischen Garten fanden sich Harry und Meghan ein, um das damalige TV-Spektakel von Prinzessin Diana zu übertreffen. Zumindest war das die Absicht. Doch der Skandal blieb aus. Meghan sprach von ihrem Ringen mit der britischen Boulevardpresse, sagte, sie hätte im Palast „kaum überleben“ können.

Während ihrer ersten Schwangerschaft mit Sohn Archie 2019 habe es mehrere Konversationen unter den Royals über die mögliche dunkle Hautfarbe des Kindes gegeben. Wer dies gesagt haben soll, will Meghan jedoch nicht verraten. Das Paar zielt immer wieder in Richtung Buckingham Palace, drückt aber nicht ab.

Das konnte Lady Diana besser. Sie bestrafte ihren Gatten, der schon damals eine Beziehung mit Herzogin Camilla unterhielt, mit der Bemerkung, dass ihre Ehe einem nicht flotten, wohl aber tragischen Dreier geglichen habe: „Wir waren zu dritt in dieser Ehe, es war ein wenig überfüllt.“

Lady Diana, 1983 © dpa

Ich wünsche Ihnen einen humorvollen Start in den Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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