Trump ging, die Probleme sind geblieben. An drei globalen Konfliktherden wird derzeit eine erhöhte Temperatur gemessen:
Konfliktherd 1: Die Russische Föderation. Die US-Geheimdienste erheben auch unter Joe Biden schwere Vorwürfe gegenüber Moskau: Der Kreml soll sich in die US-Wahl 2020 zugunsten von Trump eingemischt und somit den Demokraten Schaden zugefügt haben.
Putin und seine Regierung hätten die versuchte Einflussnahme „genehmigt und durchgeführt“, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht aus dem Büro von Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines.
Biden antwortete in einem Interview mit dem US-Sender ABC auf die Frage, „So you know Vladimir Putin. You think he's a killer?“, mit „I do.“
© dpaEine Infografik mit dem Titel: Wer gibt wieviel aus?
Anteil der Militärausgaben an den gesamten Staatsausgaben, 2019
Konfliktherd 2: Die Islamische Republik Iran. Seit dem beiderseitigen Ausstieg aus dem Atomabkommen machen die Bestrebungen zum Bau von Nuklearwaffen Fortschritte. Im vergangenen Februar stoppte der Iran die Kontrollen der UN-Atomenergiebehörde, nun begann er mit der Urananreicherung durch 174 moderne und leistungsstarke Zentrifugen.
© dpaKonfliktherd 3: Die Volksrepublik China. Bereits in seinem ersten Telefonat mit Xi Jinping gab Biden einen unverändert harten Kurs zu erkennen: Er sprach von „grundlegenden Sorgen über Pekings zwangsweise und unfaire wirtschaftliche Praktiken, die Repression in Hongkong, Verletzung von Menschenrechten in Xinjiang und zunehmend herausfordernde Aktionen in der Region, einschließlich gegenüber Taiwan“.
Eine Infografik mit dem Titel: Hoch gerüstet
Anzahl von Atomsprengköpfen im Januar 2020
Biden setzte sich zudem für einen „freien und offenen Indopazifik“ ein, was er nun auf einem Treffen mit seinem japanischen Kollegen bekräftigte. In einer gemeinsamen Erklärung warfen die beiden Staaten der Volksrepublik vor, rechtswidrige Ansprüche im Südchinesischen Meer zu erheben.
© dpaFazit: Im Rückblick erscheinen jene Analysen, die Trumps Außenpolitik mit den Worten „Größenwahn und Ahnungslosigkeit“ („Der Spiegel“) charakterisierten, als Teil einer vorsätzlichen Voreingenommenheit.
In der wahren Wirklichkeit gilt weiterhin der berühmte Satz des Charles de Gaulle, „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen”. Und er gilt eben für Trump und Biden gleichermaßen. Das für viele Europäer verstörende Ergebnis: Die neue Normalität erinnert stark an die alte.
Die bayerische Amigo-Affäre des Jahres 1993 erlebt ihre Neuauflage. Die Ereignisse von damals, als Max Streibl während seiner Zeit als bayerischer Finanzminister Zuwendungen von Industrieunternehmen erhalten hatte, wird mit überarbeitetem Drehbuch und frischen Akteuren neu verfilmt. Auf der Besetzungsliste stehen diesmal:
Dr. Georg Nüßlein, der mittlerweile zurückgetretene Unionsfraktionsvize in Berlin, der über eine Liechtensteiner Beteiligungsgesellschaft Provisionen für Maskengeschäfte an staatliche Stellen kassiert hat.
© dpaMichael Kraess, ein Spezl von Nüßlein aus gemeinsamen Zeiten in der Jungen Union, der mittlerweile eine Lobby-Firma besitzt („Wir arbeiten für sie im Maschinenraum der Politik“) und beim Einfädeln des Geschäfts oder auch der Geschäfte half.
Dr. Alfred Sauter, Ex-Justizminister in Bayern und heute Landtagsabgeordneter, der als Anwalt für die Vertragsgestaltung zuständig war und damit auch die Diskretion der Geschäftsabwicklung zu verantworten hatte. Auch er soll bei Maskengeschäften mitverdient haben, wie WDR, „Süddeutsche“ und NDR berichten.
© dpaWeitere Parlamentarier befinden sich im Visier der Rechercheure. Das ARD-Magazin „Report München“ hat berichtet, dass 6,5 Prozent aller CSU-Abgeordneten im Bundestag über eine Beteiligungsgesellschaft verfügen oder an einer solchen beteiligt sind. Derartige Gesellschaften dienen oft als Sichtblende für Geschäfte, die hinter der juristischen Fassade abgewickelt werden. Das vermutete Geschäftsmodell dieser Abgeordneten: Außen Politik und im Innern lockt der Profit.
Gestern wurden in Bayern zehn Liegenschaften von der Staatsanwaltschaft durchsucht, darunter auch das Landtagsbüro von Sauter.
Die Umfragen für CDU und CSU gingen in die Knie: Um minus vier Prozentpunkte fallen die Ergebnisse des Meinungsforschungsinstituts Forsa diese Woche – die Union kommt inzwischen nur noch auf 29 Prozent. Die Parteispitzen sind aufgeschreckt.
© dpaArmin Laschet, der neue CDU-Chef, drängte schon in der vergangenen Woche auf die Entkoppelung von Mandat und Kommerz. Gestern zogen CSU-Generalsekretär Markus Blume und Markus Söder nach. Blume sagte:
„Wir sind entschlossen in aller nötigen Konsequenz vorzugehen gegen diejenigen, die ganz offensichtlich nicht nur das in sie gesetzte Vertrauen, sondern das allgemein in die Politik gesetzte Vertrauen in dieser Krise missbrauchen.“
Söder sekundierte:
„Deswegen ist es wichtig, so rasch, so transparent und so lückenlos, wie es nur irgendwie geht, diese Vorwürfe zu entkräften und aus der Welt zu schaffen.“
Fazit: Die Amigo-Affäre 2.0 befindet sich noch im Präludium. Alles folgt der alten dramaturgischen Regel: „Beginne mit einem Erdbeben. Und dann langsam steigern.“
Gregor Peter Schmitz ist der Chefredakteur der „Augsburger Allgemeinen“. Gemeinsam mit Reportern aus der ARD-Redaktion „Report München“ haben Journalisten seines Teams die zweifelhaften Geschäfte einiger CSU-Politiker recherchiert. Im Morning Briefing Podcast spreche ich mit ihm über seine Erkenntnisse und bitte ihn, die Details für uns einzuordnen.
„Es geht um die Verflechtung von Macht und Geld. Georg Nüßlein ist lange als eine Art Einzeltäter dargestellt worden. Unsere Recherchen zeigen: die Verflechtungen gehen weit tiefer.“
Über die Rolle von Alfred Sauter sagt er:
„Alfred Sauter spielt eine sehr maßgebliche Rolle, er verkörpert dieses System.“
„Alfred Sauter sagt, dass er das als Anwalt gemacht habe und nicht als Abgeordneter. Doch der Argumentation scheint auch die Staatsanwaltschaft in München nicht mehr zu folgen.“
Die Situation der CSU ordnet er ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl so ein:
„Man kann es nicht anders sagen: Die Partei ist im Kern erschüttert.“
Auf drei Seiten teilt Finanzminister Olaf Scholz mit, dass er nicht gedenkt, die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an jungen Firmen zu erleichtern. In strengem Amtsdeutsch kanzelt er jede Reformbemühung der Start-up-Kultur ab.
Der Mann, der Bundeskanzler werden möchte, ist getrieben von der Angst, etwas „für die Reichen zu tun“. Damit möchte er im Wahljahr nicht vorgeführt werden. Fabian Scholz, Gründer und CEO eines Fintech-Start-ups und Neffe des Bundesfinanzministers, kritisiert seinen Onkel Olaf Scholz mit deutlichen Worten. Exklusiv im TechBriefing mit Christoph Keese. Pflichtlektüre nicht nur für den Finanzminister.
Der plötzliche Stopp der AstraZeneca-Impfungen in Deutschland könnte sich als politische Fehlkalkulation von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erweisen. Wissenschaftler wie Prof. Christian Drosten und Politiker wie Christian Lindner sprechen sich für eine zügige Wiederaufnahme der Impfungen aus. Eine Impfpause, das ist das Argument, müsse gut abgewogen sein, weil im Grunde einige wenige Thrombose-Tote gegen Tausende von Corona-Toten – jeden Tag kommen aktuell rund 200 bis 300 in Deutschland dazu – stehen.
Auch die Weltgesundheitsbehörde (WHO) hält weiterhin an AstraZeneca fest:
„Die WHO ist der Meinung, dass die Vorteile die Risiken überwiegen.“
Die Organisation betont, dass ein Impfstoff, der eine Notfallzulassung der WHO erhalten habe, die Standards in Sachen Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität erfüllen würde.
© dpaDer Berliner Regierungschef Michael Müller bereitet sich auf eine baldige Wiederaufnahme der Impfungen in der Hauptstadt vor:
„Ich habe die Gesundheitssenatorin beauftragt, ein gutes und unkompliziertes Angebot jenseits der Priorisierung zu erarbeiten.“
Heute wird die Europäische Arzneimittel Agentur ihr Urteil sprechen. Kommt es zur Wiederaufnahme der Impfungen mit AstraZeneca, bleibt das Vertrauen in den Impfstoff beschädigt – und das Vertrauen in die Urteilsfähigkeit des Gesundheitsministers womöglich auch. Er ist für viele ein Mann auf Bewährung. Oder wie die „FAZ“ heute Morgen auf Seite eins kommentiert:
„In die mit ‚lahm‛ noch freundlich beschriebene Impfkampagne muss wenigstens im zweiten Quartal mehr Tempo und Schwung kommen.“
Die Lage heute Morgen:
Laut dem Robert-Koch-Institut ist der Anteil der stärker ansteckenden Corona-Mutation B.1.1.7, die in Großbritannien entdeckt wurde, in den vergangenen Tagen in Deutschland auf nun 72 Prozent gestiegen.
Durch den Impfstopp mit AstraZeneca fällt rund ein Drittel der täglichen Impfungen im Vergleich zur vorherigen Woche in Deutschland aus. Das Zentralinstitut für Kassenärztliche Versorgung schätzt, dass sich der Prozess des Impfens der Bevölkerung um etwa einen Monat nach hinten verschiebt.
Nachdem ein 31-Jähriger in Bayern 91 Anträge auf Corona-Hilfen eingereicht hatte, um sich mehr als 2,5 Millionen Euro zu erschleichen, verurteilte das Landgericht München I ihn wegen Subventionsbetrug zu einer vier Jahre langen Gefängnisstrafe.
Während der AstraZeneca-Impfstoff in vielen Ländern kritisch betrachtet wird, freut sich der britische Premierminister Boris Johnson auf seinen bevorstehenden Impftermin mit dem heimischen Vakzin. Zudem haben in Großbritannien mehr als 25 Millionen Menschen eine erste Corona-Impfung erhalten, das ist fast die Hälfte der Erwachsenen.
Schadenfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Und so macht sich ausgerechnet die FDP, die vor wenigen Monaten noch in den Umfragen an der 5-Prozent-Hürde schrammte, über den einstigen Wunschpartner Union lustig. In einer vertraulichen Analyse des Fraktionsgeschäftsführers Marco Buschmann, die unserem Hauptstadt-Team vorliegt, rechnen die Liberalen mit der Union ab.
„Der CDU/CSU droht eine politische Explosion“, schreibt Buschmann. Bei den Wahlniederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hätten sich „die potenziellen Folgen der aktuellen Korruptionsaffären“ nur angedeutet. Das Ganze könne nicht nur die Union, sondern auch das politische Gemeinwesen insgesamt beschädigen.
In der Pandemie, so Buschmann, habe die Union zunächst eine Art „Heiligenschein“ gehabt – verbunden mit dem Eindruck, dass ihr Kernversprechen intakt sei, „einen Plan für die Krise zu haben, handwerklich gut regieren zu können und dabei anständig und bescheiden zu bleiben.“
© dpaDoch dann habe sich etwas verändert, analysiert der FDP-Chefstratege, der einer der engsten Vertrauten von Parteichef Christian Lindner ist:
Durch Kursänderungen und „schwere Managementfehler“ beim Corona-Krisenmanagement und „korruptes Verhalten einzelner Akteure“ sieht Buschmann Unheil heraufziehen. „Die Zerstörungskraft dieser gefährlichen Konstellation kann unterschiedliche Intensität annehmen.“ Eine Folge könnte eine Mehrheit für Grün-Rot-Rot bei der Bundestagswahl sein.
„Das wäre in Anbetracht der Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, eine politische Katastrophe.“ Und dann vergleicht der Autor, einmal in Schwung, den Weg von CDU und CSU mit dem Untergang der Democrazia Cristiana in Italien:
„Diese Zerstörungskraft (der Korruptionsskandale) reicht potenziell aber auch soweit, die Rolle der Union fundamental zu beeinträchtigen und zu einem politischen Vakuum zu führen, in das sich dann destruktive Kräfte einnisten. Für solche Prozesse gibt es Beispiele: so hat der Untergang der Democrazia Cristiana in Italien im Rahmen schwerster Korruptionsskandale ein Machtvakuum hinterlassen, das von populistischen Akteuren gefüllt wurde. Deren Politik hat das Land ruiniert.“
Mehr Informationen gibt es bei thepioneer.de/hauptstadt.
Die Mittelstandsunion wagt den Aufstand gegen das öffentlich-rechtliche System in Deutschland. Mitten im Vorwahlkampf schlägt der Wirtschaftsflügel der Union die Fusion von ARD und ZDF vor. Nach einer fast vierstündigen, intensiven Debatten beschloss der Vorstand bei zwei Enthaltungen eine umfassende Reform des mit acht Milliarden Euro pro Jahr finanzierten Systems.
„Wir streben langfristig die Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei Beachtung kartellrechtlicher Gesichtspunkte unter einem Dach an, um Synergieeffekte zu erreichen“, heißt es im Beschluss. Kostspielige Mehrfachstrukturen sollten beseitigt werden. Und: Weniger Unterhaltung, weniger Sport, mehr Informationen und Tiefe.
In der „Welt“ setzt sich Feuilleton-Redakteur Matthias Heine heute mit der Aktualität von Franz Kafkas „Landarzt” auseinander. Er entdeckt in der surrealistischen Erzählung die Parabel zum Geschehen der Gegenwart.
Denn: Kafka skizziert den Hausarztberuf und seine Rolle als Vertreter des Rationalen zu einer Zeit, in der die Religion verblasst und der Mediziner den Theologen als Autorität ablöst.
Nur Bösartige denken an jene Virologen, die dem Gegenwarts-Politiker den Schneid abkaufen. Oder an politisch tot geglaubte Politiker wie Karl Lauterbach, die als Virologen ihre Wiederauferstehung feiern. Bei Kafka heißt es:
„Den alten Glauben haben sie verloren; der Pfarrer sitzt zu Hause und zerzupft die Messgewänder, aber der Arzt soll alles leisten.“
Wir sollten an dieser oft kafkaesk anmutenden Maskerade der Gegenwart nicht verzweifeln. Der weiße Kittel regiert. Der Landarzt lebt. Oder um es mit Albert Camus zu sagen: „Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als dass wir uns nicht mit ihm abfinden.“
Ich wünsche Ihnen einen heiteren Start in den Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste Ihr