US-Investor: Zombie-Partei CDU

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Guten Morgen,

Söder oder Laschet, Freiheit oder Ausgangssperre? Wenn die Zustände im Inland unübersichtlich zu werden drohen, hilft manchmal nur der klare Blick von außen. Peter Thiel liefert ihn. Der Sohn deutscher Auswanderer wurde als erster externer Facebook-Investor und Mitgründer von Paypal zum Milliardär. Im politischen Betrieb von Washington stieg der bekennende „contrarian thinker“ zum Vordenker der Technologie-Elite auf.

Heute ist er mein Gesprächspartner im Morning Briefing Podcast. Das Grundübel der Gegenwart sei die Uniformität des Denkens, sagt er:

Das größte politische Problem ist die politische Korrektheit, diese besondere Form der Gleichschaltung, das uniforme politische Denken. In Deutschland. In den USA. Überall im Westen.

Die Weisheit der Mehrheit sei zwar wichtig für die Demokratie, aber es gebe Grenzen der Uniformität:

Spätestens bei Mehrheiten von 99,9 Prozent lebst du nicht mehr in einer Demokratie, sondern in Nordkorea. Wir müssen unterscheiden lernen: Wo endet die Weisheit der Masse und wo beginnt deren Dummheit.

Peter Thiel auf der Republican National Convention in Cleveland, Ohio (2016) © dpa/ Shawn Thew

Zum Zustand der CDU sagt er:

Die CDU ist eine Kern-Institution der Bundesrepublik und die befindet sich in ernsthaften Schwierigkeiten. Die CDU ist eine Zombie-Partei geworden, die mit Ideen aus dem 20. Jahrhundert auf Autopilot fährt. Das macht keinen Sinn mehr.

Er benennt dafür vor allem eine Verantwortliche – Angela Merkel:

Merkel repräsentiert seit 16 Jahren den ewigen Murmeltiertag. Jeder Tag sieht aus wie der vorherige. Nichts ändert sich. Das hat für schockierend lange Zeit funktioniert. Aber nun hat sich dieses System erschöpft.

Peter Thiel spricht auf der Republican National Convention, 2016 © imago

Beim Blick auf die Christdemokraten kommen bei Peter Thiel Gedanken an den Fast-Food-Giganten KFC auf:

Die CDU ist wie KFC. Beide kommunizieren nicht mehr, wofür sie stehen. Aus Kentucky Fried Chicken wurde KFC, weil man kein frittiertes Hühnchen mehr essen soll und Kentucky ein abgewirtschafteter Staat ist. Also klingt KFC besser und auf ähnliche Weise wurde aus der Christlich Demokratischen Union die CDU. Sie hatte einst etwas mit christlicher Religion und Demokratie zu tun. Doch das ist irgendwann verloren gegangen.

Thiel sieht die Pandemie als Wendepunkt der Geschichte:

Große Unternehmen, zunehmend dysfunktionale Universitäten und Megastädte, die nicht richtig funktionieren. Das Virus bedeutet einen Neustart für die Gesellschaft.

Eine Infografik mit dem Titel: Exportnation China

Handelsbilanzdefizit der USA, der EU und Deutschlands gegenüber China 2020, in Euro

Das deutsche Exportmodell, das darauf beruht, in gleicher Weise Handel mit Amerikanern und Chinesen zu treiben, werde auf Dauer nicht funktionieren:

Irgendwann wird sich Deutschland bei seiner Exportstrategie entscheiden müssen. China oder Amerika? ‚Chimerika‛ wird nicht mehr lange funktionieren. Damit wird eine für Deutschland sehr, sehr unangenehme Frage aufgeworfen.

Eine Infografik mit dem Titel: Exportmarkt China

Absatz ausgewählter deutscher Autohersteller in China im Jahr 2020, in Prozent

Die deutsche Angstkultur tue ihr übriges, den Neustart des Landes zu verhindern. Aber, so Thiel, es komme noch eine Angst vor Erfolg hinzu:

Die Menschen in Deutschland haben Angst vor der Niederlage. Du riskierst nichts, weil du scheitern könntest. Aber ich frage mich, ob es nicht auch eine deutsche Angst vor dem Erfolg gibt. Dieses sozialdemokratische Denken steckt tief in den Menschen: Wenn du in Deutschland Erfolg hast, dann mögen dich deine Freunde nicht mehr, du verlierst deinen Platz in der Gesellschaft.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Folge

Die Kurzfassung dieses Gesprächs hören Sie heute Morgen im Morning Briefing Podcast. Die Langfassung – Peter Thiel unplugged – gibt es am Samstag auf: ThePioneer.de.

Thiel spricht über die deutsche Autoindustrie – in die er nicht investieren würde. Er benennt die Schwachstellen der hiesigen Start-up-Kultur – die einen weltweiten Durchbruch verhindern würden. Und beschreibt den deutschen Politiker-Typus – der für ihn so nicht reüssieren kann. Dieses Gespräch, das kann man ohne Übertreibung sagen, ist nichts für schwache Nerven.

Markus Söder (l.), Armin Laschet (r.) © dpa

Historische Fraktionssitzung der Union gestern in Berlin: Mehrere Stunden saßen die Parteichefs von CDU und CSU auf der Bundesratsbank im Plenarsaal des Bundestages, drei leere Stühle zwischen ihnen. 200 Abgeordnete der CDU und 45 aus der CSU sollten, im Saal oder in der Videoschalte aus dem Büro, ein Meinungsbild liefern. Für wen seid ihr?

Von 70 Wortmeldungen der Abgeordneten waren 44 für Markus Söder (davon 16 aus der CSU). 26 Bundestagsabgeordnete bekundeten ihre Unterstützung für CDU-Chef Armin Laschet.

Zum Auftakt plädierte Laschet für kurze, harte Maßnahmen in der Pandemie:

Jetzt müssen wir handeln – aber in absehbarer Zeit müssen wir auch wieder über Öffnungen sprechen.

Die sinkenden Umfragen für die Union erklärte er mit schwer verständlichem Regierungshandeln und den Korruptionsvorwürfen gegen Unionsabgeordnete. Mit ihm, so seine Botschaft, habe das eher nichts zu tun. Sein Programm: Nicht grüner werden als die Grünen.

Und als Spitze in Richtung Söder:

Wir brauchen keine One-Man-Show.

Dann ein pointierter Auftritt von Söder. Man müsse als Union wieder begeistern:

Die Welt hat sich verändert, Deutschland hat sich verändert. Wir müssen uns dem stellen.

Es sei Zeit wieder, auf Angriff gegen die anderen Parteien zu schalten. In Richtung Olaf Scholz und Annalena Baerbock rief Söder:

Denen dürfen wir das Land nicht überlassen!

Und mit Blick auf die grün-schwarze Regierung in Baden-Württemberg ergänzte Söder:

Ist man Juniorpartner, bleibt man Juniorpartner. Und das kann nicht unser Anspruch sein.

Die Hauptstadt-Redaktion von ThePioneer dokumentiert heute Morgen die Details dieser denkwürdigen Sitzung. Weiter geht’s auf: ThePioneer.de.

Ein Kampf, kein Sieger

Die Mehrheit in der Unionsfraktion bevorzugt Markus Söder. Das aber dürfte nicht reichen.

Briefing lesen

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

Briefing

Angela Merkel © dpa

Das Bundeskabinett hat – wie von der Kanzlerin gewünscht – der Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes zugestimmt und sich auf eine „Bundesnotbremse“ geeinigt. Steigt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt über 100, sollen folgende einheitliche Bestimmungen gelten:

  • Angehörige eines Haushalts dürfen nur noch einen weiteren Menschen treffen. Maximal dürfen fünf Menschen zusammenkommen, Kinder unter 14 Jahren werden nicht mitgerechnet.

  • Eine nächtliche Ausgangssperre soll von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr gelten.

  • Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Geschäfte, die nicht dem täglichen Bedarf dienen, müssen schließen. Ausgenommen sind Buch- und Blumenläden.

  • Kontaktsport ist nur zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts erlaubt.

  • Der Präsenzunterricht der Schulen soll bei einem Inzidenzwert von 200 eingestellt werden.

Von der Kanzlerin gab es das übliche Merkel-Moll:

Die bundeseinheitlich geltende Notbremse ist überfällig. Denn die Lage ist ernst.

Doch damit ist die Angelegenheit noch nicht im Gesetzbuch: Über den Entwurf wird der Bundestag voraussichtlich erst am Freitag nächste Woche sprechen. Die Opposition hatte abgelehnt, die Beratungsfrist dafür zu verkürzen. Und: Auch der Bundesrat muss zustimmen. Er kann – da es sich um ein Einspruchsgesetz handelt – aber wiederum von einem Mehrheitsbeschluss des Bundestags überstimmt werden.

Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden 21.693 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden 342 weitere Todesfälle registriert.

  • Der Berliner Senat beschließt mehr Freiheiten für geimpfte Menschen. Sie sollen künftig wie Personen mit einem negativen Corona-Test behandelt werden und können unter anderem ohne Test einkaufen oder ins Museum gehen.

  • In Zusammenhang mit aufgetretenen Thrombosefällen nach Verimpfung des Johnson&Johnson-Vakzins verschiebt sich die geplante Auslieferung des Impfstoffs innerhalb Europas. In den kommenden Wochen hätten Hunderttausende Dosen geliefert werden sollen.

Rudolf Anschober © dpa
  • Die Corona-Pandemie strengt an. Der österreichische Gesundheitsminister Rudolf Anschober verkündete gestern seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen. Er habe sich in der letzten Zeit überarbeitet. Nach zwei Kreislaufzusammenbrüchen erklärte er jetzt:

Ich habe gemerkt, da muss ich jetzt für mich eine Notbremse ziehen.

 © dpa

Der militärische Konflikt zwischen der Ukraine und Russland spitzt sich weiter zu. Nach Angaben der ukrainischen Regierung hat Russland über 40.000 Soldaten an der ukrainisch-russischen Grenze am Ostrand der Ukraine stationiert. Deshalb schlug US-Präsident Biden seinem russischen Amtskollegen Putin in einem Telefonat gestern ein Gipfeltreffen vor.

Eine Infografik mit dem Titel: Der Ostukraine-Konflikt

Von den Separatisten und der ukrainischen Regierung kontrollierte Gebiete an der ukrainisch-russischen Grenze

Dieses Treffen solle in einem neutralen Drittstaat stattfinden. Auf dem Gipfel könne über „die ganze Bandbreite an Themen im Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und Russland“ gesprochen werden, hieß es aus dem Weißen Haus. Biden habe in dem Gespräch klargemacht, dass die Ukrainer auf die Unterstützung der USA bauen können. Das sollte Putin so verstehen, wie es gemeint war: als Drohung.

Jeder neue US-Präsident sucht in den ersten Monaten seiner Amtszeit eine Gelegenheit, seine Führungsstärke zu beweisen. Oder anders gesagt: Biden spricht mit Putin, aber meint Trump – und dessen Wähler.

Russland lädt Kriegsausrüstung an der ukrainischen Grenze ab © Sky News

In Russland dasselbe Spiel: „Die Militäraktionen, die in der russischen Medienlandschaft propagandistisch aufbereitet werden, zielen darauf ab, Putin vor den Duma-Wahlen im Herbst zu stärken“, sagt Liana Fix, Russlandexpertin der Körber-Stiftung. Auch er muss dem heimischen Publikum einen neuerlichen Potenzbeweis liefern: Denn derzeit vertrauen nur noch 31 Prozent der Wähler dem russischen Präsidenten. 2017 waren es noch fast doppelt so viele.

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 © Credit: IIVS/ Airbus

Heute lädt der deutsch-französische Flugzeugbauer Airbus zur Hauptversammlung ein. Aktionäre, die Fragen stellen oder Kritik äußern wollen, müssen dafür eigens nach Amsterdam reisen, wo das Treffen stattfindet. Die Versammlung kann zwar online mitverfolgt werden, die Möglichkeit, sich einzubringen, besteht aber nur vor Ort.

Eine besonders fröhliche Versammlung dürfte es nicht werden. Die Dividende für 2020 soll ausfallen. Denn Airbus verbuchte für das vergangene Jahr unterm Strich, also nach Steuern, ein Minus von insgesamt 1,13 Milliarden Euro. Der Konzern plant den Abbau von mindestens 15.000 Stellen. Der Umsatz schrumpfte im abgelaufenen Geschäftsjahr um 29 Prozent auf 49,9 Milliarden Euro. 566 Flugzeuge verkaufte Airbus 2020. Zum Vergleich: 2019 waren es noch 863.

Eine Infografik mit dem Titel: Airbus: Erholung in Sicht?

Kursverlauf der Airbus-Aktie seit Januar 2020, in Euro

Die gute Nachricht: Das Schlimmste scheint überwunden. Im März verkaufte der Konzern mehr als doppelt so viele Flugzeuge wie im Februar. Insgesamt konnte Airbus im ersten Quartal 125 Jets ausliefern – drei mehr als im Corona-belasteten Vorjahresquartal. Und auch die Analysten sind optimistisch und raten mehrheitlich zum Kauf der Aktie: ready for takeoff.

Bernd Osterloh © dpa

Volkswagen bleibt ein Arbeitskampf erspart: Die IG Metall und das Management haben sich in der fünften Verhandlungsrunde auf einen Haustarifvertrag verständigt. Im nächsten Jahr steigen die Tarifgehälter an den deutschen VW-Standorten um 2,3 Prozent.

Das ist die erste Erhöhung für die Volkswagen-Beschäftigten seit drei Jahren. Dieser Verhandlungserfolg hat hinter den Kulissen zwei Väter: Betriebsratschef Bernd Osterloh ist nach dem Macht-Poker im vergangenen Jahr friedlich gestimmt. Und: sein Gegenspieler, Vorstandschef Herbert Diess hat trotz Corona-Delle einen Nachsteuergewinn von gut sechs Milliarden Euro ausgewiesen.

Herbert Diess auf der PioneerOne © Anne Hufnagl

Wir lernen: Im fortgeschrittenen Kapitalismus kann man alles kaufen, auch den sozialen Frieden.

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Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht © dpa

Schon vor Veröffentlichung ihres neuen Buchs „Die Selbstgerechten“ sorgt Sahra Wagenknecht für ein Beben im linken Milieu. Der Grund: Die Angesprochenen fühlen sich angesprochen. Sie schreibt:

Der typische Lifestyle-Linke wohnt in einer Großstadt oder zumindest einer schicken Uni-Stadt und selten in Orten wie Bitterfeld und Gelsenkirchen. Er studiert oder hat ein abgeschlossenes Universitätsstudium und gute Fremdsprachenkenntnisse, plädiert für eine Post-Wachstums-Ökonomie und achtet auf biologisch einwandfreie Ernährung.

Was den Lifestyle-Linken in den Augen vieler Menschen so unsympathisch macht, ist seine offensichtliche Neigung, seine Privilegien für persönliche Tugenden zu halten und seine Weltsicht und Lebensweise zum Inbegriff von Progressivität und Verantwortung zu verklären.

Das unterscheidet den heutigen Linken von seinem historischen Pendant, schreibt Wagenknecht. Denn dessen Selbstbild „war getragen vom Stolz auf die eigene Arbeit, die den materiellen Wohlstand produziert, auf den die gesamte Gesellschaft angewiesen ist.“

Sahra Wagenknecht  © dpa

Die Interessen der historischen Linken waren gebündelt, „gegen das Management, gegen das Kapital und überhaupt gegen die da oben. Wir-Bewusstsein, Gemeinschaftsorientierung, Solidarität und gegenseitige Verantwortung waren Grundpfeiler dieses Weltbilds.“

Der Fokus heutiger Linker aber läge auf Individual-Identität und nicht auf dem Kollektiv.

Die Identitätspolitik läuft darauf hinaus, das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu richten.

Dass die hier Angesprochenen auf die präzise Schilderung der Verhältnisse beleidigt reagieren, war zu erwarten. Dabei wäre es ihrer Selbsterkenntnis bekömmlicher, sie würden sich an Kurt Tucholsky orientieren: „Toleranz ist der Verdacht, dass der andere Recht hat.“

Die Baustelle der Christus-Statue in Encantado © AFP

Demnächst breitet Jesus die Arme über Brasilien ein zweites Mal aus. Eine neue Statue namens „Christus, der Beschützer“ wird in der 22.000-Einwohner-Stadt Encantado errichtet.

Mit 43 Metern ist die neue Christus-Statue fünf Meter höher als die Statue in Rio de Janeiro. Die Baukosten belaufen sich auf rund 300.000 Euro und werden durch Spenden finanziert. Die Idee dazu hatte der ehemalige Bürgermeister des Ortes – Adroaldo Conzatti. Nur leider muss er der Einweihung „seiner“ Statue von weiter oben beiwohnen. Im März ist er gestorben.

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Start in diesen neuen Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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