Vorbild China?

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Guten Morgen,

der ehemalige ProSieben-Chef Georg Kofler spendet 750.000 Euro für die FDP. Friedrich Merz kehrt für die CDU in den Bundestag zurück. Und Roland Koch ist neuer Präsident der Ludwig-Erhard-Stiftung.

Szenen einer bürgerlich-liberalen Idylle – könnte man meinen. Doch so ist es nicht. Das marktwirtschaftliche Modell Deutschland, das im Kern aus einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung mit sozialen Stabilisatoren bestand, verschwindet im Nebel der Geschichte. Merz, Koch und Kofler sind nicht die Fackelträger einer neuen Zeit, sondern die Rücklichter einer untergehenden Epoche.

Xi Jinping © imago

Denn die unbequeme Wahrheit ist diese: China ist der Taktgeber unserer Zeit. Im Wettbewerb der Systeme wird der chinesische Staatskapitalismus nicht zurückgewiesen, sondern mit einem westlichen Staatskapitalismus beantwortet. Dieser zeichnet sich durch fünf Charakteristika aus:

1. Das Geldsystem der Notenbanken versorgt nicht nur die Realwirtschaft, sondern drückt mit einer nie dagewesenen Wucht zusätzliches Kapital in den Kreislauf. Es will die Wirtschaft nicht nur stimulieren, sondern expandieren. Es tritt selbst als Käufer und Verkäufer von Aktien und Anleihen auf, was im Klartext bedeutet: Der Schiedsrichter will selber die Tore schießen.

Eine Infografik mit dem Titel: Der große Anleihekauf

Bilanzsumme der US-Notenbank Federal Reserve seit 2007, in Billionen US-Dollar

Eine Infografik mit dem Titel: EZB auf Einkaufstour

Umfang der EZB-Anleihekaufprogramme seit 2015, in Billionen Euro

2. Der bisherige Sozialstaat, bei dem Rente, Pflege, Kranken- und Arbeitslosenversicherung bewusst nicht als alimentierende Staatsfürsorge, sondern als Versicherungen auf Gegenseitigkeit gegründet waren, ändert sein Gesicht. Die Regierung legt nun – wie bei Ostrente und Mütterrente geschehen – selbst die Leistungen fest. Im Gegenzug steigt der Staatszuschuss. Das einst staatsfern konzipierte System wird damit politisiert.

Eine Infografik mit dem Titel: Explodierende Kosten

Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland, in Millionen Euro

3. Bei Klimaschutz, Elektromobilität und zunehmend auch bei der Digitalisierung übernimmt der Staat durch Anreizprogramme, gesetzliche Vorgaben und seine eigenen Investitionen die Rolle des Impulsgebers. Die Regierung nennt das „Industriepolitik“. Die Energie- und Autokonzerne, das lässt sich leider nicht bestreiten, haben es der Regierung leicht gemacht: Ihre Innovationskraft war zunächst derart gering ausgeprägt, dass der Sprung von der Atomkraft zu den Erneuerbaren und der vom Verbrennungsmotor zum batteriebetriebenen Fahrzeug sonst womöglich nie erfolgt wäre.

Eine Infografik mit dem Titel: Wachsender Schuldenberg

Staatsverschuldung der USA 2001 bis 2017, Prognose ab 2020, in Billionen US-Dollar

4. Der Staat macht nicht nur Vorschriften für die Unternehmen, sondern er tritt zunehmend selbst als Spieler auf, weshalb die Staatsverschuldung durch die Decke geht. In den USA – wo Joe Biden das größte Infrastruktur- und Bildungsprogramm aller Zeiten startete – wird die Staatsverschuldung in diesem Jahr laut Prognose 133,64 Prozent (29,3 Billionen US-Dollar) betragen.

5. Das heimliche Vorbild für diesen stillen Systemwechsel liefert der autoritäre Staatskapitalismus der Chinesen, der durch hohe Wachstumsraten und ein beschleunigtes Innovationstempo beeindruckt. China wächst seit 2014 schneller als die USA. Joe Biden ist tief beeindruckt von dem, was sich in Fernost tut. In seiner Ansprache vor beiden Häusern des Kongresses begründete er die höchste Staatsquote in der Geschichte der amerikanischen Nachkriegszeit mit dem Wettlauf der Systeme:

Wir stehen an einem Scheideweg der Geschichte. Wir müssen uns heftiger anstrengen. Ich habe viel Zeit mit Präsident Xi verbracht. Er meint es total ernst mit seiner Ambition, die überlegene Nation der Welt zu werden. Er und andere glauben, dass die Demokratien zu langsam sind, um im 21. Jahrhundert mit den Autokratien konkurrieren zu können.

Fazit: Dieser Systemwechsel von der sozialen Marktwirtschaft der 70er, 80er und 90er zum Interventionskapitalismus asiatischer Prägung ist der lautloseste Systemwechsel, den der Westen je erlebt hat. Wir müssen diese Koordinatenverschiebung vom Markt zum Staat nicht feiern, aber erkennen sollten wir sie schon. Nur wer weiß, was er tut, kann eine Idee davon entwickeln, warum er es besser lassen sollte.

 © ThePioneer
Kerzen und Blumen in Gedenken an Daphne Caruana Galizia vor dem Justizpalast in Valetta, Malta © dpa

Die Meinungs- und Pressefreiheit ist unter Druck. Autoritäre Regime setzen ungeniert auf Einschüchterung bis hin zum Mord missliebiger Journalisten, wie wir zuletzt auf Malta erleben mussten. Daphne Caruana Galizia, die über einen Premierminister, der maltesische Pässe an reiche Russen verkauft und ranghohe Politiker, die Offshore-Firmen besitzen, recherchiert hatte, wurde am 16. Oktober 2017 durch ein Attentat mit einer Autobombe ermordet. Der oder die Täter konnten bis heute nicht ausfindig gemacht werden.

Auch in Deutschland muss die Pressefreiheit immer wieder neu erkämpft werden. Wobei es bei uns weniger der Staat ist, der den Journalisten das Leben schwer macht, sondern der Berufsstand selbst neigt zur Autoaggression.

Viele Journalisten halten die Meinung des Andersdenkenden für Gift und ihre eigene Haltung für ein Heiligtum. Innerhalb und zwischen den Blättern werden Glaubenskriege geführt, die die Polarisierung der Gesellschaft nicht widerspiegeln, sondern verschärfen. Die knappste Ressource im deutschen Journalismus der Gegenwart ist die Nachdenklichkeit.

Düzen Tekkal © imago

Im heutigen Morning Briefing Podcast spreche ich mit der Publizistin und Kriegsreporterin Düzen Tekkal über ihre Erlebnisse, ihre Gefühle und ihre Sicht auf unsere Branche. Über die Türkei sagt sie:

Die Journalisten stehen im Weg und deshalb leben sie gefährlich.

Aber auch andernorts gibt es Inhaftierungen, Folter und Mord an Vertretern einer Berufsgruppe, die für das Beschreiben von Wirklichkeit zuständig ist:

Es gibt einfach zu viele Kolleginnen weltweit, die zu unfreiwilligen Märtyrern für die Pressefreiheit geworden sind.

Wer kriminelle Machenschaften und Verstrickungen zwischen Mafia, Politik und Korruption aufdeckt, lebt gefährlich, auch in Deutschland.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page

Gleichzeitig hat sich die Arbeit der Journalisten in Deutschland über die Zeit verändert. Politische Korrektheit und Cancel Culture sind die zwei Stichworte dieser Debatte. Dazu leistet sich Düzen Tekkal zwei Gedanken:

Erstens:

Wenn in der Zivilgesellschaft das Bewusstsein für verletzende Begriffe wächst, zeigt das, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt hat.

Zweitens:

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Journalistinnen gewisse Themen nicht mehr anfassen, aus Angst, in die falsche Ecke gestellt zu werden.

Fazit: Ihre Meinung dazu würde mich interessieren. Der Tag der Pressefreiheit ist auch Ihr Tag. Los gehts: g.steingart@mediapioneer.com.

Die neuen Grünen

Die künftige Bundestagsfraktion dürfte viel größer sein als die jetzige - wie ticken die Kandidaten?

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Marina Kormbaki .

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Abstimmung im Bundestag © dpa

Ein in der Pandemie überforderter Staat will sich nicht erneuern, nur erweitern: Kurz vor Ende der Legislatur schaffen Union und SPD neue Stellen im ohnehin schon aufgeblähten Staatsapparat, wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervorgeht. Demnach hat die Große Koalition seit Jahresbeginn 71 zusätzliche Stellen geschaffen, die mit Stufe B3 (8762 Euro pro Monat) oder B6 (10.412 Euro) vergütet werden.

Christian Dürr © dpa

Die FDP schäumt vor Wut. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sagte gegenüber „Bild am Sonntag“:

Während viele kleine Unternehmer nicht wissen, ob sie die Krise überstehen, werden in den Ministerien die Beamtensessel vergoldet. Das ist eine große Sauerei. Union und SPD müssen sich nicht wundern, wenn das Vertrauen in die Regierung schwindet.

Laut einer Prognose des Bundesfinanzministeriums belaufen sich die Personalausgaben des Bundes für den zivilen Bereich 2021 auf 14,1 Milliarden Euro. Da die Prognose im Januar 2021 veröffentlicht wurde, sind alle neu geschaffenen Stellen noch nicht berücksichtigt.

Armin Laschet © dpa

In der NRW-CDU, dem mitgliederstärksten Landesverband, wird es ungemütlich für den Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Die Funktionäre wollen das, was der große Vorsitzende ihnen im Moment nicht bieten kann: Klarheit.

Es geht um die Beantwortung zwei bedeutsamer Fragen: Geht Laschet auch dann nach Berlin, wenn die CDU die Wahl verliert und nicht das Kanzleramt für sich erobern kann? Und: Wer wird dann eigentlich sein Nachfolger als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2022?

Erst am Wochenende hatte der engste Laschet-Vertraute im NRW-Kabinett, Innenminister Herbert Reul, im Interview mit der „Welt“ einen Hinweis gegeben, wie sein Chef denkt:

Ich an seiner Stelle würde diese Option (bei der NRW-Landtagswahl 2022 wieder zu kandidieren, Anm. der Redaktion) auf keinen Fall ausschließen.

Armin Laschet muss voll auf Kanzler gehen und ganz auf Sieg setzen. Aber je nach Wahlergebnis würde ich nicht ausschließen, dass er Ministerpräsident bleibt und wieder kandidiert. So haben es die Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD) in NRW und Edmund Stoiber (CSU) in Bayern gemacht. Das finde ich völlig unproblematisch. Die Entscheidung wird erst fallen, wenn der Wahltag vorbei ist.

Eine Infografik mit dem Titel: Laschet muss bangen

Aktuelle Umfragewerte zur Bundestagswahl in Deutschland, in Prozent

Nun wird Laschet gedrängt, endlich für Klarheit zu sorgen. Die Hintersassen streben – wie im wahren Leben – der Sonne und damit der ersten Reihe entgegen. Bösartig wird an den Röttgen-Moment erinnert. Der damalige Bundesumweltminister konnte sich 2012 als NRW-Spitzenkandidat nicht zu einem Bekenntnis für Düsseldorf durchringen. Er wollte nur als Nummer eins kommen. Die CDU verlor die Wahl mit einem historisch schlechten Ergebnis.

Die Funktionäre in Düsseldorf drängen auch deswegen zur Klarheit, weil in NRW bereits ein veritabler Nachfolgekandidat im Startblock hockt. Sein Name, seine Vita, seine Chancen: Pioneers wissen mehr: Hauptstadt - Das Briefing.

Laschet und der Fall Röttgen

Armin Laschet soll sich ganz für Berlin entscheiden und einen Neuanfang in NRW ermöglichen.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

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Die Grünen: eine Kritik

Die grüne Kanzlerkandidatin ist erfrischend. Leider gilt das nicht für das Wahlprogramm.

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker .

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Die Lage am heutigen Morgen:

  • Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) in den vergangenen 24 Stunden 9160 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden 84 weitere Todesfälle registriert.

  • Rund 27 Prozent der deutschen Bevölkerung haben bisher mindestens eine Impfdosis gegen das Corona-Virus erhalten. 7,7 Prozent sind vollständig geimpft.

  • Spätestens ab dem 7. Juni sollen auch Betriebsärzte impfen dürfen. Laut Gesundheitsminister sind für die Betriebsärzte mindestens 500.000 Impfdosen pro Woche vorgesehen.

  • In deutschen Krankenhäusern und hier insbesondere auf den Intensivstationen entspannt sich die Lage. Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft „Marburger Bund“, Susanne Johna, sagt:

Der Anstieg ist vorerst gebremst, die Fallzahlen gehen zurück.

Warren Buffett, CEO von Berkshire Hathaway © dpa

Warren Buffett lud am vergangenen Samstag die Aktionäre seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway zur Hauptversammlung. Zum zweiten Mal in Folge musste „das Woodstock für Kapitalisten“, wie Buffet die Veranstaltung nennt, digital stattfinden. Zu normalen Zeiten kommen über 40.000 Aktionäre live nach Omaha in Nebraska.

Vor nüchterner Kulisse verkündete der 90-jährige Starinvestor Buffett einen operativen Gewinn von sieben Milliarden Dollar für das erste Quartal 2021.

Der Barbestand bei Berkshire Hathaway stieg im ersten Quartal auf 145,4 Milliarden Dollar und näherte sich damit dem Rekordniveau. Doch Buffett will auf dem Teppich echter Leistungsdaten bleiben, wissend, dass man in diesen Zeiten auch durch Unvernunft reich werden kann:

Der Impuls zu zocken war noch nie so groß wie heute.

Warren Buffet und Charlie Munger © dpa

Der Berkshire-Chef blickt weiterhin kritisch auf Kryptowährungen, hielt sich jedoch verhältnismäßig zurück. Vor zwei Jahren hatte er Bitcoin noch als „Rattengift hoch zwei“ bezeichnet. Sein stellvertretender Verwaltungsratschef Charlie Munger sprach diesmal an seiner Stelle klare Worte:

Natürlich hasse ich den Bitcoin-Erfolg. Ich kann eine Währung, die für Kidnapper und Erpresser so nützlich ist, nicht begrüßen. Die ganze Entwicklung ist abscheulich.

„Wir könnten weit kommen, wenn wir alle Kräfte bündeln”

Tech Briefing Spezial: Prof. Helmut Schönenberger von der UnternehmerTUM über Startup-Förderung.

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Veröffentlicht in Tech Briefing Business Class Edition von Christoph Keese.

Podcast mit der Laufzeit von

Fritz Keller © dpa

In der Führungsetage des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) stehen die Zeichen auf Wechsel. In einer geheimen Abstimmung entzogen die Landes- und Regionalpräsidenten des DFB ihrem Präsidenten Fritz Keller das Vertrauen und forderten seinen Rücktritt. Keller hatte in einer Präsidiumssitzung den DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch als „Freisler“ bezeichnet – und ihn damit in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt. Roland Freisler war der Vorsitzende des Volksgerichtshofs während der NS-Zeit, der für rund 2.600 Todesurteile verantwortlich zeichnete.

Sollte Keller nicht freiwillig das Feld räumen, könnte der Vorstand über seinen Verbleib entscheiden. In der Satzung des DFB heißt es:

Der Vorstand ist berechtigt, Präsidiums-, Vorstands- und Ausschussmitglieder bei grober Pflichtverletzung oder bei Unwürdigkeit mit sofortiger Wirkung ihrer Tätigkeit im DFB durch schriftlich begründete Entscheidung bis zum nächsten ordentlichen Bundestag zu entheben.

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Folge
Jürgen Habermas © dpa

Zwischen Kapitalismus und Demokratie besteht ein unauflösliches Spannungsverhältnis; mit beiden konkurrieren nämlich zwei entgegengesetzte Prinzipien der gesellschaftlichen Integration um den Vorrang.

So heißt es in der „Theorie des kommunikativen Handelns“, dem Standardwerk von Prof. Jürgen Habermas. Nun stolperte der vielleicht einflussreichste Philosoph der Gegenwart in das von ihm beschriebene Spannungsverhältnis.

Da war zum einen der geschäftstüchtige Redner, Publizist und Buchautor Habermas, der beherzt zugriff, als er hörte, dass ihm im Rahmen der Buchmesse in Abu Dhabi der „Sheikh Zayed Book Award“ verliehen werden sollte. 225.000 Euro Preisgeld und eine echte Goldmedaille lockten als Honorar dafür, dass sich Habermas dem Regime der Emire als Trophäe zur Verfügung stellen sollte. Die Trophäe war mit dem Titel „Kulturelle Persönlichkeit des Jahres“ beschriftet.

Habermas glühte vor Stolz:

Wie sollte ich mich nicht freuen, dass ausgerechnet meine Bücher über die in der Tradition der Kantischen Aufklärung stehende Diskursethik in den Vereinigten Arabischen Emiraten veröffentlicht worden sind?

Zensur und Folter, fehlende Rechtsstaatlichkeit und die Ausbeutung von Gastarbeitern im Lande der Emire waren ihm entgangen. Laut der Nichtregierungsorganisation Freedom House erreichen die Vereinigten Arabischen Emirate gerade einmal 17 von 100 Punkten auf dem Demokratie-Index.

Doch Habermas, der Kapitalist, blieb zunächst stur. Den Gedanken, er, der 91-Jährige, habe sich vielleicht nicht hinreichend informiert, wies er von sich:

Natürlich war ich misstrauisch und habe mich über die Institution und die Preisträger informiert, bevor ich den Preis angenommen habe.

Jürgen Habermas © dpa

Eine weitere, offenbar tiefere Selbstprüfung setzte erst ein, als der „Spiegel“ sich kritisch mit dem Preis, dem Preisträger und den Emiraten befasste. „Spiegel“-Mann Dietmar Pieper fragte:

Genügen 225.000 Euro, um einen berühmten Intellektuellen zu vereinnahmen? Lässt sich Habermas zum Instrument der emiratischen Propaganda machen, die geübt darin ist, hinter einer Nebelwand aus hochtrabenden Vokabeln und kulturellem Glamour die Brutalität des Herrschaftssystems zu verbergen?

Nach diesem Artikel trat Habermas, der Demokrat, nun den Rückmarsch an. Der Kapitalist Habermas musste weichen. Kleinlaut räumte der Philosoph ein:

Die sehr enge Verbindung der Institution, die diese Preise in Abu Dhabi vergibt, mit dem dort bestehenden politischen System habe ich mir nicht hinreichend klargemacht.

Immerhin: Der Philosoph hat die auch in ihm angelegte Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie zugunsten der Demokratie aufgelöst. Das war der Reputation des Altmeisters dienlich, seiner Vermögensbildung nicht. Oder um es mit Édith Piaf zu sagen:

Moral ist, wenn man so lebt, dass es gar keinen Spaß macht, so zu leben.

Ich wünsche Ihnen einen beschwingten Start in die neue Woche. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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