die deutsche Wirtschaft meldet sich nach dem tiefen Tal der Pandemie auf den Kommandohöhen der Weltwirtschaft zurück:
Volkswagen verkaufte in den ersten sechs Monaten 2021 mit fünf Millionen Fahrzeugen rund 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum und verdiente damit nach Abzug aller Kosten 8,4 Milliarden Euro.
SAP, Deutschlands größtes Softwareunternehmen, konnte trotz Umbaumaßnahmen den Gewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal um knapp zehn Prozent steigern von 900 Millionen auf 984 Millionen Euro.
Die Deutsche Bank legte das beste Halbjahr seit 2015 hin und wies einen Gewinn nach Steuern von 1,9 Milliarden Euro aus.
Aber, und jetzt kommt das große Aber: Amerika ist so deutlich stärker, dass nicht zuerst aus der Stärke, sondern aus der Deutlichkeit dieser Stärke eine neue geostrategische Qualität entsteht. Die Unternehmen spucken Profite aus wie der Dukatenesel die Goldtaler in Grimms Märchen:
Amazon macht in vier Monaten mehr Gewinn als die Allianz im ganzen Jahr.
Alphabet, der Mutterkonzern von Google, setzte mit dem Verkauf von Anzeigen 2020 knapp 147 Milliarden Dollar um – mehr als das Doppelte des Gesamtumsatzes der Medien- und Unterhaltungsindustrie der Bundesrepublik im Jahr 2019.
Apple verdiente in den zwölf Wochen von April bis Juni 2021 mehr als Bertelsmann im ganzen Jahr umsetzen wird.
Diese exorbitanten Gewinne ziehen die Investoren an wie einst der Klondike River die Goldsucher. Die einen besaßen Schaufeln und Siebe, die anderen Geld und Raffinesse. Seit Jahren statten die Investoren mit ihrem Geld – das zum Teil von Kleinanlegern und Versicherungen aus der ganzen Welt angesaugt wird – die Hightech-Giganten mit einer Börsenkapitalisierung aus, die beim Aufbau monopolartiger Strukturen behilflich ist. So wird der Große erst größer – und dann bedrohlich.
Allein die fünf größten Technologieunternehmen der USA sind heute fünfmal so viel wert wie der gesamte deutsche Aktienindex.
Allein mit dem Geld der Börsenbewertung von Apple könnte man 16 Mal die Volkswagen AG aufkaufen.
Eine Infografik mit dem Titel: Dax: Großartig,…
Dax 30 vs. Apple: Marktkapitalisierung in Milliarden US-Dollar
Alle deutschen Firmen, das gilt genauso für den MDAX, SDAX und den TecDAX, sind am Kapitalmarkt Däumlinge gegenüber den Riesen aus den USA. Und der Größenunterschied wird immer deutlicher. Die amerikanische Politik weiß, wie man wirtschaftliche Stärke in politische Dominanz verwandelt.
Bei der Setzung von Standards – ob am Kapitalmarkt, beim Datenschutz im Internet oder auf dem Feld der künstlichen Intelligenz – sind die europäischen Nationen oft nur noch Betroffene oder gar Befehlsempfänger. Die europäische Politik ignoriert das amerikanische Dominanzstreben, das zur Monopolisierung von Zukunftsmärkten, zur Abwanderung von Talenten und Geld und neuerdings auch zu einer aggressiv betriebenen Abkehr vom chinesischen Markt führt.
© dpaDie Naiven sagen, die Wall Street sei ein Casino. Die Kundigen wissen: Hier steht die Kaderschmiede einer neuen Welt. Diese Berichtssaison erzählt die Geschichte einer ökonomischen Mobilmachung.
Und Deutschland? Schaut zu. Schaut weg. Fühlt sich schon geschmeichelt, wenn der Mann im Weißen Haus wenigstens anruft, bevor er geostrategisch aktiv wird. Deutschland hat seine außenpolitische Ambition den ökonomischen Verhältnissen angepasst, also geschrumpft. Oder um es mit dem Spötter Karl Kraus zu sagen:
Kleine Stationen sind stolz darauf, dass die Schnellzüge an ihnen vorbeifahren müssen.
Ab Sonntag soll wieder eine Testpflicht für Reiserückkehrer gelten – und das teils auch für Geimpfte. Darüber und über weitere Corona-Maßnahmen hat „Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld im Morning Briefing Podcast mit dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, gesprochen.
Zur Testpflicht für Reiserückkehrer sagt er:
Es ist ja nicht überraschend, dass die Leute aus ihrem Urlaub zurückkommen. Jetzt wird an einem Konzept gearbeitet, das überfallartig ab übermorgen gelten soll. Es sollte klar sein, dass geimpfte Person natürlich nicht getestet werden müssen. Das ist ja irgendwann dann auch albern.
Ebenfalls kritisch sieht Dr. Gassen das Festhalten an den Inzidenzwerten als Leitindikator:
Man sieht in vielen Ländern, dass sich die Inzidenz komplett vom Krankheitsgeschehen entkoppelt hat. Doch hier hält man sklavisch an dem Inzidenzwert fest.
Zu dem Ziel, die Herdenimmunität durch eine Impfquote von 85 bis 90 Prozent zu erreichen, sagt er:
Wenn ich die drei Bevölkerungsgruppen Impfverweigerer, Genesene und Kinder unter Zwölf betrachte, ist völlig klar, dass eine Impfquote von 85 oder 90 Prozent nicht funktionieren kann.
Eine Impfquote von 70 bis 75 Prozent der erwachsenen Bürger sei realistisch. Es ginge nun darum, die noch Ungeimpften zu motivieren.
Eine Impfpflicht, auch für medizinisches Personal, lehnt Dr. Gassen ab:
Ich glaube nicht, dass die Bereitschaft dadurch steigt.
Der Volkswagen-Konzern hat in der ersten Jahreshälfte im laufenden Geschäft so viel verdient wie noch nie. Gestern gab das Unternehmen Rekordergebnisse bekannt. Trotz Pandemie und Chipmangel schafften die Wolfsburger ein operatives Rekordergebnis von knapp 11,4 Milliarden Euro.
VW gelang es vor allem, die Produktion der renditestarken Premium-Modelle sicherzustellen, was zum Rekordergebnis und zu einer operativen Rendite von 8,8 Prozent beitrug.
Im ersten Halbjahr 2021 erwirtschaftete Volkswagen einen Umsatz von 129,7 Milliarden Euro, das entspricht einem Plus von knapp 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Ermutigt durch den guten Start hat VW die Renditeprognose für das gesamte Jahr 2021 um 0,5 Prozentpunkte angehoben.
Trotz des optimistischen Ausblicks mahnt das Unternehmen angesichts der Halbleiterengpässe weiterhin zu Vorsicht. Arno Antlitz, der CFO des Konzerns, sagte:
Die Auswirkungen der Engpässe bei Halbleitern konnten wir bislang begrenzen, rechnen jedoch mit etwas deutlicheren Effekten im dritten Quartal.
Der europäische Flugzeugbauer Airbus scheint in der Krise alles richtig gemacht zu haben: Die Ergebnisse des ersten Halbjahres sind nicht nur solide, sie beeindruckten die Anleger. Nun rechnet der Konzern für 2021 mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten von vier Milliarden Euro – doppelt so viel wie zuvor.
In den vergangenen sechs Monaten konnte Airbus einen Vorsteuergewinn von 2,7 Milliarden Euro einfahren, nachdem im Jahr zuvor noch ein Verlust von fast einer Milliarde Euro in den Büchern stand. Außerdem hat der Konzern den Umsatz im ersten Halbjahr 2021 um 30 Prozent auf 24,6 Milliarden Euro gesteigert – im zweiten Quartal betrug das Plus sogar 70 Prozent.
Auch bei den geplanten Auslieferungen von Verkehrsmaschinen hebt Airbus die Prognose nun an: 600 Flugzeuge sollen bis Jahresende in die Hangars der Kunden wandern, bislang hatte der Konzern mit 566 Maschinen gerechnet. Allein im vergangenen Halbjahr lieferte Airbus 297 Flugzeuge aus, rund 100 mehr als im Vorjahreszeitraum.
Fazit: Die Hoffnung der Klimaaktivisten, die Welt werde nach der Pandemie eine weniger rastlose sein, geht nicht in Erfüllung. Die Zahlen der Auto- und der Flugzeughersteller erzählen die Geschichte einer menschlichen Sehnsucht, der nach Mobilität. Wahrscheinlich sind wir alle Nomaden.
© dpaDie Wahlkämpfer werden von vielen dafür gescholten, dass sie sich nicht so richtig festlegen wollen. Der Grund dafür liegt in der oft diffusen Haltung ihrer Zielgruppe, die in viele Unterzielgruppen zerfällt. Man braucht eine Schrotflinte, um sie zu treffen.
Schon bei der schlichten Frage: „Sollte die Zufahrt von Autos in die Innenstädte durch eine City-Maut begrenzt werden?“, ergibt sich eine verwirrende Vielfalt. Auch grüne Wähler sind nicht unisono für eine City-Maut. Die SPD-Wähler zerreißt es regelrecht. Und die Wähler der Konservativen sind nicht zwangsläufig konservativ.
Fazit: Der moderne Wahlkämpfer sieht nicht aus wie ein Löwe, sondern wie ein Chamäleon. Er macht sich nicht wichtig, er macht sich unsichtbar.
Die Investoren an der Börse gleichen zuweil der Raupe Nimmersatt. Amazon hatte heute Nacht die Umsatzerwartungen für das zweite Quartal verfehlt, weshalb die Aktie auf Talfahrt geschickt wurde.
Der Gesamtumsatz lag bei knapp 113,1 Milliarden Dollar nach 88,9 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum: eigentlich ein Bombenergebnis. Aber die Analysten (und ihre Geldgeber) hatten durchschnittlich 115,2 Milliarden Dollar erwartet. Amazon musste für diese Unersättlichkeit büßen.
Die Versprechungen der Europäischen Zentralbank, die Inflation sei nur temporär, scheinen sich nicht zu bewahrheiten. Die Geldentwertung nimmt jetzt erst richtig Fahrt auf.
Nachdem die Inflationsrate im Juni mit 2,3 Prozent noch vergleichsweise moderat ausgefallen war, hat sie sich im Juli mit 3,8 Prozent deutlich beschleunigt. Mehr als 3,8 Prozent hatten die Wiesbadener Statistiker für Deutschland im Dezember 1993 mit damals 4,3 Prozent ermittelt.
© dpaDer Anstieg basiert vor allem auf vier Faktoren:
Mehrwertsteuereffekt: Die Bundesregierung hatte die Sätze im zweiten Halbjahr 2020 gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Mit dem Jahreswechsel wurden sie wieder auf das alte Niveau erhöht. Allein dieser Effekt sei für eine Steigerung um einen Prozentpunkt verantwortlich, sagt Holger Schmieding vom Bankhaus Berenberg.
Rohölpreis: Im vorigen Jahr war der Ölpreis stark gefallen. Nach dem Lockdown geht der Preis nun wieder nordwärts. Auch die Einführung eines CO2-Preises für den Klimaschutz in Deutschland hat Kraft- und Brennstoffe verteuert.
Nachholeffekte: Einige Dienstleister, etwa Gastwirte, aber auch Einzelhändler, nutzten die Wiedereröffnung, um mit der höheren Nachfrage auch ihre Preise zu steigern.
Reiselust: Das erhöhte Reiseaufkommen der Bürger und die teils schwierig erreichbaren Auslandsziele führten zu einem Preisschub am Reisemarkt.
Ein Ende dieser Entwicklung ist vorerst nicht in Sicht. Bundesbankpräsident Jens Weidmann rechnet damit, dass sich die Inflationsrate bis Ende des Jahres in Richtung fünf Prozent bewegen könnte, wie er der „F.A.Z.” sagte. Aber: Er will im EZB-Direktorium kein Paria sein. Also hat auch er sich aufs Hoffen und Beten verlegt, wenn er mit Gewissheit sagt, was er mit dieser Gewissheit gar nicht wissen kann:
Hier sind vor allem vorübergehende Effekte am Werk.
Alexander Zverev steht im Halbfinale des olympischen Tennisturniers. Am Donnerstagabend Ortszeit besiegte er den Franzosen Jeremy Chardy mit 6:4, 6:1. Im Halbfinale kommt es nun zum Duell mit dem Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic, der im Halbfinale den Japaner Kei Nishikori mit 6:2, 6:0 deklassierte.
Die Amerikanerin Sunisa Lee wurde für ihren Mehrkampf im Turnen mit Gold dekoriert. Die 18-Jährige siegte am Donnerstag vor der Brasilianerin Rebeca Andrade und der Russin Angelina Melnikowa. Die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz belegte einen sehr guten neunten Platz.
Zweimal Bronze für Deutschland: Judo-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner sicherte sich Bronze in der Klasse bis 78 Kilogramm. Im Kampf um Platz drei besiegte die Ravensburgerin die Kubanerin Kaliema Antomarchi mit 1:0. Slalom-Kanutin Andrea Herzog gewann Bronze im Kanadier.
Die weltweite Emanzipationsbewegung kennt viele Namen, aber nur eine Frisur: den Bubikopf. Vor 100 Jahren erfand Antoni Cierplikowski in Paris die Frisur, die alte Zöpfe abschnitt und erstmals für eine Konvergenz der Haarschnitte sorgte. Das Wort Unisex war noch nicht erfunden. Aber es wurde nun erstmals praktiziert.
Die Kritiker der Kurzhaarfrisur fürchteten den Verlust der Weiblichkeit und das Ende der Erotik. So hatte die Kirche den Bubikopf als „gottlos“ angeprangert und die „Berliner Illustrierte Zeitung“ schrieb 1925:
Was zuerst ein launisches Spiel der Frauenmode war, wird allmählich zu einer peinlichen Verwirrung. Es ist Zeit, dass der gesunde männliche Geschmack sich gegen solche üblen Moden wendet.
Die Verfechter hielten tapfer dagegen, auch in der Musik. Die Zeilen eines Schlagers aus den 1920er Jahren stimmten gewissermaßen das Loblied auf die neue Zeit an:
„Jede Gnädige, jede Ledige trägt den Bubikopf so gern.
Denn es ist heut’ hochmodern, man lässt die Haare sich scher’n.
Ondulier’n, shamponier’n, und ein bisschen wegrasier’n.“
Schließlich schlossen sich prominente Frauen der Bubikopf-Bewegung an:
© imagoDie US-amerikanische Tänzerin Irene Castle war die erste, die im Bubikopf auf die europäischen und amerikanischen Kabarettbühnen trat.
Die Pariser Modeschöpferin Coco Chanel warb für ein neues Frauenbild in der Mode und im Alltag. Sie selbst griff zur Schere und trug nun den Bubikopf.
Zum Durchbruch in Deutschland verhalf dem Bubikopf die französische Chanson-Sängerin Mireille Mathieu, auch wenn ihre Texte („Der Spatz von Avignon“) als Kampflieder für die Sache der Frauen wenig hergaben. Sie war das versöhnliche Gesicht einer neuen Zeit.
Ich wünsche Ihnen ein Wochenende der Gelassenheit. Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr