Weltmacht China: eine Projektion

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Guten Morgen,

die amerikanische Angst und die chinesische Sehnsucht sind die zwei Seiten der einen Medaille. Oder wie sich der frühere australische Premierminister Paul Keating kürzlich ausdrückte:

Chinas Problem besteht darin, dass hier ein großer Staat das Potenzial besitzt, die USA ökonomisch zu überholen: Eine unverzeihliche Sünde in den Augen der amerikanischen Triumphalisten.

Paul Keating © imago

Und weiter:

Chinas Existenz in dieser Größenordnung ist ein Affront für das Selbstverständnis der amerikanischen Nation, die sich als ‚exceptional state‘ wahrnimmt.

Hu Xijin, der Chefredakteur der chinesischen Tageszeitung „Global Times“, ein Blatt aus dem Dunstkreis der KP, begrüßt diese Aussagen und begreift sie als Ermunterung, den eingeschlagenen Weg Chinas fortzusetzen. Er fordert seine Landsleute auf, sich der amerikanischen Eindämmungspolitik zu widersetzen:

Chinas Bruttoinlandsprodukt wird das der USA übertreffen.

Hu Xijin © Bloomberg

Niemand kann das chinesische Volk davon abhalten, im Laufe der Geschichte die führende Wirtschaftsmacht der Welt zu werden.

Fest steht: Wenn sich die amerikanischen Ängste und die chinesischen Sehnsüchte materialisieren, dann ist die Welt eine andere.

Militärparade Peking © dpa

1980 sah die Welt so aus: Das chinesische Sozialprodukt entsprach rund zehn Prozent dessen, was die Amerikaner damals an Waren und Dienstleistungen produzierten. Damit schien klar, wer auf dieser Welt Koch und wer Kellner ist.

Eine Infografik mit dem Titel: Amerikanische Dominanz

Vergleich zwischen dem BIP (in heutigen Preisen) der USA und China in 1980, in Billionen US-Dollar

2020 hatte sich die Welt bereits weiterentwickelt: China erreichte im vergangenen Jahr 70 Prozent des amerikanischen Niveaus. Die Spannungen nahmen zu. Trump ging, die America-First-Politik blieb.

Eine Infografik mit dem Titel: China holt auf

Vergleich zwischen dem BIP (in heutigen Preisen) der USA und China 2020, in Billionen US-Dollar

Doch erst die finale Ambition, die der Australier und der Chinese als legitimes Streben des chinesischen Bürgers nach dem Pro-Kopf-Wohlstand eines durchschnittlichen Amerikaners beschreiben, schafft eine neue Welt. Es wäre eine Welt, die die amerikanische Dominanz brechen und ein chinesisches Jahrhundert begründen würde:

Fazit: Fragen von hoher politisch-ethischer Brisanz sind aufgeworfen.

Ist Chinas relative Armut tatsächlich die Grundvoraussetzung für eine westliche Sicherheitsarchitektur im 21. Jahrhundert? Das glaubt man im Weißen Haus.

Und falls die Antwort darauf tatsächlich „Ja“ lautet: Darf und kann der Westen den einfachen Chinesen dauerhaft jenes Wohlstandsniveau verweigern, das er selbst für seine Bewohner reklamiert?

Moderne Skyline von Peking © imago

Der Chefredakteur der kommunistischen Zeitung sagt: Die Ambition Amerikas, China zu zerdrücken, werde sich nicht erfüllen. Das liege nicht an der KP. Das liege am Willen des chinesischen Volkes: „This is a people's war.“

Er empfiehlt die friedliche Koexistenz der beiden Weltwirtschaftsmächte.

Und wir?

Rufen heute Morgen, schon um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, Kurt Tucholsky in den Zeugenstand:

Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

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Für unseren Young Pioneer Event am kommenden Sonntagnachmittag in Frankfurt sind noch einige wenige Karten zu haben. Im dortigen Literaturhaus werden Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Timea Steingart sich über die brennenden Zukunftsfragen unterhalten und dann das Gespräch für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer öffnen. Zugelassen sind junge Menschen unter 30 Jahren.

Ich freue mich auf diese sehr besondere Veranstaltung im Rahmen unserer Expeditionstour quer durch Deutschland. Wer zur Zielgruppe gehört und am Sonntagnachmittag zwischen 16 und 18 Uhr Zeit und Lust hat, dabei zu sein, der oder die möge mir schreiben: g.steingart@mediapioneer.com

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Im westfälischen Minden feiern wir am 19. September die Nacht der Familienunternehmen. Wir laden die Männer und Frauen aus den dortigen Familienfirmen auf die PioneerOne ein. Mit ihnen gemeinsam wollen wir die Probleme und Chancen der kommenden Jahre besprechen. Wenn ich eines an dem Begriff „Hidden Champions“ nicht mag, dann das Wort „hidden“. Niemand muss sich verstecken. Wir wollen Sie sehen, hören und fühlen. Worauf warten Sie: g.steingart@mediapioneer.com

James Henry O'Sullivan und Jan Marsalek © Handelsblatt / Privat

Erst kürzlich festgenommen, bald wieder auf freiem Fuß: Der in den Wirecard-Skandal verwickelte Geschäftsmann James Henry O’Sullivan soll gegen eine Kaution in Höhe von nur 150.000 Dollar freikommen.

Das hat ein Bezirksgericht in Singapur, wo der Brite gefasst wurde, entschieden. Dem 46-Jährigen wird vorgeworfen, Millionengeschäfte in Asien vorgetäuscht und so zur Aushöhlung von Wirecard beigetragen zu haben.

O’Sullivan hatte zwar keine offizielle Funktion bei Wirecard, gilt allerdings als enger Vertrauter von Jan Marsalek und deswegen als wichtige Quelle für die deutsche Justiz. Diese Quelle wird angesichts der Entscheidung in Singapur womöglich niemals sprudeln.

Jan Marsalek, der flüchtige Ex-Finanzchef von Wirecard. © imago

Der Langmut der Ermittler und die Untätigkeit der Justizbehörden verwundern. Noch immer ist keine Anklage gegen niemanden erhoben. Auch der Bundestags-Untersuchungsausschuss hat nicht für Aufklärung gesorgt. Der Rechtsstaat tappt wenige Wochen vor der Bundestagswahl im Dunklen. Womöglich vorsätzlich?

Taliban Pressekonferenz © dpa

Die von vielen Medien verbreitete Einschätzung, die Taliban seien geläutert, modernisiert und gemäßigt, hat sich als Hirngespinst erwiesen. 33 Namen präsentierte Taliban-Sprecher Zabihulla Mudschahid für das neue Übergangskabinett am Dienstagabend, alle sind männlich, alle gehören der Terror-Miliz an und einige stehen sogar auf internationalen Fahndungslisten.

  • Neuer Regierungschef wird Mullah Muhammad Hassan Akhund. Der Mitgründer der Taliban war laut UN-Informationen Außenminister der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001. Seit 20 Jahren steht er auf einer Sanktionsliste der Vereinten Nationen. 



  • Mullah Abdul Ghani Baradar, der Vizechef der Taliban, wird stellvertretender Regierungschef. Er hatte als Verhandler des Doha-Vertrags direkt mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump telefoniert.




Mullah Abdul Ghani Baradar © dpa
  • Mullah Jakub, der Sohn des verstorbenen Taliban-Chefs Mullah Omar und Vizechef der Terrorgruppe, wird Verteidigungsminister. Der rund 30-Jährige soll den raschen Vormarsch der Miliz in den vergangenen Wochen organisiert haben. 



  • Das Amt des Innenministers besetzt Siradschuddin Hakkani. Er ist der dritte Taliban-Vize und Anführer des berüchtigten Hakkani-Netzwerks. Er gestand, dass seine Organisation 2008 den damaligen afghanischen Präsidenten zu ermorden versuchte. Hinweise zu seiner Festnahme – oder Tötung – belohnen die Amerikaner mit bis zu zehn Millionen Dollar. 




Guantanamo Bay © dpa
  • Unter den Namen finden sich außerdem ehemalige Guantanamo-Häftlinge, darunter Abdul Hak Wasik, der zukünftig den Geheimdienst leitet. Wie „Bild“ berichtet, führt das Kabinett in seinen Reihen drei weitere Ex-Häftlinge, die erst durch Gefangenenaustausche unter Obama entlassen wurden.

Antony Blinken, US-Außenminister © dpa

US-Außenminister Antony Blinken versuchte die westliche Hilflosigkeit hinter starken Worten zu verbergen:

Die Taliban streben nach internationaler Legitimität. Jede Legitimität – jede Unterstützung – muss verdient werden.

Mark Zuckerberg © dpa

Spätestens durch die Enthüllungen des US-Whistleblowers Edward Snowden etablierte sich ein verbreitetes Narrativ: Bei amerikanischen Internetfirmen würden private Daten überwacht, analysiert und abgespeichert – und schließlich an einen der US-Geheimdienste weitergeleitet.

Dieser Vorbehalt wurde nun bestärkt: Einem Bericht der Non-Profit-Organisation ProPublica zufolge soll der Messenger-Dienst WhatsApp mehr als 1.000 Leiharbeiter damit beschäftigen, täglich Nachrichten zu durchforsten und zu bewerten. Und das, obwohl der Dienst damit wirbt, dass die Nachrichten verschlüsselt und somit für niemanden einsehbar seien. Nicht einmal für die Konzernmutter Facebook. Heißt es.

WhatsApp und Facebook © picture alliance/dpa

Diese räumte nun in Reaktion auf die Enthüllung ein, dass sehr wohl Inhalte der User erkennungsdienstlich behandelt würden. Es handele sich dabei ausschließlich um Inhalte, die zuvor durch einen Algorithmus oder von Nutzern als Kinderpornografie, Spam oder Betrug ausgewiesen worden seien. Geradezu ohrenbetäubend hört man die Nachtigall hier trapsen.

Weshalb Sorge ein Menschenrecht ist

Alev Doğan im Gespräch mit Soziologin Tina Haubner

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Veröffentlicht in Der 8. Tag von Alev Doğan.

Briefing

Arnold Schwarzenegger © imago

Kaum jemand hat eine so spektakuläre Karriere vorzuweisen wie Arnold Schwarzenegger. Als Mister Universum wurde der Bodybuilder aus der österreichischen Provinz in der ganzen Welt berühmt. Er wechselte vom Fitnessstudio zum Filmset – und schrieb als „Terminator“ Hollywood-Geschichte.

Danach begann die politische Karriere des Arnold Schwarzenegger. 2003 verkündete er in einer Late-Night-Fernsehshow, dass er für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien kandidieren wolle. Er gewann im gleichen Jahr die Wahl mit 48,6 Prozent der Stimmen. 2006 gewann er die Wahl erneut mit 55,9 Prozent. Bis 2011 regierte er den Bundesstaat an der Westküste, der das Powerhouse der US-Ökonomie beherbergt.

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Auf der Digital X, einer Digitalmesse der Telekom, habe ich mit Schwarzenegger gesprochen – über Donald Trump, den Kampf gegen den Klimawandel und seinen Blick auf die deutsche Automobilindustrie. Seine Kernaussagen:

Trump ist nicht mehr im Amt, weil er der falsche Mann war, wenn es um die Umwelt und so viele andere Themen geht.

Über die deutschen Automobilhersteller sagt er:

Ich habe schon mit den Chefs der Autohersteller in Deutschland gesprochen, als ich noch Gouverneur war. Ich habe ihnen gesagt, dass dies die Zukunft ist. Und sie wollten es nicht hören. Sie haben mich verklagt und sie haben Kalifornien verklagt, weil der Bundesstaat strikte Standards hat.

Gewonnen haben allerdings die Amerikaner:

Unsere kalifornischen Auspuffemissionsstandards wurden zum landesweiten Standard in Amerika. Erst dann kamen die Autofirmen auf uns zu. Sie verhandelten und sagten: Geben Sie uns etwas Zeit und lassen Sie uns diese Regelung auf 2016 verschieben. Diesem Vorschlag haben wir zugestimmt. Aber sie sind bis heute nicht in der Lage, Standards einzuhalten und müssen Strafen zahlen.

Und der österreichisch-amerikanische Mister Klartext wird noch deutlicher. Er nennt die deutschen Autobosse der Generation Winterkorn „lazy bastards”. Also, wenn Sie Spaß an deutlicher Aussprache haben, dann sind Sie im heutigen Morning Briefing-Podcast herzlich willkommen. Mister Universe feiert als Mister Klartext seine Wiederauferstehung.

Schwarzenegger als Terminator

Ich wünsche Ihnen einen fulminanten Start in den Tag. Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Herausgeber The Pioneer

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