Ich bin Valentin aus Düsseldorf. Ich bin 20 Jahre jung und studiere in meinem ersten Semester an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Volkswirtschaftslehre.
Diesen Brief schreibe ich weder aus Hass oder um meinen Mitmenschen meine politischen Ansichten aufzudrängen. Ich schreibe ihn aus Sorge um meine Zukunft, die sich zunehmend zu Angst entwickelt.
30. Januar 2025: Deutschland verarbeitet neben den Gewalttaten der letzten Monate in Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg auch das Ergebnis der kürzlichen Abstimmungen im Bundestag. Manche sehen es als Schritt in die richtige Richtung und legitimieren deswegen die Rolle von BSW und AfD, andere sehen es als Eklat und Fall der Brandmauer zu den Rechtsextremen dieses Landes und ziehen, ohne den Schandtaten und Opfern dieser Zeit gerecht zu werden, Vergleiche zur NS-Zeit.
Roman Schwarzman, Holocaust-Überlebender, aufgenommen während der Gedenkveranstaltung im Deutschen Bundestag für die Opfer des Holocaust. Berlin, 29.01.2025. © imagoEs wird betont, dass Deutschland aus seinen Fehlern lernen muss und die Vergangenheit sich nicht wiederholen darf. Dieser Kritik stimme ich zu. Gleichzeitig muss Deutschland aber auch aus Fehlern der anderen lernen. Noch vor wenigen Wochen einigten sich die demokratischen Parteien Deutschlands, auch als Reaktion auf die Wahl Trumps, auf einen gesitteten, fairen und an den Fakten orientierten Wahlkampf. Gesittet, fair oder an den Fakten orientiert waren die Schlagabtäusche in den letzten Tagen immer weniger.
Ich habe keine Angst vor Ausländern, keine Angst sie in unser Land zu lassen und keine Angst gemeinsam mit ihnen zusammen dieses Land wieder auf Vordermann zu bringen.
Ich habe Angst davor in einem gespaltenen Land zu leben, in dem ich Angst habe auf öffentliche Veranstaltungen zu gehen.
Abgesperrter Weihnachtsmarkt in Magdeburg, 21.12.24 © dpaIch habe Angst davor bald nicht mehr – ohne Bedenken – meine Meinung äußern zu können, da von rechts und links nur noch unter: Rechts und Links, Gut und Böse, Schwarz und Weiß unterschieden wird, weil die gewählten Vertreter nicht mehr in der Lage sind, politischen Konsens zu erkennen und umzusetzen.
Ich habe Angst vor einer gespaltenen Gesellschaft, die es nach dem 23. Februar unmöglich macht, eine starke, demokratische Regierung zu bilden, da nur Hass und Gegensätze eine Bedeutung haben, statt Gemeinsamkeiten und Wohlstand.
Ich wünsche mir von Gesellschaft und Politik, dass wir zusammen nach vorne blicken und gemeinsam den Wohlstand und die Sicherheit in diesem Land wiederherstellen. Ich möchte, dass ich mich heute in einem Jahr auf meine Klausuren konzentrieren darf und mir in einem freien Deutschland alle Türen offenstehen, um ein engagierter Bürger dieser Republik zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Der besorgte Student